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ber Einbildungskraft ein so weites Feld geöffnet, daß man sich gewöhnlich gar nichts zu denken vermag. Auch

ein guter Kopf macht sich nur sehr schwer eine richtige Vorstellung von einer Sache, die durchaus nicht vor handen ist. Aber nicht genug; man verlangt oft noch weit mehr. Wenn man der Truppe z. B. fagt: jenes Haus wird als Festung, dieses Akaziengestrippe als ein Dorf betrachtet, oder: über diesen Berg führt eine Chauffee, auf jenen Höhen steht der Feind, u. s. w.; so mag dies wohl ganz gut seyn; allein wenn man weder Festung, noch Dorf, weder Kunststraße, noch Feind, sieht, fo bleibt es doch immer schwer, gegen etwas Eingebilde tes mit allen jenen Vorsichten, und nach jenen Regeln vorzugehen, welche uns die Kriegskunst gegen etwas wirklich Bestehendes vorzeichnet! Und doch has ben wir bisweilen derlei absurde Annahmen getroffen. Man nehme den Terrän, wie er sich gibt, und man wird überall Gegenstände in zureichender Menge fins den, welche ein taktisches Interesse anregen, ohne zu fal schen Voraussetzungen seine Zuflucht nehmen zu müssen. Ist man nun noch dazu im Stande, den Feind in ges höriger und dem Manöver entsprechender Zahl vorzus stellen, so bleibt dies ein baarer Gewinn für den Unterricht.

Was wir aber bis nun selten oder gar nicht getrof fen haben, und für die Ausbildung der jüngeren Offis ziere doch von so wesentlichen Nugen scheint, ist die Unterweisung derselben über alle Feldmanöver, von welcher Art diese auch seyn mögen. Gewöhnlich heißt es bloß: „Die Truppe hat um diese, oder jene Stunde, da oder dort aufgestellt zu seyn." Das Manöver-beginnt und endet; die Mannschaft rückt wieder in ihre

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Quartiere, und von dem ganzen Akte hat außer der Generalität, den Offizieren des Generalquartiermeisterstabs, und etlichen Adjutanten, — Falls sich selbe dars um kümmern wollen, Niemand einen richtigen Bes griff. Die eingetheilten Offiziere sind natürlich an ihre Truppe gebunden; sie halten, wenn der Bataillons. kommandant zum Stehen befehligt, marschiren, wenn er das „Marsch" kommandirt, und gehen so maschinenmäßig fort, bis die Aufgabe durchgearbeitet ist, und der Tambour abschlägt. Welches der Zweck des Manövers, welches die Supposiziónen seyen, blieb ihnen gewissermaßen ein Geheimniß, und eben dies trug nicht wenig dazu bei, daß sie sich im ganzen Laufe des Scheingefechtes herzlich langweilten. Allein diese jungen Offiziere sollen einmal höhere Stellen einneh men, sollen größere Truppentheile und verschiedene Waffengattungen zweckmäßig disponiren. Sie müssen also belehrt werden. Würde man daher bei jenen Feldmanövers, die nach vorangegangenen Rekognozirungen und Disposizionen ausgeführt werden, zuerst die Bataillonskommandanten über Absicht und Gang der Sache vollständig belehren, und darauf halten, daß selbe noch vor der Ausführung sämmtliche Offis ziere ihres Bataillons an Ort und Stelle selbst wieder unterichteten, so erhielten diese wenigstens eine Idee der Aufgabe; ihre Aufmerksamkeit würde geweckt, ihr Beobachtungsgeist geschärft, und mancher Fehler, der nur in völliger Unkenntniß der Sache seinen Grund hatte, würde vermieden.

Ganz dasselbe Verfahren ließe sich auch nach ausgeführtem Feldmanöver dort beobachten, wo die Aufgabe im Augenblick ihres Erhalts gelöst werden mußte.

Dann könnte man noch überdieß auf die bei der Ausführung sich ergebenen Verstöße hinweisen. Was aber das Auge sieht, bleibt dem Gedächtniß treuer als alle. Theorien; dieß liegt nun einmal in der Menschennatur, und sollte nie aus dem Gesichte verloren werden.

