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können und daß es nicht geschah, ist uns ein Zeichen, daß wir gerade in dieser Beziehung dort den Anknüpfungspunkt des modernen Instituts nicht zu suchen haben. Dagegen lassen sich die Uebergänge von dem Alten zum Neuen gewahren auf einer anderen protestantischen Universität: in Tübingen.

Dort war die juristische Facultät in der vorreformatorischen Zeit besonders vollzählig nnd hatte verfassungsgemäß 6 ständige Lecturen: 3 Canonistische und 3 Civi listische. Der zweite Canonist hatte die lectura extraordinaria decretalium (d. h. das 4. und 5. Buch des liber Extra) während die ersten Bücher als ordinaria lectio dem 1. Canonisten zufielen und der dritte Canonist iura nova d. h. liber Vitus und Clementinen ordinarie las. Ebenso hatte der erste Civilist die ordinaria lectio des Dig. uetus, ein anderer die extraordinaria lectio im Infortiatum und Digestum nouum, ein dritter die ordinaria lectio der Institutionen. Die ordentlichen Lectionen wurden in einer Morgenstunde, die außerordentlichen in einer Nachmittagsstunde gehalten. Nachdem im Lauf der Zeit sich der Lehrplan verändert hatte, wurde in der am 3. November 1536 nach Berathung mit Melanthon publicirten Ordnung der Universität an der Zahl von 6 Professoren für die juristische Facultät festgehalten, der erste Ordinarius sollte kanonisches Recht, vorzugsweise die prozeßualischen Bücher lesen, der zweite in iure ciuili, der dritte Institutionen, der vierte ebenfalls in iure civili. Was die beiden andern lesen sollten,,,habe der Universität gemeiner Nath nach Erforderung und Gelegenheit der Schüler anzuordnen.“. Diese beiden andern, wurden jedenfalls wie bisher extraordinarii genannt, aber wir stehen hier auf der Gränze

der deutschen Universitäten.

UNIVERSITY

des Uebergangs der alten Bedeutung von professor traordinarius zu einer neuen. Es soll,,nach Erfordern und Gelegenheit der Schüler angeordnet werden, was zu lesen sei,“ also auch, ob zu lesen sei, mit anderen Worten, die Stellen waren wirklich außerordentliche geworden, die beseht sein konnten, oder auch nicht. In dieser Bedeutung ging der Titel professor extraordinarius auch in die anderen Facultäten über: 1552 wird neben 3 ordentlichen Professoren der Theologie auch ein außerordentlicher Professor erwähnt, der nach Tholuck Mitglied der Facultät war. Dagegen ist es aus Strauß's Biographie bekannt, daß der unglückliche Dichter Nicodemus Frischlin, 1568 zum professor poetices et historiarum ernannt, Jahre lang sich vergeblich abmühte, Siß und Stimme in der Artistenfacultät zu erlangen.

Etwas später als in Tübingen und in einigermaßen abweichender Bedeutung, entwickelte sich das Institut der Extraordinarien auf andern protestantischen Universitäten. In Rostock wurde 1574 Jacob Bording zum außerordentlichen Professor des Feudalrechts ernannt, 1580 fin= det sich daselbst in der Juristenfacultät ein außerordentl. Prof. Godelmann. In Greifswald wurde 1578 Petrus Frobesius Professor iussu et stipendio extraordinario principis", 1585 ist Albrecht Wackenit extraordinarius iuridicae facultatis assessor, im Jahr 1609 hat die Greifswalder theologische Facultät einen, die juristische, neben 3 statutarisch vorgeschriebenen Ordinarien, 3 Ertraordinarien. Ueberall tritt das ,,außerordentl. Prof." entschiedener in der Bedeutung von.,,außeretatsmäßiger Prof." auf. Gewöhnlich wurden die ordentl. Profef= soren aus der Universitätskasse, die außerordentl. aus der fürstlichen Kammer besoldet. In den Facultäten scheinen

lettere noch berechtigt gewesen zu sein, nicht überall dagegen in den Senaten der Universitäten. Am Eigenthümlichsten und für die weitere histerische Entwicklung am Einflußreichsten gestalteten sich die Verhältnisse im Anschluß an die Tübinger Einrichtung in Königsberg. Wir wissen, daß Herzog Albrecht mit Tübinger Theologen in Verbindung stand, daß in den Streitigkeiten über die Osiandrische Rechtfertigungslehre Tübinger Theologen das erste Responsum und Vergleichsvorschläge gaben, daß sogar der Tübinger Kanzler Beurlin mit einem Tübinger Magister sich persönlich nach Königsberg begab, um den vergeblichen Versuch zu machen, die erbitterten Kämpen zu versöhnen. Bei so nahem Verkehr der Universitäten ist es nicht zu verwundern, daß während bei der Gründung Königsberg's vorzugsweise die Wittenberger Einrichtungen zum Muster genommen waren, bei der Revision der Statuten im Jahr 1557 neben den Wittenberger auch die Tübinger Sahungen mit zu Rathe gezogen wurden und, was noch wichtiger ist, auch später, sobald Mängel und Lücken sich zeigten, jene beiden Universitäten als die Vorbilder der Hochschule galten.

