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Lieutenants v. Rauchhaupt zum Obersten gebracht, ferner war Premier - Lieutenant v. Westernhagen von seinem Posten als Regiments - Adjutant zurückgetreten und statt seiner Premier - Lieutenant Lademann Adjutant des Regiments und für diesen Sekonde-Lieutenant v. Hake Adjutant des Füsilier-Bataillons geworden.

In der Nacht vom 18. zum 19. Januar wurde die Armirung der bei la Barre, Enghien, la Chevrette und Montmorency errich teten Batterien begonnen und da dieselben eine stärkere Deckung in der Front nöthig machten, die Stellung unserer Vorposten auf Ormesson und la Barre beschränkt, deren Besatzung dem entsprechend verstärkt wurde und nun als Hauptabschnitt angesehen werden sollte; die 14. Brigade besetzte von jetzt ab Chevrette mit.

Am 20. Januar trifft wiederum ein Transport von 150 Ersatzmannschaften unter dem Reserve - Lieutenant Bethke beim Regiment ein, wogegen die Lieutenants v. Koschitky und Feldhügel in den Bereich des 9. Armee - Korps zur Besetzung von Offizierstellen bei den Ersatz-Bataillonen abkommandirt werden.

Am 21. Januar begann endlich das langersehnte Bombardement der Forts und der Stadt St. Denis, die uns so lange mit ihren Projektilen überschüttete hatte. Man muß Monate lang wehrlos bei Tag und Nacht dem Feuer einer belagerten Festung ausgesetzt gewesen sein, um den Jubel ermessen zu können, der in allen unseren Kantonnements bei dem Donner der 78 auf den Feind arbeitenden Feuerschlünde ausbrach. Beim Feinde verfehlte das überraschende Feuer offenbar seine Wirkung nicht, er erwidert dasselbe anfangs nur schwach und auch dann nur ohne den Batterien Schaden zu thun. Trog vorher getroffener Vorsichtsmaßregeln wurde ein Füsilier der 10. Kompagnie in Enghien durch einen Granatsplitter verwundet.

Am 23. und 24. Januar raffte sich der Feind zu einer ernsten Erwiderung unseres Geschüßfeuers auf, offenbar gewannen aber doch unsere Batterien bei dem nun folgenden großen Geschüßkampfe mehr und mehr die Oberhand, denn am 25. wurde das feindliche Feuer nur noch ganz vereinzelt und unregelmäßig erwidert. Da gleichzeitig durch Patrouillen festgestellt worden war, daß die Franzosen die sämmtlichen Außenposten aufgegeben und sich in das Glacis von St. Denis zurückgezogen hatten, so wurden unsere Vorposten am 23. Januar in die Linie Epinay - le Temps perdu — ChateauVilletanneuse vorgeschoben. Da Epinay nach wie vor von der 8. Division besetzt blieb, so kam unser rechter Flügel an dem Wärterhäuschen

der Eisenbahn St. Denis — Enghien zu stehen. In dieser Nähe der Festung mußten sowohl die Posten, sowie die Feldwachen ohne Feuer bivouakiren, glücklicherweise waren wir jedoch mit guten und warmen Postenmänteln reichlich versehen worden, so daß man im Allgemeinen gegen die Kälte leidlich geschützt war. Während der Nächte begann man hier mit dem Ausheben von Schüßengräben gegen la Briche, auch unsere Batterien wurden näher an die Festung herangelegt; unsere Patrouillen betraten allnächtlich das feindliche Glacis, um sich über das Vorterrain genau zu orientiren. Während man sich so schon vollkommen mit dem Gedanken eines Sturmes auf die Werke des Feindes vertraut machte, schwieg plötzlich in der Nacht zum 27. Januar das beiderseitige Geschützfeuer. Es trat plöglich vollständige Ruhe ein. So gingen in völliger Ungewißheit über das, was nun kommen sollte, zwei Tage hin; da endlich erhielten wir am 29. Mittags den Befehl, mit dem Regiment auf le Temps perdu abzurücken, woselbst sich die Division zum Einmarsch in St. Denis sammeln sollte. Gleichzeitig erfuhren wir, daß allgemeiner Waffenstillstand eingetreten, Paris kapitulirt und sämmtliche Forts um die Hauptstadt herum dem Sieger auszuliefern seien. So war also endlich das Ziel, dem wir über vier Monate lang mit ernster Zähigkeit und Ausdauer nachgestrebt, erreicht. Die ungeheure Garnison von Paris war kriegsgefangen, 602 Feld, sowie 1357 Festungsund Marinegeschüße, zum Theil schwersten Kalibers, fielen in unsere Hände; ein Gefühl allgemeiner Erhebung bemächtigte sich jeder Brust und gern wären wir der anfänglichen Bestimmung, in St. Denis einzuziehen, nachgekommen. Das Regiment erhielt jedoch Gegenbefehl und mußte diesen Ehrenplatz der 14. Brigade, an deren Spize die Stäbe der Division und der General - Kommandos, sowie der Oberkommandirende, Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Sachsen, Nachmittags 5 Uhr mit klingendem Spiele in St. Denis einrückten, überlassen. Nur unser 1. Bataillon marschirte durch St. Denis hindurch und setzte südlich der Stadt und des Forts de l'Est Vorposten gegen Paris aus. Ueberall auf dem Marsche sah man die verheerenden Wirkungen unserer Granaten, in der kurzen Zeit der Wirksamkeit unserer Batterien war sowohl die ganze nördliche Front der Stadt als die Forts la Briche, double Couronne und de l'Est zusammengeschossen, überall, wohin unsere Artillerie hatte hinreichen können, sah man nichts als Trümmerhaufen, was uns die anfangs noch immer bezweifelte Wahrheit der Kapitulation

