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Stelle in Franken vorherging oder folgte, ist seitdem

verschwunden.

Die Aehnlichkeit dieses Fiebers mit dem engli- Vergleichung. schen Schweifse ist offenbar, und ergiebt sich selbst aus der ganz kurzen, nur zehntägigen Dauer des Erkrankens, welche nach unserer Darstellung als ein ganz wesentliches Merkmal der englischen Schweifsfieberseuchen, wenigstens in Deutschland erscheint, während die Frieselseuchen sich immer durch einen viel längeren Zeitraum hingezogen haben. Aber bleiben wir auch nur bei den Zufällen der Krankheit stehen, so sind bei dem Röttinger Schweifsfieber durchaus keine anderen als wesentlich zu betrachten, als das Herzklopfen mit Angst, der strömende Schweifs und der rheumatische Nakkenschmerz, der bei keinem Kranken vermifst wurde, und gerade dieselben Erscheinungen treten aus dem Bilde des englischen Schweifses in gleichem Verhältnisse zu den übrigen ganz deutlich und erkennbar hervor. Die Ausschläge dagegen waren so durchaus unwesentlich, wie in der Krankheit des scchzehnten Jahrhunderts. Die Reizbarkeit der Haut und die Neigung zu lebensgefährlichen Versetzungen war bei dem Röttinger Fieber geringer, als beim englischen Schweifs, denn die Kranken konnten ohne Schaden mitten im Schweifs die Wäsche wechseln, was bei der englischen Schweifssucht nicht ohne tödtliche Folgen gewesen wäre; doch wird dieser Unterschied leicht aus der höhern Stufe des Leidens in dieser, und der niedrigern in jener erklärlich. Es bliebe mithin nur noch die Dauer zu beachten, und hier sehen wir ganz deutlich, der Hauptsturm war in dem ungestört verlaufenden Röttinger Schweifse in den ersten vierundzwanzig Stunden vorüber, und das einzige noch

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Schweifskrankheiten. 3. Röttinger Schweifs.

übrige Symptom bis zum sechsten Tage, die vermehrte Hautausdünstung wir reden hier nur von den ganz reinen Fällen - konnte füglich nur als ein Nachzügler angesehen werden. Die Entscheidung geschah nicht mit einem Schlage, wie beim englischen Schweifs, was keinen wesentlichen Unterschied begründen kann.

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Wir nehmen daher keinen Anstand, das Röttinger Fieber für einen englischen Schweifs zu erklären. Dieser Erscheinung aber ihre Deutung zu geben, die Ursachen zu durchschauen, welche das Nebelgespenst von 1529 mitten in Deutschland wieder aus den Wolken herabzogen, und in einem einzigen Orte seine kurze Wuth austoben liefsen, dies vermag keine menschliche Weisheit keine Wissenschaft führt so weit, um die Triebfedern des Erkrankens in dieser Durchkreuzung unerkannter Kometenbahnen zur Anschauung zu bringen. Aber so wie aller Einsicht in die Werke der Natur ein ernstes Forschen vorausgehen mufs, welches die Erscheinungen auf jedem Boden, in jeder Zeit und in aller Entwickelung aufsucht, so kann eine bessere Erkenntnifs der Krankheiten, und so auch des ganzen menschlichen Seins nicht ausbleiben, wenn erst die Untersuchungen über das Erkranken der Völker in grofsen Zeiträumen an Zahl und Gediegenheit gewonnen haben werden.

Eine solche Erkenntnifs fordert dies Zeitalter von den Aerzten, deren Beruf es ist, das Leben nach allen Richtungen zu durchforschen. Es fordert von ihnen eine historische Pathologie, und zu diesem Zweige der Naturforschung ist das vorliegende Werk ein Beitrag!

Uebersicht der Zeitfolge.

Politische Ereignisse. 1461-1483 Ludwig XI., 1485-1509 Heinrich VII., 1493-1519 Maximilian I. führen die Söldnerheere ein. 1483-1498 Karl VIII. 1483-1485 Richard III. 1483 im October, erste vergebliche Unternehmung des 1471 nach Frankreich entflohenen Grafen von Richmond gegen Richard III. Der Herzog von Buckingham hingerichtet. 1485 Richmond erhält Unter

stützung von Karl VIII. 1485 d. 25. Juli, Abfahrt Rich

mond's von Havre. 1485 den 1. August, Landung

in Milford Haven.

1485 vom 1. bis zum 22. August, Marsch von Milford Haven nach Lichfield und Bosworth.

1485 den 22. August, Schlacht bei Bosworth. Richard III. fällt, der Graf von Richmond wird König, unter dem Namen Heinrich VII. 1485 den 28. August, Hein

rich's Einzug in London. 1485 den 30. October, Heinrich's Krönung.

