an Dänemark grenzende Herzogthum, dessen Besitergreifung in der Folge schwieriger werden könnte, als die des südlicher gelegenen, an Deutschland angrenzenden Holsteins, schon jezt mit seinen Truppen zu beseßen. Am 31. Oktober 1865 verbot der preußische Commissär in Schleswig, v. Zedlik, den im Herzogthum erscheinenden Zeitungen, dem Prinzen von Augustenburg den Titel Herzog zu geben, und eine Anzahl schleswig-holsteinischer und norddeutscher Blätter, welche den gasteiner Vertrag für eine Vergewaltigung der Herzogthümer erklärten, wurde in Schleswig verboten. Der Prinz Friedrich von Augustenburg protestirte am 3. Januar 1866 gegen die Verweigerung des Herzogstitels von Seite Preußens und übergab zugleich dem deutschen Bundestag eine Deduction, welche den Nachweis zu bringen suchte, daß bezüglich seiner Person kein Verzicht auf die Erbansprüche in Schleswig-Holstein bestehe; das preußische Kabinet nahm jedoch auf diese Protestation so wenig Rücksicht, daß es am 11. März 1866 eine Verordnung in Schleswig erließ, welche auf Demonstrationen für die Anerkennung der Regentenrechte des Prinzen Friedrich Zuchthausstrafe sezte. Ueber die Diffidien, welche Ende Januar 1866 zwischen Preußen und Oesterreich in der Herzogthümerfrage ausbrachen, haben wir bereits in dem Artikel XVIII, der vom deutschen Kriege im Jahre 1866 handelt, gesprochen. Desterreich mußte schon lange zur Einsicht gekommen sein, daß Preußen auf die Annexion der Herzogthümer ausgehe, und es hätte derselben auch keinen. Widerstand entgegengesetzt, da es bisher willig mit der preußischen Politik gegangen war, an dem Prinzen von Augustenburg kein specielles Interesse nahm, und auch den Wunsch nicht haben konnte, selbst ein Stück von den seinen Grenzen so abgelegenen Herzogthümern zu besizen; aber es gönnte Preußen diese Vergrößerung an Gebiet und Verstärkung seiner Macht nicht, wenn es nicht selbst eine Compensation an deutschem Land und Leuten erhielte. Es scheint, das österreichische Kabinet hatte einen Theil von Preußisch-Schlesien, vielleicht das ganze Schlesien, als Compensation im Auge; da sich aber keine Aussicht zeigte, daß Preußen in eine solche Forderung willigen werde, so sollte es auch die Herzogthümer nicht erlangen. Sicher war es kein anderer Grund, als ohne Compensation dem rivalisirenden Preußen die Gebietsvermehrung nicht zu gestatten, was Desterreich bewog, sich seit Anfang des Jahres 1866 plöglich wieder der preisgegebenen Erbrechte des Prinzen von Augustenburg anzunehmen und die Frage der Elbherzogthümer, die von den beiden deutschen Großmächten dem Bunde eigenmächtig aus der Hand genommen worden war, wieder an den Bundestag zu bringen, der jezt seine Heere mobil machen sollte, um zu Gunsten Oesterreichs eine Vergrößerung Preußens abzuwehren. Im Frieden zu Prag (23. August 1866) mußte Desterreich seine aus dem dänischen Frieden hergeleiteten Ansprüche auf Schleswig-Holstein an den König von Preußen abtreten. Die Annexion der Herzogthümer an Preußen war nun gewiß. Sich mit dem Prinzen Friedrich von Augustenburg wegen seiner Erbansprüche zu verständigen, hielt das preußische Kabinet nicht für nöthig, da die Kronjuristen dieselben für ungültig erklärt hatten; der Prinz hatte Holstein bereits am 26. Juni 1866 verlassen und sich nach München begeben; von da verfügte er sich später nach BadenBaden, wohin ihm seine Gemahlin und Familie in den