Wir haben häufig Gelegenheit gehabt, zu beobach. ten, daß man bei Terrånbeschauungen, die Behufs von Feldmanövern vorgenommen wurden, schon im Voraus gewiße Gegenstände als Direktionspunkte bezeich nete. Solche Bestimmungen, — wir gestehen es, — nőthigten uns stets ein stilles Lächeln ab. Als ob die Be: wegung der Truppen aller Art in einem durchschnittenen Boden so statt finden könne, wie man dieß mit Zirkel und Lineal auf dem Papier auszuführen gewohnt ist! Was nüßt es, vorher zu bestimmen, dieser oder jener Baum, Thurm, u. dgl. ist die Direkzion für die Mitte der Brigade, -an jenen Weg wird sich beim Aufmarsche der rechte Flügel lehnen, - auf jenem Punkte soll die Batterie auffahren, u. f. w.? Der An greifer, so wie der Vertheidiger, werden durch die geringste Direkzions - Veränderung des Gegners in eine andere Richtung geworfen, und alle mühsam bestimm ten Direkzionspunkte sind unnüß. Sogar bei der eige nen Truppe darf nur ein Bataillon oder eine Brigade, vielleicht durch Terränhindernisse gezwungen, oder unrichtig geführt, die ihm, wir möchten sagen, mathematisch vorgezeichnete Bahn verfehlen, so entsteht eine Schiebung oder ein Drängen nach der Mitte, oder einem Flügel des Treffens, das alle Vorherbestimmuns gen der Direktionen über den Haufen wirft, und nur Verwirrung erzeugt. Im Laufe des Gefechtes selbst werden die mit der Kolonnenführung beauftragten In

dividuen hinreichende Zeit und Anhaltspunkte finden, ihre Direkzionen nach den jeweiligen Erfordernissen zu wählen. Für die Direkzion einzelner Bataillons aber überlasse man es der Einsicht ihrer Kommandanten, selbe gut zu führen; sie werden dadurch Gelegenheit erhalten, ihre Umsicht zu bethätigen.

Ebenso möchten wir gegen die Anlegung von neuen, oder auch bloße Herstellung von schon vorhandenen Kom. munikazionen eifern. Man nehme den Terrän, wie er ist. Im Felde hat man auch nicht Zeit, im Angesichte des Feindes Wege für das Geschüß anzulegen oder auszubessern, Graben für die Kolonnen einzuwerfen, u. dgl. Man theile die Pionniere der Vorhut zu, und lasse durch sie dasjenige ausbessern, was in einem solchen Augenblick, nämlich im feindlichen Kugelregen, ohne großen Zeitverlust geschehen kann; wie auch durch das bei den Batterien mitgeführte Schanzzeug, jene Hindernisse aus dem Wege räumen, die von der Ber dienungsmannschaft in einem solchen Momente beseitigt zu werden vermögen. Wenn man aber gewahrt, daß bisweilen auf freier Heide für die Kolonnen alle Felds graben auf die erforderliche Breite eingeworfen, oder kleine Erhöhungen längs derselben abgestochen, und dadurch so zu sagen schon im Voraus die Wege bezeichnet werden, auf denen sich selbe mechanisch fortzuschie ben hatten, so ist gewiß der Unmuth verzeihlich, wels cher den Beobachter ergreift.

Aber auch die beste Truppe, welche in jedem Ters ran zu manövriren versteht, und durch keine Hindernisse desselben aufgehalten wird, kann nur Mittelmäßiges leisten, so lange sämmtliche Kommandanten nicht zu jener Selbstständigkeit gelangen, die im Kriege um

so unerläßlicher wird, als selten die Offiziere des Ge= neralquartiermeisterstabes in solcher Anzahl vorhanden sind, um allenthalben an die Hand gehen zu können. Die Bataillonskommandanten müssen sich selbst zu hel fen wissen, und nicht immer erst die Befehle ihres Generals abwarten; der ohnehin nur mit einem Adjus tanten versehen ist, also wenig Mittel hat, seine Unordnungen überall schnell zu verbreiten; weshalb wir ihm gerne etliche ausrichtsame und wohlberittene Offi= ziere zutheilen möchten, um alle Beirrungen und Sto ckungen zu vermeiden.

Es geschieht manchmal, daß der Kommandant glaubt, sich ausschließend bei der Haupttruppe aufhalten, und fine Avantgarde dem Schicksal, oder der eigenen Einsicht dessen, der solche befehligt, überlassen zu müssen. Ein solcher Irrthum kann, ja er muß sogar üble Folgen haben. Der Befehlshaber was immer für eines Truppenkorps gehört zur Vorhut; denn nur dort sieht er, was vorgeht, und braucht sich nicht auf bloße, bisweilen höchst unklare Meldungen seiner Untergebenen zu verlassen. Die Haupttruppe wird gewiß folgen, und kann durch einen Adjutanten leicht herangezogen, überhaupt von dem verständigt werden, was man mit ihr beabsichtet.

Was die Batterien betrifft, so scheint es unerläße lich, daß jeder Kommandant einer solchen einen ausrichtsamen berittenen Unteroffizier bei dem Brigadier habe, der ihm dessen Anordnungen von Zeit zu Zeit überbringt. Wird dieß nicht beobachtet, so gehen oft die schönsten Augenblicke für die ausgiebige Wirkung des Geschüßes ungenügt vorüber, oder es entstehen Verwirrungen, die vorzüglich bei dieser Waffe nicht

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