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Der Feind in seinem Engpasse, den er nur vor- und rückwärts zu passiren für möglich hielt, war von vorn und hinten angegriffen, es wäre wohl selbst dem geschicktesten General sehr schwer geworden, sich dieser Situation glücklich zu entziehen, und wenn unsere Gegner sich auf die Ueberlegenheit der Zahl ihrer nach und nach bei Preßburg eingetroffenen Truppen berufen, so hatten wir jedenfalls die sämmtlichen moralischen Faktoren für uns; auch hat die die Demarkationslinie bestimmende gemischte Kommission diesem Eindrucke sich nicht entziehen können, denn es wurde ausdrücklich der Brigade Bose zugestanden, daß sie die von ihr eingenommenen Stellungen am Gemsenberge und der Kunstmühle während 24 Stunden noch besetzt halten könnte. Das Regiment hatte an diesem Tage, wie die vorstehende Relation zeigt, eine unbedeutende Rolle, weshalb auch die oben genannten Verluste kaum nennenswerth sind; zu erwähnen ist noch, daß unser 2. Bataillon während des Artilleriekampfes in die linke Flanke zur Deckung der 14. Brigade dirigirt wurde, da die Meldung kam, es zeigten sich im Rücken derselben österreichische Jäger, dies waren indeß nur einzelne versprengte Patrouillen. Das Bataillon kam, mit Ausnahme einzelner gegen diese gethanenen Schüsse, nicht mehr in's Gefecht.

Wie nach dem Manöver sammelten sich auf der Höhe die Offiziere, um sich einen Ueberblick über das Terrain, sowie die abmarschirenden feindlichen Truppen zu verschaffen.

Nach einer kurzen Rast marschirte sodann das Regiment über die Pußten zurück nach Marchegg, wo wir Quartier bezogen.

Kantonnements während des Waffenstillstands.

23. Juli. Am 23. Mittags rückten wir sodann in das Quartier Malazka am Fuße der Karpathen hinter der Demarkationslinie; hier hatte die 13. Brigade den Auftrag, Vorposten gegen das Gebirge in der linken Flanke auszusehen, und zwar sich ernsthaft zu sichern, da man glaubte, daß die durch die Karpathen von Olmütz abgezogenen Desterreicher vom Waffenstillstand keine Nachricht hätten. Diese Vorposten wurden immer von einem Bataillon der Brigade bezogen, während die anderen Bataillone der Ruhe pflegten, es wurde namentlich die durch die permanenten Märsche arg beschädigte Ausrüstung und Bekleidung wieder in Stand gesetzt, wie auch für die nöthige Stärkung von Leib und Seele genügend gesorgt wurde, damit das Regiment für alle

Eventualitäten gerüstet sei, falls unvorhergesehene Umstände eine Erneuerung der Feindseligkeiten hervorrufen sollten.

Mit dem Gefecht von Blumenau sollte jedoch für das Regiment die kriegerische Thätigkeit auf österreichischem Boden ihr Ende erreicht haben, leider wurde es aber vor seinem Rückmarsche in die Heimath von einem böseren Feinde, der Cholera heimgesucht, der viele unserer Kameraden und theils solche, die sich in den Kämpfen treu bewährt hatten, noch zum Opfer fallen sollten.

Zunächst gestaltete sich unser Kantonnement Malazka zum modernen Wallenstein'schen Lager. In der Umgegend lag das ganze 4. ArmeeKorps und ein großer Theil des Kavallerie-Korps. Unser Städtchen, welches den Divisionsstab der 7. Division, die Brigade- und Regimentsstäbe in dem Gräflich Palffy'schen Schlosse aufgenommen, war der Versammlungsort aller Offiziere und Beamten, welche be= sonders wohl durch den vorzüglichen Ungarwein und die vortreffliche Küche des dortigen Gastwirths herbeigelockt waren; der Mann hat in den paar Tagen seinen vollen Weinkeller verzapft und ganze Heerden von Spanferkeln geschlachtet, eine Hauptspeise der ungarischen Welt, welche dem preußischen Krieger in demselben Maße mundete. Hier lagen wir in der reizenden Gegend, unsere Doppelposten sahen hinüber zu jenem vielzackigen Gebirge, aus dessen Schluchten manch freundliches Dorf zu uns herüberblickte. Mit den Bewohnern entstand bald ein freundlicher Verkehr, indem dieselben gern ihre Lebensmittel gegen blankes preußisches Silbergeld eintauschten. Am 27. erfuhr man, daß die Friedenspräliminarien zwischen unserem Könige und dem Kaiser von Oesterreich zu Nikolsburg abgeschlossen und der Waffenstillstand verlängert sei. An diesem Tage wurden außerdem die Ernennungen der Portepeefähnriche v. Bockum - Dolffs, Bergande, Boetticher, v. Roehl und v. Bodungen zu SekondeLieutenants bekannt gemacht. Am 29. war großer Feld- und Dankgottesdienst für den glänzenden und ehrenvollen Friedensschluß bei dem Dorfe Kirbolig; leider forderte an diesem Tage auch die Cholera ihr erstes Opfer bei unserem 2. Bataillon. Am 30. traf für das Regiment wie für die ganze Division der Marschbefehl ein, in Folge dessen aus Ungarn zurück über Angern, wo die March wieder passirt, und nach Brodes, Schaffelshoff und Tallesbrunn in Niederösterreich marschirt wurde. Hier bereitete sich ein letter großartiger Moment vor, der größte Theil der I. Armee, nämlich das 3. und 4. Korps, sowie die gesammte Reserve-Kavallerie und Artillerie sollten große

