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der Herrschaft aber besteht in dem Recht, freien Personen (und Vereinigungen von solchen) Handlungen, Unterlassungen und Leistungen zu befehlen und sie zur Befolgung derselben zu zwingen. Das Privatrecht kennt. freien Personen gegenüber nur Forderungen, welche kein Zwangsrecht gegen den Schuldner enthalten und die nicht die Rechtsmacht in sich schliessen, ihm etwas zu befehlen; in obligatorischen Verhältnissen sind Gläubiger und Schuldner einander gleich geordnet; der Gläubiger hat keine Macht über den Schuldner. Das Wesen des Hoheitsrechts dagegen besteht in der rechtlichen Macht der Obrigkeit über den Untertan, in der rechtlich anerkannten Gewalt über ihn, kraft deren derselbe gezwungen wird, dem an ihn ergangenen Befehl zu gehorchen. Herrschaft in diesem Sinne ist im heutigen Recht das spezifische Vorrecht des Staates, das er mit Niemandem teilt. Sein Wille allein hat die Kraft, den Willen der Individuen zu brechen, über Vermögen, natürliche Freiheit und Leben derselben zu verfügen. Weder die Gemeinde noch irgend ein anderer gemeindeähnlicher Verband hat dieses Recht als ein eigenes, auf sich selbst beruhendes und nach freiem Willen auszuübendes. Eine Gemeinde mag befugt sein, Verordnungen zu erlassen; Erzwingbarkeit erhalten dieselben immer nur durch das Gebot des Staates. Gemeinden können auf einem grossen Gebiet des politischen Lebens ein eigenes Recht zur Verwaltung, zur autonomischen Festsetzung von Statuten, ja selbst zur Rechtsprechung haben; sobald es aber darauf ankommt, ihren Befehlen Gehorsam zu verschaffen, muss entweder die zuständige Behörde des Staates darum angegangen werden oder dem Kommunalverbande muss vom Staate die Handhabung seiner Herrschermacht für gewisse Anwendungsfälle übertragen sein'). Wenn die Gemeinde befugt ist, mit Rechtskraft (Erzwingbarkeit) zu befehlen und ihre Befehle nötigenfalls mit Gewalt durchzuführen, so handelt sie im Namen und Auftrag des Staates, in Stellvertretung oder kraft Delegation desselben; es ist nicht ihre Macht, sondern die des Staates, welche sie in Bewegung setzt; es ist nicht ihr eigenes Recht, sondern ein fremdes, welches sie geltend macht. Die Gemeinde hat keine Untertanen; sie ist bei Ausübung ihrer Rechte ebenso machtlos, wie der Gläubiger seinem Schuldner gegenüber; Vollstreckungsgewalt findet sie einzig und allein beim Staate. Der kleinste und unbedeutendste Staat hat diese Rechtsmacht so gut wie der grösste; der Gemeindeverband hat sie nicht, mag er auch an Grösse und Ausdehnung für sich allein bedeutender sein als ein Dutzend von Staaten zusammengenommen. Dies ist demnach der feste Punkt zur begrifflichen Unterscheidung von Staat und Gemeinde 2).

1) Viele Schriftsteller schreiben der Gemeinde eigene Herrschaftsrechte und eine eigene Zwangsgewalt zu und berufen sich darauf, dass viele Gemeinden älter sind, als die jetzt bestehenden Staaten. Dies ist eine historische Betrachtung, aber keine juristische. Rechtlich bestehen alle Gemeinden nur durch den Willen des Staates. Der Staat gibt ihnen durch die Gemeindeordnung die rechtliche Existenz, die Verfassung, die Zuständigkeit, die Rechte und Pflichten und er kann einseitig alles dies durch eine Abänderung der Gemeindeordnung umgestalten; der Staat kann neue Gemeinden bilden, bestehende teilen, zusammenlegen, vernichten. Die Gemeinden haben keine öffentlichen Rechte als die ihnen vom Staat verliehenen.

2) Ueber abweichende Ansichten und deren Kritik vgl. mein Staatsrecht des D.R. (4. Aufl.) I S. 60 ff.

