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Generale Canrobert, Mac-Mahon und Niel. Die Desterreicher standen unter dem Befehl Gyulai's; der Kaiser Franz Joseph war zwar beim Heere angekommen, übernahm aber den Oberbefehl erst am 17. Juni. Unter Gyulai befehligten die österreichischen Generale Clam-Gallas, Zobel, Liechtenstein, Schwarzenberg und Benedek. Man vermißte an der österreichischen Heerführung einen bestimmten einheitlichen Plan, den anordnenden Ueberblick des Oberbefehlshabers; die einzelnen Generale agirten mit ihren Corps nach eigenem Gutdünken; auch wurde allgemein über die schlechte Verpflegung der österreichischen Truppen geklagt, die mit hungrigem Magen in die Schlacht ziehen mußten. Beim Beginne der Schlacht waren die Desterreicher im Vortheil. Napoleon war mit seinen Garden zu rasch an die Brücke von Buffalora vorgerückt und hier einige Stunden in Gefahr, von der österreichischen Uebermacht erdrückt zu werden. Als aber die Generale Mac-Mahon und Canrobert mit ihren Corps nach: gekommen waren, mußten die Desterreicher weichen und die Schlacht entschied sich zu Gunsten der Franzosen. Man erklärte es für einen großen Fehler des österreichischen Commandirenden, daß er sein Heer nicht in Gesammtmasse angreifen ließ, sondern die Divisionen einzeln, eine nach der anderen, zum Angriff schickte, in einer Stärke, die der gegen= überstehenden Masse der Franzosen nicht gewachsen war. Die beiderseitigen Verluste wurden nicht genau bekannt; der Verlust der Oesterreicher wurde auf 10,000, jener der Franzosen und Sardinier auf 4500 Mann angegeben. Unter den Gefallenen auf französischer Seite war der General Espinasse, Freund Napoleons, den eine Kanonenkugel mitten entzwei gerissen hatte.

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Die österreichische Armee zog sich jezt hinter den Oglio nach dem Festungsviereck (Mantua - Legnano Verona Peschiera) zurück; der Weg nach Mailand stund offen, die Stadt wurde von der österreichischen Besatzung am 5. und 6. Juni in größter Eile ge= räumt und viel Proviant und Kriegsmaterial zurückgelassen. Die östers reichischen Truppen, welche Ferrara, Bologna und Ancona bejezt hatten, erhielten Befehl, sich schleunigst nach Venetien in Marsch zu sehen, um sich mit der österreichischen Hauptarmee zu vereinigen; die Festungswerke von Pavia, Piacenza und Pizzighetone wurden gesprengt und von den Besatzungen verlassen. Auf diese Weise war die ganze Lombardei und Mittelitalien von den Desterreichern geräumt und ihre Herr schaft auf Venetien beschränkt. Am 8. Juni 1859 hielten der Kaiser Napoleon und der König Victor Emanuel unter dem Jubel der Bevölkerung in Mailand ihren Einzug. Napoleon richtete von Mailand aus am 8. Juni eine Proclamation an die Italiener, worin er sie aufforderte, sich für die Befreiung Italiens zu bewaffnen

und unter die sardinischen Fahnen zu eilen; der Augenblick sei gekommen, wo sie sich als Nation constituiren könnten; er selbst verfolge bei diesem Kriege keine selbstsüchtigen Absichten. Diese Proclamation stei: gerte die Aufregung des italienischen Volkes in hohem Grade. Die Herzogthümer Parma und Modena erklärten sich für den Anschluß an Sardinien, die Herzogin-Wittwe Luise von Parma und der Herzog Franz von Modena mußten ihr Land verlassen. In den päbstlichen Städten Ferrara und Bologna wurde der König Victor Emanuel als Dictator proclamirt. Wiewohl sich schon seit dem 29. Juni 1849 eine französische Garnison zum Schuße der päbstlichen Regierung in Rom befand, so gab doch die Broschüre „die römische Frage", welche im Auftrage des Kaisers von About verfaßt und im Mai 1859 in Paris ausgegeben worden war, dem Pabst wenig Hoffnung auf französischen Beistand.

