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eine große Thräne langsam in den weißen Bart rollte, theilte er uns seinen großen Schmerz mit, daß Majestät in Rücksicht auf seine Gesundheit es ihm nicht gestatten wolle, sein eigenes Leben, wie er es sich so schön gedacht, auf dem Schlachtfelde für König und Vaterland zu beschließen. Er müsse deshalb schon hier von uns und unseren Feldzeichen Abschied nehmen, und die Hand wie segnend an die Fahnen legend, schloß er: ,,Gedenkt mir Eures Eides und laßt von diesen Panieren nur mit Eurem Blute, sie müssen rein und unbefleckt zur Heimath wiederkehren."

In Herzberg angekommen, mußten die Bataillone per Fußmarsch sofort in die vorläufigen Kantonnements in und um Liebenwerda abrücken. Obwohl diese ersten Märsche gleich ziemlich stark (zum Theil 4 Meilen) und von den zulezt anlangenden Bataillonen in der Nacht ausgeführt werden mußten, so gewährte es uns Offizieren eine besondere Genugthuung, unsere jungen Soldaten, vom besten Geiste beseelt, dahinziehen zu sehen, jeder Einzelne mit dem Vollbewußtsein, großen Thaten entgegenzugehen und zum Schutz und Schirm des Thrones und des Vaterlandes berufen zu sein. Während die 14. Brigade bis hart an die sächsische Grenze vorgeschoben war, kantonnirte das Regiment mit dem Stabe und Füsilier-Bataillon in Wahrenbräck, Winkel, Beusterwit, Wildgrube, Schilda, Böhmsdorf, Tröbitz, dem 1. Bataillon in Prestewiß, Gruhne, Schönborn, Schawit, Rothstein, Theisa, Laxdorf, Kauxdorf, dem 2. Bataillon in Böhniß, Junsdorf, Besersdorf und Marxdorf.

In diesen Kantonnements verblieb das Regiment bis zum 5. Juni und wurde dieser Zeitraum benutzt, um die neugestalteten Kompagnien in allen Dienstzweigen noch einmal durchzubilden, namentlich aber im Feld- und Vorpostendienst, sowie in der Gefechtsdisziplin sicher zu machen.

Zu diesem Zweck wurden kleine Gefechts- und Vorpostenübungen im Bataillons-, Regiments- und Brigade-Verbande angeordnet, die Kantonnements kriegsmäßig bewacht und endlich auch öftere Alarmirungen angeordnet. So verging die Zeit bis zum 5. Juni schnell, vom 5. bis 8. Juni marschirte die Division längs der sächsischen Grenze nach Spremberg, wo wiederum Kantonnements bezogen wurden, das 1. Bataillon kam nach Graustein, Schönhaide, Weskow, Canndorf, Slamen, der Stab, das 2. und Füsilier-Bataillon nach Spremberg selbst.

Am 11. Juni früh 8 Uhr wurde hier auf dem Exerzirplatze bei Spremberg zwischen Louisenberg und Heinrichsfelde der 7. Division die Ehre zu Theil, das erste Mal von dem hohen Oberbefehlshaber der 1. Armee Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl inspizirt zu werden und zum ersten Male den der Armee durch Schriften und Thaten ja schon lange bekannten fürstlichen Feldherrn persönlich kennen zu lernen.

Nach dem Vorbeimarsch der Truppen befahlen Se. Königliche Hoheit die Offizierkorps zu sich und begrüßten uns mit kurzen, kernigen, echt soldatischen Worten, ein Bild von dem entwerfend, was uns mit ziemlicher Gewißheit bevorstehe. Se. Königliche Hoheit sagte, daß wir aus der ihm bekannten straffen Hand des Generals v. Schack zu ihm kämen, daß er sich über unser frisches, kriegerisches Aussehen freue, sodann erinnerte er an den Ernst der Zeit, wie wir, wie einst das Preußen unter Friedrich dem Großen Feinde ringsum hätten, daß König Wilhelm aber auch eine so gute und große Armee aufzustellen im Stande gewesen, wie bisher kein Hohenzoller vor ihm. Der Feind, den wir zunächst zu bekämpfen haben würden, sei brav und völlig ebenbürtig, aber schon seit Friedrich des Großen Zeiten gewöhnt, von den Preußen geschlagen zu werden, deshalb wollten wir mit Gott für unsere theuersten Güter ihm entgegengehen, er werde wohl auch wieder zu überwinden sein.

Jedem, der diese Worte aus dem Munde des hohen Feldherrn gehört, werden sie unvergeßlich sein und gern theilten wir die eigene Begeisterung den Mannschaften mit.

