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er in der militärischen Literatur bewanderte Leser wird bei Erscheinung dieses Auffages leicht die Quelle errathen, aus der ich geschöpft. Ich hoffe durch die offene Anzeige derselben jeder für mich ungünstigen Auslegung zuvorzukommen. Diese Ideen sind also ge borgt, und ich stelle sie durch diese Erklärung dem wahren Eigenthümer, tem Folard'schen Polyb zurück, ohne mir davon etwas mehr vorzubehalten, als die moderne Form, die ich ihnen gab.

Die Übereinstimmung meiner Ansichten mit jenen des Polyb's machten mir dieselben um so theurer, da ich sie auf eine solche Autorität gründen konnte. Ich wurde durch diesen aufmunternden Umstand zur Ausarbeitung dieses Auffages bewogen. Denjenigen, welche diesen geistvollen Kriegsschriftsteller ohnehin genau kennen, rache ich diese Blätter zu überschlagen. Sie werden den Inhalt derselben in Polybs Geschichte gründlicher und mit größerer Gelehrsamkeit entwickelt finden. Das wenige Neue, und die moderne Form würe den sie kaum für den Zeitverlust entschädigen.

Die Ideen Polyb's sind in acht Foliobanden verstreut. Ich suchte sie in diesem kurzen Auffaße zu vereinigen, und durch eine gedrängte Darstellung auch einem Laien in der Kriegskunst begreiflich zu machen. — Die Wiedereinführung der Picke bei dem Fußvolke kann niemals die gänzliche Entfernung des Feuerge= wehrs beabsichtigen. Ich suche nur die Art zu zeigen, wie die Kraft des Fußvolks durch die Untermischung einer Stoßwaffe, die in jedem Betracht dem Bajonett überlegen ist, vermehrt werden könne. Die Infanterie würde dadurch jenes Ansehen wieder erhalten, welches sie zur Zeit des macedonischen Phalanr und der römis schen Legion besaß, ein Ansehen, das ihr einst Niemand bestritt, welches ihr aber in neuerer Zeit schon öfters von der Reiterei ftreitig gemacht wurde.

Die Picke ist vielleicht die älteste Waffe, und ohne Zweifel so alt wie der Krieg selbst; denn so weit uns die Geschichte in die Vergangenheit zurückführt, so lange erblicken wir in ihr die vorzüglichste Waffe des Fußvolks. Ihr verdankte die macedonische Phalanx ihre lange behauptete Unüberwindlichkeit, und schwerlich würde diese der römischen Legion unterlegen seyn, wenn sie stets ein Schlachtfeld gewählt hätte, das ihrer Stellungsordnung angemessen war. Die Legion wür de nie so viele Triumphe über die Phalanx gefeiert ha ben, hätten die Griechen dem orientalischen Gebrauche entsagt, die Front durch eine Zahl von Elephanten zu decken, welche sich, von den römischen Leichtbewaffne ten geängstigt, auf ihre eigene Fronte warfen, und da sie keine Zwischenräume fanden, Verwirrung und Unordnung in den Gliedern verbreiteten. Auch hatte

die griechische Bewaffnung den Fehler, daß ihre siebenzehn Fuß langen Picken, die im Handgemenge nicht. gebraucht werden konnten, nicht mit kürzern untermischt waren.

Die Römer suchten diesen Mängeln abzuhelfen, indem sie der Picke den Gebrauch des Pileums und des Schwertes zufügten. Ferner trachteten sie, den Stoß der Phalanx durch ihre Schachbret förmige Stellung zu entkräften, welche den Vortheil hatte, daß man den Elephanten durch die Zwischenräume einen Durchgang offen ließ, und so die Ordnung der Phalanx trennte worin ihre größte Stärke bestand. Denn in der That, was läßt sich Fürchterlicheres denken, als der Anstoß dieser sechzehn Mann hohen, mit langen Picken bewaff neten Linien? Nur die außerordentliche Tapferkeit des römischen Fußvolks läßt es uns begreifen, wie es zuging, daß die römische Linie nicht jedes Mal beim ersten Stoß über den Haufen geworfen ward.