Am 12. Juni 1859 nahm Napoleon die kriegerischen Actionen wieder auf; er concentrirte seine Armee bei Brescia. Kaiser Franz Joseph, der, unter der Assistenz des Generals Grafen Schlick, am 17. Juni selbst den Oberbefehl über die österreichische Armee übernommen hatte, verwarf den Plan eines Rückzuges in das Festungsviereck hinter den Mincio, und gab Ordre zum Vorrücken, um dem Feinde eine Hauptschlacht zu liefern. Vielleicht hatte der am 14. Juni erlassene Befehl des Königs von Preußen, die ganze preußische Armee mobil zu machen, worin man nur eine Diversion Preußens gegen Frankreich zu Gunsten Desterreichs erkennen konnte, den Kaiser von Desterreich veranlaßt, sofort wieder angriffsweise zu verfahren. Die gewünschte Schlacht wurde am 24. Juni 1859 bei Solferino ge= schlagen. Die Oesterreicher wollten den Fehler bei Magenta, wo immer nur einzelne Divisionen zum Angriff commandirt wurden, vermeiden und stellten sich in einem Halbkreise auf, der eine Länge von vier Stunden einnahm, um auf diese Weise von drei Seiten her die Franzosen einzuschließen. Dabei war es aber übersehen worden, starke Reserven aufzustellen, welche die dünne Schlachtordnung dort verstärkt hätten, wo sie in Gefahr gewesen wäre, von der Masse der Franzosen durchbrochen zu werden. Die Stärke der beiden Armeen, der Franzosen und Sardinier auf der einen und der Oesterreicher auf der andern Seite, war auch diesmal so ziemlich gleich, auf jeder Seite standen ungefähr 140,000 Mann. Napoleon hatte einige Officiere vom Geniecorps in einem Luftballon aufsteigen lassen, welche sich von der Höhe herab über die Aufstellung der Oesterreicher genau orientirten, und beschloß, den Hauptangriff in Masse gerade auf das österreichische Centrum, welches die Höhe von Solferino einnahm, zu führen, dasselbe zu durchbrechen und auf diese Weise die Schlacht zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Im französischen Centrum commandirte Napoleon selbst; gegen den linken österreichischen Flügel unter Wimppfen hatte er die Generale Mac= Mahon, Canrobert und Niel aufgestellt; gegen den rechten Flügel der Oesterreicher unter Schlick und Benedek standen die Sardinier, welche der König Victor Emanuel commandirte. Auf dem rechten. Flügel waren die Oesterreicher im Vortheil, die Cardinier wurden hier zweimal geworfen; dem Hauptangriff auf ihr schwaches, nur aus einer Brigade bestehendes Centrum beim Thurm von Solferino aber ver: mochten sie nicht zu widerstehen. Das österreichische Regiment Reischach, welches hier stand, kämpfte mit großer Tapferkeit; aber es erhielt nur ungenügende Unterstützung und vermochte den immer neuen Andrang der Franzosen nicht auszuhalten. Die Höhe von Solferino wurde genommen, das Centrum war durchbrochen. Nachdem vom frühen Morgen bis nachmittags fünf Uhr gekämpft werden war, trat ein starkes Ge= witter mit Hagel ein, welches den Kampf unterbrach. Die Oesterreicher zogen sich jetzt erschöpft zurück. Bei der höchst mangelhaften Verpflegung waren sie nüchtern in die Schlacht gezogen und hatten, da der Kampf schon morgens fünf Uhr begann, den ganzen Tag über Nichts gegessen. Benedek setzte seine Angriffe auf die Sardinier bis abends acht Uhr fort; zuletzt gab er die errungenen Vortheile auf und trat gleichfalls den Rückzug an, da er fürchten mußte, von der Hauptarmee abgeschnitten zu werden. Die Desterreicher hatten an Todten und Verwundeten ungefähr 13,000, die Franzosen 12,000, die Sardinier 3500 Mann. Gefangen worden waren 9000 Desterreicher, 600 Fran= zosen und 1200 Sardinier.