erklärte. Das Regiment blieb nun bis zum 10. Februar in seinem Kantonnement Enghien und wurden zur Beschäftigung der Mannschaften fast täglich Uebungsmärsche in die früher von den Franzosen besetzten Ortschaften der äußeren Enceinte von Paris gemacht, so nach dem Mont Valérien xc. Ein großer Theil unserer Offiziere benutzte die eingetretene Ruhe, um Ausflüge nach dem schönen Versailles zu machen. Interessant und manchmal auch peinlich war in dieser Zeit der Besuch der eigentlichen Besitzer der von uns in Beschlag genommenen Villen, welche zu sehen kamen, was denn in der vergangenen Schreckensepoche von ihrem Hab und Gut übrig geblieben; wenn auch im Allgemeinen die Baulichkeiten meist nur durch französische Granaten beschädigt waren, so mag doch immerhin auch das Innere derselben durch das Monate lange Kampiren unserer Mannschaften darin sie nicht allzusehr erbaut haben, ebensowenig wie der Zustand ihrer mit Verhauen versehenen Weinberge und umgelegten Mauern. Indeß sah der größere Theil von ihnen wohl ein, daß hier das Gesetz des Krieges gesprochen und Besseres für sie nicht zu erwarten gewesen. Speziell besuchte der Redakteur des „Figaro", Herr v. Villemessant, unsern Regiments-Kommandeur, er fand zwar seinen prächtigen Park zum Theil aus Vertheidigungsrücksichten von den Pionieren niedergehauen, im Uebrigen aber die liebenswürdigste Aufnahme seitens seiner Gäste, er bezeugte seine Anerkennung und die Nothwendigkeit der traurigen Maßregel sogar in einem Artikel des „Figaro" vom 3. Februar 1871, der sehr interessant und launig geschrieben ist, wiederholte seine Besuche und schickte öfter aus Paris die neuesten Nummern seines Journals.

Einen ergötzlichen Anblick boten die elegant gekleideten Damen und Herren, welche in die Umgegend kamen, um die so lange entbehrten Lebensmittel sich eigenhändig in ihre Behausung nach Paris oder St. Denis zu tragen, da eine Beförderung in Fuhrwerken verboten war.

Dem Falle von Paris war bald darauf auch die Vernichtung der von den Werder'schen Truppen bei Belfort geschlagenen feindlichen Armee unter Bourbaki durch das unter General v. Manteuffel herbeigeeilte 2. und 7. Armee-Korps gefolgt. Dieselbe war bekanntlich zum Uebertritt in die neutrale Schweiz gezwungen und dort entwaffnet worden. Prinz Friedrich Carl hatte ebenso bereits im Anfang des Monats Januar die Armee Chancy's in mehrfachen heißen Gefechten vor und bei le Mans vollständig geschlagen

und sie in völliger Auflösung nach dem Westen zurückgeworfen, endlich war auch im Norden, wo General v. Goeben das Kommando des Generals v. Manteuffel übernommen, die französische Nordarmee bei St. Quentin so entscheidend geschlagen worden, daß dieselbe in Auflösung sich in die Nordfeftungen Frankreichs zurückgezogen hatte. So war die militairische Situation, auf Grund welcher jezt zum Zwecke des Friedensschlusses die diplomatischen Verhandlungen mit der Regierung und der endlich auch wieder berufenen Landesvertretung Frankreichs stattfanden.

Märsche während des Waffenstillßtandes.

