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entsprochen, und es ist hierbei, eben so wie bei den eben näher beleuchteten Arten, sich vor feindlichem Feuer zu decken und die Wirksamkeit des eigenen zu erhöhen, eine Verschiedenheit von Manieren an den Tag getre ten, welche hauptsächlich in zwei Klassen gesondert werden kann. In die erste Klasse gehören diejenigen Befestigungen, bei welchen die Graben und Kehlen der abgetrennten, in diesem Falle Außenwerke genannten, Theile unmittelbar mit dem Graben der dahinter liegenden Hauptumfassung zusammenhängend angebracht sind, und in die zweite Klasse diejenigen, bei welchen die abgetrennten Anlagen außerhalb des gedach ten Grabens, und selbst außerhalb des seiner Kontreskarpe vorliegenden Glacis, oft sehr entfernt davon, ausgeführt, und dann Vorwerke genannt werden.

Es ist wohl an sich klar, daß eine ganz ausschließende Anwendung der einen oder der andern Befestigungsmanier nicht ausführbar ist, und daß die obige Unterfcheidung in zwei Klassen sich vorzüglich nur auf die bei jeder Anlage vorherrschende Haupt-Anordnung beziehen Eann. Schon diese Bemerkung gibt es zu, daß einzelne Theile von Befestigungen ganz zweckmäßig mit AuBenwerken können versehen werden. Eben so wenig wird man läugnen, daß mit den so oft durchweg, also ficher ungerecht, verschrienen bastionirten Fronten und den dazu gehörigen Außenwerken selbst größere ebene Abschnitte eines zu befestigenden Terräns recht zweck mäßig besetzt werden; wie auch, daß Pläße, blos mit gehörig angeordneten Außenwerken versehen, immer ganz vortreffliche Festungen bleiben können. Aber dem Geiste der neueren Kriegführung entsprechender, allen Zufälligkeiten des Terráns anpaßender, und jedenfalls

wohlfeiler, lassen sich Festungen erbauen, wenn man deren Hauptstärke in zweckmäßig ausgeführte Vorwerke legt; eine Methode, welche sogar in der Ebene sehr anwendbar ist; wie davon das vortreffliche Chasseloup's sche System den Beweis gibt.

Schon wegen des angegebenen zweiten und drit ten Grundsages, also um sich gehörig decken und den Angreifer im Ertrage der Schußwaffen überall sehen und beschießen zu können, wird man mit Werken oft gewisse, von der Natur meist sehr deutlich bezeichnete, Stellen beseßen müssen; Stellen, welche Thäler, Schluchten und sonstige Zugänge einsehen, oder Punkte, welche dergestalt enfiliren, daß ihr nachtheiliger Einfluß durch das Defilement nicht abgewendet werden Eann. Umrisse mit bloßen Außenwerken werden dieser Nothwendigkeit nur selten entsprechen, und es wird sich hiernach in der Ausübung die Nothwendigkeit der Anlage von Vorwerken von selbst ergeben.

Vorwerke gestatten auf den zwischen ihnen bleis benden größeren Zwischenräumen einerseits verhältnißmäßig ausgedehntere und kräftigere Ausfälle, und ans dererseits können die Vorwerke selbst mit blanker Waffe, viel hartnäckiger vertheidigt werden, als nahe an der Hauptumfassung liegende Außenwerke; weil der beim Sturme des Angreifers etwa eintretende Verlust der Vorwerke nicht in so hohem Grade. Verwirrung und nachtheiligen Eindruck hervorbringen kann, als Beides bei Erstürmung eines Außenwerkes statt finden wird.

Die Masse des in neueren Zeiten bei Angriffen in Wirksamkeit kommenden Wurffeuers muß die Befestiger gleichfalls auf die Anwendung der Vorwerke leiten; denn diese machen es oft leicht und ohne Ausdehnung

der eigentlichen Befestigungsanlagen möglich, den Feind weit und lange von dem Innern eines Plages abzuhalten, und auf diese Weise viel an Kasematten zu erspa ren; wie wenn man z. B. bei einem vor der Festung vorbeiziehenden breiten Thale, statt an der rückwärts liegenden Hauptumfassung Außenwerke anzubringen, lieber den gegen den Plaß zu liegenden Bergrand mit einigen selbstständigen kasemattirten Vorwerken besetzt, und so den Angreifer, bis zur Zeit der Einnahme dies ser Werke, um die ganze Thal- und Böschungsbreite der beiderseitigen Bergabhänge von der Hauptumfass fung weggedrängt festhält.

