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lischen Seuche mit D. Martin Pollich von Mellerstadt verwickelt war. 55)

Zu Beginn des Jahres 1506 erblicken wir Kuppener wieder im Verkehr mit Studirenden. Er giebt ihnen der Sitte der Zeit gemäß ein literarisches Neujahrsgeschenk („Encenium," quod „uulgus nouum annum appellat"), worin er ungalanter Weise, aber immerhin nicht ohne Wiz, den Studenten mit einem lasttragenden Esel vergleicht. 56) Aus derselben Zeit scheint denn auch jenes Schreiben von Studirenden an Kup pener zu sein, worin sie ihn zur Bearbeitung der Auth. habita anspornen.

Dieses berühmte, im Jahre 1158 zu Gunsten der Rechtsschule in Bologna, ihrer Lehrer und Schüler von Kaiser Friedrich I. erlassene Gesetz galt, da es von den Glossatoren zu einem Bestandtheil des Corpus iuris civilis gemacht war, auch in Deutschland als Hauptprivilegium der vom Kaiser bestätigten Hochschulen. Besonders in Leipzig hatte man bei den häufigen Juris dictionsstreitigkeiten zwischen der Universität und der Stadt Gelegenheit genug, auf die Authentica zu_recurriren; es spielte dieselbe in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts gewissermaßen eine Rolle.

Im Jahr 1463 hatte der Nath zu Leipzig einen Studenten aufhängen lassen. Darüber entstand heftiger Kampf, und da ähnliche Fälle in Erfurt vorgekommen waren, erholte man sich dort Raths. Natürlich beriefen fich die Erfurter in ihrem Gutachten auf die Auth. habita. 57) Diese wurde in Folge dessen in Leipzig häufig abgeschrieben, 58) man scheint Vorlesungen über sie ges halten zu haben aus dem Jahre 1480 wird das MS. einer Lectura super Auth. hab. erwähnt 59)

darauf folgten in den Jahren 1487, 1493 und 1494 Leipziger Drucke der Authentica (wahrscheinlich mit Commentaren) 60) und in dem,Liber Actorum et tractatuum inter Senatum et universitatem," welcher noch jezt im Universitätsarchiv zu Leipzig vorhanden ist, findet sich ein im November 1501 verfaßtes, Namens der Universität an Herzog Georg gesendetes Rechtsgutachten (,,informaciones iuris et facti") des berühmten Ordinarius D. Johann Breitenbach, ,,quod Concordia, super causis criminalibus studentium inter florentissimam universitatem ex una et praeclaram civitatem Liptzensem partibus ex altera inita ac acceptata, sit iuri et aequitati naturali conformis ac ut iusta rationabilis et aequa, omnino seruanda,“ reichlich mit Citaten aus Gesezbüchern und juristischen Werken versehen, vorzugsweise aber und fundamental sich auf Friedrichs I. Auth. habita berufend.61) Endlich wird noch eine handschriftliche Lectura super Imperatoris Friderici authent. habita von Simon de Pistorio erwähnt,62) vielleicht eine Jugendarbeit des späteren Ordinarius und Kanzlers D. Simon Pistoris (geb. 1489, † 2. Dec. 1562), eines Sohnes des mehrerwähnten gleichnamigen Mediciners.

Es war also ein zeitgemäßes und praktisches Thema, zu dessen Behandlung der ,,Studiosorum cetus" unseren Kuppener aufforderte. Dieser, eben genesend,63) ging an die Arbeit und schloß sein Werk am 28. Dec. 1506 (altera sacratissimi Johannis apostoli et evangelistae 64). Er widmete dasselbe den Herzogen Georg und Heinrich von Sachsen, seinen „,gnädigsten Herren“ und schrieb in der Dedicationsepistel: „Ich dachte darüber nach, erhabene Fürsten, wie ich aus göttlichem Verhängniß durch lange aber wohlverdiente körperliche Leiden

gebeugter Mann nichtsdestoweniger den Rest von Kraft, der mir blieb, im Dienst Ew. hohen Gnaden verwenden. möchte, damit ich, der ich mit der That bisher Euch nicht dienstbar sein konnte, doch zeigte, wie ich im Her zen und mit dem Willen keine Stunde aufgehört habe, es zu sein; aber ich fand nichts, als die Interpretation dieser Auth. habita, zu der mich überdem noch die Studenten aufgefordert hatten" 65), Ein besonderes Schreiben an,,einen Gönner", den Obermarschall Heinrich von Schleinit 66) fordert diesen auf, das Werk den Herzogen zu überreichen. In der Vorrede (Exordium) ist noch erwähnt, die Publikation geschehe auch deshalb, um dem Leser zu zeigen, daß der halbtodte Kuppener aus Gottes Gnaden wenigstens noch lebe.

