Friedensvertrag zwischen Preussen und Sachsen vom 21. October 1866. Seine Majestät der König von Sachsen und Seine Majestät der König von Preussen, von dem Wunsche geleitet, die durch den Krieg unterbrochenen gegenseitigen freundschaftlichen Beziehungen herzustellen und für die Zukunft zu regeln, haben behufs Verhandlung eines darüber abzuschliessenden Friedensvertrages zu Ihren Bevollmächtigten ernannt, und zwar: etc. welche nach erfolgtem Austausch ihrer in guter Ordnung befundenen Vollmachten über nachfolgende Vertrags-Bestimmungen übereingekommen sind. Art. I. Zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preussen und Seiner Majestät dem Könige von Sachsen, deren Erben und Nachfolgern, deren Staaten und Unterthanen soll fortan Friede und Freundschaft auf ewige Zeiten bestehen. Art. 2. Seine Majestät der König von Sachsen, indem Er die Bestimmungen des zwischen Preussen und Oesterreich zu Nikolsburg am 26. Juli 1866 abgeschlossenen Präliminar-Vertrages, soweit sie sich auf die Zukunft Deutschlands und insbesondere Sachsens beziehen, anerkennt und acceptirt, tritt für Sich, Seine Erben und Nachfolger für das Königreich Sachsen den Artikeln I bis VI des am 18. August d. J. zu Berlin zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preussen einerseits und Seiner königlichen Hoheit dem Grossherzog von Sachsen-Weimar und anderen norddeutschen Regierungen andererseits geschlossenen Bündnisses bei und erklärt dieselben für Sich, Seine Erben und Nachfolger für das Königreich Sachsen verbindlich, sowie Seine Majestät der König von Preussen die darin gegebenen Zusagen ebenfalls auf das Königreich Sachsen ausdehnt. Art. 3. Die hiernach nöthige Reorganisation der sächsischen Truppen, welche einen integrirenden Theil der norddeutschen Bundesarmee zu bilden und als solche unter den Oberbefehl des Königs von Preussen zu treten haben werden, erfolgt, sobald die für den norddeutschen Bund zu treffenden allge meinen Bestimmungen auf der Basis der Bundes-Reform-Vorschläge vom 10. Juni d. J. festgestellt sein werden. Art. 4. Inzwischen treten in Beziehung auf die Besatzungsverhältnisse der Festung Königstein, die Rückkehr der sächsischen Truppen nach Sachsen, die nöthige Beurlaubung der Mannschaften und die vorläufige Garnisonirung der auf den Friedensstand zurückversetzten sächsischen Truppen, die gleichzeitig mit dem Abschlusse des gegenwärtigen Vertrages getroffenen besonderen Bestimmungen in Kraft. Art. 5. Auch in Beziehung auf die völkerrechtliche Vertretung Sachsens erklärt die königlich sächsische Regierung sich bereit, dieselbe ihrerseits nach den Grundsätzen zu regeln, welche für den norddeutschen Bund im allgemeinen maassgebend sein werden. Art. 6. Seine Majestät der König von Sachsen verpflichtet Sich, behufs Deckung eines Theils der für Preussen aus dem Kriege erwachsenen Kosten und in Erledigung des im Art. V des Nikolsburger Präliminarvertrages vom 26. Juli 1866 gemachten Vorbehalts, an Seine Majestät den König von Preussen die Summe von „Zehn Millionen Thalern" in drei gleichen Raten zu bezahlen. Die erste Rate ist fällig am 31. December d. J., die zweite am 28. Februar und die dritte am 30. April künftigen Jahres. Art. 7. Seine Majestät der König von Sachsen leistet für die Bezahlung dieser Summe Garantie durch Hinterlegung von königlich sächsischen 4procentigen Staatsschulden-Kassenscheinen, königlich sächsischen 3procentigen landschaftlichen Obligationen vom Jahre 1830 oder königlich sächsischen zu 3% pCt. verzinslichen Landrentenbriefen bis zum Betrage der zu garantirenden Summe. Die zu deponirenden Papiere werden zum Tageskurse berechnet und die Garantiesumme wird um 10 pCt. erhöht. Art. 8. Seiner Majestät dem Könige von Sachsen steht das Recht zu, obige Entschädigung ganz oder theilweise unter Abzug eines Disconto von 5 pCt. für das Jahr früher zu bezahlen. Art. 9. Mit erfolgtem Austausch der Ratificationen dieses Vertrages treten, unbeschadet der im Art. 4 vorgesehenen besonderen Bestimmungen, das königlich preussische Militär-Gouvernement für Sachsen, sowie das königlich preussische Civil-Commissariat in Dresden ausser Wirksamkeit; auch hört mit demselben Zeitpunkte die an letzteres seither geleistete tägliche Zahlung von 10,000 Thalern auf. Art. 10. Die Auseinandersetzung der durch den früheren deutschen Bund begründeten Eigenthumsverhältnisse bleibt besonderer Vereinbarung vorbehalten. Insbesondere