Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

keiten ermahnt, die Gehängten am Galgen zu behalten aus Rücksicht auf die öffentliche Ruhe und das Gemeinwohl, warum thut er nichts dagegen, daß dieselben außerdem und in wichtigeren Punkten die Ruhe ver nachlässigen?

Wir wollen es unterlassen, Petrus in seinen weiteren Ausführungen gegen Hochstraten zu folgen. Am Ende der Schrift sagt er, er wolle sich nicht weiter bei den Albernheiten seines Gegners aufhalten: er beabsich: tige, wenn ihm Gott das Leben schenke, die Schrift Hochstratens zugleich mit dieser Antwort in Italien drucken zu lassen, die Italienischen Doctoren sollten dann über dies ungereimte Zeug urtheilen. Zuleht, schließt er, will ich nicht unterlassen noch Folgendes zu berühren: Ich habe mündlich und schriftlich im Scherz geäußert, daß die Italienischen Scholaren nicht ohne Dirnen leben können. Einige, die immer an meinem Mund hingen, um mich irgendwo zu fassen, fingen an zu rufen: ,,Kreuziget ihn, kreuziget ihn.". Und da ich ihre Stime men hörte, beschloß ich zu zeigen, daß sich rechtlich vertheidigen lasse, was ich Spasses halber gesagt hatte. Und ich vernehme, daß jener zu verehrende Doctor rücksichtlich dieses Punkts gegen mich schreiben wolle. Möge er schreiben, dann wird er vielleicht in meiner Antwort das hören, was ihm nicht gefallen wird. Und geschieht das nicht zu Köln, so wird es doch anderwärts geschehen, und er selbst wird es in Köln lesen. Ich rathe ihm, daß er den Frieden liebe“ u. s. w.

Dieses Abschiedswort an Hochstraten war um Ostern 1508 erschienen. Gleichzeitig rüstete sich Betrus zur Abreise.

Am Sonntag Palmarum jenes Jahres, welcher auf

den 16. April fiel, hielt Petrus unter großem Zulauf von Hörern in der Kirche der Minoriten eine Predigt über den Tod und nach Beendigung derselben verlas er jein,,Testament" 24).

Es beginnt dasselbe mit einer Reihe von religiösen und moralischen Legaten. Das 18. und lehte heißt: Ich legire die Furcht Gottes. Weil nichts Besseres ist, als Furcht des Herrn besißen. Und ein glücklicher Mann, dem Gottesfurcht gegeben ist. Und wer den Herrn fürchtet, wird nicht zagen". Zu,,Erben“ sezt Petrus ein 1) die Stadt Köln, 2) die Universität Köln, Die erstere habe ihn (Petrus) von Anfang bis zu Ende seines Aufenthaltes geliebt und geehrt, sie habe ihm in leztvergangener Zeit mehr gewährt als er erbeten und so ihre große Freigebigkeit bewiesen. Und sie würde Vieles thun, wenn er noch in Köln bleiben wolle, vom Höchsten bis zum Niedrigsten beklagen die Kölner seinen Wegzug. Was die Universität betreffe, so zähle fie ausgezeichnete Theologen, Juristen, Mediciner und Artisten. Petrus gratulire sich selbst, daß er mit so vielen glänzenden Lichtern in Beziehung gekommen sei. Er sei sich vorgekommen wie ein Rabe unter Schwänen und Pfauen. „Und, fährt Petrus fort, da ich Gold und Silber nicht besize, denn ich bekenne die Regel des heil. Franciscus“, so hinterlasse ich meinen Erben mich selbst und meinen Sohn Vincentius, der zu Rom ist, Auditor des Cardinal von St. Sabina, welcher auf das Eifrigste seine Hülfe allen Kölnern gewähren wird, die sich am päpstlichen Hof an ihn wenden werden, wie er brieflich schon versprochen hat. Auch meine Freunde und Verwandten in Italien und was ich daselbst vermag, hinterlasse ich meinen Erben.,,Lebe wohl Köln, du bez

rühmteste Stadt Deutschlands, lebe wohl glückliches Köln, heiliges Köln, lebe wohl du Land, wohin ich wegen der weiten Entfernung nicht wieder kommen das ich aber täglich mit dem inneren Auge schauen werde. Lebt wohl ihr Facultäten und Zuhörer. Habe ich Jemand in dieser Stadt beleidigt, so bitte ich fußfällig und mit Thränen um Verzeihung. Im Uebrigen bitte ich Euch und am Meisten die Herren Geistlichen unter Euch, daß sie demüthigst zu unserem Erlöser für mich und meine Gattin Lucretia beten: daß wir eine glückliche Reise haben und unversehrt nach der ersehnten Heimath gelangen. Lebt nochmals wohl in unserem Herrn Jesus Christus."

Mit überströmenden Thränen verließ Petrus die Kanzel.

