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nach Horiz. Der Ueberbringer wurde für diesen Eifer von den Offizieren reichlich belohnt.

Am 1. Juli früh 5 Uhr, nachdem von den Neunern kameradschaftlich Abschied genommen worden, die uns im Vorgefühl, daß das Bataillon einer Ruhmesepoche entgegengehe, an der Theil zu nehmen ihnen das Soldatenloos nicht gestattete, wehmüthig scheiden sahen, wurde zunächst bis Gitschin marschirt. Hier hatte das Bataillon die Ehre, an Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl vorbeizumarschiren. Hinter dem Orte, an der Tete des dort bivouakirenden 2. Armee-Korps wurde Rendezvous gemacht, und nachdem im Orte unter den schwierigsten Verhältnissen, da das Hauptquartier alles Eß- und Trinkbare für sich mit Beschlag belegt hatte, nach Möglichkeit requirirt worden war, abgekocht.

Nachmittags 1/24 Uhr wurde von Neuem angetreten und der Marsch bis Mitternacht, meist neben dem die Straße benutzenden 2. Armee-Korps, auf dem Felde hermarschirend, sortgesezt, sodann wurde in dem seitwärts der Straße gelegenen Dorfe Luchau Unterkunft gesucht und unter dem Schuße von Dorfwachen blieb das Bataillon von den vorüberziehenden Massen unbemerkt alleiniger Inhaber des Dorfes.

Am Morgen des 2. Juli 5 Uhr trat das Bataillon bereits wieder den Weitermarsch auf Horiz an, wo dasselbe um 2 Uhr Nachmittags eintraf und auf Befehl des Generals v. Schwarzhoff neben dem 26. Regiment einquartiert wurde. Der General empfing das Bataillon mit der Frage, ob die Leute noch so bei Kräften wären, sofort nach dem Abkochen in's Gefecht zu rücken, das wurde selbstverständlich bejaht und rasch daran gegangen, den Körper so viel als möglich mit den allerdings nur knappen Vorräthen, die von der Kolonne empfangen werden konnten (meist nur Speck), zu stärken.

Die Schlacht bei Königgräk.

3. Juli. Anfangs war für den 3. Juli Ruhetag befohlen, da das große Hauptquartier Sr. Majestät des Königs in Gitschin eingetroffen, und Allerhöchstderselbe den Oberbefehl über die sämmtlichen nunmehr vereinigten Armeen des Kronprinzen (die II.), des Prinzen Friedrich Carl (die I.), und des Generals Herwarth v. Bittenfeld (Elb Armee) übernommen hatte.

Es handelte sich zunächst darum, nähere Kenntniß von der Lage

des Gegners und namentlich darüber zu verschaffen, auf welchen von den beiden Elbufern derselbe seine Hauptmacht vereinigt habe. Nachdem die Rekognoszirungen mehrerer Offiziere der I. Armee mit Sicherheit ergeben hatten, daß der feindliche Oberfeldherr seine Hauptmacht zwischen Bistrit und Elbe vereint habe, so befahl Seine Majestät nunmehr für den 3. den sofortigen Angriff der feindlichen Stellung seitens der gesammten Armeen.

In Folge dessen erhielten sämmtliche in und um Horiz liegende Truppen der Division um Mitternacht den Befehl zum Aufbruch, der sich in aller Stille vollziehen sollte. Schweigend marschirten die Kolonnen im strömenden Regen auf der Chauffee in der Richtung auf Schloß Cereckwitz, dem vorgeschobenen Punkte, der von unserer Avantgarde, dem 27. Regiment, besetzt war. Gegen 3 Uhr Morgens traf das wieder vereinigte Regiment bei Groß- Jeriß, unmittelbar hinter dem Schlosse Cereckwitz, ein und formirte sich mit dem 26. Regiment im Brigade-Verhältniß nördlich dieses Orts auf einem Kornfelde in Rendezvous - Stellung; hierauf wurden die Gewehre zusammengeseßt und wurde den Mannschaften das Niederlegen bei diesen gestattet.

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Noch wußten wir nicht bestimmt, zu welchem Zweck diese Maßregeln getroffen waren, doch ahnte ein Jeder, daß uns Großes be vorstand; auf Befehl des Regiments wurde in dem vorliegenden Dorfe Kaffee gekocht und ließen wir uns, bei immer noch strömendem Regen und nüchternem Magen, den warmen Morgentrunk wohlschmecken; Viele suchten auch im Chausseegraben trog feuchten Lagers den unterbrochenen Nachtschlaf fortzusetzen, der für so Manchen der letzte sein sollte. Kurz vor dem mit Aufgang der Sonne angeordneten Weitermarsche wurde uns noch der Armee-Befehl Sr. Majestät des Königs vom 29. Juni bekannt gemacht, welcher also lautete:

,,Soldaten meiner Armee!

