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mehr das Leben zu fristen, dessen unentbehrlichste Bes dürfnisse, selbst mit Gold aufgewogen, nicht mehr ers halten werden konnten. Die Eigensucht hatte jeden Gemeingeist, jede Gegenhülfe, jede Menschlichkeit ges gen die Leiden der Mitbrüder verbannt, Jedes Regis ment, jede Kompagnie, war für sich allein besorgt, und fah, als noch augenblicklicher Überfluß dem einen oder andern zu Theile ward, mit Gleichgiltigkeit die verschmachten, welchen das Glück weniger wohl gewollt, So lösten sich alle Bande der Ordnung, der Zucht, des menschlichen Gefühls. Das Fleisch verhungerter Esel und mühsam aufgesuchte Maiskörner wurden die lesten Nahrungsmittel einer rings verpesteten Einöde, Entferntere Dörfer, welche die ersten Entsendungen bevölkert gefunden hatten, boten jeßt nichts, als Haufen erwürgter und von Hunger weggeraffter Bewoh ner, deren unbeerdigte Leichen die Luft verpesteten, und aufgeknüpfte und gräßlich verstümmelte Soldaten bezeichneten die Wege, auf welchen die Ausgesandten verzweifelnd und der eigenen Noth erliegend zurückkehrten.

Mit ungebeugtem Starrsinn sah Massena den Jammer seines Heeres. Unerträglich war ihm der Ges danke, einem Feinde weichen zu sollen, gegen welchen. er sich nur einmal gemessen, und von welchem er dieß eine Mal als besiegt sich betrachten mußte. Mit jedem Tage, wuss die Gewißheit, daß es dennoch nicht ans ders kommen könne, und vergebens lehnte gegen diese Gewißheit der aufgeregte Stolz des glückverwöhnten Heerführers, die Schmach des verfehlten Zieles und der getäuschten Erwartungen, der Zorn des Eroberers, der Tadel der Mitfeldherrn, der Fluch des fruchtlos

gequälten Heeres, zugleich aber mit allen diesen die riesenhaften Schwierigkeiten des Rückzuges sich auf,

der Zweifel, welcher Weg einzuschlagen, wie es zu beginnen, ein erschöpftes, an allem Mangel leiden. des Heer ohne gänzliche Vernichtung dem Feinde zu entziehen, der den Fuß gehoben hielt, ihm nachzusetzen, und ihm drohend mit jedem Morgen, die unausweich. liche Flucht und die rächende Verfolgung verkündete. Unter zwei Rückwegen nach Spanien konnte der Mars schall wählen: den, welchen er gekommen war, über. Guarda und Almeida; oder den Weg nach dem spanis schen Eremadura, wo Mortier nach Badajoz Erobe. rung ihn aufnehmen konnte. In dem lesten Falle mußte Alemtejo ihm Lebensmittel, Badajoz Kriegs- und Artilleriebedarf liefern; feine Operationslinie war dann geändert; Sevilla und Madrid waren seine Hauptverbindungen, und nur der doppelte Brückenkopf bei Pune hete erhielt ihm noch festen Fuß am rechten Ufer des Tajo. Mit den 200 erbauten Barken der Armee konn te, durch einen vorgespiegelten Übergang am obern Zezere, bei Santarem Hills Korps in den Rücken ges nommen, oder durch einen Scheinangriff auf Welling= ton über Leiria entfernt werden, und der Weg zur Verbindung mit Badajoz war dann ohne Zweifel ge= öffnet. So urtheilten die französischen Blätter; als lein das Heergeräth der ganzen Armee, das Gepäcke der Offiziere, das ganze Geschüß des Rückhaltes, und die Vorräthe des Schußbedarfs, Kleidung, Kaffen, und mit ihnen der sechsmonatliche Gold der Truppen, waren in Ciudad Rodrigo. Wie zog die Armee auf einer so entgegengeseßten Bewegung alle diese Bedürf niffe an sich, und wer schüßte sie vor Hills dann übers

