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Werk in seiner eigentlichen und ältesten Gestalt enthal ten, hätte daher einen ursprünglicheren Charakter getragen als die anderen uns erhaltenen Manuscripte des Buchs. Diese Annahme wird durch folgenden Umstand unterstüßt. Die HSS. des Brachylogus, welche wir jezt besigen, gehören sämmtlich dem dreizehnten Jahrhundert an, nur bei einer, der Wiener, ist es möglich, daß sie zu Ende des zwölften Jahrhunderts geschrieben ist 216). Apels HS. aber war, nach seiner Schäßung, 400 Jahre alter seht sie in die Zeit des Kaiser Lothar II. 217) würde daher der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts zuzuweisen sein. Somit wäre sie die älteste unter den HSS. des Brachylogus, von denen wir Kunde haben. Das Resultat meiner Untersuchung aber ist: Apels ältere Handschrift hat das vorglossatorische Werk in seiner ursprünglichen Gestalt gegeben, die jüngeren uns erhaltenen Handschriften sind von Schreibern aus der Glossatorenschule gefertigt, die es für gut fanden, ihre Kenntniß der Originalquellen dadurch zu ver werthen, daß sie die Titelfolge der Justinianischen Institutionen der planmäßigen Anordnung des Werks vorzogen.

Schade, daß uns die Apel'sche Handschrift des Brachylogus verloren gegangen ist! Denn das noch heutzutage in der Kgl. Bibliothek zu Königsberg befindliche Manuscript (MS. N. 50, ehemals Aaa. 53) kann nicht identisch mit dem von Apel benußten sein, da dasselbe die gewöhnliche, nicht die von Apel beschriebene Reihenfolge der Titel zeigt und überdem erst dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts angehört, also jünger ist, als es nach Apels Angabe sein dürfte 218).

Wir verlassen hier vorläufig Johann Apels Isa

goge und sehen uns wieder nach der Person des Verfassers um, die wir zu Nürnberg im Drang praktischer Beschäftigung doch der Wissenschaft dienend verlassen haben. Daß er bei seiner Bildung vertraulichen Umgang vorzugsweise mit den Gelehrten seiner Vaterstadt pflog, brauche ich kaum zu erwähnen. Der Freundesfreis, mit dem er in früheren Zeiten verkehrt, hatte freis lich manche Lücke zu beklagen. Der geistesfrische Eoban Hesse war damals nach Erfurt zurückgekehrt, ein anderer alter Gönner und Freund,,,der fromme" Lazarus Spengler, war gestorben 219). Allein der Probst Dominicus Schleupner, Vitus Theodorus, der Prediger und Poet Thomas Venatorius 220), und vor Allen Joachim Camerarius empfingen Apel mit alter Liebe. Zu Cas merar fühlte sich Apel besonders hingezogen: beide Männer verband ihre Neigung zu humanistischen Studien. Schon vor Jahren hatte Apel Camerar auf den Werler'schen Coder des Plautus aufmerksam gemacht und das durch den ersten Anstoß zu den bekannten Ausgaben des Dichters durch den berühmten Philologen gegeben 221). Jest hob Apel Camerar einen Sohn aus der Taufe und pflegte viel bei ihm zu sein“ 222). Auch bahnte er den Verkehr zwischen Herzog Albrecht und Camerar an, der jedoch erst später recht lebhaft und besonders für die Stiftung der Königsberger Universität bedeutungsvoll wurde 223). Noch im Sommer 1535 mußte Apel die Entfernung des gelehrten Freundes beklagen, da derselbe einen Ruf nach Tübingen folgend, Nürnberg verließ.

Dieß war für ihn um so trauriger, als um jene Zeit auch seine Gesundheitszustände sich wieder verschlimmerten. Die Hoffnung, welche er auf den wohlthätigen Einfluß der heimathlichen Luft gesezt, hatte sich nicht

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erfüllt. Nur im Anfang seines Aufenthalts in Nürnberg, fühlte er sich eine Zeit lang ganz wohl. Schon im Frühjahr 1535 war er in ein hartes Fieber gefallen, das mehrere Male repetirte 224). Im November deffelben Jahres schreibt er an Herzog Albrecht 225), er müsse das Zimmer hüthen,,,da ihm ein flus, mit züchten zu schreiben, in einen fus gefallen sei". Dieses Uebel scheint sich bedenklich gesteigert zu haben. Im Januar 1536 trat Besserung ein. Apel schrieb damals die obenerwähnte,,Neue Zeitung" an Herzog Albrecht. Alsbald aber folgte ein Rückfall, so daß nicht einmal die Zeitung abgesendet werden konnte. Erst am 15. Februar 1536 226) konnte Apel,,im Stuhl vorm Krankenbett" wieder einen Brief an Herzog Albrecht dictiren, worin es heißt: „Als ich nach Ausgang acht ganzer Wochen mich wiederum aus dem Haus begab. . . . bin ich aus Verhängniß des Almächtigen wieder krank gewesen, also daß ich mit eigener Hand nicht schreiben kann". Diesem Brief wurde die,,Neue Zeitung" aus dem Januar beigelegt und ein Zusah gemacht (19. Febr.), worin Apel schreiben läßt, er habe jezt drei Aerzte. Noch einmal (Donnerstags nach Oculi 1536 227) dictirte Apel für seinen hohen Gönner,,Neue Zeitung" und schließt mit der Nachricht, er sei noch immer krank; zu Gottes Barmherzigkeit vertraue er Besserung.

