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D. Christoph Kuppener.

In der kleinen Stadt Löbau in Westpreußen lebte um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts ein Mann Namens Christoph Kuppener, von dem ich nichts weiß, als daß er nebst seiner Frau Margarethe in der Pfarrkirche dortselbst begraben liegt1), folglich zu den angesehenen Leuten gehörte, daß seine Mutter Hedwig, sein Vater Petrus hieß, daß leßterer Licentiat beider Rechte, für damals etwas sehr Bedeutendes, war2), und daß ihm etwa im Jahr 14663) ein Sohn geboren wurde, welcher in der Taufe ebenfalls den Namen Christoph erhielt.

Dieser jüngere Christoph Kuppener ist es nun, welcher uns in dem Folgenden beschäftigen wird. Er erzählt von sich selbst4), daß er im Fürstenthume der Herzoge zu Sachsen und auf deren löblicher Universität zu Leip zig sich von Jugend auf,,enthalten", daß er dort,,ge= studirt“ habe und „erwachssen“ sei.

Im Sommersemester 1482, unter dem Rectorat von Andreas Frisner de Bunsidel (Wunfidel), artium magister sacraeque theologiae baccalaureus, wurde als zwölfter unter den neuen Ankömmlingen aus der Pol

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nischen Nation Christofforus Kuppner de lobaw in die Matrikel der Universität Leipzig eingetragen. Ein Jahr darauf, im Sommersemester 1483 bei dem Eramen vor dem Georgstag unter dem Dekanat des Johannes Lirike de Franckenfordis erhielt er (,,Cristoferus kupner de lowaw") den Grad eines Baccalaureus in der Artistenfacultät und zwar als einer der „pauperes". 1485 „vor dem Galustag" (16. October) wurde er vom Dekan Thomas Hertil de Gawer zum magister artium promovirt 5).

Von da an wendete sich Kuppener der Jurisprudenz zu. Wer seine Lehrer waren? Höchstwahrscheinlich Johann v. Breitenbach), I. V. D., der von 1484 an das Ordinariat bekleidete, vielleicht auch Heinrich Grefe von Göttingen, magister, legum ac decretorum doctor, der 1485 Rector war, sowie Johann Erolt von Zwickau, magister, decretorum baccalaureus atque legum doctor, 1479 Rector, von 1486 an Kanzler Herzog Albrechts zu Sachsen. Vermuthungen helfen hier wenig. Von den genannten Personen und den damaligen Zuständen der Juristenschule zu Leipzig handle ich ein ander Mal. Sicher ist nur, daß Christofferus Kuppener" in dem Verzeichniß der Doctoren, welches Hommel dem von ihm angelegten Statutenbuch der Juris stenfakultät zu Leipzig einverleibte), als iuris utriusque doctor sich findet und zwar etwa als der leztsechste vor 15047). Da Kuppener in seinen um das Jahr 1493 beginnenden Collectaneen sich stets Doctor beider Rechte nennt, muß er schon vor seinem Weggang aus Leipzig diesen Grad erlangt haben, also für jene Zeit in einem sehr jugendlichen Alter. Auch leitet eine Spur darauf zurück, daß er damals schon sich verheirathet habe

und deshalb aus dem Collegium beatae virginis austreten mußte). Ist dies richtig, so hat er den gewöhnlichen Gang durchgemacht: als Mitglied der Artistenfacultät gelesen, zugleich aber juristischen Privatunterricht ertheilt und als Advokat practicirt, bis er für würdig befunden wurde,,iuris utriusque infulas" zu erwerben.

Ein Doctor beider Rechte war gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts noch ein kostbarer Artikel. Fürsten und Städte wogen ihn mit schwerem Geld auf, wenn er anders zu haben war. Und vor allen Städten im heiligen Römischen Reich deutscher Nation war `die Stadt Braunschweig eines tüchtigen,,Rechtsfreundes“ bedürftig. Wer ihr dazu Kuppener empfahl, wissen wir nicht; wahrscheinlich aber ist es, daß er bereits im Jahr 1493 sich in die Dienste derselben begeben hatte.