Die österreichische Armee zog sich jetzt auf ihr berühmtes Festungsviereck (Mantua, Legnano, Verona, Peschiera) zurück, und hier erwar tete man von ihrer Seite noch einen hartnäckigen Widerstand, der vielleicht dem ganzen Kriege eine für Oesterreich günstige Wendung hätte geben können. Allein in den Absichten Napoleons war nach der Schlacht bei Solferino eine Veränderung eingetreten; sein Eifer für die Befreiung Italiens, die er in seiner mailänder Proclamation bis an die Alpen und das adriatische Meer verheißen hatte, war plötzlich und unerwartet kühler geworden; er wünschte den Frieden. Verschiedene Umstände mögen ihn zu diesem Entschluß gebracht haben. Zunächst erkannte er, daß die Besiegung der Desterreicher eine schwerere Aufgabe sei, als er sich vorgestellt. Sie wichen, wenn auch geschlagen, nur Schritt für Schritt und waren nicht in die Flucht zu bringen. Jezt waren sie im Begriffe, sich in den vier Festungen festzusehen, wo fie die Hülfsquellen des ganzen Reiches hinter sich hatten. Die Franzosen dagegen sollten in dem sumpfigen Terrain, entfernt von dem Beistande ihres Landes langwierige Belagerungen unternehmen, wo das

Fieber voraussichtlich eine große Zahl ihrer Leute dahin raffte. Bei diesen Verhältnissen standen vor der lebhaften und ungeduldigen französischen Nation keine schnellen Erfolge in Aussicht, und es schien besser, jetzt, nach zwei gewonnenen Schlachten als Sieger heimzukehren, als durch eine Fortsetzung des Krieges den gewonnenen Ruhm auf's Spiel zu sehen. Dazu kam noch, daß die Verhältnisse mit Preußen und dem deutschen Bund eine ernstere Wendung nahmen. Die deutsche Presse war bedenklich geworden; es ging das Gerücht, Napoleon wolle nach Besiegung Desterreichs über Preußen herfallen und das linke Rheinufer nehmen. Der Kaiser Franz Joseph hatte am 4. Juli 1859 den Fürsten Windischgräß nach Berlin gesandt, um Preußen zur Theilnahme am Kriege zu bewegen. Der Fürst hatte zwar keine bestimmte Zusage erhalten; doch gab der König am 5. Juli Befehl, daß sich ein preußisches Observationscorps am Rhein aufstelle. Auf diese Weise wurde Frankreich gezwungen, seine Armee am Rhein zu verstärken, seine gesammten Streitkräfte nach zwei Richtungen zu theilen, und konnte dem italienischen Heere keine sehr bedeutenden Verstärkungen in Ausficht stellen. Die Italiener selbst scheinen dem Kaiser zu selbständig und eigenmächtig geworden zu sein. Napoleon hatte die Absicht, aus den italienischen Staaten einen Staatenbund zu machen, wobei einige seiner Verwandten italienische Throne (Prinz Napoleon den von Toscana, Prinz Mürat den von Neapel) einnehmen sollten; allein die italienische Nationalpartei strebte sehr entschieden die Einigung des ganzen Landes unter dem König Victor Emanuel an. Die Tescaner verwahrten sich vor dem Plane, den Prinzen Napoleon zum Großherzog zu nehmen, verlangten vielmehr Vereinigung mit Sardinien, und der sardinische Minister Cavour hatte in einer Circularnote vom 19. Juni 1859 eine sehr selbstbewußte Politik angekündigt, indem er, ohne auf die Absichten eines französischen Protectors Rücksicht zu neh men, den vollständigen Ausschluß Oesterreichs aus der Halbinsel und ein starkes oberitalienisches Königreich verlangte und als Ziel des Krieges aufstellte. Napoleon mochte sich also wohl aufgefordert fühlen, durch Abschluß des Friedens dem Minister und seinen Italienern zu zeigen, daß er Herr der Situation sei, und auf diese Weise zugleich den Gefahren auszuweichen, die ein etwaiges Mißlingen eines fortgesetzten Feldzuges für seine eigene Stellung in Frankreich hätte heraufbeschwören können.