Hieraus ergibt sich aber andererseits, dass die Souveränetät in dem Sinne einer höchsten, obersten, an keinem Punkte einem fremden Willen rechtlich unterworfenen Gewalt nicht zu den wesentlichen Eigenschaften des Staates gehört. Denn eine Persönlichkeit, welche nach oben in irgend einer Beziehung einer rechtlichen Gewalt unterworfen ist, kann gleichwohl Herrschaftsrechte über freie Menschen und deren Vereinigungen, also eine Staatsgewalt haben. Wenn sie hinsichtlich der Ausübung oder Nichtausübung ihrer Herrschermacht von einer höheren Gewalt rechtlich verpflichtende und erzwingbare Vorschriften empfängt, so ist sie nicht souverän, aber ihre Hoheitsrechte sind weder vernichtet, noch in Rechte jener höheren Gewalt umgewandelt. Man kann also nach Gerbers zutreffendem Ausdruck die Souveränetät als eine Eigenschaft der vollkommenen Staatsgewalt bezeichnen; aber ein wesentliches Element des Staatsbegriffs ist sie nicht ').

Auch das Völkerrecht steht hiermit in Uebereinstimmung. Nur Staaten sind völkerrechtsfähig, d. h. Subjekte internationaler Rechtsverhältnisse. Die Voraussetzung, welche das Völkerrecht für die Anerkennung als Staat verlangt, ist eine selbständige Herrschaft über Gebiet und Untertanen, aber nicht eine von jeder höheren Gewalt unabhängige Herrschaft, oder mit anderen Worten, das Völkerrecht erkennt auch „halbsouveränen" d. h. nicht souveränen Staaten die Eigenschaft des internationalen Rechtssubjekts zu.

Hiernach ist es mit dem Staatsbegriff vereinbar, dass Staaten einer über ihnen stehenden öffentlichen Gewalt, einem Oberstaate unterworfen, oder mit andern Worten: einem zusammengesetzten Staate korporativ verbunden sind.

II. Während im einfachen Staate Land und Leute der Herrschaft der einen Staatsgewalt unterworfen sind, besteht in dem zusammengesetzten Staat oder Staatenstaat eine doppelte Gliederung. Land und Leute sind zunächst einer Unterstaatsgewalt unterworfen und die Staaten einer Oberstaatsgewalt, welche wir mit dem Ausdruck Reichsgewalt bezeichnen. Das direkte, unmittelbare Objekt der in der Reichsgewalt enthaltenen Herrschaftsrechte sind die Staaten; dieselben als Einheiten, als juristische Personen des öffentlichen Rechts sind die Mitglieder, die Untertanen des Reichs. Die Gebiete der Gliedstaaten sind mittelbar Reichsgebiet, die Bürger der Gliedstaaten sind mittelbar Reichsuntertanen. Das Wesen des Reichs besteht in einer Mediatisierung der Staaten, nicht in ihrer Unterdrückung oder Auflösung; der Gliedstaat ist nach unten Herr, nach oben Untertan. Dem entspricht es, dass das Reich die Erzwingung des Gehorsams gegen die Reichsgesetze regelmässig den Einzelstaaten überlässt und die Reichsverf. eine

1) Ueber die Entwicklung des Souveränetätsbegriffs und die verschiedenen Richtungen, in denen er verwendet wird, siehe Jellinek, Allgem. Staatslehre S. 421 ff. Rehm, Allg. Staatslehre S. 40 ff. 61. Die zahlreichen Meinungsverschiedenheiten, welche auch in der neuesten Literatur noch herrschen und hier im einzelnen nicht dargestellt werden können, beruhen zum grossen Teil darauf, dass mit dem Wort „Souveränetät“ ein sehr mannigfacher, bisweilen sogar ein mehrfacher Sinn, verbunden wird. Diese Mehrdeutigkeit des Wortes ist bis auf Bodinus zurückzuführen; vgl. meine Ausführungen im Arch. f. öffentl. R. Bd. 10 S. 112. Der Streit ist daher öfters ein blosser Wortstreit oder die Gründe und Gegengründe bewegen sich in so verschiedenen Bahnen, dass sie einander nicht treffen.

