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daher annehmen, daß Petrus Ravennas, ohne daß seine Sehnsucht nach dem heißgeliebten Vaterland Befriedigung fand, im Jahr 1508 oder kurz nachher in Mainz starb und zwar allerdings „prae maerore" wie Reuchlin sagt 38).

Ihn unter die,,Zeugen evangelischer Wahrheit“ zu sezen, wie Manche gethan haben, ist nach dem Vorstehenden durchaus ungerechtfertigt, denn- Petrus war bis zu lezt ein strenger Anhänger der Italienisch-papistischen Richtung. Daher läßt es sich auch nur zur Noth rechtfertigen, wenn ihn Luther 39) unter diejenigen zählt, ge= gen welche die Anhänger der Römischen Curie“ ihre Versuche, die Wahrheit mit Gewalt zu unterdrücken, gerichtet.

Der Grund der Verfolgung des Petrus Ravennas durch Hochstraten und dessen Genossen war überall nicht die Abweichung des Petrus von der päpstlichen Kirchenlehre, sondern der Neid und der Haß gegen die großen Erfolge, welche der Ausländer auf deutschen Universitäten erzielte, hervorgerufen vielleicht oder doch mindestens verstärkt durch das nicht gerade bescheidene und deutschen Verhältnissen und Einrichtungen gegenüber aggressive Auftreten des Italieners. Dazu mögen noch Ordensmaliçen gekommen sein, die wir nicht wohl erkennen können, denn daß Petrus unter die Tertiarier trat und sich den Minoriten anschloß, scheint auf die Dominikaner den ungünstigsten Eindruck gemacht zu haben.

Am Räthselhaftesten bleibt das Benehmen des Or: tuin Gratius. Während er 1508 die Criticomastix schrieb, ließ er der 1511 erschienenen dritten Ausgabe von Hochstratens Protectorium principum Alamanniae" ein Distichon vorsehen. Die Criticomastix ist aus der Burse

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„Knyck“ datirt, wo damals der Dominikaner Gerhardus de Zutphania, ein Hauptgegner des Petrus Ravennas,,,regierte", dem dann später Ortuin eine in den Epp. Obsc. Vir. (I. 19) verhöhnte, von Lobeserhebungen überströmende Grabschrift dichtete 40). Im October 1509 erschien zu Cöln (Quentel) ein Buch mit dem Titel ,,Purgatorium detractorum saluberrimum", demselben ist ein Tetrastichon des Ortuin Gratius vorgeseht 41). In dem nämlichen Jahr hat er auch die Werke der getauften Juden Victor v. Carben und Jo. Pfefferkorn mit empfehlenden Gedichten und Schreiben ausgestattet 42). Die Schrift Pfefferkorns über die Feier des Osterfestes bei den Juden erschien schon im Februar, sein „Judenfeind“ im März jenes Jahres. Ein Buch von Hochstraten „Tractatus magistralis declarans quam grauiter peccent querentes auxilium a maleficis" aus dem Jahr 1510 trägt wohl das unvermeidliche Epigramm Iacobi Gandensis, nicht aber ein solches von Ortuin; erst im Jahr 1511 scheint also die Verbindung zwischen ihm und Hochstraten erfolgt zu sein.

Auffallend ist es auch, daß die Epp. obscurorum virorum nirgends an das Auftreten des Ortuin für Petrus Ravennas und seinen nachherigen Abfall erinnern. Es hätte doch die Criticomastix und das spätere Verhalten des Verfassers derselben Stoff genug für die Satire geboten.

Erwähnen will ich noch, daß am leßten Febr. 1509 ein D. N. Ravennas als Reichskammergerichtsadvokat recipirt wurde 43), ohne daß sich behaupten ließe, daß derselbe mit unserem Petrus irgendwie in Zusammenhang stehe.

Anmerkungen.

1) Eine in Wittenberg gehaltene Rede desselben erschien im Jahr 1505 im Druck unter dem Titel:

VINCENTII RAVENNATIS Juris utriusque doctoris floride Academie studii Vuittenburgensis in Jure Cesareo ordinarii Oracio publice habita ad felicissimum gloriosissimumque Principem Federicum Saxoniae ducem etc. Sacrique Romani Imperii Electorem omnium litteratorum hac tempestate unicum portum et Asylum.

In fine: Impressum in felici Academia Wittenburgensi anno ab ortu Christiano M. D. V. decimo Kal. Maii: Regnante inclyto Foederico Saxonum duce pientissimo: cui salus et uictoria. 4. Vgl. Panzer, Ann. IX. 66. 4. 2) Nebst Clypeus contra doctorem Caium (Beilage I n. vii. 1) und Lectio de potestate Pontificis Maximi ́ et Romanorum Imperatoris. Vgl. Beilage I. ix. 1.