Am 6. Juli 1859 erschien ein österreichischer Offizier im französischen Lager, um die Auslieferung der Leiche eines gefallenen jungen Fürsten Windischgräß zu bezwecken. Die Franzosen behandelten den= selben sehr aufmerksam. Napoleon ließ ihm bemerken, er wünsche dem Blutvergießen ein Ende zu machen. Darauf wurde auf den An

trag des französischen Kaisers am 8. Juli Waffenstillstand auf fünf Wochen (bis zum 15. August) geschlossen. Kaiser Franz Jo= seph ging auf dieses Anerbieten gerne ein, da er dadurch Zeit ge= wann, aus Oesterreich Verstärkungen herbeizuziehen; Napoleon dagegen, dessen Kerntruppen ziemlich gelitten hatten und der gleichfalls einer Vermehrung seines Truppenstandes nothwendig bedurft hätte, be= trachtete die Waffenruhe als Einleitung zum Frieden. Er veranstaltete am 11. Juli 1859 eine Zusammenkunft mit dem Kaiser Franz Joseph in Villafranca. Hier stellte er demselben vor, daß Oesterreich in dem Kriege völlig vereinzelt stehe und wohl am besten thäte, mit einem mäßigen Opfer den Kampf zu beendigen. Er wolle sich mit der Lombardei begnügen, die er an den König Victor Emanuel abtreten werde; Venetien und auch die Festungen Mantua und Peschiera sollten bei Oesterreich bleiben, der Mincio solle die Grenze bilden. Aus Italien würde man einen Staatenbund unter der Präsidentschaft des Pabstes machen, den man dringend zu Reformen in seinem Lande auffordern müsse; diesem Staatenbund solle auch Desterreich mit Venetien beitreten. Auf die Mobilmachung der preußischen Armee könne Franz Joseph nicht bauen; die preußischen Rüstungen seien nicht gegen Frankreich gerichtet; Preußen wolle die Verlegenheiten Oesterreichs nur benüßen, um sich die Hegemonie in Deutschland zu verschaffen. Würde der Kaiser Franz Joseph auf diese Vorschläge nicht eingehen, so müßte Napoleon den Krieg fortsetzen und die Revolution in Desterreich (Ungarn) zu Hülfe rufen. Der Kaiser, welcher glaubte, Napoleon sei über die Intentionen Preußens genau unterrichtet, während leyterer später selbst gestand, er sei hauptsächlich durch die drohende Haltung Preußens zum Frieden bestimmt worden, da Frankreich in Gefahr gewesen sei, nach zwei Seiten hin Krieg führen zu müssen, gab nach und willigte in die eben ange= führten Bedingungen, die man als die Präliminarien eines demnächst abzuschließenden definitiven Friedens sodann zu Protokoll nahm. Der Kaiser von Oesterreich verlangte auch die Wiedereinsetzung der Fürsten von Toscana, Modena und Parma; Napoleon erwiderte, er habe gegen die Wiedereinsehung dieser Fürsten Nichts, wenn sie von der Bevölkerung selbst zurückgerufen würden; sei ihnen lettere so günstig gestimmt, wie der Kaiser versichere, so würde ja eine solche Zurückberufung leicht bewerkstelligt werden können. Es wurde nachher wirk lich in den Züricher Frieden ein Passus (Artikel 19) aufgenommen, welcher bestimmte, daß in der Regierung dieser Herzogthümer nur mit Zustimmung der wiener Congreßmächte eine Aenderung vor sich gehen könne; allein diese Bestimmung wurde nicht gehalten. Am 15. Juli erließ Franz Joseph ein Manifest an seine Völker, worin er sagte: „Ohne Bundesgenossen weiche ich nur den ungünstigen Verhältnissen der

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