behält Sich Seine Majestät der König von Sachsen einen Anspruch auf über 200,000 Thaler, welche Sachsen anlässlich der BundesExecution in Holstein aufgewendet und liquidirt hat, ausdrücklich vor. Art. 11. Vorbehaltlich der, auf der Basis der Bundesreformvorschläge vom 10. Juni d. J. in der Verfassung des norddeutschen Bundes zu treffenden Bestimmungen über Zoll- und Handelsverhältnisse sollen einstweilen der Zollvereinsvertrag vom 16. Mai 1865 und die mit ihm in Verbindung stehenden Vereinbarungen, welche durch den Ausbruch des Krieges ausser Wirksamkeit gesetzt sind, unter den hohen Contrahenten, vom Tage des Austausches der Ratificationen des gegenwärtigen Vertrages an, mit der Maassgabe wieder in Kraft treten, dass jedem der hohen Contrahenten vorbehalten bleibt, dieselben nach einer Aufkündigung von sechs Monaten ausser Wirksamkeit treten zu lassen. Art. 12. Alle übrigen, zwischen den hohen vertragsschliessenden Theilen vor dem Kriege abgeschlossenen Verträge und Uebereinkünfte werden hiermit wieder in Kraft gesetzt, soweit sie nicht durch die in Artikel 2 erwähnten Bestimmungen und den Zutritt zum norddeutschen Bunde berührt werden. Art. 13. Die hohen Contrahenten verpflichten sich gegenseitig, die Herstellung einer unmittelbar von Leipzig ausgehenden und dort in direktem Schienenanschluss mit der Thüringischen und der Berlin-Anhaltischen Bahn stehenden Eisenbahn geeigneten Falles unter streckenweiser Mitbenutzung einer der beiden genannten Bahnen über Pegau nach Zeitz zu gestatten und zu fördern. Seine Majestät der König von Sachsen wird derjenigen Gesellschaft, welche für den im preussischen Gebiete belegenen Theil dieser Bahn die Concession erhalten wird, diese letztere auch für die auf sächsischem Gebiete gelegene Strecke unter denselben Bedingungen ertheilen, welche in neuerer Zeit den in Sachsen concessionirten Privat-Eisenbahn-Gesellschaften überhaupt gestellt worden sind. Die zur Ausführung dieser Eisenbahn erforderlichen Einzel-Bestimmungen werden durch einen besonderen Staatsvertrag geregelt werden, zu welchem Behufe beiderseitige Bevollmächtigte in kürzester Frist an einem noch näher zu vereinbarenden Orte zusammentreten werden. Art. 14. Die hohen Contrahenten sind übereingekommen, dass das Eigenthum der königlich sächsischen Regierung an der auf preussischem Gebiete belegenen Strecke der Görlitz-Dresdener Eisenbahn, einschliesslich des antheiligen Eigenthumsrechtes an dem Bahnhof in Görlitz, mit der Ratification des gegenwärtigen Vertrages auf die königlich preussische Regierung übergehen soll. Dagegen wird die königlich sächsische Regierung vorläufig bis zum Ablaufe der im Artikel XIV des Staatsvertrages vom 24. Juni 1843 festgesetzten dreissigjährigen Frist und vorbehaltlich der alsdann zu treffenden weiteren Verständigung in der Ausübung des Betriebes auf der Strecke von der beiderseitigen Landesgrenze bis Görlitz und in der unentgeldlichen Mitbenutzung des Bahnhofes in Görlitz verbleiben. Sie wird den rechnungsmässigen Reinertrag, welchen der Betrieb auf der gedachten Strecke ergiebt, alljährlich an die königlich preussische Regierung abliefern. Die königlich preussische Regierung verpflichtet sich, bei der von ihr beabsichtigten Umgestaltung des Görlitzer Bahnhofes dafür Sorge zu tragen, dass der königlich sächsischen Bahnverwaltung die zur ungestörten Fortsetzung ihres Betriebes erforderlichen Räumlichkeiten und Bahnhofs-Anlagen in dem, dem Bedürfnisse entsprechenden Maasse auch fernerweit verfügbar gehalten werden. Art. 15. Um der königlich sächsischen Regierung die in dem Staatsvertrage vom 24. Juli 1843 für den Fall der späteren Abtretung ihres Eigenthums an der Eisenbahnstrecke von der Landesgrenze bis Görlitz und ihres Miteigenthums an dem Bahnhofe in Görlitz in Aussicht genommene Entschädigung zu gewähren, wollen Seine Majestät der König von Preussen von der im Art. 6 des gegenwärtigen Vertrages festgesetzten Kriegskostenentschädigung den Betrag von einer Million Thalern als eine Compensation für die von Seiner Majestät dem Könige von Sachsen im Art. 14 des gegenwärtigen Vertrages zugestandenen Eigenthumsabtretungen in Abrechnung bringen lassen. Art. 16. Da nach Artikel 6 unter 10 der Reform-Vorschläge vom 10. Juni d. J. das Postwesen zu denjenigen Angelegenheiten gehört, welche der Gesetzgebung und Oberaufsicht der Bundesgewalt unterliegen, nun aber Seine Majestät der König von Sachsen auf