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Geschichte

der

helvetischen Republik,

von

ihrer Gründung im Frühjahr 1798 bis zu ihrer Auflösung im
Frühjahr 1803, vorzüglich aus dem helvetischen Archiv und
andern noch unbekannten handschriftlichen Quellen

dargestellt

von

Anton von Tillier.

Erster Band.

Von der Gründung der helvetischen Republik bis zur Staatsumwälzung
vom 7. Jänner 1800.

Bern.

Druck und Verlag von Chr. Fischer.

1 8 4 3.

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Vorwort.

Als der Verfasser vor fünf Jahren den ersten Band seiner Geschichte des eidgenössischen Freistaats Bern herausgab, sprach er in dem Vorworte bereits die Absicht aus, später die Geschichte der fünfjährigen Einheitsverfassung in eigenen Büchern darzustellen. Dieser rasch vorübergegangene Zustand der Dinge, der wegen der seitherigen öftern Veränderungen und Umgestaltungen der Schweiz nur noch bei Wenigen in lebendigem Andenken geblieben und schon deßwegen die Meinung gegen sich hatte, weil er ursprünglich durch fremde Waffen eingeführt worden war, schwebte den Meisten nur wie von Hörensagen als ein düsteres, für Niemand erfreuliches Bild einer traurigen Zeit vor, welche kein bleibendes und besonderes, kein für das spätere schweizerische Volksleben ersprießliches Denkmal hinterlassen habe, und vor welchem jedes künftige Geschlecht wie vor einem feindseligen und greuelhaften, Glauben, Selbstständigkeit und Volksglück zerstörenden Gespenste gewarnt werden müsse. Nur oberflächliche Schilderungen hatten den merkwürdigen Zeitabschnitt geschildert, und so geschah es, daß die weit läufigen Schriften des helvetischen Archivs, obschon durch die sorgsame Hand des eidgenössischen Herrn Archivars in gute Ordnung gebracht, zwar wohl hie und da zu einzelnen Nachforschungen für Staatszwecke benußt, niemals aber zu

gründlicher geschichtlicher Erforschung des Ganges der Dinge in jener so eigenthümlichen, vom frühern und spätern eidgenössischen Leben gleich abgerissenen Gestaltung ausgebeutet wurden. Und nur so war es denn möglich, daß ein Zeitabschnitt, während dessen Männer wie Reding, Steiger und andere mehr für Behauptung früherer Zustände und der geschichtlichen Grundlagen gefochten, andere, wie Stapfer, Rengger, Schmidt, Sprecher, Rüttimann und so viele wahrhaft ausgezeichnete Geister ein neues Leben zu gestalten strebten, im Kampfe mit den Schwierigkeiten und dem Unglücke der Zeit, so wie der fremden Bedrückung, so manche schöne Erscheinung an den alten Ruhm des Volkes crinnerte, in der Phantasie der Meisten wie ein unförm liches Ganzes zusammen schwand, wo man kaum auf einen lichten und erfreulichen Punkt hinweisen könnte. Hatten doch nicht weniger als sechs Regierungen, zwar alle mit der dreifarbigen helvetischen Fahne der Umwälzung, aber unter sich wesentlich verschiedenen Geistes und Sinnes, während dieser fünf Jahre die Zügel der Gewalt inne ge habt, und war auch der Einfluß des so übermächtigen Frankreichs während dieser Zeit auf so mannigfaltige, aber ftets neu eingreifende Weise geübt worden. Daher ist das Urtheil über jenen so merkwürdigen Zeitabschnitt, in wel chem die Schlacht bei Zürich einen entschiedenen Wendepunkt nicht nur in den schweizerischen, sondern selbst in den europäischen Angelegenheiten bildete, stets unrichtig und wegen. Mangel an Sachkenntniß oberflächlich und einseitig geblieben, das Ganze am Ende zu einem verworrenen und düstern Traumbilde herabgefunken.

Statt dieses dunkeln und die öffentliche Meinung über einen wichtigen Zeitabschnitt in der vaterländischen Geschichte häufig irre leitenden Bildes dem schweizerischen Volke-eine flare, auf genau erforschte und mit Unbefangenheit aus

dem Gesichtspunkte der Zeitverhältnisse gewürdigte Thatfachen beruhende Darstellung zu geben, schien wohl keine unwürdige Aufgabe für einen Mann von unabhängigem Geist und unerschrockener Gesinnung zu sein. Zudem war jener kurze Zeitabschnitt ungemein lehrreich für das gegen. wärtige Geschlecht, welches der Nuzanwendung der damaligen traurigen Erfahrungen noch keineswegs entwachsen zu sein scheint. Das meiste Unglück jener verhängnißvollen Zeit rührte nämlich von der Hingebung an die Fremden und daher, daß viele auch der besten und fast edelsten Schweizer ihre Vorurtheile und Leidenschaften für heilige Grundsäge hielten, denen selbst die Freiheit und Selbst. ständigkeit des Vaterlandes nicht an die Seite gestellt wer den durfte. Aus dieser traurigen Befangenheit - gingen zum größten Theile die bedauernswürdigsten Erscheinungen jener Umwälzungsjahre und die tiefste Zerrissenheit und Erniedrigung des schweizerischen Volkes hervor. So fah man das leştere durch fremde Waffen aus seiner frühern Zersplitterung gewaltsam zusammengebracht, dann durch fremde Kunst wenigstens eben so sehr, als durch seine eige nen Leidenschaften, wieder auseinander geworfen, seine edelsten Kräfte, das Blut seiner Bürger, für fremde Zwecke vergeuden und der gänzlichen Unterjochung und politischen Zerstörung nur darum entgehen, weil der mächtige Fremdling, in dessen Gewalt sie stand, diese gänzliche Unterdrückung vor der Hand seinem augenblicklichen Vortheile nicht angemessen fand. Aber so schmerzlich auch jene Erinner ungen für den vaterländischen Sinn der Zeitgenossen sein mögen, so halte ich sie doch in jeder Weise für. heilsam, denn auch die Gegenwart mochte noch immer von jenem traurigen Wahne nicht befreit sein, um dem Siege der Barthei oder einer für unfehlbar gehaltenen Meinung, selbst wenn sie auch mehr aus Eigensinn oder gekränkter Eigen

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