Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Aber nach Petrus sehnt man sich nicht bloß in Italien, auch Kurfürst Friedrich zu Sachsen hört nicht auf, Tag und Nacht seiner zu gedenken und ihn schriftlich zu mahnen, sein verlassenes Lehramt in Wittenberg wieder zu übernehmen. Oft hat Ortuin des Kurfürsten eigenhändige Briefe an Petrus gelesen, aus der Erinnerung schreibt er einen derselben nieder, in welchem inständig die Rückkehr nach Wittenberg erbeten wird. Daß die Sächsischen Fürsten bestrebt sind, Petrus wieder in ihr Land zu ziehen, ist kein Wunder, denn auch in Köln sind Viele, in deren Namen Ortuin redet, die Petrus ermahnen und bitten, nicht wegzuziehen, weder zu Herzog Friedrich, noch ins Vaterland, sondern in Köln zu bleiben“. Lob und Beschreibung Kölns.

Von vielen Männern in Köln, welche Petrus überaus lieben, sollen nun Einige aufgeführt werden: Andreas de Venroed, des heil. apostolischen Stuhls Protonator, Präpositus der Kirchen zu Daventer, Zusasen (Zusatensis), Oldenselen (Oldenselensis) u. St. Cunibert in Köln, Decret. Doct., Petrus Antonius de Klapis, Johannes Potken19), Joh. de Burse, Prof. des Prämonstratenserordens und Präpositus des Convents Waerlar in der Diöcese Münster, Doct. Decret., Joannes Vastardi Bare (baro?) de Busco, berühmter Interpret des kaiserlichen Rechts20), Gerhardus Systrop von Kempen, LL. D., Joannes de Graes, Prof. des Prämonstratenserordens u. Pfarrer der Kirche zu Daventer auf dem Berg, Remaclus Florenatus 21), troß seiner Jugend berühmter Dichter; ferner aus der Zahl der angesehenen Bürger: Gerhard v. Wesel und Gerhard Wasser, Bürgermeister der Stadt, Joannes de Reida, Jo. Rincus (der Petrus malen ließ und das Bild in seiner Woh

nung aufhängte, und sein Bruder Hermann Rincus. Unter den Zuhörern des Petrus aber sind hervorzuheben: Guilelmus Harisius Anglus, Joh. Schudherynck de Nuscia, Joh. Riphan (Rebhahn?) de Wetter, Urbanus de Viersen, Fiscal des Erzbischofs, und viele Andere, welche ebenso, wie der Engländer Harisius, des Petrus wegen nach Köln kamen. Dem zum Beweise wird ein Brief des Harisius Anglus an Ortuin mitgetheilt.

Solchen Freunden gegenüber kommen die Kritiker des Petrus nicht in Betracht.

selben.

Aufzählung der Werke des Petrus und Lob der=

Schluß: Die Wanderschaft des Petrus ist eine Heilige und für alle Sterbliche nicht minder nüßlich als nothwendig.

Dann noch eine Sapphische Ode des Ortuin an seine Criticomastix.

Der Stiel der Criticomastix läßt sich nicht anders bezeichnen als verzwickt. Troß aller gesuchten Ausdrücke und Wendungen, troß alles Bestrebens, ihm poetischen und oratorischen Schwung zu verleihen, troz aller sich drängenden Anführungen aus Römischen Dichtern, namentlich Ovid, Vergil und Horaz, trägt derselbe keinen eleganten Character. Dazu ist er viel zu überla den, schwülstig, geziert und unrein.

Petrus Ravennas selbst ließ nun gegen Hochstraten in Cöln nody eine kleine Schrift erscheinen, welcher er den Titel gab:,,Valete cum perpetuo silentio ad clarissimum theologiae professorem magistrum Iacobum de Alta platea ordinis praedicatorum."22)

