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fen beiden Infantinnen war die Erbfolge in Spanien durch mehrere Staatsakte, so wie durch die leg willigen Anordnungen ihrer Väter, der Könige Philipp III. und IV., auf das bestimmteste vorbehal ten worden; indeß diese mit aller Kraft der Verfassung und der Reichsgesehe Spaniens ausgestatteten Testamente zugleich die beiden französischen Königinnen Anna und Maria Theresia und deren gesammte Nachkommen für immer von der Erbfolge ausschloßen. - Leo= pold hatte mit seiner ersten Gemahlinn, der Infans tinn Margaretha Theresia, eine einzige Tochter, Maria Antonia, erzeugt. Diese Erzherzo ginn entsagte 1685, vor der Vermählung mit dem ! Kurfürsten Maximilian II. Emanuel von Baiern, und mit dessen vollkommener, wiederholter Zustimmung, allen Ansprüchen auf die spanische Krone zu Gunsten ihres Vaters. Die Kurfürstinn Maria Antonia starb bereits am 24. Dezember 1692, und ihr einziger, erst am 28. Oktober 1692 geborner Sohn, der Kurpring Ferdinand Joseph, folgte ihr am 16. Februar 1699 in das Grab. Der Kaiser vereinigte nun in seiner Person alle Ansprüche und Rechte zu Spaniens Besit, sowohl der männlichen Linie: als ältester Erzherzog von Östreich, wie auch der weiblichen Linie: als Sohn der Infantinn Maria, Gemahl der Infantinn Margaretha Theresia, und Vater der Kurfürstinn Maria Antonia. Daher war also Leopold I. bei Karls II. Tode der einzige rechtmäßige Erbe der gan zen spanischen Monarchie.

Die öffentliche Meinung hatte schon längst Östreichs Recht auf Spanien als unbezweifelbar anerkannt, und viele Mächte hatten sich vor Jahren zu dessen Un

terstügung mit dem Kaiser verbündet. In dem am 12. Mai 1689 zu Wien mit den holländischen Generalstaaten abgeschlossenen Vertrage hatten diese,

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weil Ludwig XIV. schon damals die Absicht, seinen Dauphin auf den spanischen Thron zu erheben, verrathen hatte, in einem Separat-Artikel dem Kaiser Leopold ihren Beistand zur Erlangung der spanischen Erbfolge versprochen, im Falle Köz nig Karl II. ohne Leibeserben verstürbe. Diesem Bunde, welcher sodann den Namen der großen Allianz erhielt, traten Wilhelm III. König von England, auch Erbstatthalter von Holland, am 26. Dezember 1689, - der Herzog von Savoyen am 4., und der König von Spanien selbst am 6. Juni 1690,- die Herzoge von Braunschweig, Lüneburg am 22. März 1692, am 2. Februar 1693 der Kurfürst Johann Georg IV., und am 2. Juni 1694 dessen Nachfolger der Kurfürst Frie drich August von Sachsen, - am 18. März 1695 der Bischof von Münster bei. Am 8. August 1695 im; Haag wurde die große Allianz vom Kais fer und der Republik Holland erneuert, und diesem neuen Vortrage schlossen sich im August und September die Könige von Spanien und England, die Herzoge von Lothringen, Savoyen und Braunschweig, die Kurfürsten von Baiern und Brandenburg an.

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Als ich die Erbfrage dem Zeitpunkte ihrer Ent: scheidung nahte, sprachen verschiedene Kabinete die Besorgniß aus, daß durch die Übertragung der spanischen Krone auf den ältesten Prinzen und Thronerben einer der beiden in Östreich oder Frankreich herrschenden Far

milien Europas politisches Gleichgewicht gestört werden würde. Diesen Anstand zu beseitigen, wollte der Kai, ser die spanische Erbschaft dem am 1. Oktober 1685 ge, borenen zweiten Sohne von seiner dritten Gemahlinn Eleonora von Pfalz - Neuburg, dem Erzherz o g Karl, zuwenden. Diesem Beispiele folgend, forderte dann auch Ludwig XIV. die Thronfolge in Spanien nicht mehr für den Dauphin, auch nicht für dessen äls testen Sohn, den Duc de Bourgogne, -sondern für Einen seiner jüngeren Enkel: den Herzog Philipp von Anjou, oder Karl von Berry.