Heerschau vor Sr. Majestät dem Könige haben. Bei UnterGänserndorf auf dem historischen Marchfelde, zwei Meilen von Wien und im Angesicht der Kaiserstadt und dem hier weit hin sichtbaren Stephansthurme sollten sich die siegreichen preußischen Banner nochmals entfalten, ein schöner Abschluß unserer Leistungen und Erfolge.

Es war ein erhebendes militairisches Schauspiel und jedes Soldatenherz pochte freudiger, als der greise Königliche Feldherr den Blick über seine siegreichen Regimenter schweifen ließ. Mit Stolz verglichen wir die gelichteten Reihen unserer mit denen der anderen Divisionen, die wir im zweiten Treffen stehend, mit uns zu vergleichen Gelegenheit hatten. Langsamen Schritts vom linken Flügel her an den Bataillonen vorbeireitend, bot Se. Majestät jedem Bataillon einen guten Morgen. In stolzer Haltung zogen wir sodann an Sr. Majestät vorüber. Nach dem Vorbeimarsch versammelte um sich der König alle Generale und RegimentsKommandeure, und nachdem er seine Freude darüber ausgedrückt, daß Gott ihm in seinem hohen Alter noch gestattet, einen solchen Krieg mit solchen Resultaten zu führen, und dem Prinzen Friedrich Carl sowie den sämmtlichen Führern seine besondere Anerkennung gezollt, fuhr er fort: „Vor Allem aber muß Ich es an dieser Stelle aussprechen, daß es der zähen Tapferkeit und Ausdauer der 7. und 8. Division zu danken ist, daß der Sieg in der Schlacht ermöglicht wurde;" sodann sich an General v. Fransecky direkt wendend, der heute beide Divisions-Kommandeure vertrat,*) fuhr er fort: „Hätten Sie nicht eine so unerschütterliche Standhaftigkeit bewiesen, daß Mein Sohn und General Herwarth hätten abgewartet werden können, Ich weiß nicht, was daraus hätte werden sollen. Sprechen Sie den Truppen Meinen Königlichen Dank dafür aus, Ich werde diese Thaten nie vergessen, und nun Adieu, Meine Herren, auf Wiedersehen im Vaterlande!" Freudigen Herzens trat das Regiment, nachdem ihm vom Obersten v. Blankensee der Hauptinhalt der Königlichen Worte mitgetheilt, den Rückmarsch in die Quartiere an.

Am 1. August wurde sodann der Weitermarsch in die, während des Waffenstillstandes stipulirten Kantonnements an der böhmischmährischen Grenze, unweit Iglau, angetreten, leider hatte sich die Cholera beim 2. Bataillon trotz aller Vorsichtsmaßregeln gemehrt,

*) Der Kommandeur der 8. Division, General v. Horn, war zur MainArmee abkommandirt worden.

dasselbe hatte an diesem Tage schon vier Todte; das 1. und FüsilierBataillon kamen nach Cistersdorf, das 2. Bataillon_nach WindischBaumgarten.

Am 2. August Marsch nach Walterskirchen für das 1. und Füsilier-Bataillon, nach Passauerdorf für das 2. Bataillon, welches stets getrennt von den beiden anderen marschirte; in Walterskirchen konnten die Bataillone nicht unterkommen, da die Cholera dort Haus bei Haus war. Es wurde deshalb eine Meile weiter nach Bonsdorf marschirt.

Am 3. August Marsch nach Wildendürnbach, Altprerau und Stotterhoff, hier mußten schon Kranke aller Bataillone zurückgelassen werden, auch begruben wir die ersten Todten des 1. und FüsilierBataillons. Am 4. marschirte das 1. und Füsilier-Bataillon nach Leipertit, das 2. nach Dallnitz; am 5. war in diesen Kantonnements Ruhetag. Es brach in den letzten beiden Tagen die Cholera beim 1., besonders aber beim Füsilier-Bataillon in hohem Maße aus, glücklicherweise erreichte sie hier auch ihren Höhepunkt, denn von nun an verließen wir die Cholerastraße nach Brünn, wo der Unhold wahrhaft wüthete und wendeten uns mehr westlich, in welchem Landstrich die Luft noch nicht so infizirt war.

