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unternommen hätte. Die Pfingstwoche war ruhig verlaufen als Montags nach dem Trinitatisfeste (1. Juni) Nachmittags der bischöfliche Fiskal Caspar Pfister Apel und Fischer, die nebst ihrem Freund Jacob Fuchs dem Jüngeren und anderen Räthen auf der Kanzlei arbeiteten, herausrief, sie verhaftete und durch die bereit stehenden Stadtknechte unter Zusammenlauf des Volks über öffentliche Pläße und Straßen nach dem Frauenberg abführen ließ 46). Hier wurden sie,,in den Grund eines tiefen Thurms geworfen" 47).

Während dieses vorging hatte Jacob Fuchs der Jüngere die Kanzlei verlassen, war nach Fischers Wohnung geeilt, wo er dessen Fräulein" von dem Geschehenen in Kenntniß seßte. Schnell begab sich Lettere auf einem heimlichen Verbindungsweg nach Apels Hof. Mit kurzen Worten beredete sie die ehemalige Nonne zur Flucht und als der Fiskal vom Frauenberg zurückkehrend an Fischers Haus kam, bemerkte er nur noch den sich entfernenden Fuchs, drinnen fand er das leere Nest. Jacob Fuchs fiel in Ungnade bei dem Bischof, wurde vor dem Kapitel verklagt, fand es aber für gut, durch Entfernung sich weiterer Verfolgung zu entziehen. Er lebte mehrere Jahre bei Verwandten, bis er 1526 auf seine Präbende resignirte 48).

Auch Jacob Fuchs der Aeltere, welcher für gewöhnlich in Bamberg, wo er ebenfalls ein Canonicat hatte, sich aufhielt, war den Doctoren,,anhängig". Eben damals war er nach Würzburg gekommen und da er zu Gunsten von Apel und Fischer sprach, sette ihn der Bischof in Anklagezustand. Fuchs erklärte vor dem Capitel, er wolle schriftlich antworten. Am 10. Juni gab er eine längere (später auch gedruckte) Schrift über das

ehelose Leben der Geistlichen ein. Er rieth dem Bischof, der Sache wol und ernstlich nachzudenken, die beiden Gefangenen aber auf freien Fuß zu sehen. Dieß hatte keinen Erfolg. Vielmehr merkte Fuchs, daß es sicherer sei, sich nach Bamberg zurückzuziehen, wo er später auf seine Canonicate verzichtete und heirathete. 49)

In Nürnberg war die Verwandtschaft Apels durch die Nachricht von seiner Einkerkerung in große Aufregung versezt. Besonders scheint der Bruder Apels, Nicolaus, sich der Sache angenommen und die nun darzustellenden Verhandlungen energisch betrieben zu haben.50)

Kaiser Karl V. befand sich damals in Spanien; sein Bruder, Erzherzog Ferdinand war Reichsstatthalter ; das Reichsregiment hatte seinen Siß in Nürnberg. An dieses wendeten sich nun Apels,,Muter, brüder, schwester, Schwäger vnd andere Freund" mit einer Supplication, worin sie den Hergang erzählen und sich auf den Beschluß des Reichstags zu Nürnberg vom 6. März 1523 berufen, wonach es rücksichtlich der Personen geistlichen Standes,,,wo sich die wurden verheiraten bety der straffe der Geystlichen recht, nemlich verwürkung der Geystlichen personen, priuilegien, pfründen, freyheyten vnnd anderer diser zeyt, billig bleyben sollte. Solchen Beschluß habe der Bischof von Würzburg mit faßen helfen und das Reichsregiment möge doch dafür sorgen, daß auch gegen die Gefangenen derselbe zur Anwendung gebracht und ihnen ihre Freiheit wiedergegeben werde. 51)

Schleunigst erließ das Reichsregiment ein Mandat an den Bischof. 52) Es wird ihm, da es dem Reichsabschied entgegen sei, „mit solcher scherpff und straff“ gegen Apel und Andere zu verfahren, aufgegeben, den Ersteren sofort freizulassen.

Der Bischof gehorchte nicht. Zwar hatte er die Gefangenen aus dem Thurm nehmen und in ein anständiges Gemach auf dem Frauenberg, welches vormals Bischof Lorenz v. Bibra bewohnt, bringen lassen, allein er antwortete unter dem 14. Juni dem Reichsregiment: Er habe, um ein abschreckendes Beispiel zu geben, handeln müssen, wie geschehen, und sei entschlossen nach Vorschrift der geistlichen Rechte wider die Gefangenen zu verfahren. 53)

