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Vielleicht hatte Apel schon seit längerer Zeit ein Würzburger Canonicat, denn es geschah häufig, daß Domherrn sich zu weiterer Ausbildung auf berühmte Universitäten begaben. So ist der obengenannte Dominicus Schleupner am 7. April 1519 als Canonicus ecclesiae Vratislaviensis in die Wittenberger Matrikel eingetragen 28) und am 6. Januar desselben Jahres wurde Johannes vom Stein zum Altenstein,,Canonicus Herbipolensis" ebendaselbst inscribirt 29). Wir erkennen aus letterer Thatsache, daß zwischen der schönen Hauptstadt des Frankenlandes und Wittenberg eine gewisse Verbindung bestand. Es lassen sich dafür auch weitere Belege beibringen. Der im Sommer 1504 in Wittenberg immatrikulirte 30), 1517 ebendaselbst zum Doctor beider Rechte promovirte 31) Nicolaus Kind von Hildburghausen war Canonicus im neuen Münster zu Würzburg bis er 1525 Pfarrer und Superintendent zu Eisfeld wurde, wo er am 1. October 1549 starb 32). Außerdem finden sich zahlreiche Inscriptionen von Studenten aus der Diöcese Würzburg im Album der Universität Wittenberg. Der Zusammenhang erklärt sich dadurch, daß der seit 1495 regierende Bischof von Würzburg und Herzog zu Franken Lorenz von Bibra ein den freieren geistigen Regungen seiner Zeit sehr geneigter Mann war 33). Er nahm Luther, als dieser 1518 nach Heidelberg reiste, liebreich auf und unterredete sich mit ihm freundlich. Kurz vor seinem Tod (6. Febr. 1519) schrieb er an den Kurfürsten von Sachsen, er solle ja den frommen Mann D. Martinus nicht wegziehen lassen, denn ihm geschehe Unrecht. Der Nachfolger Lorenz von Bibra's, Conrad III. von Thüngen, war ebenfalls ein Freund und Beförderer humanistischer Bildung und

stand sogar mit Erasmus in Briefwechsel 34). Unter den Canonikern Würzburgs aber finden wir Männer, wie die beiden Fuchs, Friedrich Fischer und Johann Apel.

Friedrich Fischer war ein begeisterter Freund humanistischer Studien und vertrauter Genosse von Ulrich von Hutten. In den Jahren 1516 und 1517 hatten Jacob Fuchs der Jüngere, Friedrich Fischer und Hutten zu Bologna auf einem Zimmer gewohnt 35). Friedrich Fischer. war es, der Hutten nach dessen Rückkehr nach Deutschland die Abschrift von Laurentius Valla's Schrift über die erdichtete Schenkung Constantins anfertigte, welche Hutten zum großen Schaden des Papstthums 1517 herausgab 36). Später als Hutten, aber auch noch im Jahr 1517, vielleicht nachdem er mit Crotus Rubeanus, der als Begleiter junger Edelleute aus dem Hause Fuchs eben damals nach Italien gekommen war, zusammengetroffen, kehrte Fischer nach Würzburg zurück. Von dort ist ein von ihm am 20. Januar 1518 geschriebener, an Wilibald Pirckheimer mit welchem er durch Cochleus Vermittlung schon von Italien aus in Verbindung getreten war 37) gerichteter Brief datirt 38). Zu Anfang des Jahres 1519 scheint er zu Mainz oder Frankfurt sich aufgehalten zu haben und aus derselben Zeit ist der interessante Brief Huttens an ihn, worin derselbe seine Sehnsucht nach häuslicher Ruhe und Familienglück zu erkennen giebt 39).

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Dies ist es, was ich von dem Mann zu berichten weiß, dessen Lebensweg jest mit dem unseres Apel zusammentrifft 40).

Der ehrliche Chronist des Hochstifts Würzburg Johann Reinhard 41) berichtet unter dem Jahr 1523:

,,Zu diesen zeiten waren zwei Chor-herren zum neueni Münster, Herr Johann Apel von Nürnberg, und Herr Friedrich Fischer von Heydingsfeld bürtig, beyde Doctores, gelehrte und geschickte männer, Advocaten an allen gerichten." Wir besitzen wenn ich nicht irre noch ein Produkt dieser advokatorischen Praris von Apel und Fischer. Denn eine in der Bibliothek des Königlichen geheimen Archivs zu Königsberg i. Pr. (MS. 36) be= wahrte handschriftliche Sammlung von Formularen zu Urkunden über Rechtsgeschäfte aller Art wie sie Advokaten jener Zeit sich anzulegen pflegten - ist jeden falls zu Würzburg zu Beginn des 16. Jahrhunderts angefertigt, da Ortsbezeichnungen sowie Zeitangaben zu dieser Annahme hindrängen, ja mehrere Urkunden sind dem Archiv Archiv des Stifts zum neuen Münster entnommen und lassen so im Verein mit dem, was ich ferner zu erzälen haben werde, noch eine weitere Schlußfolgerung zu.

