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namentlich der Wald von Givodeau noch immer zahlreiche Versprengte barg, so mußte vorzugsweise am ersten Tage dieser Wald genau abge= sucht werden, an den übrigen Tagen wurden Waffen zusammengesucht und die Todten begraben, ein für den Soldaten recht trauriges Geschäft. Ein eigenthümlicher Fall ereignete sich mit einem gefangenen französischen Offizier. Beim Absuchen des Waldes war unter anderen Gefangenen auch der Oberst Babillot vom 30. französischen Linien-Regiment, der mit einem Zivilüberzieher und einer Uniformshose bekleidet, aufgegriffen und gefangen worden, er entschuldigte sich beim Kommandeur des Bataillons, Hauptmann v. Hering, wegen dieses Anzugs und bat um die Erlaubniß, nach Beaumont geführt zu werden, um sich dort seine Uniform holen zu können, die er am Schlachttage in Folge der Ueberraschung nicht mehr habe erlangen können. Auf Anordnung des Hauptmann v. Hering wurde der Offizier durch den Unteroffizier der Reserve Doering von der 9. Kompagnie nach Beaumont begleitet. Unterwegs versuchte der saubere Herr Oberst seinem Begleiter anfangs durch List und als er sah, daß ihm dies nicht gelang, mit Gewalt zu entwischen. Mit dem etwas französisch sprechenden Unteroffizier eine Unterhaltung anknüpfend, wußte er sich ihm zu nähern, sprang ihm dann plötzlich an die Brust und versuchte ihm das Gewehr zu entreißen. Unteroffizier Doering schoß denselben im Handgemenge zuerst durch den Arm, dann aber, als der Oberst über eine Hecke sezend, ihm zu entlaufen versuchte, mit einer zweiten Kugel durch das Kreuz. Durch Krankenträger wurde Oberst Babillot in ein Lazareth zu Beaumont abgeliefert, was später aus ihm geworden, ist diesseits unbekannt. An demselben Abende wurde auch der Diener des Obersten, der vom Unteroffizier Doering am Waldesrande bemerkt worden war, und als der Oberst zu entspringen versuchte, Miene gemacht hatte, ihm zu Hülfe zu eilen, auf der Verfolgung im Walde erschossen. Derselbe trug die Effekten des Obersten bei sich.

Am 1. September wurden die gefallenen Offiziere des Regiments, die Hauptleute v. Dossow, v. Bredow, Bonsac, die Lieutenants Freiherr v. Steinaecker, v. Bockum-Dolffs, sowie der Avantageur Unteroffizier Bieler auf dem Kirchhofe von Beaumont unter militairischen Ehren bestattet und auch unser RegimentsKommandeur in einem ihm von Füsilieren gezimmerten Sarge demnächst neben seinen Offizieren gebettet. Schwer verwundet lagen noch in den Lazarethen von Beaumont die Premier Lieutenants

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v. Trott, v. Hertell, Steinbart, sowie die Portepeefähnriche Rosenkranz und v. Stoephasius; Premier-Lieutenant v. Hertell, der am 6. September in Beaumont starb, ist neben den anderen Kame= raden begraben, die Premier Lieutenants v. Trott und Steinbart dagegen, die auf dem Rücktransport ihren Wunden erlagen, liegen der erstere in Dun, der lettere in Pont-à-Mousson begraben. Der dicht bei Mouzon schwer verwundete Portepeefähnrich Kempfe lag in Andilly bei Mouzon, woselbst er, mittlerweile zum Offizier befördert, am 9. September seiner Wunde erlag.

Während das 2. Bataillon sich in den Häusern und Straßen von Beaumont so wohnlich wie möglich eingerichtet, hatten die Füsiliere sich die schönen französischen Zelte zu Nuße gemacht und ihr Bivouak in ein kleines Leinwandsdorf umgewandelt, melches sie sich so vortrefflich eingerichtet hatten, daß sie den vom 2. Bataillon angebotenen Tausch trotz des Regenwetters ausschlugen; die Leute hatten wasserdichte sacs de campements, die Offiziere große Generalszelte mit zwei Abtheilungen, man konnte darunter zu Sechsen ganz bequem wie in einer Stube zubringen. Am 31. hatte das 2. Bataillon noch die Freude gehabt, das große Hauptquartier Sr. Majestät des Königs durch Beaumont passiren zu sehen. Se. Majestät, von den Mannschaften auf's lebhafteste begrüßt, stieg aus dem Wagen und unterhielt sich mit Offizieren und Soldaten auf das leutseligste, musterte auch die auf dem Marktplage kampirenden zahlreichen Gefangenen.

