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wache der Preußen, wurde aber zurückgeschlagen. Die bayerische Armee zog sich von der thüringischen Grenze westlich, um die Verbindung mit dem achten Bundesarmeecorps herzustellen; die Preußen folgten. Am 3. und 4. Juli gab es nur ein Paar unbedeutende Gefechte. Bis es zu einem größeren Zusammentreffen am 10. Juli bei Hammelburg und Kissingen kam, war unterdessen am 3. Juli die Schlacht bei Königgräß geschlagen und beide Heere fochten unter dem Eindruck dieser Nachricht, die Preußen im Gefühle eines großen, entscheidenden Sieges der Jhrigen, die Bayern in dem Bewußtsein, daß sie sich fortan umsonst opferten.

Als sich nach der Schlacht bei Gitschin (29. Juni) die drei in Böhmen eingerückten preußischen Armeen vereinigt hatten, beschloß der österreichische Oberfeldherr v. Benedek, denselben eine Hauptschlacht zu liefern. Er sammelte seine Truppen in der Nähe von Königgrät und nahm auf den Anhöhen bei den Dörfern Sadowa, Dohaliz und Mekrowans hinter dem Flüßchen Bistriß eine feste, mit Geschüßen wohlversehene Stellung, um hier, auf einem Terrain, das er sich durch Lichtungen der Waldpartien für die freie Wirkung der Artillerie und durch Anlage von Wällen, Verhauen und Gräben zu einer Schlacht vorbereitet hatte, den Angriff der Preußen zu erwarten. Seine Schlachtlinie dehnte sich in einem halben Vogen von dem Orte Prim bis Nedelist; auf dem linken Flügel standen die Sachsen, im Centrum das dritte und zehnte, auf dem rechten Flügel das vierte Corps. Hinter denselben waren als Reserve für den linken Flügel das achte Corps und die Cavaleriedivision Edelsheim, für das Centrum das erste und sechste Corps und die schwere Reiterei, für den rechten Flügel das zweite Corps aufgestellt. Die Angaben über die Stärke der österreichischen Armee bei Königsgrät, mit welcher das sächsische, 29,000 Mann starke Corps verbunden war, lauten verschieden. Nach einigen Nachrichten betrug dieselbe 250,000 Mann, nach anderen war die Armee durch die vorhergehenden Gefechte bereits auf 170,000 Mann zusammengegangen. Der König Wilhelm von Preußen, welcher sich bei der ersten, von dem Prinzen Friedrich Karl befehligten Armee befand, beschloß, die Oesterreicher am 3. Juli in dieser Stellung anzugreifen und ihnen eine entscheidende Schlacht zu liefern. Die erste preußische Armee, jezt unter dem Oberbefehl des Königs, sollte das österreichische Centrum angreifen, die Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld den linken, die zweite preußische Armee unter dem Kronprinzen den rechten Flügel der Desterreicher. Die gesammte von den Preußen bei Königgrät versammelte Streitmacht wird auf 230,000 Mann angegeben. An Artillerie waren sich beide Theile so ziemlich gleich, man rechnete auf jeder Seite ungefähr 600 Kanonen.