Die Antwort des Herzogs 228) auf diese beiden Briefe kennzeichnet dessen liebenswürdigen Charakter: Apel's Krankheit gehe ihm so zu Herzen, schreibt der Fürst, als ob sie ihn selbst betroffen hätte; er flehe zu Gott um Genesung.

Apel sollte die Freude nicht mehr haben, diese Worte zu lesen. Er starb am 27. April 1536 in einem Alter

von 50 Jahren. Auf dem Rochuskirchhof zu Nürnberg liegt er bestattet 229). Sein Grabstein trägt die Innschrift:

Francia me sensit testem pietatis Apellum;

Per me quod leges arte loquuntur habent. Prussia post primum me summo duxit honore; Nunc mea, qui patris, contegit ossa lapis 230). Melanthon betrauert Apel's Tod in einem Brief an Vitus Theodorus mit kurzen Worten 231). Camerar aber schreibt an Eoban Hesse 232): „Täglich fast trifft mich harter Seelenschmerz. Ermesse Du selbst was für Verluste mir mit der Nachricht vom Tode Christoph Colers und bald darauf Apel's angekündigt wurden; der Männer von denen der Eine auf jede Weise und mit höchstem Eifer mich zu ehren bestrebt war, der andere mich fast wunderbar liebte. Und keiner von beiden stand irgendwem an Frömmigkeit, Tugend, Weisheit und humanistischer Bildung nach". Noch in einem anderen Brief, an Vitus Werler, gedenkt Camerar seines „Gevatter Apel, der vor Kurzem, von seiner Vaterstadt und seinen Freunden auf's Höchste betrauert, verschieden ist“ 233).

Zur Erbin hatte Johann Apel seine Wittwe eingesezt. Dominicus Schleupner war Testamentserekutor und kam so in den Besitz der Papiere Apel's 234). Von der Wittwe aber schreibt Herzog Albrecht am 25. Juli 1536 an seinen damals in Nürnberg befindlichen Secretair Hieronymus Schürftab 235):,,Was etwann vnnsers Cannzlers Raths vnnd liebenn getreuen Johann Apeln Doctor 2c. hausfrauenn vnnd das dieselb gar verarmut, Auch was sie gehapt schier alles anwordenn hat, betrifft, Ist vnns warlich leidt. Wie woll wir genugsam vrsach der weldt nach Ir solchs zu gonnen, doch seint wir vmb

seinet willen der guttickeit vnd woltat der vonn Nurembergk, so sie gegen Jre person vmb Jres herrn vnnd mannes seligen willen zuerzeigen vorhaben, erfreulich. Got gebe das sie sich (wie denn das elendt solchs woll lernenn thut) erkenne".

Johann Apel's Isagoge war noch nicht gedruckt. Das Manuscript kam also mit Apel's Papieren in die Hände von Dominicus Schleupner. Ein Landsmann desselben, Erasmus Poherl aus Breslau, nahm Abschrift davon, brachte dieselbe in seine Vaterstadt und gab sie dem Drucker Andres Vincler (Winkler). Dieser schickte sie an Johann Lange, damals Kanzler des Bischofs Balthasar Promniß zu Neisse 236). Lange verbesserte die Fehler des Schreibers und rieth Vincler, das Werk zu drucken, dasselbe sei sehr werthvoll und gereiche dem Verfasser zur hohen Ehre. Vincler befolgte diesen Rath, im Jahr 1540 verließ Johann Apel's Isagoge die Presse 237).

So fingen denn die beiden Werke Apel's eigentlich erst nach dem Tod ihres Urhebers an zu wirken. Daß fie wirkten und nicht unbeachtet blieben, dafür zeugen theils die mehrfach wiederholten Abdrücke derselben, theils der Umstand, daß um die dreißiger und vierziger Jahre des sechszehnten Jahrhunderts in der That die Anfänge einer Umgestaltung der Lehrmethode auf den Cathedern sich zeigten. Besonders in Wittenberg scheinen Freunde und Schüler Apel's dessen Methode eingehalten zu haben. Im Jahr 1538 erließ Kurfürst Johann Friedrich an die Universität Wittenberg ein umfangreiches die Regulirung der Studien betreffendes Rescript 238), worin es unter

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