Bundesexekution nur gegen die Staaten, nicht gegen die Individuen kennt. Die staatliche Zwangsgewalt wird gegen die Individuen vom Reich regelmässig nicht direkt, sondern durch Vermittlung der Gliedstaaten ausgeübt). Dies ist das Kriterium dermittelbaren Beherrschung. Es wird hierdurch nicht ausgeschlossen, dass die Reichsgewalt in einzelnen Beziehungen ihre Hoheitsrechte unmittelbar gegen das Reichsgebiet oder gegen die Angehörigen des Reichs ausübt, also die Einzelstaaten hinsichtlich gewisser Betätigungen der Reichsgewalt nicht bloss mediatisiert, sondern gänzlich ausser Funktion setzt. Andererseits ist es ebensowenig erforderlich, dass die Staatsgewalt der Einzelstaaten in allen Beziehungen mediatisiert sei; es kann den Gliedstaaten ein Kreis von Aufgaben verbleiben, von welchem sich das Reich in bewusster und gewollter Selbstbeschränkung fern hält. Das Wesen des zusammengesetzten Staats wird hierdurch nicht verändert; denn das begrifflich wesentliche Merkmal desselben besteht lediglich darin, dass eine Mehrzahl von Staaten einer Oberstaatsgewalt unterworfen ist.

III. Nicht jeder zusammengesetzte Staat oder Staatenstaat ist Bundesstaat. Von einem Bunde spricht man, im Gegensatz zum Hegemonie- oder Vasallenstaat nur in dem Falle, dass die souveräne Staatsgewalt der Gesamtheit der Mitgliedstaaten zusteht. Es gibt kein Beispiel eines zusammengesetzten Staatswesens, welches man als Bund oder Bundesstaat je bezeichnet hätte, in welchem nicht den Einzelstaaten ein Anteil an dem Zustandekommen und der Betätigung des Gesamtstaatswillens zugestanden hätte. Für das genus, den zusammengesetzten Staat, ist eine bestimmte Organisation kein begriffliches Erfordernis; dagegen die species, der Bundesstaat, wird gerade durch eine gewisse Form der Organisation, nämlich durch die Teilnahme der Einzelstaaten an der Herstellung des Gesamtwillens, begrifflich bestimmt. Die Gliedstaaten sind nicht einem von ihnen verschiedenen physischen Herrn,

1) In der Literatur des Reichsstaatsrechts wird fast durchweg angenommen, dass die Reichsgewalt unmittelbar die Individuen beherrsche, ja es wird gerade darin die bundesstaatliche Natur des Reichs gesehen; aber es fehlt stets an dem Nachweise, wie diese unmittelbare Herrschaft, d. h. der staatliche Gehorsamszwang, verwirklicht wird. Dass die Reichsgesetze keiner Verkündigung durch die Einzelstaaten bedürfen, kommt hierbei nicht in Betracht, sondern nur wer sie handhabt und ihnen Gehorsam verschafft. Dasselbe gilt von der Gerichtsbarkeit des Reichs; die Reichsgerichte können Urteile sprechen, aber sie nicht vollstrecken: die Strafvollstreckung und die Vollstreckung der Civilurteile erfolgt durch die Staatsgewalt der Einzelstaaten, die Verkehrsanstalten (Post u. s. w.) üben überhaupt keine Herrschaftsrechte aus. In der Marine beruht die Zwangsgewalt des Reichs nicht auf der Untertanschaft, sondern auf dem besonderen militärischen Dienstverhältnis; ebenso die Gewalt über die Reichsbeamten auf dem Staatsdienstverhältnis derselben. Es bleiben also nur einige fragmentarische Vorbehalte übrig für den Fall aussergewöhnlicher Ereignisse (grosser Epidemien, Seuchen u. s. w.) und auch nur für den Fall, dass die Einzelstaatsgewalt nicht genügen sollte. Wenngleich daher das Reich innerhalb seiner Zuständigkeit Gesetzes-, Urteils- und Verwaltungsbefehle erlassen kann, welche keiner Bestätigung der Einzelstaaten zu ihrer Rechtswirksamkeit bedürfen, so ist doch die Befolgung dieser Befehle seitens der Untertanen regelmässig nur durch Vermittlung der Einzelstaaten und der ihnen zustehenden Zwangsgewalt gesichert. Das Reich kann die Einzelstaaten zur Ausübung dieser Funktion anhalten, nötigenfalls durch die Bundesexekution, und in diesem Falle, wenn er jemals eintreten sollte, diese Funktion anstelle des Einzelstaates selbst ausüben. Durch diese Erörterung wird keineswegs die selbständige Staatsgewalt des Reichs verneint; auch die mittelbare Beherrschung ist Staatsgewalt, wie auf dem Gebiet des Privatrechts mittelbarer Besitz Sachherrschaft ist.