letzten Tagen des Dezember 1866 folgten. Die oldenburgischen Ansprüche hatte das preußische Kabinet, da auf dieser Seite vielleicht einmal Einsprache von Rußland zu befürchten gewesen wäre, durch einen am 27. September 1866 abgeschlossenen Vertrag beseitigt, den Graf Bismarck in den ersten Tagen des December 1866 den preußischen Kammern zur Zustimmung vorlegte. Der Großherzog erhielt als Entschädigung das holsteinische Amt Ahrensböck, einige zum vormaligen Bisthum Lübeck gehörige Districte und eine Million Silberthaler, wogegen er seine Rechte auf die Herzogthümer an die Krone Preußen abtrat. Deutschland vertrug sich nach und nach mit dem Gedanken, daß Schleswig-Holstein keinen eigenen Souverän erhalten, sondern Preußen einverleibt werden sollte. Die volksthümliche Agitation für die Herzogthümer, die nun volle 25 Jahre angedauert hatte (seit dem 1. Januar 1841, wo eine dänische Verordnung den alleinigen Gebrauch des Dänischen als Gerichtssprache in Schleswig befahl), hatte mit der Einverleibung der Herzogthümer in Preußen ein für die nationale Einigung erfreulicheres Ziel erreicht, als Viele begreifen wollten. Die Hauptaufgabe der deutsch-nationalen Bestrebungen war die Trennung der Herzogthümer von Dänemark und ihre Vereinigung mit Deutschland. Daß sie unter einem eigenen Herzog stehen sollten, mochte dem Particularismus der dortigen. Einwohnerschaft erwünscht sein, war aber durchaus kein Gewinn für das Gesammtvaterland, das eher Ursache hatte, eine Verminderung, als eine Vermehrung der bereits bestehenden kleinen Souveränetäten zu wünschen. Schleswig-Holstein als selbstständiger Staat wäre den feindlich gesinnten Dänen nicht gewachsen und bei jeder günstigen Gelegenheit ihrem Angriff ausgesetzt gewesen: mit Preußen vereinigt nehmen die Herzogthümer eine respectirte und selbst gefürchtete Stellung gegen die alten Feinde ein. Was die Erbrechte des Prinzen Friedrich anlangt, so bleibt so Viel gewiß, daß sie sehr weit heraufgeholt werden mußten, und daß es in einer Zeit, wo bestehende Herrscherhäuser von den Thronen weichen müssen, für kein besonderes Unglück angesehen werden kann, wenn eine entfernte Seitenlinie, die bei dem Fortbestehen der herrschenden Dynastie gar niemals zur Regierung gelangt wäre, ihr Erbrecht nicht zur Geltung bringen konnte. Wenn Deutschland nicht einmal in einem solchen Falle, wo der Mannsstamm des Regentenhauses erlischt, die Vereinigung eines kleinen deutschen Territoriums mit einem größeren beanspruchen könnte: mit welchem Rechte sollte es dann überhaupt je zu einer besseren Einigung gelangen? Man kann den Prinzen von Augustenburg bedauern; aber vom deutsch-nationalen Standpunct aus muß man erklären, die Vereinigung der Herzogthümer mit Preußen ist für das Gesammtvaterland weit vortheilhafter, als die Aufrechthaltung ihrer Selbstständigkeit. Nachdem Preußen auch Hannover, Kurhessen und Nassau einverleibt hatte, mußte dies auch selbst der sogenannte Sechsunddreißiger Ausschuß anerkennen, der sich aus deutschen Landtagsmitgliedern am 21. Dezember 1863 speciell zur Vertretung der schleswig-holsteinischen Sache gebildet hatte. Bei der Zusammenkunft, welche derselbe am 9. Dezember 1866 in Leipzig hielt, gab er die Erklärung ab, der Hauptzweck des Ausschusses, die Trennung der Herzogthümer von Dänemark, sei erreicht; für die Herstellung eines selbstständigen Herzogthums Schleswig-Holstein