Damals war die Stadt Braunschweig mit ihrem Fürsten, dem Herzog Heinrich dem Aelteren, in eine blutige Fehde verwickelt). Nach einem Waffenstillstand vom 3. Mai bis zum 2. Juli 1493 wurde der Versuch gemacht, die obschwebenden Differenzen beizulegen durch einen vor,,Schiedsfürsten“ geführten Prozeß, als welche Ernst Herzog zu Sachsen, Erzbischof zu Magdeburg, Administrator zu Halberstadt und Kurfürst Johann, Markgraf zu Brandenburg, fungirten. In den Collectaneen Kuppeners findet sich eine Abschrift der interessanten Prozeßacten. Wir lesen da Ladungen zu einem Termin und Protokolle über denselben, welcher Sabbato post Mauricii (28. Sept.) abgehalten wurde 10); fer= ner die Klagschrift der Herzoge Heinrichs des Aelteren und Heinrichs des Jüngeren von Braunschweig und Lüneburg für sich und in Vollmacht Herzogs Erich zu Braunschweig und Lüneburg wider die Stadt Braun

schweig, Schulden, Anklage und Zusprüche betreffend 11), dann die Einredeschrift der Stadt Braunschweig 12), die Widerklage derselben 13), der Herzoge Einredeschrift auf die Widerklage 14), die Replikschrift der Stadt Braunschweig in der Widerklagfache 15), endlich das Protokoll über einen Termin zu Zerbst, welcher ,,Dornstag nach Martini" (14. Nov.) 1493 abgehalten wurde 16).

Kuppener wird in diesen Schriftstücken nicht na= mentlich erwähnt, vielmehr findet sich ein Procuratorium, ausgestellt von der Stadt Braunschweig am Sonntag nach Margaretä virginis (14. Juli) 1493 für Albert van Vechelde, Gerwin Wittekop und Hincmar van Laffelde,,,borgemestern vnde fulmechtigen", zur Klagerhebung u. s. w. gegen die Herzoge17), allein da unter diesen kein Rechtsgelehrter ist, die obenerwähnten Prozeßschriften der Stadt aber zweifellos von einem geschulten Romanisten verabfaßt sind, bleibt es wahrscheinlich, daß Kuppener als Actor den Bevollmächtigten zur Seite gestanden habe.

Wir wissen, daß die dreitägigen Verhandlungen zu Zerbst mit einem durch Rechtsverständige von Erfurt, Basel und Heidelberg gesprochenen günstigen Bescheid für die Stadt Braunschweig endeten, daß aber dennoch die Streitigkeit noch nicht völlig beigelegt wurde, indem erst ein am Himmelfahrtstage (8. Mai) 18) 1494 zu Braunschweig abgeschlossener Vergleich der Fehde für damals ein Ziel seßte 19).

Uebrigens befindet sich noch eine wichtige Braunschweiger Urkunde aus dem Jahr 1493 abschriftlich bei Kuppeners Papieren, nämlich ein nach dem heiligen Palmtage" (31. März) zwischen Ernst Herzog zu Sachsen, Erzbischof zu Magdeburg 2c., sowie Bartholt Bischof

zu Hildesheim einerseits und der Stadt Braunschweig andererseits zum Schuß des Braunschweiger Handels nach den Stiftsländern für die nächsten zwanzig Jahre abgeschlossener Vertrag 20).

Aus dem Jahre 1494 find uns zwei Rechtsgutachten Christoph Kuppeners erhalten, in denen er sich ausdrücklich als Braunschweiger Syndicus bekennt. Das eine 21), Alimentenforderung betreffend, ist von geringem Interesse; von um so größerem das andere 22), welchessich auf das Wechselgeschäft (cambium) der damaligen Zeit bezieht und mit einer späteren Schrift Kuppeners in engem Zusammenhange steht. Wir werden später darauf zurückkommen.

Die meisten der mir vorliegenden Consilien und Prozeßschriften Kuppeners fallen in die Zeit von 1495-97; fast immer unterzeichnet er sich mit dem Zusah,,cum essem Syndicus Brunszwigtzensis" oder ähnlich.

Am 26. März 1495 eröffnete Marimilian I., da mals noch Römischer König, seinen ersten Reichstag zu Worms. Die Reichsstände waren zahlreicher denn je versammelt, wichtige Fragen der äußeren und inneren Politik wurden verhandelt. Die Handhabung Friedens und Rechtens zu Worms aufgericht“, sowie die Einrichtung des ständigen Reichskammergerichts, „eines der größten Ereignisse der Reichsgeschichte“ 23), ist jedem Juristen in frischer Erinnerung.

Wir finden Kuppener auf dem Reichstag, in welcher Stellung freilich, ist nicht zu ermitteln. Er selbst erzählt, daß er ,,auf gemeinem des heilig reichs gehaltenn tag czu Wurms" von dem damaligen Römischen König Marimilianus,,in beiweßen viler des heiligen Ro. reichs fürsten" zum Ritter (eques auratus) ge=

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