Es erfolgte nunmehr eine sehr behutsam abgefaßte Eingabe an das Regiment nicht blos von Apels, sondern von beder verhafften personen freundschafft." Als besondere Beschwerdepunkte wider den Bischof werden hervorgehoben: Die absichtliche Publicität der Verhaftung, die anfänglich harte Haft, endlich eine unter dem Vorwand der Inventarisirung vorgenommene Haussuchung bei den Doctoren. Bei letterer seien alle ihre Schriften, unter denen auch Heimlichkeiten der Familien sich befunden, eröffnet durchgegangen und zum Theil mithinweggeschleppt worden. Wolle der Bischof nach Maßgabe des kanonischen Rechts wider die Doctoren verfahren, so fönne man das nicht hindern, einstweilen aber seien dieselben wider Recht und Billigkeit im Gefängniß. Man bitte deshalb, dem Bischof mit Nachdruck aufzugeben, daß er die Gefangenen,,frey vnn on entgeltnuß fürderlich“ ledige,,,in allen standt wieder restituire", ferner nicht strafe, ihnen auch,,jrer erlittenen schmach vnd iniurien halben, billige widerlegung" angedeihen laße. 54)

Ein nun folgendes Mandat des Reichsregiments vom 20. Juni entsprach nicht ganz dem Antrag der Imploranten, gab aber dem Bischof auf, die Verhafteten

freizulassen und deutete darauf hin, es sei wohl am Besten, sie ganz zu begnadigen. 55.)

Auch diesen Befehl respectirte der Bischof nicht, so daß die Verwandtschaft endlich auf Erlaß eines Pönalmandats antrug. 56) Diesem Petitum wurde nur in beschränkter Weise deferirt, indem das Reichsregiment unter dem 5. Juli dem Bischof auflegte, innerhalb dreier Tage die Gefangenen zu entlassen, bleibe er ungehorsam, so wisse man darauff weiter hilff vnd proceß“ gegen ihn nicht abzuschlagen. 57)

Dieses Mandat kam, wie es scheint, in Würzburg an, als schon ein Schreiben des Bischofs concipirt war, welches unter dem Datum,,Freitags nach Kiliani 1523" ausgefertigt ist. Bischof Conrad entschuldigt seine Handlungsweise dadurch, daß bei Gelegenheit der Inventarifirung der beweglichen Habe der Inhaftaten sich viele Bücher und Schriften gefunden hätten, welche den Verboten des Papstes und Kaisers,,hoch entgegen" seien. Nunmehr komme nicht sowohl der Nürnberger Reichsabschied als das Wormser Edict vom 8. (eigentlich 26.) Mai 1521 in Anwendung. 58)

Von demselben Datum, wie das ebenerwähnte, ist ein anderes Schreiben des Bischofs, welches auf das obige Mandat Bezug nimmt, also erst nach Eingang desselben concipirt ist. Darin wird ausdrücklich hervor gehoben, das Verbrechen der Doctoren sei nicht,,eine schlechte Ehenehmung", sondern sie hätten sich solcher Vergehen schuldig gemacht, die im Nürnberger Abschied nicht mitbegriffen seien, nämlich der Verachtung der Concilienschlüsse und Gebote der Kirchenväter, der Anhängigmachung an die verdampte Lutherische Lehre." Da nun Apel und Fischer als geistliche Personen der kirchlichen

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Jurisdiktion ohne Mittel unterworfen seien, stehe dem Reichsregiment kein Eingriff zu, der Bischof schreite viel mehr als iudex ordinarius vor und habe bereits den Fall Päpstlicher Heiligkeit vorgetragen, deren Bescheid zu erwarten sei. 59)

So wenig es nach diesem officiellen Schreiben den Anschein hat, als ob der Bischof geneigt sei nachzugeben, dennoch war er schon auf einen anständigen Rückzug bedacht. Aus einem Privatbrief eines Mitglieds des Reichsregiments, D. Wof von Düren (,,Thurn"), an den bischöflichen Marschall Heynz Truchses (dat. Dienstags nach Margaretha) 60) ersieht man, daß es Conrad III. nur darauf ankam, seine Autorität und seinen Ruf zu wahren, er verlangt, es möge ein Weg gefunden werden, der ihn, sobald er die Doctoren unentgeltlich freilaße, vor der üblen Nachrede sichere, er habe Unrecht gethan und nur gezwungen dasselbe wieder gut gemacht. Die Verwandtschaft der Doctoren ließ sich bewegen, dem Wunsch des Bischofs entgegenzukommen. Sie wendete sich unmittelbar an ihn mit einer seine Gnade anrufenden Bittschrift 61).

Dieß hatte den Erfolg, daß durch den bischöflichen Fiscal im Beisein mehrerer Räthe den Gefangenen eröffnet wurde, sie sollten,,vrphet thun", ihre Pfründen und Behausungen verlassen, sich aus dem Stift Würzburg begeben u. s. w.

Wahrscheinlich fürchteten Apel und Fischer, die Form der Urphede werde eine solche sein, daß darin ein Widerruf gefunden werden könne, denn sie antworteten: „Jha, sie seien Christen, denen dann das Wort Gottes zuuerthädigen gepür, auch hab sie Christus gelehrt, auch gebotten, alle ding auff Erden zuuerlassen, allein jm nach

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