Grund dieser Vorschläge dem norddeutschen Bunde beitritt; so verspricht Derselbe, auch schon von jetzt an weder durch Abschluss von Verträgen mit andern Staaten, noch sonst Etwas vornehmen zu lassen, wodurch der definitiven Ordnung des Postwesens im norddeutschen Bunde irgendwie vorgegriffen werden könnte. Art. 17. Die königlich sächsische Regierung überträgt der königlich preussischen Regierung das Recht zur Ausübung des Telegraphenwesens innerhalb des Königreichs Sachsen in demselben Umfange, in welchem dieses Recht zur Zeit der königlich sächsischen Regierung zusteht. Soweit die königlich sächsische Regierung in anderen Staaten Telegraphen-Anstalten zu unterhalten berechtigt ist, tritt dieselbe ihre Rechte aus den hierüber bestehenden Verträgen an die königlich preussische Regierung ab, welcher die Verhandlungen mit den betreffenden dritten Regierungen über die Ausübung dieser Rechte vorbehalten bleiben. Den Depeschen Seiner Majestät des Königs von Sachsen, der Mitglieder des königlichen Hauses, der königlichen Hofämter, der Ministerien und aller sonstigen öffentlichen Behörden des Königreichs Sachsen bleiben dieselben Bevorzugungen vorbehalten, welche den gleichartigen königlich preussischen Depeschen zustehen. Den Eisenbahnverwaltungen im Königreich Sachsen bleibt selbstversändlich die Benutzung eines Betriebstelegraphen überlassen. Zur Ausführung sämmtlicher im gegenwärtigen Artikel enthaltenen Bestimmungen werden unmittelbar nach dem Austausch der Ratificationen des Friedensvertrages beiderseitige Commissarien zusammentreten. Art. 18. Seine Majestät der König von Sachsen erklärt sich damit einverstanden, dass das in Sachsen, wie in der Mehrzahl der übrigen bisherigen Zollvereins-Staaten bestehende Salzmonopol aufgehoben wird, sobald die Aufhebung in Preussen erfolgt, und dass, von dem Zeitpunkte dieser Aufhebung ab, die Besteuerung des Salzes für gemeinschaftliche Rechnung sämmtlicher betheiligter Staaten bewirkt wird. Die näheren Bestimmungen bleiben weiterer Vereinbarung vorbehalten. Art. 19. Seine Majestät der König von Sachsen erklärt, dass keiner seiner Unterthanen, oder Wer sonst den sächsischen Gesetzen unterworfen ist, wegen eines in Bezug auf die Verhältnisse zwischen Preussen und Sachsen während der Dauer des Kriegszustandes begangenen Vergehens oder Verbrechens gegen die Person Seiner Majestät oder wegen Hochverraths, Staatsverraths oder sonst wegen einer die Sicherheit des Staates gefährdenden Handlung oder endlich wegen seines politischen Verhaltens während jener Zeit überhaupt strafrechtlich, polizeilich oder disciplinarisch zur Verantwortung gezogen oder in seinen Ehrenrechten beeinträchtigt werden soll. Die etwa bereits eingeleiteten Untersuchungen dieser Art sollen, einschliesslich der Untersuchungskosten, niedergeschlagen werden. Seine Majestät der König von Preussen erklärt Sich damit einverstanden, dass nach diesen Grundsätzen auch hinsichtlich derjenigen Verbrechen und Vergehen der oben gedachten Art verfahren werde, welche während jener Zeit in Sachsen gegen die Person Seiner Majestät des Königs von Preussen oder gegen den preussischen Staat etwa begangen worden sind. Die aus Sachsen entfernten und etwa noch in preussischer Haft befindlichen Personen sollen, soweit diess nach den preussischen Gesetzen zulässig ist, aus derselben sofort entlassen werden. Art. 20. Seine Majestät der König von Sachsen erkennt das unbeschränkte jus reformandi Seiner Majestät des Königs von Preussen in Betreff der Stifter Merseburg, Naumburg und Zeitz an, willigt in die Aufhebung der bisher der Universität Leipzig zugestandenen Berechtigungen auf gewisse Canonicate an diesen Stiftern und verzichtet auf alle Rechte und Ansprüche, welche der königlich sächsischen Regierung oder der Universität Leipzig aus den Statuten der Stifter oder aus früheren Verträgen und Conventionen, deren etwa entgegenstehende Bestimmungen hiermit ausdrücklich aufgehoben werden, zustehen möchte. Die Entschädigung der Universität Leipzig für die gänzliche Beseitigung ihrer Beziehungen zu den Stiftern, sowie der jetzigen Inhaber ad dies muneris übernimmt die königlich sächsische Regierung und macht sich anheischig, die königlich preussische Regierung gegen alle Entschädigungsansprüche der Universität oder einzelner Fakultäten und Professoren an derselben zu vertreten. Art. 21. Seine Majestät der König von Sachsen willigt in die Auspfarrung |