Die erste preußische Armee zog sich das abhängige Thal des Flüßchens Bistrit hinab und eröffnete bei dem Dörfchen Sadowa morgens 8 Uhr mit einer Kanonade den Angriff auf die Oesterreicher, welche auf dem jenseitigen Ufer die Anhöhen hinauf standen und mit ihrer Artillerie lebhaft antworteten. Um 10 Uhr überschritt die preußische Infanterie die Bistritz und stürmte die Höhe hinan; die Desterreicher, zurückgedrängt, zogen sich etwas mehr aufwärts und bildeten bei dem Dorfe Lipa eine neue Schlachtlinie. Jezt brachten die Preußen auch ihre Artillerie über die Bistrit. Gegen 10 Uhr erschien auch der General Herwarth von Bittenfeld mit der Elbarmee auf dem linken Flügel des Feindes und kämpfte anfangs mit Vortheil. Allein die Oesterreicher hatten auf der Höhe eine sehr günstige Stellung für ihre Artillerie und schossen gegen die Preußen mit Ueberlegenheit. Um ein Uhr kam die Schlacht zum Stillstand; weder die Truppen des Prinzen Friedrich Karl noch die des Generals Herwarth konnten mehr Terrain gewinnen; die Schlacht war für die Preußen verloren, wenn der Kronprinz mit seiner Armee nicht auf dem Kampfplaß eintraf, der den rechten Flügel der Oesterreicher angreifen sollte. Endlich erschien er nachmittags drei Uhr, nachdem er verschiedene ihm entgegengestellte kleine Abtheilungen zurückgeworfen hatte, im Rücken der österreichischen Aufstellung und entschied die Schlacht. Benedek hatte den Ort Chlum, welcher den Kronprinzen hätte aufhalten können, nicht stark genug be= sezt; die Truppen des Kronprinzen brachen durch das Dorf und kamen jezt die Höhen von Lipa gegen die österreichische Schlachtlinie herab. Die erste preußische Armee faßte neuen Muth, sie nahm das Gehölz von Sadowa und eine Batterie, welche dahinter stand. Die österreichischen Regimenter fingen an zu retiriren; die preußische Artillerie erreichte die Höhen von Lipa und sandte Granaten unter die Fliehenden. Auf den Höhen des Dorfes Strefeliz versuchte ein Theil der österreichischen Artillerie noch einmal Stand zu halten, mußte aber der an Zahl überlegenen preußischen Artillerie weichen. Jeht wandte sich die ganze österreichische Armee zur Flucht und wurde von preußischer Cavalerie und Artillerie verfolgt. Um sieben Uhr abends machte das Gros der preußischen Armee Halt; die Verfolgung der Desterreicher, die sich nach der Festung Königgräß und den Elbübergang bei Pardubiß wandten, wo noch viele in der Elbe den Tod fanden, wurde bis neun Uhr fortgesetzt. Der Zug der Fliehenden ging nach Mähren, wo Benedek die Reste seiner Armee in einem befestigten Lager bei Olmüş wieder sammelte; die Flucht geschah in solcher Eile, daß das Gros des Heeres schon am 8. und 9. Juli in dem 18 Meilen entfernten Olmüß eintraf; der schweren Reiterei, dem zehnten Corps und den Sachsen hatte Benedek befohlen, direct auf Wien zu retiriren. Die Preußen

überschritten die Elbe bei Pardubiß erst am 6. Juli und hätten der geschlagenen Armee Zeit gelassen, den Rückzug nach Olmütz in einer gewissen Ordnung auszuführen, was jedoch nicht der Fall war. Der Verlust, den die Oesterreicher in dieser Schlacht erlitten, ist bisher specialisirt nicht bekannt geworden; aber er war ungeheuer. Nach preußischen Angaben erbeuteten die Preußen in dem kurzen vierwöchentlichen Feldzuge gegen die Oesterreicher, der mit dieser Schlacht so ziemlich sein Ende gefunden hatte (es folgten nur noch einige unbedeutende Treffen), 484 Geschüße und machten über 30,000 Gefangene; verwundete Oester= reicher wurden 14,346 in preußische Spitäler aufgenommen. Die Zahl der Todten der österreichischen Nordarmee in den bisherigen Schlachten und Gefechten gaben österreichische Blätter auf 4100 an, was wohl zu gering ist. Die Preußen hatten in der Schlacht bei Königgräß 1172 Todte, 6704 Verwundete und 1817 Vermißte. Das Unglück des Tages von Königgräß schrieb das österreichische Kriegsministerium allein dem Oberbefehlshaber Feldzeugmeister v. Benedek und seinem Generalstab zu. Benedek mußte sich sofort unter den Oberbefehl des Erzherzogs Albrecht stellen, der in Italien commandirt hatte. Nach Beendigung des Krieges wurde über ihn, über den Generalstabschef v. Henikstein und über den Chef der Operationskanzlei v. Krismanics cine kriegsgerichtliche Untersuchung verhängt. Der Kaiser Franz Joseph schlug diese Untersuchung am 4. Dez. 1866 nieder, mit der Erklärung, es seien zwar Mißgriffe geschehen, die zu einer Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens berechtigten; allein es gebe kein Gesetzbuch, das den Mangel höchster geistiger Begabung für straffällig erkläre, und es erübrige in solchen und ähnlichen Fällen Nichts, als die unerläßliche Sühne, welche in der sofortigen bleibenden Entfernung der Betreffenden aus einem unangemessenen Wirkungskreis bestehe. Schon am 20. Oktober waren die genannten Generale pensionirt, der General Graf ClamGallas dagegen, der höchsten böhmischen Aristokratie angehörig, vom Kriegsgericht freigesprochen worden. Benedek selbst erklärte vor dem Kriegsgericht, er habe sich gleich anfangs geweigert, den Oberbefehl zu übernehmen, da er von Böhmen nicht die genaue Terrainkenntniß besize, wie von Oberitalien; nur auf den Wunsch des Kaisers habe er sich zur Uebernahme desselben entschlossen. Das Mißlingen liege nicht an ihm, sondern an der Armee. Die österreichische Kampfesweise könne gegen die preußische Taktik nicht bestehen; namentlich gehe den Oesterreichern die preußische Marschgeschwindigkeit ab; seine Befehle seien unvollkommen ausgeführt worden, die einzelnen Corps seien nicht rechtzeitig auf dem Kampfplatz eingetroffen. Die österreichische Presse nahm sich Benedek's sehr energisch an und gab zu verstehen, daß er das