Am 13. Juni ging der Befehl zum Abmarsch der Division auf Greiffenberg in Schlesien ein, er war veranlaßt durch einen für die Armee des Prinzen Friedrich Carl befohlenen Links - Abmarsch, durch den dieselbe sich um Görlitz zu konzentriren hatte, um der unter dem Kronprinzen in Schlesien stehenden II. Armee die Hand zu reichen.

Das Regiment hatte diesen Marsch am 14. begonnen und am 15. bis dicht vor Görlig fortgesetzt, an diesem Tage erfuhren wir den Bundesbeschluß vom 14., welcher Preußens Austritt aus dem Bunde und den Krieg herbeiführte.

In Feindes Land.

16-21. Juni. Das Regiment war am 16. Juni früh 26 Uhr eben im Begriff, den Marsch auf Görlig von seinen Marschquartieren

Königshain (Regiments-Stab und 2. Bataillon), Girbigsdorf (1. Bataillon) und Reichenbach (Füsilier-Bataillon) anzutreten, als dasselbe alarmirt und statt des Weitermarsches auf Greiffenberg seine Konzentrirung bei Friedersdorf hart an der sächsischen Grenze befohlen wurde. Das 1. und 2. Bataillon trafen hier auch bis 10 Uhr früh ein, während dem Füsilier-Bataillon von der 7. Division direkt der Befehl zugegangen war, in Reichenbach stehen zu bleiben, den dortigen Bahnhof zu besetzen und unter den Befehl des General - Majors v. Gordon, Kommandeurs der 14. Infanterie-Brigade, zu treten.

Nachdem der Allerhöchste Befehl zum Einmarsch in das Königreich Sachsen den Mannschaften vorgelesen und mit lautem Hurrah beantwortet worden war, wurde zum ersten Male mit scharfen Patronen geladen, denn jeder Widerstand sollte mit Waffengewalt unterdrückt werden, sodann traten beide Bataillone kriegsmäßig den Marsch auf Bernstadt in Sachsen an, nachdem eine Eskadron 10. HusarenRegiments die Avantgarde übernommen.

Mit weithin schallendem Hurrah und unter den Klängen des Preußenliedes überschritten wir sodann Mittags 11⁄212 Uhr zwischen Friedersdorf und Schönau die sächsische Grenze. Den Mannschaften sah man es auf den freudestrahlenden Gesichtern an, wie sehr sie vor Begierde brannten, sich mit dem Feinde zu messen, und stumm schloß hier zum ersten Male Offizier und Mann das stolze Gefühl, sich gegenseitig auf einander verlassen zu können, fester aneinander, kurz, die Stimmung, um große Thaten zu gebären, war vorhanden.

Von der Bevölkerung zuerst mit angsterfüllten Gesichtern empfangen, wurde das Verhältniß bald ein sehr freundliches, nachdem man sich überzeugt, daß disziplinirte Truppen und keine wilde Banden eingerückt waren.

Die 5. und 8. Kompagnie mit 40 Husaren 10. HusarenRegiments bezogen Vorposten zwischen Dittersbach, Fichtelkrug und Rennersdorf, das 1. Bataillon kantonnirte in Bernstadt, der Rest des 2. in Alt-Bernsdorf, das um 3 Uhr Nachmittags in Bernstadt eintreffende Füsilier-Bataillon quartierte nach Schönau.

In den Kantonnements bezogen wir, bis zum Eingang näherer Nachrichten über die sächsische Armee, des Nachts Alarmhäuser; die Verbindung der Vorposten mit der 14. Brigade bei Dittersbach wurde hergestellt. Hier blieb das Regiment, abwechselnd den Vorpostendienst thuend, bis zum 21. Juni stehen. In der Vorpostenlinie ging es Tag für Tag lebendig zu, die Posten hielten scharfen

Auslug, Patrouillen durchstreiften unablässig das Vorterrain und die Feldwach-Kommandanten erfüllten ihre Pflicht mit der strengsten Gewissenhaftigkeit. Wiederholt fand blinder Alarm statt, da man sich als Vorposten dem Feinde am nächsten glaubend, der aufgeregten Phantasie allerlei Täuschungen gestattete; bald war es ein in Drillichjacken zur Tränke reitender friedlicher Trupp von Trainsoldaten, der für österreichische Husaren gehalten wurde, bald glaubte man feindliche Fanale brennen zu sehen. Wurde auch hierdurch hier und da eine kleine Unbequemlichkeit herbeigeführt, so wurde doch durch diese Uebergangsperiode für die Disziplin und den strikten Dienst auf Vorposten manches Gute erzielt.