Die neuere Kriegführung, welche die lästige und höchst beschränkende Rücksicht auf im Voraus angelegte eigene Magazine und Verpflegungslinien in bevölkerten Ländern nicht mehr nimmt, welche ferner durch die häufige Anwendung der Tirailleurs und der Kolonnen-An= griffe fast jede feindliche Stellung anzugreifen vermag, so daß Stellungen, welche der früheren Angriffsweise in Fronte unzugänglich, also uneinnehmbar waren, nunmehr eines großen Theiles ihrer taktischen Deckung beraubt sind; diese Kriegführung macht gegenwärtig die Entscheidung des Krieges hauptsächlich von der Übers zahl, oder von der überlegenen Brauchbarkeit der Trups pen abhängig, und ihr zu Folge wurden Heere geschaffen, deren Größe jene der früheren Armeen vielfach übersteigt. Mit solchen Heeren nun wird es möglich, Festungen blos durch Abtheilungen blockiren, und ihr Schicksal durch jene Haupterfolge entscheiden zu lassen, welche die inzwischen fortgeseßten Operazionen der Haupt-Korps herbeiführen; ein wesentlich verschiede nes Verhältniß gegen früher, wo selbst eine mittels

große Festung bei ihrer Belagerung das Gesammtheer des Feindes beschäftigte, und unterdessen alle weiteren Unternehmungen lähmte. Bei solcher Sachlage würden die Festungen bald zu der blos passiven Rolle herabsteigen, im Rücken der Armeen einige Haupt-Depots zu sichern, und direkt vielleicht nur mehr als Sperrpunkte im Hochgebirge und an sonstigen Pässen wirken; wenn nicht eben die Anwendung der Vorwerke Gelegenheit gäbe, den Festungen wieder einen wesentlichen unmit telbaren Einfluß auf die Entscheidung der Kriege zu verschaffen. Weil nämlich hauptsächlich die Überles genheit an Truppenzahl den Vortheil zu ges dachter Entscheidung sichert, so werden jene Festungen, welchen in Rücksicht ihrer Lage und Größe wahrscheinlicher eine Blokade als ein belagerungsmäßiger.Angriff bevorsteht, um so vortheilhafter seyn, als sie verhält= nißmäßig mehr Blokade-Truppen erfordern, und den operirenden Hauptarmeen entziehen. Diefen verhältnißmäßigen Mehrbedarf wird der Blokirende bei Festungen mit gut angelegten Vorwerken, selbst wenn deren Hauptumfassung gar nicht ausgedehnt ist, in hohem Grade fühlen. Solche Vorwerke erweis tern den eigentlichen Umfang eines Plages sehr bedeutend, und gefährden, im Vergleiche mit gewöhnlichen Außenwerken, die Posizionen des Cernirenden in hö. herem Maße. Denn der nur halbwegs thätige Vertheidiger der Festung wird leicht und ungehindert aus den offenen Zwischenräumen der Vorwerke herausbrechen, mit Übermacht einzelne Punkte seines Feindes anfallen, und nach deren empfindlicher Beschädigung wieder zwischen den Vorwerken, und durch diese gesichert, in den Play zurückkehren können.

Ungeachtet des vergrößerten Umfanges braucht aber die Garnison der mit Vorwerken versehenen Festungen nicht stärker zu seyn, als sie der sonstigen Eigenthümlich, keit des Plages wegen im Allgemeinen wäre festgestellt worden. Denn die einzelnen zweckmäßig angelegten Vorwerke machen eine ängstliche Bewachung der leeren Zwischenräume des äußeren Umfanges der Festung über, flüssig, und jene Werke selbst brauchen, bei guter Kons strukzion, vorzüglich an Mannschaft nur mäßige Be saßungen.

Ähnliches findet in Ansehung der entsprechenden Baukosten statt, um so mehr, da, außer der unum gänglich nöthigen rückwärtigen Hauptumfassung, ans dere, -zumal gemauerte, Verbindungslinien zwis schen den Vorwerken meist überflüssig, oft sogar nachtheilig sind; weil sie das Herausbrechen der Ausfälle hindern, und die Graben solcher Linien, nach dem Verluste einiger Vorwerke, oft als fertige Paralellen ge gen rückwärtige Anlagen benüßbar werden.

Minen können zwar nicht in jedem Terrån anges wendet werden; aber ihre große Vertheidigungsfähigs keit, und der Umstand, daß sie, des Feindes Übermacht an Geschüß und Mannschaft paralisirend, die Hauptentscheidung bei Belagerungen allein auf ein Paar Gallerien übertragen, bei welchen der Vertheidiger gewöhnlich sehr lange den Vortheil sich erhalten kann, diese, so wie noch andere wesentliche Verhältnisse, erheben die Wichtigkeit der Minen dergestalt, daß man mit Recht als fünften Grundfaß der Befestigungskunst aufstellen kann: Bertheis digungsminen bei den wesentlicheren Werken einer Befestigungsanlage, wenn

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