Ich will nun, da mein Gegenstand darauf führt, einen Blick auf die Geschichte der Königsberger Facultä ten werfen.

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Christoph Jonas aus Königsberg, der erste und längere Zeit einzige juristische Professor der neuen Academie, welcher 1529 nach Wittenberg gekommen, zuleßt als Mr. artium neben seinen artistischen Lectionen nach damaliger Sitte auch juristische Privatvorlesungen gehalten und advokatorische Praris betrieben hatte, bis er auf Melanthons warme Empfehlung nach Königsberg berufen Italien bereiste und zum D. I. V. promovirt wurde,

nennt die neue Universität nicht mit Unrecht ein Filial der Wittenbergischen: er selbst hat das Seine dazu beigetragen, ihre Einrichtungen denen von Wittenberg ähn lich zu machen. Von eigentlicher Facultätenverfassung freilich konnte zunächst noch nicht die Rede sein. In der Stiftungsurkunde der Akademie vom 20. Juli 1544 ist nur erwähnt, daß außer den Artisten Lectoren der Kir chenlehre, des Civilrechts und der Heilkunde angestellt werden sollen. In den Constitutiones academiae Regiomontanae v. 1546 dagegen, wo für die Lectores häufig die Ausdrücke publici lectores, professores und publici professores vorkommen, wird schon bestimmt, die singulae professiones d. h. die Facultäten sollen Dekane haben. Der Senat der Academie besteht aus allen Professoren der oberen Facultäten nebst dem Dekan der Artistenfacultät und 4 Mri, „qui in academia publicos artium professores agunt." Für die höheren Facultäten sind 2 Lecturen geordnet; bei den Juristen ein Lector der Institutionen, der Vormittags und einer der Pandekten oder des Coder, der Nachmittags lesen soll. Aehnliche Bestimmungen enthalten die Statuta academiae Regiomontanae v. 3. 4554. Nur erschen wir aus diesen, daß das Institut der Doctores resp. Mri. cooptati auch in Königsberg Eingang gefunden hat. Das 20. Capitel der Statuten verordnet: Auswärts Promovirte, welche in die Universität eintreten wollen, müssen sich unter die Zahl der Promovirten der betreffenden Facultäten aufnehmen lassen. Dem Aufgenommenen wird durch Beschluß der Facultät sein Plat angewiesen, die nicht Recipirten zählen zu den Schülern. Von den Rechten dieser Doctoren resp. Magister schweigen die Statuten; der Universität gegenüber hatten sie

feine, denn der Senat besteht in seiner alten Zusammensetzung und der Rector wird aus den Professoren und nur außerordentlicherweise aus den auf der Universität studirenden Baronen, Grafen, Herzogen und Fürsten gewählt, welchenfalls ein Prorector ernannt werden muß. Es scheint aber als ob die Rechte der cooptirten Facultätsmitglieder hier schon früher als anderwärts beschränkt und zu Grunde gegangen wären. Die älteren Statuten der Artistenfacultät - wahrscheinlich kurz nach Stiftung der Universität verabfaßt seben fest, das Collegium folle aus 12 Mitgliedern bestehen; da hierzu aber die besoldeten Pofessoren (8 an Zahl) nicht ausreichen, sollten „,reliqui ex ordine Magistrorum referente Decano de consensu facultatis" recipirt werden und alle Rechte der Professoren haben. Dagegen enthalten die neueren Statuten der Artistenfacultät aus dem Ende des 16. Jahrhunderts die Bestimmung: Concilium' facultatis artium ex solis professoribus publicis stipendiis ad docendum conductis convocabitur. Doch hat die Facultät das Recht ,,viros honestos in numerum Collegii Philosophici adsciscere", allein die Recipirten haben nur die Befugniß privatim praelegendi, habendi discipulos et prae caeteris expetendi publicos functiones in hac schola, si quando locus vacarit. Also schon moderne Privatdocenten nur mit etwas mehr Recht als die heutigen, da ihnen eine Anwartschaft auf erledigte Professuren gewährt ist.

In den drei obern Facultäten blieben die statutarisch festgesezten beiden Lecturen bestehen. Die geringe Fre quenz der Universität und ein ziemlicher Mangel an Gelehrten die zu den Lehrämtern brauchbar waren, ließ es als unnüz und schwierig erscheinen, die Zahl der Pro

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