unter dem Prinzen Friedrich von Augustenburg zu wirken, dazu seien die Verhältnisse nicht mehr angethan. Der Prinz Friedrich von Augustenburg, in edler Auffassung der Situation, entband durch eine Proklamation, die er am 2. Januar 1867 aus Baden erließ, die Schleswig-Holsteiner ihrer eingegangenen Verpflichtungen gegen ihn. Ihr wißt es," sagte er, daß nicht persönlicher Ehrgeiz, sondern nur das Bewußtsein meiner Pflicht mein Handeln bestärkt hat. Es galt, eine nationale Pflicht zu erfüllen, die Herzogthümer von der Fremdherrschaft zu befreien und die von unseren Vorfahren gesetzten Grenzen Deutschlands zu retten. Unser Landrecht ist jetzt niedergeworfen worden, obgleich dasselbe mit den neuen Formen, die man für Norddeutschland zu schaffen sucht, verträglich ist. Ich kann das Unrecht, welches den Herzogthümern widerfährt, nicht befördern. Ich werde daher mein und des Landes Rechte wahren. Aber ich bin außer Stande, das Landesrecht gegenwärtig mit Wirksamkeit zu vertheidigen oder euch gegen die Gefahren, mit welchen die Gewalt jedes thatsächliche Eintreten für dasselbe bedroht, zu schüßen. Ich darf daher die Gewissen nicht beschweren und gebe euch hiermit alle Verpflichtungen zurück, welche ihr einzeln oder in Gemeinschaft durch Eide, Gelöbnisse oder Huldigungen gegen meine Person übernommen habt." Den Gesetzentwurf über die Einverleibung Schleswig-Holsteins hatte das preußische Ministerium den preußischen Ständen schon am 8. September 1866 vorgelegt. Es fiel auf, daß der Landtag am 25. September 1866 vertagt wurde, ohne daß dieser Entwurf vorher zur Discussion und Abstimmung gebracht worden wäre. Wie man sagte, fand diese Verzögernng ihren Grund in der Absicht der preußischen Regierung, dem dänischen redenden Theile Nordschleswigs, der nach Artikel 5 des prager Friedens zur Abstimmung berechtigt war, ob er dänisch oder preußisch werden wolle, Zeit zu lassen, sich die Vortheile der Aufrechthaltung seiner Verbindung mit dem Herzogthum Schleswig und Preußen klar zu machen. Eine in Hadersleben am 16. September 1866 von Nordschleswigern gehaltene Versammlung, die sich für die volle Vereinigung mit Preußen erklärte, hatte selbst an die preußische Regierung das Gesuch um Verzögerung der Abstimmung gestellt, damit es möglich würde, die Einwohner über die Vortheile der Verbindung mit Preußen und Deutschland aufzuklären. Nachdem der preußische Landtag am 12. November 1866 seine Sitzungen wieder aufgenommen hatte, wurde der Geseßentwurf am 20. Dezember 1866 in der zweiten Kammer zur Abstimmung gebracht und in etwas veränderter Form nach kurzer Discussion mit allen gegen 20 Stimmen angenommen. Von den zwanzig Gegnern gaben dreizehn in öffentlichen Blättern eine Erklärung ab, worin sie sagten, man habe nur einen von ihnen in der Kammer das Wort gegönnt und die Discussion schnell abgebrochen; daher müßten sie zur Presse ihre Zuflucht nehmen, um ihre Abstimmung zu motiviren. Preußen habe gegen Schleswig-Holstein keinen Krieg geführt und besize also auf die Herzogthümer auch nicht einmal ein sogenanntes Eroberungsrecht; eine Einverleibung könne daher nur unter freier Zustimmung der Schleswig-Holsteiner gut geheißen werden. Sie hielten fest an dem Selbstbestimmungsrecht der Herzogthümer bezüglich der Einrichtung ihres inneren Staatswesens; dieses Recht könne nur beschränkt sein durch ihre nationalen Pflichten gegen