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1483 Ueberschwemmung der Severn. (Das grofse Wasser des Herzogs von Buckingham.) 1480 und 1481 Hungersnoth in Deutschland und Frankreich. 14771485 Drüsenpest in Italien.

1480 u. 1481 Hauptkrankheit in Deutschland.

1482 hirnentzündliches Fieber in Frankreich, und epidemische Pleuritis in Italien. 1483 Drüsenpest in Spanien. 1484 u. 1485 bösartige Fieber in Deutschland und der Schweiz. Pest in Spanien.

1485 in den ersten Tagen des August: Ausbruch des englischen Schweifses, wahrscheinlich in Richmond's Söldnerheere. Verbreitung desselben von Westen nach Osten, und dann in entgegengesetzter Richtung.

1485 Ende August in Oxford.

Politische Ereignisse. 1481–1492 Kämpfe Ferdi nand's des Katholischen gegen die Saracenen.

1495 Vergeblicher Erbfolgekrieg Karl's VIII. gegen Alonso II. († 1495) und Ferdinand II. von Neapel. Die Eroberung des Reiches mufs sogleich wieder aufgegeben werden.

1485-1509 Heinrich VII. 1501 dessen ältester Sohm Arthur vermählt sich mit Katharina von Aragonien, Tochter Ferdinand's des Katholischen.

1502 Prinz Arthur stirbt. Prinz Heinrich (VIII.) zweiter Sohn Heinrich's VII. wird mit Katharina von Aragonien verlobt.

Die inneren Verhältnisse von England werden durch Heinrich VII. umgestaltet. Die Städte fangen an sich zu heben und die Wissenschaften sich auszubreiten.

Strenges und unrechtliches Finanzsystem.

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1500 Viehsterben in Deutschland.

1502 weitverbreiteter Raupenfrafs in Deutschland. 1503 Drüsenpest und mörderische Seuchen in Deutschland und Frankreich. 1504 Pest in Spanien. 1504 und 1505 Hauptkrankheit, Faulfieber und faulige Lungenentzündung in Deutschland. 1505 Pest in Portugal. 1505 erste Fleckfieberseuche in Italien. Die krankhafte Thätigkeit der Organismen zeigt

Politische Ereignisse. 1498–1515 Ludwig XII. Erobert

1501 gemeinschaftlich mit den Spaniern Neapel, wird von diesen

1504 daraus verdrängt. Befestigt

seine Macht in Oberitalien. 1511 Papst Julius II. (1503— 1513) stiftet die heilige Ligue gegen Frankreich, der auch 1512 Heinrich VIII. beitritt. Die Franzosen verlieren ihre Macht in Italien.

1504 Isabella von Castilien stirbt. Philipp I. von Oestreich, Gemahl ihrer Tochter Johanna folgt. Sohn: Karl V. geb. 1500. 1506 Philipp I. stirbt. 1516 Ferdinand der Katholische stirbt.

1509-1547 Heinrich VIII. 1515-1547 Franz I. Greift sogleich Mailand wieder an, besiegt

1515 in der Schlacht bei Marignano die Schweizer. Behält Mailand, u befestigt die französische Oberherrschaft über Italien bis 1522.

1516 der Kardinal Wolsey wendet die englische Politik Franz I.,

1520 aber Karl V. zu. 1513 - 1522 Leo X. Gegen Frankreich. Befördert durch eine neue Ablafsbulle den Ausbruch der Reformation.

Zweites Erkranken.

während dieses ganzen Zeitalters eine entschiedene Richtung nach der Haut. 1505 feuchter Sommer. Düstere Stimmung in England. 1506 im Sommer: Der englische Schweifs bricht in London aus, und dauert in müssiger Verbreitung, auf England beschränkt, bis in den Herbst. Dies zweite Erkranken ist das gelindeste von allen, und das altenglische Heilverfahren · überall wirksam.

1506–1508 pestartige Seuchen in Spanien.

1508 Heuschreckenschwärme in Spanien.

Drittes Erkranken.

1515 pestartigeSeuche inSpanien. 1516 Komet.

1517 unfruchtbarer, jedoch nicht feuchter Sommer. 1510 grofse Influenz (Coqueluche) in Frankreich und wahrschein lich in noch grösserer Ausdehnung. Pest im nördlichen Europa.

1517 in den ersten Monaten; Epidemische Luftröhren- und Schlundentzündung (Diphtheritis) in Holland, von nur 11 tägiger Dauer. Diese Epidemie verbreitet sich nach Süden und erscheint in demselben Sommer in Basel.

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