sondern einer ideellen Person, deren Substrat sie selbst sind, staatlich untergeordnet.

§ 3. Die rechtliche Natur des Reichs. Nach Feststellung der allgemeinen Begriffe des Staatenbundes und Bundesstaates als einer Unterart des Staatenstaates ist nunmehr die Frage zu erörtern, welchem dieser beiden Begriffe das Deutsche Reich unterzuordnen ist, mit anderen Worten: ob das Reich eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein (völkerrechtliches) Rechtsverhältnis unter den Deutschen Staaten ist? Massgebend für die Beantwortung dieser Frage sind nicht Umfang und Wichtigkeit der vom Reich gehandhabten Befugnisse, sondern die rechtliche Una bhängigkeit der dem Reiche zustehenden Willens- und Rechtssphäre von derjenigen der Einzelstaaten.

Diese Selbständigkeit ergibt sich aus Folgendem:

1. Entscheidend ist die Bestimmung in Art. 78 der RV., wonach Veränderungen der Reichsverfassung mit Einschluss der Anordnungen derselben über die Kompetenz des Reiches durch ein Reichsgesetz getroffen werden können. Hiernach ist die Kompetenz des Reiches nicht nur in dem weiten, alle Gebiete des Staatslebens ohne Ausnahme berührenden Umfange, welchen die gegenwärtigen im Art. 4 der RV. enthaltenen Sätze ergeben, festgestellt, sondern sie ist überhaupt nicht definitiv fixiert; es ist vielmehr dem Reiche die rechtliche Befugnis gegeben, durch Majoritätsbeschluss seine Kompetenz schrankenlos auszudehnen, soweit nur der Bereich seiner physischen Macht und seines vernunftgemässen Wollens reicht. Dass die dazu erforderliche Majorität eine verstärkte ist, wirkt politisch als eine Sicherung; rechtlich kommt es nur darauf an, dass nicht Einstimmigkeit der Bundesstaaten erfordert ist. Dass der einzelne Staat in der Minderheit bleiben kann, dass er verfassungsgemäss verpflichtet ist, die Einwirkung des Reiches auf solche Hoheitsrechte zu dulden, die bei der Gründung des Reiches demselben nicht zugewiesen worden sind, selbst wenn er dieser Ausdehnung seinen Widerspruch entgegensetzt, das macht ihn zum Objekt eines höheren Willens. Nicht nur materiell ist eine Kompetenz - Erweiterung des Reiches von dem Erfordernis der Einstimmigkeit frei, auch formell erfolgt dieselbe nicht durch einen Vertrag, sondern durch ein Gesetz, nicht in der Gestalt der Betätigung oder Ausübung des Willens der Einzelstaaten, sondern in der Gestalt einer sie bindenden Rechtsnorm, der Betätigung eines über ihnen stehenden Herrscherwillens. Es ist eine unabweisbare Konsequenz aus Art. 78, dass die gesamte Rechtssphäre der Einzelstaaten zur Disposition des verfassungsmässig erklärten Willens des! Reiches steht. Durch diesen Satz aber ist die Souveränetät, das ausschliessliche Selbstbestimmungsrecht, der Einzelstaaten verneint und die Souveränetät des Reiches anerkannt1).

