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I. Theil.

Vorgeschichte des Regiments bis zum Frieden von Tilhit.

Die Artillerie verdankt der Fürsorge des Großen Kurfürsten, Organisation. daß sie aus der bisherigen Zunft zu einer Waffe umgebildet wurde. Nachdem der Kurfürst 1664 befohlen, daß eine ordentliche Artillerie" eingerichtet werden solle, that er 1676 den ersten Schritt, sie durch militärische Organisation aus ihrem zunftmäßigen Handwerksgeist zu befreien, indem er ihr in diesem Jahr angestellte Offiziere verlieh, über deren Leistungen das Auge des Herrschers ganz besonders wachte. Diese Offiziere wurden bereits 1677 für Vergehen ihrer Untergebenen verantwortlich gemacht, eine Maßregel, zu der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts kein deutscher Fürst ihrer Unausführbarkeit wegen hätte greifen können. Dennoch blieben der ganze Zuschnitt, die Ausbildung, ja selbst die 1672 für die Artillerie gegebenen Kriegsartikel noch lange zunftmäßig. Der nächste wichtige Schritt beim Uebergang zur Waffe wurde 1683 dadurch gethan, daß die sämmtlichen vorhandenen Artilleriebedienten, 17 Offiziere*) und 300 Mann, in eine Bombardier- und vier Kanonier-Kompagnien getheilt wurden. Die Bombardier-Kompagnie erhielt die Nummer 1, die Kanonier-Kompagnien die Nummern 2 bis 5.**) Die zweite besteht noch jezt in der 2. reitenden Batterie des Feldartillerie-Regiments von Peucker.***)

*) Eine genauere Angabe über die Etats der verschiedenen Zeiten s. Anl. I ̧ **) Zusammenstellung der Bezeichnungen, welche die Batterien des Regiments führten, s. Anl. II.

***) Vorstehende, sowie alle folgenden Angaben bis 1716, die Organisation betreffend, stehen im Widerspruch mit einem Theil der benußten Quellen. So verlegt z. B. die Stamm- und Rangliste die erste Organisation als Waffe in das Jahr 1697. Diesen Listen aus damaliger Zeit ist aber nicht wie den neueren ein unbedingter Glauben zu schenken, da sie sich oft in Widersprüchen bewegen, auch der Verfasser derselben ihre Ungenauigkeit in einem Vorwort zu derjenigen von 1759 selbst zugiebt. Die vorstehenden Angaben sind aus der bekannten Reihenfolge der Kompagniechefs hergeleitet.

Gr. v. Westarp, Gesch. d. Feldart. Regts. von Peucker.

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Der Große Kurfürst ist also der eigentliche Begründer der Artillerie als Waffe, womit er dieser den besten Lohn verlieh für die vielen guten und treuen Dienste, welche ihm die Artillerie in seinen Kriegen schon geleistet hatte. Allerdings, durch die äußere Organisation macht man eine Zunft noch nicht zur Waffe, und erst späteren Zeiten war es vorbehalten, das zu vollenden, was mit diesem Schritt begonnen war.

Bestimmte Nachrichten, in welchen Garnisonen die Artillerie in den ersten Zeiten gestanden, haben sich nicht auffinden lassen; es scheint, als sei sie in den Festungen vertheilt gewesen, zu den Feldzügen nach Bedarf ohne Rücksicht auf taktische Einheit herangezogen und dann beliebig wieder vertheilt worden.

Bis 1700 wurden noch vier fernere Kompagnien aufgestellt. In diesem Jahre standen drei Kompagnien in Berlin, je eine in Colberg, Magdeburg, Cüstrin, Pillau, Wesel und noch eine in Westfalen. Die vielen Festungen waren mit kleinen Abtheilungen der verschiedensten Kompagnien besett, so daß z. B. die Berliner Garnison 1700 aus 12 Offizieren, 9 Feuerwerkern, 6 Korporalen, 25 Bombardieren, jedoch nur 48 Kanonieren bestand. Hier findet sich zum ersten Mal die Bezeichnung „Kanonier“, während vorher nur von Artilleriebedienten, dann von Büchsenmeistern und HandLangern die Rede ist.

1704 trat eine abermalige Vermehrung um eine, also die 10., Kompagnie ein, welche nach Berlin in Garnison kam. Diese Kompagnie ist als die älteste des 2. Regiments - die reitenden Kompagnien gehörten, wie später nachgewiesen wird, nicht zu diesem - von besonderem Interesse. Das 2. Regiment stellte später die Leute zur schlesischen Brigade. Ueber ein Jahrhundert hat diese Kompagnie bestanden, und wenn sie auch 1807 durch die traurigen Verhältnisse der allgemeinen Auflösung nicht entgangen ist, so haben sich doch, so lange sie bestand, stets guter Geist, Zucht, Sitte und Anhänglichkeit an König und Vaterland in ihr erhalten, und dieser Geist ist auch auf fernere Zeiten überkommen. 1713 (nach Stammliste 1716) wurde die Bombardier-Kompagnie aufgelöst und unter die bisherigen Kompagnien aus Verlin, welche die Nummern 2, 5, 7 und 10 hatten, vertheilt; dieselben erhielten nunmehr die Nummern 1 bis 4. Gleichzeitig wurde hier eine 5. Kompagnie gebildet, welche, wie es in den Berichten heißt, den Fuß“ von allen Komagnien erhielt. Diese fünf Kompagnien bildeten zusammen mit