10. Februar bis 26. März. Am 10. Februar tritt das ArmeeKorps den Marsch nach Chartres an, um dort die stark gelichtete Armee des Prinzen Friedrich Carl zu verstärken, falls man durch den Waffenstillstand, der am 19. Februar zu Ende ging, nicht zum Frieden gelangen sollte. Der erste Marsch des Regiments ging über Argenteuil am Mont Valérien vorbei über Chatou nach St. Germain. Es folgte demnächst eine Reihe von größeren Märschen bei meist schlechter Witterung durch eine sonst malerisch schöne Landschaft. Von der Bevölkerung, die vom Kriege noch verhältnißmäßig wenig gesehen hatte, war unsere Aufnahme und Verpflegung eine meist gute. Am 18. traf das Regiment in Verrières, St. Pierre la Bruyère in der Umgegend von Nogent le Rotrou ein und blieb hier bis zum 24. Februar stehen. Hier war die Bevölkerung in Folge der vielen hier stattgehabten Kämpfe uns sehr übel gesinnt und bedurfte es mehrfach strenger Maßregeln, um dieselbe von offenen Feindseligkeiten abzuhalten. Wir waren deshalb sehr froh, als mit der Nachricht der Verlängerung des Waffenstillstandes bis zum 26. Februar der Befehl einging, daß das Armee-Korps sich auf den rechten Flügel der II. Armee setzen solle und in Folge dessen den Marsch auf Beaumont an der Sarthe anzutreten habe. Demgemäß marschirte das Regiment in den folgenden Tagen bis nach Chateau Brestels (1. Bataillon) und Colombiers westlich Beaumont. Unser 2. Bataillon unter Major Raabe wird am 26. zur 4. Kavallerie-Division nach Alençon detachirt, um, falls es wieder zu Kämpfen kommen sollte, den braven Reitern das zu geben, was ihnen zu ihren Streifzügen fehlt, eine tüchtige Fußtruppe unter einem bewährten Führer. Die letzten Märsche waren, da die weiche Witterung plöglich in große

Hiße übergegangen war, ziemlich anstrengend. In dieser Gegend bleiben die Bataillone bis zum 6. März stehen. Am 3. März trifft der Befehl ein, daß das IV. Armeekorps wieder zur Maas-Armee zurücktrete, und da die Friedenspräliminarien abgeschlossen, demnächst auf das rechte Seineufer zurückgezogen werden würde; das linke mußte nämlich vertragsmäßig von unsern Truppen geräumt werden.

Am 4. März wurde von einer, aus den Stabsoffizieren und Hauptleuten des Regiments bestehenden Kommission dem bei Beaumont durch einen Schuß seines rechten Auges beraubten Sergeant Güssow 6. Kompagnie eine, von einem alten Kameraden des Regiments, dem Hauptmann a. D. Freise, dem Regiment gewidmete Prämie von 100 Thalern unter den drei Bewerbern zuerkannt.

6. bis 26. März. Am 6. März beginnt das Regiment seinen Rückmarsch zur Maas-Armee, welcher in kleinen Etappen ausgeführt wird und am 21. mit dem Einrücken in die nunmehrigen Standquartiere in der Normandie endet. Das Regiment belegte mit dem Stabe l'Epine, mit dem 1. Bataillon Alonne, Varlouis, Auteuil, Voisinlieu, Berneuil, mit dem 2. Bataillon Noailles, Heilles, Abbecourt, Hermes; mit dem Füsilier-Bataillon Bresles, Laversines, Baillen, Koihy. Am 18. März hatte das Regiment bei Mantes die Seine auf einer Pontonbrücke überschritten, welche die Pioniere mit einer Ehrenpforte geschmückt und Kaiser-Wilhelm-Brücke getauft hatten; ein hübscher Gedanke. Es war nämlich ein reizender Punkt, die Seine durchfließt hier eine malerische Landschaft, bewaldete Thalränder schließen den Fluß zu beiden Seiten ein, bald auf dieser, bald an jener Seite das frische Grün einer Wiese zeigend. Das saubere und freundliche Städtchen Mantes verlieh dem ganzen Bilde viel Lebendigkeit.

26. März bis 15. Mai. Am 26. quartierte der Regimentsstab nach Chateau - Frocourt; an diesem Tage waren auch die Friedenspräliminarien von der Nationalversammlung zu Bordeaux genehmigt worden. In diesen Kantonnements blieb das Regiment bis zur Mitte Mai. Die Normandie ist ein anmuthiges und wohlhabendes Land, voll großer und prächtiger alter Schlöffer. Da die Bewohner durch die sehr dünne Bequartierung nicht allzusehr zu leiden hatten und unseren Soldaten freundlich entgegenkamen, so bildete sich bald ein gegenseitig freundlicher Verkehr. Hier wurde fleißig exerzirt und am 28. April die drei Bataillone von Sr. Excellenz dem General von Schwarzhoff besichtigt; außer Dienst wurden Gaertner, Geschichte des 66. Inf.-Regts.

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