Bischof Conrad nahm Fischer und Apel zu Räthen und es arbeiteten dieselben täglich auf der Canzlei.,,Die beiden Doctores, berichtet Reinhard, waren mit ein ander in sonderer verwandniß, D. Apel hatte seine wo nung im hof Ollingen, D. Fischer im hof gegen der kellnerey zum neuen Münster über." Als Canoniker waren sie, obwohl sie die Priesterweihe nicht empfangen hatten 42), zum Cölibat verpflichtet. Friedrich Fischer aber hatte, wie unser Würzburger Chronist meldet,,,ein fräulein von Maynz mit ihm hieher bracht, die hielt er erstlich heimlich bey ihme." Apel folgte diesem Beispiel bald nach. Eine Nonne des Klosters St. Marr aus adeligem Geschlecht 43) hatte sein Herz gefesselt, er nahm sie ebenfalls zu sich. Wie lange diese Verhältnisse ge

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heim gehalten wurden, läßt sich nicht bestimmen. Im Frühjahr 1523 wurde die Sache durch Anstrengung von Widersachern der Doctoren ruchbar. Von Fischer namentlich wurde behauptet, er halte die Ehefrau eines Andern bei sich 44). Da war die Zeit gekommen, offen hervorzutreten. Die Doctoren,,fingen an öffentlich zu sagen, sie säßen im ehelichen stand und angezeigte fräulein wären ihre ehweiber." Eine Einsegnung der Ehen war, wie es scheint, weder bei Fischer noch bei Apel erfolgt: die beiden Juristen recurrirten auf die canonistische Lehre von den sogenannten sponsalia clandestina, wonach eine Ehe durch bloßen consensus und hinzutretende copula carnalis perfect wird. Nun entstand aber ,,ein gemein, offen geschrei in der ganzen stadt" und die Sache kam vor Bischof Conrad. Da gerade damals alle Bande kirchlichen Gehorsams zu zerreißen drohten, und namentlich Mönche und Nonnen haufenweise ihre Klöster verließen 45), mußte der Bischof einschreiten, immer aber ging er, wie wir anerkennen müssen, zunächst gelinde genug vor. Er ließ Apel auffordern, die Nonne ihrem Kloster zurückzugeben. Dieser war dazu keineswegs geneigt, entgegnete vielmehr, die Nonne sei seine Ehefrau. Darauf citirte der Bischof Apel vor sich auf den Frauenberg. Er stellte ihm vor, daß er als Bischof dem Papst zu Gehorsam verpflichtet sei und daher Apels Unternehmen nicht ungestraft hingehen lassen könne. ,,Mich wundert auch, schloß er seine Anrede, wie ihr euch das fleisch und ein wenig zeitliche lust überwinden. laffet." Apel entgegnete, nicht aus Antrieb fleischlicher Lust, sondern lediglich zur Beruhigung seines Gewissens habe er so gehandelt wie geschehen. Uebrigens bitte er seine Antwort schriftlich stellen zu dürfen. Dieß wurde

ihm gestattet. Tags darauf gab er in lateinischer Sprache eine längere „Defensio pro suo coniugio" ein. Er habe, sagt er, nicht als der Erste eine für unerlaubt geltende Ehe öffentlich eingehen wollen. Daß er heimlich mit seiner Gattin abgeschlossen, ohne Zeugen, obwohl im Beisein des Gottes Christus, deshalb könne ihn Niemand anklagen. Aber da nach Gottes Rathschluß die Sache durch Bemühung seiner Gegner ruchbar geworden sei, so dürfe er als frommer Mann und Christ nicht läugnen, möchten auch der Römische Priester und der Kaiser es aufnehmen, wie sie wollten. Letztere verwarf er als Richter in dieser Sache, da sie offenbar dem Evangelium und Christus entgegen sein würden; nur dem Gewissen des Bischofs möge er die Entscheidung überlassen.

Die weitere Ausführung zielt dahin ab, dem Bischof zum Bewußtsein zu bringen, daß, wo menschliches Recht Gottes eigener Saßung widerstreite, die lettere vorgehe. Das Cölibat aber sei wider das Naturgefeß und führe zu den schmählichsten Auswüchsen. Das unsittliche Leben. der Geistlichen wird erwähnt, von den Ordensleuten heißt es: Taceo ea, quae fiunt in monasteriis, quae pudet et audire et proloqui." Bei den meisten seiner Behauptungen stüßt sich Apel auf Schriftstellen. Gegen Ende des Schreibens sagt er:,,Glaube, verehrungswürdigster Vater in Christo, wenn der Herr David durch den Propheten Nathan gewarnt hat, oder sollte Dir der Vergleich zu anmaßend erscheinen, wenn er Balaam (sic) durch die Eselin gewarnt hat, so warnt er Dich jezt durch Apel."

Nach Eingabe dieser „Defensio“ verflossen etwa 14 Tage ohne daß der Bischof gegen die Doctoren etwas

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