1) Sehr richtig sagt Hänel, Studien I. S. 240, dass das Reich ausschliesslich souverän ist, denn mit der souveränen Bestimmung seiner eigenen Kompetenz bestimmt es in endgültiger entscheidender Weise über den Umfang der Kompetenz der Einzelstaaten, die um deswillen souverän nicht sein können. Damit ist das Reich eine Potenz über den Einzelstaaten auch in der Rechtssphäre, welche nach Massgabe

2. Im Zusammenhange hiermit steht der im Art. 2 der RV. ausgesprochene Grundsatz, dass die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Es ist dies eine logische Konsequenz davon, dass 7 das Reich die souveräne, d. i. höchste Gewalt besitzt, da das vom Reich erlassene Gesetz im Verhältnis zum Landesgesetz als der Befehl einer höheren Macht sich qualifiziert. Aber die verfassungsmässige Anerkennung dieses Satzes ist andererseits auch ein Symptom, aus welchem sich auf die Natur des Reiches und auf das durch dieselbe gegebene Verhältnis zwischen Reich und Einzelstaat ein Rückschluss gewinnen lässt. In einem Staatenbund kann es keine höhere Autorität geben als die des Landesgesetzes; die sogenannten Bundesgesetze sind übereinstimmende, materiell gleiche, Landesgesetze; sie gelten in jedem zum Bunde gehörigen Staate kraft partikulärer Sanktion und deshalb gehen die Einführungsgesetze der Einzelstaaten oder spätere Landesgesetze den von den Bundesorganen vereinbarten Gesetzen vor). Dies war beispielsweise der Fall hinsichtlich der Wechsel-Ordnung und des Handels-Gesetzbuchs vor der Erklärung dieser Gesetze zu Gesetzen des Norddeutschen Bundes und deutschen Reiches. Der Vorrang der Landesgesetzgebung vor den Bundesbeschlüssen ist ein untrügliches Kennzeichen dafür, dass das Bundesverhältnis ein vertragsmässiges, völkerrechtliches ist. Ebenso ist umgekehrt der unbedingte Vorrang der Reichgesetze vor den Landesgesetzen, wie ihn die Reichsverfassung feststellt, die Negation der Souveränetät der Einzelstaaten, die Anerkennung einer über ihnen stehenden, sie rechtlich verpflichtenden Herrschermacht.

3. Das Reich hat zur Herstellung seines Willens eigene Organe, welche nicht eine Vereinigung der Willensorgane der Einzelstaaten und ebensowenig gemeinschaftliche Organe der Regierungen und Bevölkerungen der Einzelstaaten sind. Ein Beschluss des Bundesrats kann nicht vertreten oder ersetzt werden durch einen Austausch von übereinstimmenden Erklärungen sämtlicher Einzelstaats-Regierungen; ein Beschluss des Reichstages kann nicht vertreten. oder ersetzt werden durch übereinstimmende Beschlüsse sämtlicher Landtage der Einzelstaaten. Ein in allen deutschen Staaten mit gleichem Wortlaut erlassenes Gesetz wird dadurch, dass diese Staaten untereinander übereinkommen, nur unter allseitiger Zustimmung dasselbe zu verändern oder aufzuheben, noch kein Reichsgesetz; es kann wie alle anderen Landesgesetze durch ein Reichsgesetz, welches nur mit der verfassungsmässigen Bundesrats-Majorität beschlossen worden ist, in allen Staaten beseitigt werden. Andererseits kann ein Reichsgesetz dadurch nicht weggeschafft werden, dass sämtliche Staaten seine Aufhebung beschliessen, falls der Reichstag in die Aufhebung nicht einwilligt 2). der bestehenden Bestimmungen der Verfassung ihrer Selbständigkeit und ihrer Wirksamkeit nach der Weise von Staaten anheimfällt". Vgl. auch die treffenden Bemerkungen von Zorn, I. S. 76 ff. u. Hänel, Staatsrecht I. S. 796 ff. Uebereinstimmend auch Anschütz S. 513.

1) Unberührt hiervon bleibt natürlich die Frage, ob ein Staat durch Abänderung oder Nichtverkündigung der vereinbarten Gesetze eine Verletzung des Bundesvertrages sich zu Schulden kommen lässt oder nicht.

2) Daher steht die, bisweilen zum Ausdruck gekommene Ansicht, siehe besonders v. Jagemann, Reichsverf. S. 30, dass die deutschen Landesherren durch eine Ueber

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