einer 1731 neuformirten 6. Kompagnie das Fuß-ArtillerieBataillon" und erhielten als Garnisonort Berlin. Die Kompagnien fanden im Feldzug bei der offenen Feldschlacht sowie bei der Belagerung Verwendung. Die übrigen vier Kompagnien bildeten das ,,Garnison-Artillerie-Bataillon" und standen in den Festungen, zu deren Vertheidigung sie dienten. Hier sehen wir also zum ersten Mal die Trennung in Fuß- und Garnisonartillerie, entsprechend der jezigen Feld- und Fußartillerie. Wenn auch der bedeutende Fehler dieser Art der Trennung nicht schwer herauszufinden ist, so verdient es dennoch unsere volle Bewunderung, daß man schon damals die Nothwendigkeit derselben einsah. Sie blieb mit allen ihren Fehlern bis 1808 bestehen. Veranlaßt durch besondere Verhältnisse, verschwand sie dann allerdings auf kurze Zeit, jedoch nur, um bald um so geklärter wieder zu erscheinen.

1716 gab der König der Artillerie als Musik 16 Dudelsackpfeifer, was allerdings für unsere Begriffe etwas Unglaubliches ist, wenn man nicht annimmt, der König sei der Ansicht gewesen, zwischen dem Lärmen des Fahrens sei eine Harmonie doch undenkbar. Diese 1731 um 4 Schalmeien und 4 Bockpfeifer vermehrte Musik wurde nach v. Decker, „Versuch einer Geschichte des Geschüßwesens", 1740 abgeschafft und durch sogenannte Mohrenpfeifer ersezt. Dagegen finden sich in einem Verzeichniß der Musik vom Jahre 1772 noch 32 Dudelsäcke, welche aber nach anderen Quellen als Janitscharen bezeichnet werden; dieselben sind jedenfalls 1787 in Hautboisten umgewandelt. Zu bemerken bleibt hier noch, daß die Artillerie in den beiden ersten schlesischen Kriegen einen mit vier Schecken bespannten „Heer-Pauken- und Fahnenwagen" mit sich führte, der 1761, da er zu diesem Feldzug zurückgelassen wurde, in Berlin in die Hände der Ruffen fiel. Nach dem Frieden ließ der König einen neuen Wagen für die Artillerie bauen.

Die Artillerie blieb in der oben beschriebenen Formation mit einigen Erhöhungen des Etats bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen, so daß derselbe 1740 ein Artillerieforps von etwa 1000 Mann übernahm, eingetheilt in ein FeldartillerieBataillon zu sechs, und ein Garnisonartillerie-Bataillon zu vier Kompagnien.

Schon der erste schlesische Krieg zeigte die Nothwendigkeit, die Artillerie zu vermehren, und so wurde bereits 1741 unter dem Oberstlieutenant v. Holtmann ein zweites Bataillon von einer

Bombardier- und fünf Kanonier-Kompagnien gebildet. Die Bombardier-Kompagnie wurde bald darauf aufgelöst. Die KanonierKompagnien hatten nunmehr einen Etat von zusammen 566 Köpfen, erhielten die Nummern 7 bis 10 und nach dem ersten schlesischen Kriege gleichfalls Berlin als Garnison. (Die 8. Kompagnie gehörte später zum 2. Regiment.)

1742 wurde eine schlesische Garnisonartillerie-Kompagnie gebildet, welche in den Festungen Breslau, Glogau, Brieg, Neiße, Glatz und Cofel vertheilt war. Jede Festung hatte Abtheilungen von 14 bis 30 Mann. Dieselben famen 1744 unter einheitliches Kommando und wurden „Schlesisches Garnison-ArtillerieBataillon“ genannı. Bis 1754 erhielt die Besaßung in Neiße und Cosel, sowie in dem 1750 beseßten Schweidniß die Stärke von je 165, in Glatz von 96 Köpfen. Die Mannschaften dazu waren zum großen Theile der Infanterie entnommen. Die Theile erhielten nunmehr jeder die Bezeichnung „Kompagnie“ und folgende Nummern: Neiße 5, Glat 6, Schweidnig 7, Cosel 8. 1771 wurden die Kommandos in Breslau und Glogau zu Kompagnien (mit den Nummern 10 und 11) ungeformt, 1782 in Silberberg die 12. neu gebildet. Die Kompagnien Nr. 6, 8 und 12 (Glaß, Cofel, Silberberg) haben deshalb für uns besonderes Interesse, weil ihre Stämme 1808 mit in die schlesische Brigade übergingen.

Die beiden Feldartillerie-Bataillone erhielten 1744 die Bezeichnung „Artillerie-Regiment", und gehörte nach der Stammliste 1759 das Schlesische Garnisonartillerie-Bataillon als drittes Bataillon dazu. Außerdem bestand noch das GarnisonartillerieBataillon in den nichtschlesischen Festungen, und zwar die Kompagnien Nr. 1 bis 4 und später 9.

In dieser Stärke und Eintheilung verblieb die Artillerie bis 1762. Begann der große König somit den Siebenjährigen Krieg mit nur 11 Fußartillerie-Kompagnien, so vermehrte er doch, seiner 1758 ausgesprochenen Ansicht gemäß, „daß man das System einer zahlreichen Artillerie annehmen müsse, so unbequem dasselbe auch sein möge", die Stückzahl derselben und damit die Etats von Jahr zu Jahr. Daß hiermit nicht gleichzeitig eine Vermehrung der Zahl der Kompagnien eintrat, lag eben in dem Umstand, daß dies billiger und auch wegen der geringen Beweglichkeit der Waffe und der damit verbundenen fast kindlichen Einfachheit ihrer Taktik, sowie wegen der Möglichkeit, den jedesmaligen Ersatz in den

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