Opfer der hohen Aristokratie sei, die ihn als Emporkömmling *) sehr ungern an der Spiße der Armee gesehen habe. Doch vernahm man auch Stimmen aus der Armee, welche sagten, es sei ein Hauptfehler gewesen, daß Benedek nicht früher eine entscheidende Schlacht lieferte, bevor die drei preußischen Armeecorps sich vereinigt hatten; und bei Königgrät habe er die Reserven nicht im rechten Moment zur Verwendung gebracht. Im Uebrigen mußte man es allerdings sehr unrecht finden, daß das Unglück des Tages allein auf die Schultern Benedek's und einiger Officiere seines Generalstabs gewälzt werden sollte. Die Hauptursache lag in der Stimmung der österreichischen Armee, die aus verschiedenen Nationalitäten zusammengefeßt war, welche sich schon seit Jahrzehnten im öffentlichen Leben bekämpften, der Regierung

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*) Benedek, geboren 1804 zu Dedenburg in Ungarn, ist der Sohn eines Arztes und Protestant. Die hohe Aristokratie und die Clerikalen sahen ihn ungern in einer so hohen und einflußreichen Stellung. Eine im November 1866 bei Wigand in Leipzig erschienene Broschüre, betitelt: „Der Krieg im Jahr 1866", die wahrscheinlich einen österreichischen Offizier zum Verfasser hat, sagte: „Die persönlichen Verhältnisse Benedek's erklären den Ausgang des Krieges besser, als die gerühmte Ueberlegenheit des Zündnadelgewehres. Als Parvenü hatte er die aristokratisch-clerikale Partei gegen sich; kaum besser aber stand der Feldzeugmeister mit der vorwärts strebenden Intelligenz im Heere, falls sie sich nicht der größten Devotion gegen ihn befliß. Benedek war im Heere vereinsamt, und er fühlte es selbst. Ueber seine Corpscommandanten hat er in der That viel Ursache, sich zu beklagen. Elam läßt sich schlagen, weil er eine schlechte Stellung nimmt und vor Ankunft des dritten Corps batailliren will; Gablenz läßt sich überfallen; Ramming greift ungeschickt an und wird in Folge dessen geworfen; der Erzherzog Leopold weicht dem Gefechte nicht aus, obschon er offenbar vor einem übermächtigen Gegner auf Josephstadt zu repliiren hatte Benedek ist diesen Herren wahrlich wenig Dank schuldig." In der Edimborough Review erschien im Mai 1867 ein Auffaß über den deutschen Krieg, welcher wahrscheinlich von einem preußischen General herrührte, der den Feldzug mitgemacht hatte. Der Verfasser sagte: „Man kann den Feldzeugmeister Benedek keiner ernsthaften Fehler am Tage von Königgräß beschuldigen. Er rechnete mit Grund darauf, daß er im Stande sein werde, mit fünf Corps den Prinzen Friedrich Karl zurückzuschlagen, welcher nur drei zur Disposition hatte, bevor der Kronprinz von Preußen herankam, und das voreilige Vorgehen des Prinzen Friedrich Karl verbesserte seine Aussichten um das Doppelte. Aber während vier Stunden des hartnäckigsten Kampfes bewiesen die Preußen, daß sie, ohne zu weichen, dem Angriff sehr überlegener Kräfte Stand halten konnten, und dieser Standhaftigkeit viel mehr, als einem Mangel an der Kriegführung Benedek's, ist der Verlust des Tages von Königgräß zuzuschreiben. Der General hatte die Marschfertigkeit der preußischen Truppen unterschäßt. Er glaubte nicht, daß die preußischen Garden von Königinhof her das Schlachtfeld so früh erreichen könnten, noch das Bonin's Truppen von ihrem Bivouak jenscits Miletin überhaupt noch vor der Entscheidung eintreffen könnten. Daß diese Truppen so schnell vorrückten, troß des Regens und troß der Wege, daß sie nach ihrem ermüdenden Marsche fochten, wie sie bei Chlum und Rosberig gefochten haben, sind bewundernswürdige Thaten."

