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Bald wurde nun der Kranke von einem dicken, eigenthümlich übelriechenden Schweifse überströmt, der ihm zwar Erleichterung brachte, aber ihm doch durch seinen Geruch sehr beschwerlich fiel, und diesen auch den Kleidern der Umstehenden mittheilte. Während dieser Zeit gab der Puls eine merkbare Verminderung des Fiebers zu erkennen. Am dritten Tage aber entstand ein krampfhafter Magendruck mit grofser Beklemmung und Gefühl von Erstickung, Zufälle, die dem Kranken unerträgliche Beschwerde verursachten. Sie dauerten unter Schluchzen und Aufstofsen mehrere Stunden, wiederholten sich auch von Zeit zu Zeit, und zugleich brach ein zum Theil papulöser Ausschlag hervor, zuerst auf dem Halse, dann auf den Schultern bis herunter zu den Händen und der Brust, seltener im Gesicht und auf den Schenkeln. Die Stippchen waren blafsroth und kegelförmig, mit glänzender Spitze, und zwischen ihnen zeigten sich unzählige kleine Frieselpusteln, mit seröser, durchscheinender Flüssigkeit, die sich bald verdickte und eine mehr weisse Farbe annahm. Vor und bei dem Ausbruche des Exanthems, der jedoch zuweilen auch am zweiten oder vierten Tage erfolgte, fühlten die Kranken ein sehr lästiges Brennen und Stechen in der Haut, das bald hier bald dort stärker wurde, und die Schweifse nahmen jetzt ab.

Gegen den fünften Tag aber entstand nach gänzlichem Aufhören der Schweifse eine neue Verschlimmerung. Die Krämpfe und Erstickungszufälle kehrten wieder, es erfolgten noch nachträgliche Ausbrüche des Exanthems, doch trat nun bald entschiedene Besserung ein, die Stippchen verloren ihre Röthe, die Frieselbläschen trockneten ab, und am siebenten bis zehnten Tage begann unter allgemeiner Abschuppung

der Oberhaut die Genesung. Zuweilen fehlte auch wohl der Ausschlag, die Kranken mochten einer ärztlichen Behandlung unterworfen, oder sich selbst überlassen sein, doch vermisste man bei den wenigsten, die ohne Friesel blieben, das eigenthümliche Prickeln und Jucken der Haut.

Zwischen dem fünften und siebenten Tage klagten die Kranken gewöhnlich über grofse Schwäche, und verlangten zu essen. Einige Efslöffel voll Wein bekamen ihnen dann sehr gut; im Uebrigen aber bemerkte man weder Durst noch Schlafsucht, und was besonders auffiel, der Harn war klar und flofs in reichlicher Menge. Bis zum siebenten Tage waren die Kranken gewöhnlich verstopft, und die angeführten Anfälle von Beklemmung abgerechnet, blieb der Athem bei grofser Schlaflosigkeit die ganze Krankheit über frei, in der Brust war nichts krankhaftes zu bemerken, und die Kranken lagen lang ausgestreckt, so dafs man ihnen nicht einmal den Kopf höher zu legen brauchte.

So verlief nun dies Fricselfieber, wenn alles regelmäfsig von statten ging; doch wurde auch oft sein Verlauf unter lebensgefährlichen Erscheinungen mehr beschleunigt, und zuweilen tödtete es selbst inuerhalb weniger Stunden. Wenn in der Zeit des Ausbruches die Kranken sehr unruhig und schwatzhaft waren, die Augen glänzend, der Puls, ohne hart zu sein mehr angeregt wurde, und die Ränder der Zunge sich rötheten, so trat bald darauf Irrereden ein, dann auch wohl Zuckungen und der Tod. Grofse Betrübnifs der Kranken war von sehr übeler Vorbedeutung; Blutentziehungen bekamen nie, doch wurde die Krankheit durch die monatliche Reinigung in ihrem Verlaufe nicht gestört.

Ueber

Ueberhaupt machte sich ein hoher Grad von Bösartigkeit des Uebels bemerklich, wie diese auch aus dem Verlaufe der Epidemie offenbar wurde. Brach das Frieselschweifsfieber in einem neuen Orte aus, so erkrankten nur zwei oder drei Personen daran, und zwar ganz gutartig, so dafs man glaubte, es wäre nun alles vorüber, denn in den nächsten funfzehn oder zwanzig Tagen hörte man nichts mehr von neuen Erkrankungen. Plötzlich zeigte sich aber die Seuche wieder mit äusserster Bösartigkeit. Die grofse Zahl der Kranken brachte Furcht und Schrecken unter die Einwohner, und die Todesfälle wurden häufig. Nach dieser ersten Wuth wurde dann die Epidemie wieder gutartig, so dafs viele Kranke sich nicht einmal niederlegten, wie sich denn diese Milderung des Frieselfiebers auch durch Verlängerung seines Verlaufes über den siebenten Tag hinaus zu erkennen gab ').

Vergleichen wir diese Epidemie mit der in Abbeville 1733 beobachteten, so ergeben sich nur ganz geringfügige Verschiedenheiten, die noch viel deutlicher bei einigen der zwischenliegenden Erkrankungen hervortreten würden, so wie dergleichen auch bei anderen Ausschlagskrankheiten beobachtet worden sind. Es ist mithin offenbar, dafs die in der neuesten Zeit in Frankreich vorgekommenen Frieselfieber 2) sich in keiner wesentlichen Rücksicht von den älteren un

1) Bally und François, im Journal général de médecine, T. LXXVII. p. 204. Vergl. Foderé, T. III. p. 227. — Ozanam, T. III. p. 116. Rayer, Suette, p. 148. Mal. d. 1. p.

T. I. p. 320.

2) Man kann zu ihnen auch die im südlichen Deutschland beobachteten rechnen, in deren Aetiologie Schönlein viel auf die Verunreinigung der Luft durch das Hanfrösten giebt. Vorlesungen, II. S. 324.

terscheiden. Fast zwei Jahrhunderte ihres Bestehens geben den sichersten Beweis ihrer Selbstständigkeit, und wie sie sich der Beobachtung dargeboten haben, so sind sie von dem ihnen verwandten englischen Schweisse zu trennen. Weiter können wir die Gränzen dieser Untersuchung nicht überschreiten, doch möge hier noch ein kurzes Verzeichniss der wichtigsten Frieselepidemieen folgen 1).

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1680. Deutschland, in grofser 1726. Guise. (Aisne.)

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1) Es ist nicht vollständig, kann aber die Macht und Verbreitung der Krankheit anschaulich machen. S. Rayer, Suette, P. 465.

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