Teutschland, über welche endgiltig zu be schließen wohl einem deutschen Parlamente, nicht aber der preußischen Landesvertretung zustehe. Graf Bismard nahm in einer der nächsten Kammersibungen Gelegenheit, auf diese Erklärung zu antworten. sagte, Preußen habe Schleswig-Holstein nicht einmal, sondern zweimal erobert; zuerst von dem König von Dänemark, sodann von dem Prinzen Friedrich von Augustenburg, der gewiß die Schleswig-Holsteiner gegen Preußen bewaffnet und mit der Bundesarmee vereinigt hätte, wenn es ihm möglich geworden wäre. Ter Prinz habe selbst eine Verständigung mit Preußen verhindert, da er die vom preußischen Kabinet aufgestellten Forderungen nur unvollständig annehmen wollte. Noch kurz vor dem Abschluß der gasteiner Convention habe das preußische Ministerium durch Vermittlung des bayerischen Ministers von der Pfordten Anträge an ihn gestellt; er habe dieselben aber lange Zeit unbeantwortet gelassen und endlich kühl zurückgewiesen. Der Vollzug der Einverleibung der Herzogthümer in Preußen fand am 24. Januar 1867 statt; das Einverleibungspatent und die Proklamation des Königs von Preußen an die Schleswig-Holsteiner waren vom 12. Januar 1867 datirt. Deffentliche Feierlichkeiten fanden nicht statt. Der preußische Oberpräsident v. Scheel-Plessen versammelte am 24. Januar die höheren Beamten der Herzogthümer und die Nitterschaft in Kiel, hielt eine Ansprache, worin er die Vortheile der Verbindung mit Preußen auseinandersetzte, ließ Patent und Proklamation vorlesen, und erklärte hierauf die Einverleibung für vollzogen. Die Proklamation des Königs, welche in den Städten angeschlagen wurde, war wohlmeinend und in deutschem Sinne gehalten; gleichwohl verhielt sich die Bevölkerung kalt; nur die Amtsgebäude zeigten preußische Flaggen. Die Einverleibung bezog sich auch auf das nördliche, dänisch redende Schleswig; Patent und Proklamation wurden auch in dänischer Sprache ausgegeben. Inzwischen beharrte dieser Landestheil auf dem ihm durch den prager Frieden zugesprochenen Rechte, durch Volksabstimmung sich für den Anschluß an Dänemark zu entscheiden. Die zwei Deputirten, welche das dänisch redende nördliche Schleswig in das norddeutsche Par lament schickte, protestirten (18. März 1867) gegen die Einverleibung in Preußen und verlangten den Vollzug der Abstimmung. Das preußische Ministerium erklärte ihnen, die Ausführung der Abstimmung sei die Sache Preußens, dem man über den Zeitpunct im prager Frieden freie Hand gelassen habe; in keinem Falle werde so viel Gebiet abgetreten werden, als die Dänen wünschten. Inzwischen drang auch, als die luxemburger Frage auftauchte (April 1867) die französische Presse auf den Vollzug der Abstimmung; so daß endlich im Juni 1867 das preußische Kabinet mit dem dänischen in Verhandlung trat, und zwar zunächst über die beiden Fragen, welche Garantien Dänemark für die Aufrechthaltung der deutschen Nationalität in den im dänisch redenden Schleswig zerstreuten deutschen Orten biete, und welchen Antheil an der schleswigischen Staatsschuld es zu übernehmen gedenke? Weiter war diese Angelegenheit Ende September 1867, wo dieser Bogen in die Druckerei ging, noch nicht gediehen. Bei der neuen Eintheilung der jezt preußischen Provinz Schleswig-Holstein in zwanzig Kreise, welche die preußische Regierung Ende September 1867 vornahm, wären die nördlichen Distrikte Schleswigs noch zu Preußen gezählt. |