3) Vgl. Beilage I. x. 1.

4) Vgl. über ihn Krabbe, Universität Rostock I p. 273. 5) Vgl. über ihn Hutteni Opp. ed. Boecking I pp. 13. 14.

6) Vgl. über ihn Hutteni Opp. ed. Boecking I pp. 8. 16 u. ö.

7) Compend. iur. civil. (Ausg. v. 1508) f. XIII. 8) Nach Ortuin Grátius und v. Bianco, die alte Universität Köln SS. 403 ff.

9) v. Bianco a. a. D. S. 846.

10) Vgl. Beilage I. xi. 1.

11) v. Bianco a. a. D. SS. 403-406.

12) Vgl. Beilage I. x. 2.

13) Compend. iur. canon. (Ausg. v. 1507) Rubr. De Decimis.

14) Zuerst wohl Memmingen per Albert. Kune de Duderstadt 1489. 4. (Panzer Ann. II. 105 n. 16), dann: Argent. 1490. fol. (Panzer I p. 45 n. 207). Hagennaw 1497. fol. (Panzer I p. 449 n. 18. Hain 15177).

15) Sign. Gg (6) col. 4 i. f. in Rubr. de furtis.

16) Genau bei J. G. Holtorp, Catalogus Librorum saec. XV. impressor. quotquot in biblioth. regia Hagana asservantur. Hag. Comit. 1856. n. 331. Panzer VI. 368. 189. Panzer seßt das s. 1. e. a. erschienene Buch_in's Jahr 1509. S. darüber unten Not. 23.

17),,Tractatus de cadaveribus maleficorum morte punitorum ad considerationem Alamanniae Principum et aliorum Iudicum per Gerardum de Zutphania liberal. artt. et sacrae Theol. prof. . . . . . compilat. Colon. 1508. 4. Panzer VI. 364 n. 160.

18) Alphabet. aureum. Ed. Lugd. 1511 (Beilage I xv. 3) fol. 152 b. Ed. Col. 1508 (Beilage I. xv. 1) Sign. Q iiij b col. 2 sq.

19) Vgl. über ihn Hutteni Opp. ed. Boecking I. p. 130. Dort wird er unter den Anhängern Reuchlins aufgeführt und ,,praepositus Coloniensis" genannt.

20) S. Zeitschrift für Rechtsgeschichte IIII S. 403.

21) S. über ihn Strauß, Huttens Leben 1 S. 30. 22) S. Beilage I. xiiii.

23) Obwohl Panzer VI. 368. 189 dieses Buch erst in's Jahr 1509 sezt, so glaube ich doch dasselbe aus sachlichen Gründen um so eher in das Jahr 1508 und zwar in die oben näher angegebene Zeit sehen zu dürfen, als dasselbe ohne Anzeige des Ortes und Jahres erschienen und die Angabe Panzers eine reine Vermuthung ist.

24) Compendium in materia feudorum (Beilage I. xvi) Sign. Kiij.

25) Compend. in materia feudorum Sign. K (jjjj). 26) H. C. Senckenberg Praef. in Brachylogi edit. (1743. 4.) §. XLIII.

27) Compend. in materia feudor. Sign. H iiij.

28) Panzer VI. 365. 165.

29) Panzer VI. 371 n. 220.

30) Hutteni Opp. ed. Boecking App. 1 pp. 472. 473.

31) Opp. (Lugd. apud Beringos fratres. 8.) p. 278.

32) Opp. p. 660.

33) Opp. p. 778.

34) Joh. Rhagius (Aesticampianus)?
35) Opp. p. 1036,

36) Hutteni Opp. ed. Boecking Suppl. I. 475 Auch im „Conciliabulum Theologorum" wird Petrus Ravennas erwähnt. Hochstraten zählt ihn da unter denen auf, die er aus Neid haßt. Vgl. Hutteni Opp. I. p. 578.

37) Hutteni Opp. ed. Boecking I. p. 457.

38) Boecking in seiner Ausgabe von Huttens Werken a. a. D. zweifelt:,,sed de Reuchlini verbis maerore"" dubitaverim".

weiß ich nicht.

›› „prae

Worauf dieser Zweifel beruht,

39) Resolutt. thes. Opp. Ien. Lat. I. p. 76. Witeb. Lat. Fol. 102.

40) Cf. Hutteni Opp. Suppl. I. p. 410.

41) Panzer Vl. 367 n. 179.

42) Panzer Vl. 367 nn. 190 -- 192.

43) (Harpprecht) Staatsarchiv des Kaiserl. Kammer

gerichts 3. Th. S. 468.

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