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fessuren zu vermehren. Blieben doch oft die statutarisch bestimmten Lectionen längere Zeit hindurch unbesetzt. Das änderte sich als gegen Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Universität mehr in Aufnahme kam. Man fühlte das Bedürfniß, die Zahl der Professoren zu vermehren, aber es standen zwei Hindernisse entgegen: 1) Es waren blos Gehalte für 2 Lehrer in jeder höheren Facultät ausgeworfen; 2) die Mitglieder des akademischen Senats fürchteten, daß, wenn die Zahl der Professoren sich mehre, sich ihre Emolumente vermindern würden. Man suchte daher dem Bedürfniß abzuhelfen dadurch, daß man hie und da geringer besoldete Professoren als außerstatutarische (extraordinarii) anstellte. Der Geschichtsschreiber der Universität Daniel Heinrich Arnoldt führt als ersten Extraordinarius in der Ju ristenfacultät auf: Abraham Culvensis († 1546), aber die Nachrichten über ihn sind so unzureichend, daß sich über seine Stellung zur Facultät und Universität kein sicheres Urtheil fällen läßt, wie denn auch Arnoldt selbst sich zweifelnd ausdrückt: „Er muß aber nur extraordinarie profitirt haben." Wenn dagegen am 18. August 1580 an die Akademie der Befehl erging, dem D. Hiros nymus von Stein eine Stunde anzuweisen, darinnen er die Rechte extraordinarie lehren könne, so scheint zwar das extraordinarie noch mit einer Reminiscenz an die alten extraordinariae lectiones gebraucht zu sein, that sächlich aber hat es wohl schon die neue Bedeutung, die auch bei den andern Facultäten ziemlich gleichzeitig (bei der theologischen 1608) sich nachweisen läßt.

Das Verhältniß dieser außerordentlichen Professoren zur Facultät und Universität war ein sehr unklares, und gerade darin lag die Veranlassung, daß die Juristenfacultät

sich entschloß, Statuten zu entwerfen, durch diese die außer statutarische dritte Professur zu einer statutarischen (ordentlichen) zu machen und überhaupt die Verhältnisse der Facultät zu regeln. Dies geschah im Jahre 1616; am 17. August wurden die Statuten der Juristenfacultät von dem Rector und dem Universitätssenat bestätigt, man glaubte keiner höheren Genehmigung zu bedürfen, da vermöge des Krakauischen Privilegiums, welches 1560 König Sigismund August von Polen der Universität verliehen hatte, dieselbe das Recht besaß, sich selbst Geseze zu geben.

In dem Eingang heißt es: die Juristenfacultät sei bisher lediglich von den Universitätsstatuten abhängig gewesen und habe wenig Kraft erlangt; die Nutritoren hätten aber endlich eine dritte Professur extra ordinem errichtet, daher die Facultät gewachsen und gekräftigt, beschlossen habe, Statuten zu entwerfen. Im zweiten Capitel: De professoribus iuris ordinariis wird dann ausführlich auseinandergesezt, wie man unzeitgemäße Einrichtungen nicht halten könne und es daher nöthig sei, die alte Saßung, daß nur 2 Professuren der Rechte bestehen sollten, fallen zu lassen, dagegen zu bestimmen: binis illis ordinariis adiungendum esse tertium ordinarium. Doch solle dieser Tertius weder in dem Senat fizen, noch die Emolumente der Senatoren genießen, außer wenn er etwa zum Syndikus gewählt werde, auch solle er mit der Besoldung, welche bisher dem Extraordinarius aus der fürstlichen Kammer angewiesen, so lange zufrieden sein, bis der Kurfürst sie erhöhen werde.

Weiter begegnen wir den uns schon bekannten Adjuncten, die offenbar nach den neueren Wittenberger und anderen Facultätseinrichtungen eingesetzt sind. Um die Anzahl der

Mitglieder zu vergrößern, die Promotionen und Responsa schneller zu fördern" darf die Facultät 2 Doctoren ,,cooptiren." Dies geschieht vermittelst Wahl durch die vorhandenen Facultätsglieder. Ist sie erfolgt, so unterschreiben die adiuneti die Statuten, bezahlen 2 Thaler, müssen den Sizungen der Facultät in Spruchsachen und bei Promotionen beiwohnen, sollen einmal im Jahre disputiren, erfreuen sich des Rechts öffentliche Vorlesungen zu halten, genießen einen Theil von den Facultätseinnahmen und haben eine Anwartschaft auf die Verleihung erledigter ordentlicher Professuren. Der Decan der Facultät wird sowohl aus den Ordinarien, als aus den Adjuncten gewählt. In den Senat der Universität aber gehören jedenfalls die Adjuncten gleich dem dritten Ordinarius nicht.