Ich begebe Mich heute zu Euch, Meinen im Felde stehenden braven Truppen, und biete Euch Meinen Königlichen Gruß. In wenigen Tagen sind durch Eure Tapferkeit und Hingebung Resultate erfochten worden, welche sich würdig anreihen an die Großthaten unserer Väter. Mit Stolz blicke Ich auf sämmtliche Abtheilungen Meines treuen Heeres und sehe den nächsten Kriegsereignissen mit freudiger Zuversicht entgegen. Soldaten! Zahlreiche Feinde stehen gegen uns im Kampfe. Laßt uns indeß auf Gott den Herrn, den Lenker aller Schlachten, und auf unsere gerechte Sache bauen. Er

wird durch Eure Tapferkeit und Ausdauer die sieggewohnten preußischen Fahnen zu neuen Siegen führen.

(gez.) Wilhelm.“

Unmittelbar nach dieser uns mit Freude und Stolz erfüllenden Allerhöchsten Kundgebung hörten wir, es mochte etwa 7 Uhr sein, aus der Gegend von Dub den ersten Kanonenschuß; die Schlacht von Königgrätz hatte begonnen! Gleich darauf ging die hinter uns stehende Artillerie mit aufgesessenen Mannschaften zum Gefecht vor, während die Bataillone an die Gewehre gerufen wurden und zunächst nach Cereckwit marschirten.

Der Kampf bis 3/410 Uhr.

Es war etwa 8 Uhr, als das Regiment Schloß Cereckwit passirt hatte und im Brigade-Verbande in der Ordre de bataille den Marsch auf der Straße nach Benátek fortsette. Sobald hier die ersten feindlichen Granaten einschlugen, wurde das an der Tete befindliche Füsilier-Bataillon in Kompagnie-Kolonnen in einem Treffen auseinandergezogen, die andern Bataillone, sowie das 26. Regiment marschirten als 2. resp. 3. Treffen in Angriffs-Kolonne auf. Kurz vor uns waren die vier Batterien Divisions - Artillerie mehrere Hundert Schritt östlich des Weges hinter einigen dort vorhandenen Terrainwellen nebeneinander aufgefahren und hatten ihr Feuer gegen die bei Horenowes, Maslowed, Chlum und Lipa bereits in diesem Momente zahlreich etablirten, des herrschenden Nebels und ihrer gedeckten Aufstellung wegen aber nur am Aufblizen ihrer Geschütze erkennbaren feindlichen Batterien eröffnet. Ihr Feuer muß jedoch augenscheinlich von nur geringem Erfolge gewesen sein,*) denn die feindliche Artillerie sandte ihnen nur wenige Granaten zu, während sie, sobald unsere Infanterie-Bataillone, die ihren Aufmarsch im Vorgehen vollzogen, südlich Cereckwit sichtbar wurden, als willkommeneres Ziel unter lebhaftes Feuer nahm, das namentlich bei den im 2. und 3. Treffen befindlichen Bataillonsmassen bereits einige Opfer forderte. Gleichwohl vollzog sich der Aufmarsch der Brigade in dem von anhaltendem Regen aufgeweichten Lehmboden mit derselben Ruhe und Präzision, wie auf dem Exerzirplatz. Die Avantgarde (das 27. Regiment und die Füsiliere 67), unter General v. Gordon,

*) Die glatte 12pfündige Batterie (v. Noß) mußte ihr Feuer alsbald wegen nicht ausreichender Tragfähigkeit gänzlich einstellen.

hatte mittlerweile die feindlichen Vortruppen aus Benátek und zeitweise auch aus der etwa 600 Schritt dahinterliegenden Nordlisiere des Swipwaldes verdrängt, als unser Füsilier-Bataillon und gleich nach ihm auch das 1. den Befehl erhielten, zur Unterstützung der Avantgarde sofort durch Benátek gegen den Wald vorzugehen. Dieser Wald war schon der Avantgarde gegenüber von neun bis zehn feindlichen Bataillonen besetzt gewesen.*)

Nachdem unsere vier Avantgarden-Bataillone mit kräftigem Anlaufe in die Lisiere des Waldes eingedrungen waren und die gegenüberstehenden Abtheilungen zurückgedrängt hatten, zeigte sich die Ausdehnung des Waldes als so beträchtlich, daß das auf dem linken Flügel in die nordöstlich vorspringende Waldspite eingedrungene Füsilier-Bataillon 67 von dem sich mehr gegen die im westlichen Waldtheile gegenüberstehenden feindlichen Kräfte wendenden 27. Regiment durch eine große Lücke getrennt wurde.