Jede Stellungsart einer Truppe muß, wenn sie zweckmäßig seyn soll, sich auf die freie Entwickelung der physischen Kräfte des Menschen, auf den freien Gebrauch der für jede Truppengattung angenommenen Waffen gründen. Jede Tactik, die nicht von diesem Grundsage ausgeht, ist zweckwidrig, ist schlecht. Dieser Wahrheit vers danken wir unsere drei Mann hohen Bataillons, so wie der Macedonier seine Phalanx, der Römer seine Legion. Die Stellungsart, sowohl des Griechen, als des Römers, beweist deutlich, daß man die Stärke des Fußvolks damals in der Tiefe seiner Stellung suchte. Im Einklang mit diesem Grundsaße bewaffneten daher die Griechen ihre Phalanx mit Picken von solcher Länge, daß die des vierten und fünften Gliedes noch um ein Bedeutendes

über das erste Glied hervorragten. Diese Bewaffnungsz und Stellungsart war vortrefflich, in so fern sie auf den ersten Anstoß, auf die Durchbrechung der feindlichen Fronte berechnet war: denn nimmt man den Druck der 16 Mann hohen Masse dazu, so läßt sich begreifen, wie fürchterlich ihr Anfall war. Allein es fehlte ihr an zwei wesentlichen Erfordernissen der Taktik: sie hatte keine kürzere Waffen für das Handgemenge, und es fehlte ihr an Leichtigkeit, an Gewandtheit in ihren Bewegungen. -Die Stellung der Römer war im ersten Anlauf nicht so fürchterlich; dagegen ergänzte sie jene Fehler. Sie war nur acht bis zehn Mann hoch; ihre Picken waren kürzer, und hatten daher nebst dem, daß sie mit kurzen Waffen untermischt waren, im Handgemenge den Vortheil über die der Griechen. Auch erleichterten die Zwis schenräume zwischen den Cohorten die Bewegungen, wodurch die bei einer so tiefen und gedrängten Stellung leicht entstehenden Pressungen und das gefährliche Wanken der Fronte vermieden wurden.

Niemals wagte man es, der Picke ihren Rang unter den Waffen freitig zu machen; sie behauptete ihn Jahrtausende hindurch; sie war die hauptsächlichste Waffe der griechischen und römischen, sie war fast die einzige der Heere des Mittelalters. Wir dürfen nicht lange zu: rückgeben, um sie als erste Waffe des Fußvolkes zu er blicken. Montecuculli, ein sehr competenter Richter in der Kriegskunst, nennt sie die Königinn der Waffen. Doch endlich brachte die Erfindung eines Mönches jene große Revolution in der Kri egskunst hervor, durch wel che die Picke von ihrer Höhe herabsank.

So wie jede Erfindung in ihrer Entstehung un vollkommen zu seyn pflegt, so ging es auch mit der

Flinte. Anfangs war ihr Gebrauch nur unbedeutend bei den Heeren und die Picke kämpfte lange mit ihr um den Vorrang. Doch bald erreichte sie eine höhere Vollkommenheit, und die Picke unterlag ihr, mit ihr zugleich aber auch die ganze Stellung des Fußvolkes, das nun immer dünner und dünner ward, bis man bei der in unsern Tagen üblichen Stellung zu drei Mann hoch stehen blieb.

Man fühlte indessen doch das Bedürfniß einer Stoßwaffe. Man fah ein, daß ohne sie der Infante. rist nicht bestehen, kein Sturm gegeben werden, und man derselben gegen die Kavallerie unmöglich entbehren könne. Daher verfiel man auf den Gedanken, die Vortheile der Picke mit jenen des Feuergewehrs zu vereinigen, und so entstand das Bajonett. Doch was man durch diese Erfindung auf der einen Seite gewann, verlor man auf der andern wieder: der Schuß ward durch die Schwere des Bajonetts ungewiß, und dens noch erseßte dasselbe die Picke nicht.

Das Vertrauen, welches der Soldat in seine Waffen fest, macht seine Stärke aus. Das römische und griechische Fußvolk kannte seine Überlegenheit über die Reiterei. Es wußte zu wohl, daß keine Reiterei im Stande ser, eine solche mit einem Wald von Picken umgebene Masse über den Haufen zu werfen. Ich wa= ge die Frage: har jenes stolze Vertrauen des Fußvolks gegen die Reiterei in unsern Tagen nicht einen Eleinen Stoß erlitten? Man hat sich zwar viele Mühe ges geben, ihm dieses Selbstvertrauen wieder einzuflößen. Man war auch nicht ganz unglücklich in diesem Versuche. Die neuere Kriegsgeschichte liefert glänzende Bes weise darüber. Warum bleiben wir aber auf halbem

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