Ein weiteres Capitel der Statuten handelt: De professoribus extraordinariis. Es sind dies meines Wissens die ersten deutschen Facultätsstatuten, welche dem Verhältniß der Extraordinarien Aufmerksamkeit schenken und dasselbe auf eine später auch von andern Universitäten nachgeahmte Weise ordnen.

,,Wenn Jemand extra ordinem" heißt es,,,auf dieser Akademie das Recht lehren will, unentgeltlich oder nachdem er vom Fürsten ein,,Stipendium extraordinarium" erlangt hat, der mag wissen, daß er nicht admittirt werden kann, außer wenn es ihm von dem Decan und der Facultät gestattet wird. Die Facultät aber darf nicht leicht Jemand zu einer Professur, wenn auch nur einer außerodentlichen, zulassen, der nicht zuvor den Doctorgrad auf dieser oder auf einer anderen Akademie erlangt und den Eid öffentlicher Professoren, soweit derselbe`sich auf Extraordinarien beziehen kann, geleistet hat. Ist

Jemand angenommen, so sollen ihm außerordentliche Stunden angewiesen werden, in denen er über eine den Studenten nüßliche, von der Facultät gebilligte Materie lesen kann; zugleich soll er für die Inscription unter die Ertraordinarien der Facultät einen ungarischen Ducaten zahlen und mindestens im Jahre zwei Mal an außerordentlichen Tagen disputiren. Solchem Inscribirten steht vor anderen Doctores das Recht zu, schon jezt Vorlesungen und Disputationen, selbst öffentliche, zu halten, in Zukunft aber zu verlangen, wenn eine Stelle aufgeht, der Facultät adjungirt zu werden oder eine andere frei gewordene Stelle zu erhalten, wenn er dazu tauglich ist zc."

Dieses Capitel umfaßt die ganze Geschichte des Ertraordinariats in kurzen Worten. Zuerst die Erinnerung an die alten extraordinariae lectiones in der Bestim mung, daß ein Ertraordinarius nur zu außeror dentlichen Stunden lesen und an außerordentlichen Tagen disputiren soll. Dann zeigt sich das Wort in seiner neueren Bedeutung: der Professor extraordinarius profitirt extra ordinem d. h. neben den statutarischen ordentlichen Professoren entweder ohne Gehalt, oder mit einem außerordentlichen d. h. außeretatsmäßigen Gehalt. Zuletzt aber erhält der Ausdruck einen neuen, für die Zukunft sehr wichtigen Inhalt: der außerordentliche Professor ist als solcher nicht Mitglied der Facultät, er kann derselben wohl adjungirt werden, dies geschieht aber blos, wenn eine der beiden Adjunktenstellen frei ist.

Neben ordentlichen Professoren, Adjuncten und außer ordentlichen Professoren kennen unsere Statuten auch noch eigentliche Privatdocenten. Dieselben sind wohl den neueren Statuten der Artistenfacultät entlehnt, aber bei

einer höheren Facultät die ersten, die ich in Deutschland finde. Sie werden bezeichnet als Docentes

,

qui

cum professores non sint, gradum tamen doctoris legitime sunt adepti; haben nach dem praestanda prästirt, das Recht privatim Vorlesungen zu halten, wie zu disputiren und wenn sie es öffentlich thun wollen, dem Dekan Anzeige zu machen,,ut debito modo inter Professores extraordinarios ex Falcultatis consensu referantur."

Da in der ersten Zeit nach Festellung der Statuten selten mehr als zwei Ertraordinarien vorhanden gewesen. sein mögen, saßen diese als Adjunkten regelmäßig in der Facultät. Wohl ist zu bemerken, daß leztere das Recht außerordentliche Professoren zuzulassen sich gewahrt hatte und daß der Uebergang vom Privatdocenten zum extraordinarius nicht schwierig gewesen zu sein scheint. Aber bald benutte die Staatsgewalt das Proteusartige Wort zur Erreichung ihrer Zwecke, indem sie auf die eine der Bedeutungen desselben: öffentlicher Lehrer der vom Fürsten mit außeretatsmäßiger Besoldung beliehen ist, den Nachdruck legte. Zur Verabfassung unserer Statuten hatte neben den schon vorhin erwähnten Umständen auch ein Streit über das „ius praesentandi professores" Veranlassung gegeben, der bei Gelegenheit der Besetzung einiger Lehrstühle in der theologischen und juristischen Facultät zwischen dem Landesherrn und der Universität entstanden, und von dem König Sigismund III. von Polen am 10. Juli 1616 zu Gunsten der Universität dahin entschieden war, daß auf Grund des der Universität verliehenen Krakauischen Privilegs die Academie,,ihres Rechts in Präsentirung der Professoren sich ungehindert zu bedienen, der Kurfürst aber die von ihr

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