Das Osterfest feierte er noch in Köln. Am Donnerstag nach Ostern, als am 27. April 1508, bestieg er ein Schiff und fuhr den Rhein hinauf nach Mainz.

Einige Tage nach seiner Ankunft dortselbst wurde er aufgefordert sich öffentlich hören zu lassen. In einer großen Versammlung gelehrter Männer, im Beisein des päpstlichen Legaten, des Cardinals vom heiligen Kreuz, trat er auf und sprach ex tempore über einige ihm angewiesenen Stellen aus dem Hebräerbrief. Dann ging er darauf über von der Cardinalswürde und der Gewalt eines Legaten a latere zu handeln. Als er das Catheder verließ, rief ihn der Cardinal zu sich. Ich übergehe mit Stillschweigen, erzählt Petrus, was er mir da sagte" 25).

Allgemein war das Lob, welches Petrus ärndete. Man fuchte ihn für die Universität Mainz zu gewinnen und Petrus gab nach. Er übernahm die Lectura ordi

naria in iure canonico und las noch gegen Ende des Sommersemesters 1508 zu Mainz. Johannes Sorbillo schrieb in sein Exemplar des vielgebrauchten Buchs ,,De arte legendi abbreviaturas in utroque iure": Ich Johannes Sorbillo begann die Rechte zu hören zu Mainz unter dem Ordinarius des kanonischen Rechts, dem berühmten Meister Petrus Ravennas aus Italien, welcher damals über den Titel de officio et potestate iudicis delegati las.... im Jahre des Herrn 1508 am 30. Juni“ 28).

Im Laufe des Sommers vollendete Petrus in Mainz sein Compendium breve in materia consuetudinum feudorum. Die Widmung an Kaiser Marimilian ist vom 13. April 1508 datirt und rührt von dem Engländer Guilelmus Harisius, iur. utr. bacc., her. Damals also scheint der Druck des Werks begonnen worden zu sein, aber Petrus schrieb an demselben auch noch in Mainz, wie sich aus dem Inhalt unwidersprechlich ergiebt.

Petrus sagt im Eingange, es sei dies sein leztes Werk, denn er wünsche nach vielen Mühen und nachdem er Vieles über das Recht geschrieben, endlich zu ruhen. Keineswegs werde er aber unterlassen gegen Jakob Hochstraten sich vernehmen zu lassen, der es gewagt habe, sich sehr hochmüthig an Rechtsmaterien zu machen, während derselbe doch niemals Hörer des Rechtes gewesen sei und kaum zwischen Clementinen und Liber sextus zu unterscheiden vermöge.

Noch an anderer Stelle des Werks kommt Petrus auf Hochstraten zu reden. Es handelt sich dabei um die Autorität des Baldus rücksichtlich der Galgenfrage. Hochstraten mache Baldus den Vorwurf, daß derselbe den Tert

der Rechtsbücher gefälscht und berufe sich dafür auf Petrus selbst, welcher nach Aussage einer seiner Zuhörer dies geäußert habe. Dies sei aber gelogen und überhaupt lasse für die ganze Behauptung sich keine einzige glaub hafte Stelle aufbringen. Wollte man allem Gewäsch Glauben schenken, so müsse Petrus auch glauben, daß Hochstraten wider sein Ordensgelübde eine Concubine unterhalte, denn das sei ihm erzählt worden zu Köln und in Mainz. Auf eine rechte Dummheit sei Hochstraten gekommen, beim Angriff auf den Sat des Petrus: daß es Todtsünde sei, wenn Clerifer bei Erekution der Todesstrafe Zuschauer abgäben. Hochstraten habe da gesagt, die Jungfrau Maria und St. Johannes hätten Christum kreuzigen gesehen und nicht gefündigt, folglich könne man Cleriker auch nicht der Sünde schuldigen. Das habe einer von Hochstratens besten Freunden erzählt. Ueber Alles aber wolle Petrus weiter handeln in dem Buch, welches er nächstens wider Hochstraten zu schreiben gedenke, und da wolle er auch die große Ignoranz Hochstratens, wie seine Dreistigkeit und sein neidisches Gemüth aufdecken 27).

Zu Ende des Werks, nachdem von dem Lob die Rede war, welches Petrus in Mainz bei seinem ersten Auftreten geärndtet hatte, wird noch ausgeführt: Vom allgemeinen Beifall habe sich nur ein Theologe ausge schlossen, jedoch kein Mainzer. Es sei zu präsumiren, daß es Hochstraten gewesen, der entweder schon an jenem Tage oder doch wenige Tage nachher in Mainz angekommen. Aus dem Vorhergehenden könne man das Zukünftige erkennen. Hochstraten aber sei immer ein Neider des Ruhms von Petrus gewesen, und alles was er thue, ziele auf Anschwärzen des Namens des

« ZurückWeiter »