Der spanische Hof war 1696 in drei Parteien getheilt: die Eine war für den zwölfjährigen Erzherzog Karl von Östreich, und zu dieser gehörten der König Karl II. selbst, seine Gemahlinn die Königinn Maria Unna von Pfalz - Neuburg, welche eine Schwester der Kaiserinn Eleonora und Tante des Erzherzogs Karl war, dann mehrere spanische Staatsminister. Die zweite Partei stimmte für den dreijährigen Kurprinzen Joseph von Baiern, die drit te für einen der französischen Prinzen. Die Streichische Partei hatte früher schon ein bedeutendes. Übergewicht gewonnen. Als Karl II. 1693 von einer gefährlichen Krankheit befallen worden, hatte er ein Testament gemacht, und in demselben, den lehwilligen Anordnungen Philipps III. und Philipps IV. gemäß, den Erzherzog Karl zu seinem Nachfolger ernannt. Doch die Königinn-Mutter, Maria Anna von Östreich (eine Tochter Kaiser Ferdinands III.), war ihrem Ürenkel, dem baierischen Kurprinzen, so geneigt, daß sie den König, ihren Sohn, bald darauf bewog, jenes Testament wieder aufzuheben. Als die KöniginnOstr. milit. Zeitsch. I. 1835.

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Mutter am 16. Mai 1696 verstorben was, konnte des Königs Gemahlinn Maria Anna die Erbangelegenhei ten auf dem rechten Wege zum Ziele leiten, und sollte hierin durch den neuen östreichischen Gesandten Grafen Ferdinand Harrach unterstützt werden. Dieser fand bei seinem Eintreffen zu Madrid den Hof in größter Bestürzung. Wiederholte heftige Krankheitsanfälle setten oft das Leben des Königs in Gefahr, und der Krieg ge gen Frankreich nahm eben eine sehr bedenkliche Wens dung. Die Parteien standen einander schroff gegenüber. Ihre Plane durchkreuzten sich. Harrachs Unterhandlun gen hatten noch keinen Fortgang gewonnen, als am 30. Oktober 1697 zu Ryswick der Friede geschlossen wurde. Nun wendete der im Februar 1698 nach Ma= drid gelangte französische Gesandte Marquis d'Harcourt, um die für Frankreich günstig gestimmte Partei zu vergrößern, alle Mittel der List an: Schmeichelei, täuschende Versprechungen, überredung, Bestechung, ja selbst indirekte Drohungen mit militärischer Gewalt. Wirklich bereitete sich König Ludwig XIV. zur Anwen= dung der Lesteren durch große Rüstungen zu Lande und auf der See, und durch die Bewegung bedeuten= der Truppenmassen gegen die Pyrenäen. Das Kabinet von Versailles wußte zugleich, die diplomatischen Verhandlungen an allen europäischen Höfen so schlau zu leiten, daß sogar solche politische Vorkehrungen, welche das Interesse Frankreichs zu beeinträchtigen und dessen Hoffnungen auf das spanische Erbe zu vermindern schienen, den geheimen Wünschen und Berechnungen Ludwigs XIV. vollkommen entsprachen. Dies war dann auch der Fall, als Wilhelm III. König von England die, zuerst von dem französischen Minister Marquis de Torch

felbft angeregte, Theilung der spanischen Mo narchie vorschlug.

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Um 11. Oktober 1698 unterzeichneten im Haag englische, französische und holländische Bevollmächtigte einen Vertrag, daß das spanische Reich unter die drei Prinzen: Joseph von Baiern, den Dauphin von Frankreich und Karl von Östreich ge= theilt werden solle. Spanien, die Niederlande und Amerika sollte der Kurprinz erhalten, und ihm, im Falle der Prinz ohne Leibeserben stürbe, der Kurfürst, sein Vater, nachfolgen. Dem Dauphin wurden Neapel, Sizilien und Sardinien, der Stato degli presidii an der toskanischen Küste, das Marquisat Finale, und die spanische Grenzprovinz Guipuscoa, - dem Erzs herzoge Karl das Herzogthum Mailand zugedacht.

Ludwig XIV. war keineswegs gesonnen, die Ausführung dieser Theilung je zu gestatten. Aber er selbst hatte in Geheim durch seine Minister und Gesandte `den Vertrag herbeiführen lassen, und demselben nun auch zum Scheine seine Zustimmung gegeben, weil er ohnehin überzeugt war, daß Östreich nie in denselben willigen werde. Auch hoffte er, durch diesen Traktat die Mächte zu veruneinigen, welche, so lange sie vers eint blieben, gegen Ludwigs vorhabende Usurpazion einen unübersteiglichen Damm bildeten. Wirklich war die erste, ihm erwünschte, Folge seiner List, daß das alte Freundschaftsband zwischen Östreich, und Baiern zerriß, und der Kurfürst sich ganz an Ludwig XIV. schloß, von dessen Beistande er die Verwirklichung je= ner glänzenden Aussichten erwartete, welche der Theis lungsvertrag seinem Sohne, und möglicher Weise ihm selbst, eröffnete.

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