Obwohl die von Sedan eintreffende Siegesbotschaft unsere zurückgebliebenen Bataillone mit innigem Dank zu dem Lenker der Schlachten aufschauen ließ, und die durch das obliegende Geschäft gedrückte Stimmung mächtig hob, so wurde doch der am 3. September eingehende Befehl, am 4. wieder zum Regiment zu stoßen, mit Jubel begrüßt.

Sedan.

1. September. Das 1. Bataillon war, wie wir gesehen, am 31. August mit der übrigen Division nach Mouzon abmarschirt. Die Division konzentrirte sich hier im Laufe des Vormittags südlich der Vorstadt am Mont de Brune und bezog dann enge Kantonnementsquartiere in der Stadt selbst. Für den 1. September war seitens der Maas - Armee Ruhetag angesetzt und von der Division für diesen

Tag ein Dankgottesdienst angeordnet worden.

Am 1. Morgens 6 Uhr wurde jedoch Generalmarsch geschlagen und während die Truppen auf die Alarmplätze eilen, hören sie in weiter Ferne dumpfen Kanonendonner. Die Division trat alsbald den Vormarsch auf der Straße nach Douzy an.

Marschall Mac Mahon hatte nämlich durch die Schlacht von Beaumont und deren Verlauf erkannt, daß angesichts der Maas und der III. Armee, eine Fortsetzung des Marsches auf Montmedy nicht mehr auszuführen sei. Er hatte in Folge dessen diesen Plan aufgegeben und die Armee um die Festung Sedan konzentrirt, wie er selbst später in der Enquête parlementaire angiebt, nicht um hier eine Schlacht anzunehmen, sondern nur um die Truppen mit Lebensmitteln und Munition zu versehen. Die Armee hatte auf dem rechten Flußufer rings um Sedan herum ihre beiden Flügel an die Maas gelehnt und schien unentschlossen, hier weitere Ereignisse abwarten zu wollen.

Dem gegenüber standen unsererseits die Maas- und die III. Armee eng konzentrirt am linken Maasufer, einige Meilen südlich Sedan. Am 31. August ging bei ihnen der Befehl zur Fortsetzung der Offensive ein. Die Maas-Armee erhielt die Aufgabe, ein Ausweichen des französischen linken Flügels nach Often zu hindern und sollte zu diesem Zweck zwei Korps auf dem rechten Maasufer vorgehen laffen, um eine etwaige Aufstellung des Feindes, Mouzon gegenüber, in Flanke und Rücken zu nehmen. Die III. Armee sollte bis ganz an die Maas vorrücken und in der Front den Feind festhaltend, seinen rechten Flügel zu umfassen versuchen und zugleich durch Etablirung starker Artillerie auf den Höhen des diesseitigen Maasufers die Lager und die Truppenbewegungen des Feindes in der vorliegenden Thalniederung beunruhigen. Von der III. Armee besetzten die Bayern den Uebergang bei Rémilly, das 11. Korps den bei Donchery, während das Oberkommando der Maas-Armee, das Garde- und das 12. Korps bei Pouilly über die Maas und gegen Carignan und Douzh vorgehen ließ. Während dieser Bewegungen der beiden Flügel hatte unser Armee - Korps bei Mouzon stehen bleiben können. Am 1. September bei Tagesanbruch hatte mit dem Uebergange der Bayern über die Maas bei Rémilly und deren Angriff auf das stark besetzte Dorf Bazeilles die Schlacht begonnen. Bekanntlich wurde Marschall Mac Mahon gleich bei Beginn des Gefechtes schwer verwundet und es trat nun ein für die Franzosen verhängnißGaertner, Geschichte des 66. Inf.-Regts.

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voller Wechsel im Oberbefehl ein. Der vom Marschall Mac Mahon zu seinem Nachfolger bestimmte General Ducrot beschloß den Rückzug in der seiner Ueberzeugung nach allein noch möglichen Richtung auf Mézières und ließ an sämmtliche Korps den Befehl zur Konzentrirung auf dem Plateau von Jlly ergehen. Während die Truppen im Begriff sind, diese Befehle auszuführen und zum Theil schon ihre bisherigen Stellungen verlassen haben, erhalten sie plöglich Gegenbefehl. Der von Algier kommende und am 30. August bei der Armee eingetroffene General v. Wimpffen ist nach dem Marschall Mac Mahon der älteste anwesende General und hat außerdem vom Kriegsminister die eventuelle Bestallung als Nachfolger des Marschalls Mac Mahon in der Tasche. Er reklamirt den Oberbefehl und beschließt, die auf dem rechten Maasufer befindlichen deutschen Korps anzugreifen und über sie hinweg den Marsch nach Osten fortzusetzen. Die durch die Märsche und Gegenmärsche der Franzosen verlorene Zeit war den deutschen Korps zur Vollendung des Ringes, den sie um die Franzosen zu schließen im Begriff waren, sehr zu Statten gekommen. Die die Straße von Sedan nach Mézières noch vom Feinde frei findende III. Armee ließ nun das 11., dann das 5. Korps rechts schwenken und dem nördlichen Bogen der Maas folgend, gegen Sedan aufmarschiren.