An diesem Tage traf der Hauptmann Raabe vom ErsatzBataillon mit einem Rekonvaleszenten-Transport beim Regiment ein, zugleich erfuhren wir, daß die Ersatz-Mannschaften auf dem Marsche zur Armee angehalten seien; die Kompletirung war auch jetzt nicht mehr nöthig.

Am 6. August kamen wir nach Wolfsaniz, Babeliß, Archmerit; am 7. nach Hagan und Gegend; am 8. nach Namgest; am 9. war Ruhetag. Am 10. Marsch nach Wallein, Zorz, Nadteng; am 11. trafen wir in unseren neuen Kantonnements ein, in denen wir ganz weitläufig, zum Theil eine Kompagnie in drei Ortschaften untergebracht wurden. Der Regimentsstab kam nach Saar, das 1. Bataillon nach Borau, Groß-Leserit, Spilsdorf, Pesendorf, Gablenz, Prszbislaw, das 2. Bataillon nach Pawlow, Chranstow, Arnolz, Bochdalow, das Füsilier-Bataillon nach Neu-Wessely, Matejo, Groß-Saar und Klein- Saar; die gesperrten Orte, wo die Bataillonsstäbe lagen, sind fleine Landstädtchen, die übrigen größere oder kleinere czechische Dörfer, besonders die Gegend, wo das 1. Bataillon lag, hier war Zciska's Bild in den meisten Häusern und unweit Prszbislaw wurde von den Bewohnern mit Stolz der Platz gezeigt, wo derselbe an der Pest

gestorben; es war dies ein mit rohen Steinen umfaßtes Rondel, in welchem eine Blattpflanze wächst, welche nirgend in ganz Desterreich wieder zu finden sein soll. Ein czechischer Pfarrer erzählte den dort einquartierten Offizieren, daß die österreichische Regierung Alles versuche, um die Pflanze auszurotten, es gelänge ihr aber nicht, troßdem die Erde schon einige Tage herausgegraben und fremder Boden hineingeschüttet sei. Derselbe Pfarrer gab uns einige von den Blättern dieser Pflanze als das seltenste Andenken an Böhmen mit, welches er uns geben könne.

In diesen Quartieren wurden wir schon recht friedlich aufgenommen, es durfte nirgend requirirt werden, anfangs lieferten die Ortschaften die Verpflegung, später wurde dieselbe durch die Intendantur aufgekauft. Ueberall bildete sich bald das freundschaftlichste Verhältniß zwischen den Bauern und unseren Leuten aus, troßdem man sich oft nur durch die Fingersprache verständigen konnte. Unsere Leute halfen tüchtig mit auf den Feldern und zeigten den Bauern die norddeutsche Emsigkeit, Kraft und das norddeutsche Geschick, in dem der böhmische Bauer sehr hinter unserem Landmann zurücksteht; wir fanden hier und da auf unseren Märschen durch böhmische und mährische Dörfer noch um 8 Uhr Morgens Alles im tiefsten Schlafe. Die Pfarrer, meist czechisch gesinnt, waren fast überall die Freundlichkeit selbst, Patriotismus als Desterreicher war schwer zu erkennen, sie kannten nur Böhmen als ihr Vaterland und den König von Böhmen als ihren Landesherrn.

Die Zeit verlief von nun an ohne nennenswerthe Ereignisse. Um die Truppentheile nicht völlig der Ruhe zu überlassen, und dadurch dem Ausbruch von Krankheiten, namentlich Nervenfiebern Vorschub zu leisten, die erfahrungsmäßig leicht bei zu schnellem Uebergang von größeren Strapazen ausbrechen, wurde durch Exerzitien und Felddienstübungen für mäßige tägliche Bewegung gesorgt. Gleichzeitig wurde möglichste Sorgfalt auf die Wiederherstellung unserer arg mitgenommenen Bekleidung und Ausrüstung verwandt. In der zweiten Hälfte des Monats trafen auch mehrere von ihren Wunden wieder geheilte Offiziere, der Premier - Lieutenant und Kompagnie - Führer v. Sallwürk, Premier Lieutenant und Regiments Adjutant Gaertner und Sefonde-Lieutenant Engholm beim Regiment ein, wogegen die vom Ersatz-Bataillon zum Regiment gelangten Hauptmann Raabe und Premier Lieutenant v. Bredow auf höheren Befehl wieder nach Magdeburg zurückgehen mußten. In der lezten

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