In dieser Lücke und einer dort befindlichen Schlucht hatten sich bedeutende Waffen der von der Lisiere verdrängten feindlichen Abtheilungen, namentlich Jäger, festgesetzt und so nicht nur das FüsilierBataillon 67 völlig von den 27 ern getrennt, sondern sich sogar hinter dem Rücken des Ersteren wieder ausdehnend, auch die Nordoftecke des Waldes von Neuem besetzt, als unser Füsilier- und 1. Bataillon gegen den Wald vorbeordert wurden. Diese durch das unaufhaltsame Vorstürmen des 27. Regiments gegen Cistowes noch immer mehr sich erweiternde Lücke sollte unserer Division für den ganzen Gang des Gefechts verhängnißvoll werden, denn der Gegner konnte sich hier zur wirksamen Vertheidigung aufstellen, welche sowohl durch die überragende Höhe westlich der sich zu einer Mulde erweiternden Schlucht, als auch durch die Abschnitte, die deren zum Theil abgeholzte Böschung bildet und endlich durch den Wald selbst, der bald aus Jungholz, bald aus hohem Stammholz oder aus beiden gemischt besteht, ungemein begünstigt wird. Endlich führt gerade

*) Nämlich das hier auf Vorposten gestandene 2. Bataillon Großfürst Michael (Nr. 26), Theile des 27. Feld-Jäger-Bataillons, ferner das 1. Bataillon Großfürst Michael und das 1. Bataillon Erzherzog Wilhelm, sämmtlich von der Brigade Brandenstein; sodann wurden, nach dem österreichischen Generalstabswerk, sofort noch die beiden andern Bataillone Erzherzog Wilhelm in den Wald beordert und endlich standen in dem westlichen Theile desselben von der Brigade Appiano zwei Bataillone des Regiments Heinrich und das 4 JägerBataillon mit einem Bataillone Sachsen-Weimar in Reserve.

auf die, diese Schlucht im Südwesten abschließende Höhe B. von Maslowed her ein ziemlich tief eingeschnittener Weg, der es den von den Höhen bei Maslowed fortwährend vorgeschobenen österreichischen Reserven möglich machte, fast ganz gedeckt heranzukommen und unseren Truppen gegenüber mitunter so plötzlich aufzutauchen, als ob sie aus der Erde gewachsen seien.

Als das Füsilier-Bataillon Benátek passirte, brannte das Dorf bereits derart, daß selbst das Laub der Obstbäume in hellen Flammen stand, während die ununterbrochen einschlagenden feindlichen Granaten das Feuer zu immer größeren Dimensionen anfachten. Die 10. und 11. Kompagnie im ersten Treffen, 9. und 12. der 11. geschlossen folgend, ging das Bataillon vor. Während diese Kompagnien dicht am nördlichen Theil des Dorfes vorbei und durch einen am Ostrande desselben gelegenen Obstgarten, dessen Plankenzaun zum Theil niedergetreten werden mußte, vorrückten, passirte die auf dem rechten Flügel befindliche 10. Kompagnie mit voraufgefandtem Schüßenzuge das Dorf selbst.

Die feindlichen Batterien bei Maslowed und Horenowes, sowie am Skalka-Wald mußten dies Vorgehen bemerkt haben, denn sie steigerten ihr Feuer mit einer wahrhaft fabelhaften Heftigkeit; zahllose Granaten, von drei, vier verschiedenen Seiten kommend, wirbeln durcheinander und hageln in die zwischen Dorf und Wald gelegene, von unseren Truppen zu durchschreitende Wiese, deren Nässe glücklicherweise das Krepiren der meisten verhindert.

Die bereits am Dorfe eingetretenen Verluste häufen sich; so wird unter anderen der auf dem rechten Flügel der 11. Kompagnie befindliche Sekonde-Lieutenant Barbènes von einer vollen Granate in den Hals getroffen; mit ihm sinken drei Füsiliere lautlos zu Boden.

Sobald die ersten der Füsiliere heraustreten, empfängt sie aus der vorerwähnten Schlucht und von der nordöstlichen Waldspite her lebhaftes Gewehrfeuer, aber in vollem Laufe und unter lautem Hurrah passiren sie die etwa 600 Schritt breite Mulde und werfen sich in den Wald.

Hier hatten mittlerweile die Füsiliere 67, in dem westlichen Theile desselben vorgehend, einen Vorstoß gegen Horenowes und Maslowed versucht, waren aber, durch bedeutend überlegene Kräfte von allen Seiten umfaßt, allmälig wieder zurückgetragen worden und in arger Bedrängniß, als gerade unser Füsilier-Bataillon ein

Gaertner, Geschichte des 66. Inf.-Regts.

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