Während dieser Zeit hatten die braven Bayern in Bazeilles einen harten Stand gehabt, bis ihnen das östlich bei la Moncelle eintreffende sächsische (12. Korps) durch einen Stoß in des Gegners Flanke endlich Luft machte. Die Sachsen hatten, auf der Chaussee von Douzh vorrückend, sich dann gegen la Moncelle und das Thal der Givonne gewendet und dessen südlichen Höhenrand nach und nach mit ihrer gesammten Artillerie gekrönt, welche von hier die gegenüber stehenden französischen Massen, während die Infanterie sich des Dorfes la Moncelle bemächtigte, unter ein äußerst wirksames Feuer zu nehmen begann. Auf dem rechten Flügel der Sachsen war sodann das Garde- Korps in Aktion getreten, hatte sich nach heftigem Kampfe der Dörfer Daigny und Givonne bemächtigt, während seine Artillerie den furchtbaren Kreis der gegen die um die Festung Sedan immer mehr zusammengedrängten Franzosen vom östlichen Thalrande der Givonne her wirkenden Geschützlinie verlängerte.

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Während die 8. Division unseres Korps den hartbedrängten Bayern zunächst mit vier Bataillonen direkte Hülfe brachte und sich mit den übrigen Truppen zu ihrer Reserve aufstellte, war unsere

7. Division den Sachsen über Douzy gefolgt, hatte sich zwischen la Rulle und Lamécourt formirt, das 26. Regiment mit unserem 1. Bataillon in das erste, die 14. Brigade in das zweite Treffen nehmend, während die Korps - Artillerie, auf dem linken Maasufer bei Vadelincourt in's Feuer gesetzt, die hinter Bazeilles und Balan stehenden feindlichen Reserven unter Feuer genommen hatte.

Die Kameraden unseres 1. Bataillons können nicht genug den Eindruck schildern, den sie empfingen, als sie des Schlachten-Panoramas, das sich hier vor ihren Augen entwickelte, ansichtig wurden. — In ungeheurem Bogen um Sedan herum waren sämmtliche Höhen von deutschen Geschüßen gekrönt und der ununterbrochen von ihnen aufsteigende Pulverdampf lagerte sich in mächtigen Wolken auf den Höhen, während die in der Ebene vor ihnen befindlichen Massen der französischen Armee erst nach und nach aus dem dort noch herrschenden Nebel aufzutauchen begannen. Das Echo der Berge und Thäler gab das ununterbrochene Brüllen der Geschütze in rollenden Donnern zurück, dazwischen sah man rechts und links die vorgehende deutsche Infanterie, hörte das Knattern des Kleingewehrs und die glatten Lagen der feindlichen Mitrailleusen. Nur vereinzelte feindliche Granaten erreichten das erste Treffen unserer Division, ohne jedoch Schaden zu thun.

Nachdem das 11. und 5. preußische Korps ihre großartige Rechtsschwenkung vollführt, reichten sie gegen Mittag den Garden bei Fleigneur die Hand; hiermit war auch der letzte Ausweg nach Belgien geschlossen, und das Schicksal der durch lebende Mauern umschlossenen französischen Armee wie des in ihrer Mitte weilenden Kaisers besiegelt. Wohl machte der tapfere Feind noch verzweifelte Anstrengungen, den ihn immer mehr einengenden eisernen Ring zu durchbrechen, mit todesmuthiger Aufopferung versuchte namentlich seine Kavallerie an vielen Stellen den Durchbruch, doch überall abgewiesen, mußten ihre blutenden Trümmer vor dem übermächtigen diesseitigen Feuer bis hinter die Wälle der Festung zurückweichen. Nach einem letzten, vom General v. Wimpffen selbst geleiteten heftigen Vorstoß gegen die Bayern bei Balan, ermattet der brave Feind, es werden auf mehreren Punkten weiße Fahnen aufgezogen und die Blutarbeit der deutschen Geschütze wird auf Befehl Seiner Majestät des Königs eingestellt.

Die Katastrophe von Sedan ist eingetreten und gehört der Ge- schichte an! Uebergehen wir das nicht hierher gehörende und

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