abgeneigt waren und von einem Gesammtösterreich abstrebten. Es mangelte dieser Armee, die entweder aus Leuten bestand, die an politischen Angelegenheiten überhaupt gar kein persönliches Interesse zu nehmen pflegen und nur gezwungen in den Krieg folgen, oder aus Solchen, die allein für ihre Nationalität Partei ergreifen und Opfer bringen wollten, an einem österreichischen Nationalgefühl, das die Sache des Gesammtreiches zur eigenen Sache gemacht hätte. Eine Armee, wie hier die österreichische, von welcher sich innerhalb eines Monats 528 Officiere und 35,932 Coldaten, ohne verwundet zu sein. (die verwundet in Gefangenschaft Gerathenen betrugen noch außerdem 411 Officiere und 13,935 Mann), als Gefangene abführen ließen, konnte von keinem nationalen Patriotismus, von keiner Theilnahme für die Sache, um welche es sich handelte, beseelt sein. Sie kämpfte nur so lange sie mußte, und that überhaupt nur so Viel, als nothwendig war, um nicht straffällig zu werden; der Erfolg berührte sie wenig *). Bei den Preußen war es ein ganz anderes Verhältniß. Hier, wo auch alle Gebildeten in die Armee eintreten müssen, herrschte ein ganz anderer Geist, eine weit größere Intelligenz, eine entschiedene Theilnahme für die Sache, für den Kriegsruhm des preußischen Namens. Die militärische Vorbildung der Officiere aller Grade war in Folge der wissenschaftlichen Anforderungen und Prüfungen eine weit höhere und die ganze Organisation der Armee in jeder Beziehung weit vollkommener, als in Desterreich.

Sobald der Kaiser Franz Joseph in der Nacht vom 3. auf den 4. Juli in Wien die Nachricht von dem unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Königgräß erhalten hatte, war auch sein Entschluß gefaßt, sich an den Kaiser Napoleon zu wenden. Echon am Morgen des 4. Juli trat er durch den Telegraphen mit dem Kaiser in Verhandlung. Er erbot sich, und es geschah dies vielleicht auf Anrathen des französischen Kaisers, Venetien an Frankreich abzutreten unter der Bedingung, daß Frankreich einen Waffenstillstand mit Italien vermittle, welcher es dem Kaiser möglich machte, die österreichischen Truppen aus Venetien abzurufen und dieselben gegen Preußen zu verwenden. Napoleon erklärte sich bereit, sowohl mit Italien als mit Preußen wegen des Abschlusses eines Waffenstillstandes Verhandlungen anzuknüpfen. Die Vermittlung des französischen Kaisers wurde von beiden Kabineten angenommen, der

*) Das Urtheil des französischen Generals Trochü, den der Kaiser Napoleon mit dem Studium des preußisch-österreichischen Feldzuges beauftragt hatte, ging dahin, daß die Unfälle Desterreichs größtentheils in dem verrotteten Militärsystem dieses Staates ihre Erklärung fänden, und daß Benedek nur das Opfer dieser Institutionen sei.

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