Das Buch selbst beginnt mit einem Tertabdruck der Authentica, umgeben von der Glosse, dann folgt der Commentar, oder vielmehr Apparatus nach der wohlbe: bekannten Manier Italienischer Commentatoren in einzelnen längeren Abfäßen, die zunächst positive Behaup tungen weiter ausführen (Nota primo.... nota ulterius etc.), dazwischen aber die bei jeder Position entstandenen zweifelhaften Fragen lösen (Dubia und deren resolutio). Jeder Saß wird mit vielen Allegaten von Terten, aus der Glosse und den Scribenten belegt, aller eigentliche Inhalt ist diesen entnommen, auf die deutschen Verhält nisse wird höchst selten ein Seitenblick geworfen, dagegen keine Gelegenheit vorübergelassen, gemächliche Spaziergänge auch nach entfernteren Rechtsgebieten zu unternehmen. Nach Absolvirung einiger allgemeinerer Fragen, wie z. B.:,,Können Kaiser und Papst Geseze ohne Zustimmung ihrer Rathgeber erlassen?" wird von den Privilegien der Scholaren gehandelt und dabei immer

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casuistisch verfahren, z. B. der mit Steuerfreiheit privilegirte Scholar bringt in die Stadt Gegenstände, welche einem gewissen N. gehören, um die Besteuerung derselben zu umgehen, fragt sich was Rechtens? Hierauf von den Privilegien der Doctoren, ganz in derselben Weise, wie vorher. Mitunter eine Anecdote, so eine weniger bekannte von Joannes de Lignano, der, als er eines Tages auf einer Hochzeit mit einem etwas schäbigen Rock erschien und deshalb über die Achsel angesehen wurde, sich ein Prachtgewand holen ließ, dieses auf seinen Plat legte und mit den Worten sich entfernte: Ihr wolltet ein Kleid, ihr sollt es haben“. Die Doctoren werden Legisten, mitunter auch Jureconsulti genannt, sie haben ihren Namen von Dociren, es gibt sechs Requisite für die Promotion: Peritia docendi, facundia dicendi, subtilitas interpretandi, copia dicendi seu dictorum, morum excellentia, virtus fortitudinis. Die Infignien des Doctorats sind: Cathedra, liber, annullus, birettum, osculum. Dann vom Examen. Beantwortung der Frage: Wer kann Doctoren creiren? Rang der Doctoren u. s. w. Dabei überall viele Kuriositäten. Angenehm ist es vielleicht Manchem zu hören, daß ein ausgezeichneter Doctor аив öffentlichen Mitteln ein Haus angewiesen erhalten soll, in einer Straße, wo er leicht consultirt werden kann. Frauen dürfen nicht zu,,Doctrissen" creirt werden. Ausführlicheres über den Gerichtsstand der Scholaren; dabei die Bemerkung: Heutzutage haben die Studenten den Rector zu ihrem Richter, besonders in Deutschland . . . . und den Rector wählen die Magistri und Doctores,,,qui ibi exercent professionem,“ nicht die Scholaren anders in Italien. Die

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Frage, ob Doctoren, namentlich besoldete und mit Pfründen versehene, Collegienhonorar fordern können (,,utrum doctor possit exigere collectas") wird im Allgemeinen bejaht. Das Lesen der Doctoren anlangend, so sollen sie immer die Terte allegiren, wo sie sich auffinden lassen", und nicht die Glossen, aber die leßteren sind nicht zu verachten. Loblied auf die Glossen. Verschiedenes über die Privilegien der Doctoren und Studenten in vermögensrechlicher Beziehung sowie im Prozeß. Endlich heißt es:,,Dicto de scholaribus et doctoribus quoad singulos sequitur uidere secundum Baldum quoad uniuersos et de uniuersitate scholarium". Nun werden Fragen aufgeworfen, wie: Ist die Corporation der Studirenden anerkannt? Wer ist Richter der Corporation? Wie steht es mit Verträgen zwischen der Universität und der Stadt? u. s. w. Schließlich noch eine allgemeine Abhandlung über die Privilegien (de natura ui et auctoritate privilegiorum).

Das Werk hat somit auf mäßigem Umfang einen ziemlich reichen Inhalt, der zwar häufig in kleinliche Fragen sich verliert, denen wir heutzutage keinen Geschmack abgewinnen können, aber es ist wohl zu beden= ken, daß damals in Deutschland die Universitäten noch etwas verhältnißmäßig Neues waren und daß alles, was uns jetzt schal und theilweise mehr denn frostig vorkommt, eine gewisse Bedeutung für das Leben hatte. Wir können daher der Schrift Kuppernes einen erheblichen Werth für ihre Zeit nicht absprechen. Ihre heutige Bedeutung als historische Quelle dagegen ist eine untergeordnete. Kuppener steht überall auf den Schultern der Italiener, nur selten findet sich eine Bemerkung, die neu ist. Man kann alles, was uns vorgetragen wird, viel besser lesen

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