Für den Fall eines feindlichen Angriffs war bestimmt worden, daß das Regiment im Gros der 7. Division seinen Sammelplatz am Zollhause an der Straße nach Tauchwiz, die Bagage bei Leschwiß zu stehen habe. In dem ganzen Rayon des Regiments mußten Alarmsignale angebracht werden.

Die sächsische Armee hatte sich jedoch nach beendeter Mobilmachung auf dem linken Elbufer konzentrirt und war dem mit Defterreich entworfenen Feldzugsplane gemäß in der Richtung auf Töplit nach Böhmen abgezogen, so daß gegenwärtig nur noch von der Festung Königstein die sächsische Fahne wehte.

22. Juni. Am 22. Juni Mittags ging beim Regiment der Befehl ein, daß sofort aufgebrochen und in der Richtung auf Zittau vorgerückt werden solle. Es wurde bis Abends 81⁄2 Uhr marschirt und sodann das 1. und 2. Bataillon in Klein-Schönau einquartiert, während das Füsilier-Bataillon die Vorposten gegen die böhmische Grenze, welcher wir hier schon ganz nahe gekommen waren, zwischen der Neiße und Sommerau aussetzte. Abends 101⁄2 Uhr ging der Befehl ein, am andern Morgen früh 8 Uhr in Böhmen einzurücken; somit begann sich der Vorhang des blutig ernsten Dramas, das nun beginnen sollte, zu heben.

23. Juni. Am 23. früh 61⁄2 Uhr marschirte das 1. und 2. Bataillon aus Klein - Schönau, das Füsilier - Bataillon aus der Vorpostenstellung nach den vorgeschriebenen Rendezvous - Pläßen bei Luptin ab.

Die 13. Brigade sollte in zwei Kolonnen in Böhmen einmarschiren, die eine auf der Görlitz - Reichenberger Eisenbahn unter Oberst v. Blankensee, bestehend aus dem 1. und 2. Bataillon 66er, einem Zuge der 6pfündigen Batterie, der 9. Kompagnie des 26. Re

giments und einem Zuge 10. Husaren-Regiments als Avantgarde, die zweite größere, bestehend aus dem ganzen 26. Regiment, dem Füsilier-Bataillon Regiment 66, zwei Zügen Husaren und zwei Zügen der 6pfündigen Batterie unter Oberst Baron v. Medem, auf der Chaussee von Zittau-Weißkirchen-Reichenberg.

Vor dem Antreten wurde ein Armee-Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl vorgelesen, worin er die Treulosigkeit Desterreichs schildert und mit den Worten schließt: „Laßt unsere Herzen schlagen zu Gott, unsere Fäuste auf den Feind." Diese Proklamation wurde mit unendlichem Jubel von den Mannschaften aufgenommen.

Bis zur Isar.

Punkt 8 Uhr begann der Vormarsch; die Verbindung mit der von Gohlig einrückenden 14. Brigade blieb dauernd erhalten, dagegen vermochten die zur Aufsuchung der Verbindung mit der 8. Division entsandten Detachements, 9. Kompagnie Regiments Nr. 26, solche nur bis Grottau aufrecht zu erhalten.

Ein frischer kriegerischer Geist durchwehte unsere Reihen in noch höherem Maße, als wir den historischen Boden Böhmens betraten und bald von den hohen Bergmassen eingeschlossen, uns jeden Augenblick auf einen plötzlichen Angriff des Gegners gefaßt machen mußten; allein bald erfuhren wir, daß nur feindliche Husaren unseren Einmarsch beobachtet und sich eiligst vor unseren 10. Husaren abgezogen hätten; gleichwohl hatte die größere Schnelligkeit der Pferde der Unsrigen ihnen zwei Gefangene eingebracht (ein Korporal und ein Gemeiner von Radetzky-Husaren), die mit ihren martialischen Gesichtern große Aufmerksamkeit bei unseren Leuten erregten; waren es doch die ersten bescheidenen Anzeichen von Ueberlegenheit der Unseren und als solche von guter Vorbedeutung!

Hier dürfte es am Plage sein, die Ordre de bataille unserer Armee einzuschalten:

Die I. Armee war gebildet aus dem 2. Korps, der 5., 6., 7. und 8. Division, welche lettere sämmtlich direkt unter dem OberKommando standen; der 7. Division war die Avantgarde der Armee zugetheilt und in ihrer speziellen Ordre de bataille war wiederum die 14. Infanterie-Brigade, drei Eskadrons 10. Husaren-Regiments, sowie die 1. vierpfündige Batterie Magdeburgischen Feld- ArtillerieRegiments als Avantgarde eingetheilt.

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