flüssig gewordenen Korps, vor Beresford, Silveira, Miller, Trant und Wilson? - Wer verbürgte, daß das Wagestück des Tajo-Überganges gelang, und Wels lington nicht die übergehenden, mit gleichen Mitteln zum Überseßen ausgerüstet, von Villafranca aus, zwis fchen sich und Hill in die Mitte nahm? Wer endlich verbürgte in dem unwegsamen Portugal, in dieser Jahreszeit, die Sierra von Portalegro mit dem Felds geschüß, der Reiterei, und dem vielen Trosse, der noch an dem Heere hing, ungestraft betreten zu dürfen ? Noch schien Massena nicht zu glauben, daß ihn Wellington, der ihn so lange unthätig zu beobachten schien, im freien Felbe anzugreifen wage. Noch konnte er das her, so dünkte es ihm, unangetastet den Mondego erreichen, eine Weile sich an den letten Hülfsquellen, die jene Gegend noch zu bieten vermochte, erholen, und dann von Pombal auf Guarda ziehen, wo die Verbindung mit Spanien und seinen Besaßungen ihm offen stand; wo Claparede mit Truppen von Lamego zu ihm stoßen konnte; wo Foy cine frische Division ihm zuführte, und wo er ruhig neuen Verhaltungsbefehlen aus Frankreich entgegen sehen konnte. So schien Massena geurtheilt zu haben. Aber nur erst, als ihn wiederholt eingezogene Kundschaften, und Angrif fe, um des Feindes Stellung zu erforschen, von der Fruchtlosigkeit jedes Unternehmens gegen die Verbündeten überzeugt hatten; als er bei einem dergleichen Ungriffe gegen den Rio Major, der Junot am 19. Janner zu leiten beauftragt war, beinahe diesen Marschall selbst verloren, dem eine Kugel den Backen zerschmets terte; nachdem ein gleicher Zug, den er durch Conrour Division von Leyria gegen Obidos ausführen ließ, auch

hier nur das Mißliche seiner Lage zu bestätigen diente indem sich die Festigkeit der englischen Stellung an jeż dem Punkte gleich unangreifbar erwies; als keine Ents sendung mehr Lebensmittel zurückbrachte, im eigentlis chen`strengsten Sinne gar nichts mehr übrigte; als der nach dem Befehle unangreifliche vierzehntägige Zwies backsvorrath auch schon halb verzehrt war, und keine Aussicht auf anderes Brot, als welches die noch mons denlang entfernte Ernte bringen würde, sich zeigte ; da mußte der Starrsinnige der eisernen Nothwendigkeit weichen, und am 3. März befahl er den Aufbruch des Heeres. Zwei Tage früher gingen das Gepäck und die Kranken, auf eine ungeheure Menge Tragthiere gez laden, ab; am 4. gab die auflodernde Flamme eines großen Klostergebäudes zu Santarem das Zeichen zum Marsche. In der Nacht verließen die Truppen die Stadt. Die Außenposten zogen, vom Dunkel begünstigt, nach. Zu Leyria sollte sich die Hauptmacht versammeln, der Herzog von Elchingen den Nachtrab führen, und eine vorgespiegelte Vorrückung des neunten Korps (Drouets) von Leyria auf Molana die Britten täuschen, als ob man ihre Stellung von Cartaro aus zu umgehen im Sinne habe.

An demselben Tage, da Massena den Rückzug antrat, warf eine Transportflotte im Tajo die Anker, und 7000 Mann frischer Truppen stiegen ans Land zur gelegensten Zeit, um Wellingtons Heer zu verstärken, und zur günstigsten Vorbedeutung des Sieges sich an die Reiben ihrer Brüder anzuschließen, die schon auf allen Punkten in Bewegung waren, dem weichenden Feinde auf dem Fuße zu folgen. Pictons Division seßte sich am 5. in Marsch. Um 6. mit Tages Anbruch

rückte die leichte Division, und nach ihr die erste, viere te und sechste zu Santarem, ein; die leichte Division ging bis Pernis, welches der feindliche Nachtrab vór Tages Anbruch verlassen hatte. Die zerstörten Bogen der Brücke am Orte wurden schnell hergestellt; und die Husaren und Dragoner der leichten Division brache ten bei 200 Gefangene ein.

Massenas Hauptmacht vereinigte sich am 7. März zu Pombal mit Drouets Korps, das seiner Bewegung über Leyria gefolgt war. Es bildete die Mitte; das achte Korps, welches seit Junots Verwundung Loison befehligte, den linken, das zweite den rechten Flügel. Ney hielt mit dem Nachtrabe zu Leyria. Staffelweise von ihm bis Pombal war Montbruns Reiter - Division aufgestellt. Die Britten rückten am 7. mit den Gare den und der deutschen Legion nach Pernis; die vierte und sechste Division nach Gollegao; ihr Hauptquartier kam nach Torres novas. Am folgenden Tage war ein Theil des Geschüßes über den Fluß gebracht, und, bei dem Anscheine, daß Massena eine Hauptschlacht zu liefern gesonnen sey, auch Stewarts Division und Bes resfords Truppen über den Tajo gezogen. Reitergefechte mit dem Nachtrab der Franzosen, der nahende Donner der französischen Kanonen, der die zurückweichenden unterstüßte, welche das 1. Husaren- und 16. Dragoner-Regiment der Britten drängten, und die Rauch wolken des brennenden Leyrias gaben der Armee zu Pombal die Losung zum Marsche. Massena nahm die Straße auf Coimbra; Reynier wandte sich gegen Espinhal; Loison gegen Anciajo. Drouet befeßte die Anhöhen hinter Pombal an der Arunca, das sechste Korps aufzunehmen, das durch die Stadt, die es, gleich

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