Petrus erzählt, er habe das von Hochstraten her

ausgegebene Büchlein (Iustificatorium principum Alamaniae) 23) gelesen. Zwar werde erzählt, es hätten an demselben Verschiedene gearbeitet, doch je mehr Gegner, desto größer sei der Ruhm. Hochstraten haben leider die Worte des Apostels an die Philipper (C. 4 V. 5): ,,Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen" vergessen, denn er habe sich nicht gescheut, auszusprechen, die Lehre des Petrus sei eine ausländische und fabulose, d. h. der Wahrheit entbehrende. Wer da behaupte, die Lehre der Andern sei eine falsche, der müsse schließen, die feinige sei ein Evangelium. Auch hätte Hochstraten bedenken müssen, daß Petrus auf gute Autoritäten sich stütze, während für die jenseitige Meinung sich Niemand aufbringen lasse. Auch sei Petrus in seinen Schriften Keinem zu nahe getreten. Er habe nämlich, als er noch in Pommern sich befand, sein Consilum auf Anfrage einiger Proconsuln ertheilt und diese hätten nachh diesem Consil sich gerichtet, also entbehre seine Lehre nicht der Wahrheit. Ich habe, fährt Petrus fort, auf vielen Universitäten Italiens und Deutschlands gelesen und unter meiner Lehre blühten viele Männer. Meine Doctrin wurde gelehrt und wird gelehrt auf einigen Universitäten noch bei meinen Lebzeiten. Sie ist also approbirt. Denn Kurfürst Friedrich zu Sachsen hat auf seiner Universität eine Besoldung ausgesetzt für den Legenten meiner Compendien. Und eine gewisse Zeit hindurch wurde auch in Leipzig darüber gelesen, obwohl Einige von der Universität aus Neid gegen mich den Legenten daran verhinderten." Petrus bedauert, daß der Angriff wieder ihn gerade vom Predigerorden komme, welchen er immer in großer Achtung gehalten und geehrt habe. Und bevor er weiter schreite in dieser Auseinandersetzung, wolle er

vorausschicken, daß seine Italienischen Landsleute nicht heiliger seien als Andere und daß der Gegner in seinem Wert seine Subtilität so viel als möglich habe zeigen wollen. Petrus aber, weil er plumb an Körper und Geist sei und von der niedrigen Straße (de bassa platea), wolle plumb vorgehen, weil einem Plumben Plumbes gezieme. Der Gegner habe in seinem Buch einige Fragen an Petrus gerichtet. Diese seien jedoch der Art, daß sie wohl einem Scholaren oder Baccalaureus, nicht aber einem Doktor gestellt werden dürften. Deshalb habe er, Petrus, beschlossen, seinerseits selbst dem Geg ner einige Fragen zu stellen, die er von dessen sublimen Ingenium beantwortet wünsche. Der Gegner declamire heftig wider die Störer staatlicher Ordnung. Nun frage er, Petrus: Stören nicht etwa auch Jungfrauenschänder und Ehebrecher die öffentliche Nuhe? Es sind diese Vergehen für die öffentliche Ordnung doch gewiß gefährlicher, als der Diebstahl einer Gans oder eines Huhns. Und doch steht auf Verführung einer Jungfrau an vielen Orten in Deutschland keine Strafe und, wo eine solche geordnet, ist sie geringfügig. Warum schreibt nun der gegnerische Doktor, wenn er solchen Eifer für die öffentliche Ordnung hat, nicht ein Buch für Bestrafung von Vergehen gegen die Sittlichkeit in Deutschland? Der Grund der deutschen Rechtsgewohnheit, wonach einfache Sittlichkeitsvergehen ungestraft bleiben, ist die Einwilligung der Geschwächten. Doch das ist Unsinn, den wie man in Italien richtig erkannt hat: die Virginität ist nicht etwas, worüber der Inhaberin freies Dispositionsrecht zusteht. „Und ich, sagt Petrus, bin gezwungen, wegen Verführung meiner Magd, weil meine Gattin ohne Begleiterin bleibt, Cöln vor der Zeit zu

verlassen *) und meine lieben Zuhörer, die nach ihrer eigenen Versicherung, aus meinen Vorlesungen Vortheil zogen. Und so folgt die Störung des Gemeinwohls. Und das habe ich in Gegenwart des Doctor Hochstraten auf dem Catheder ausgesprochen. Doch er wird sich darum nicht viel kümmern, vielleicht sieht er es sogar gern, wenn ich wegziehe, aber ich möchte noch einige Monate bleiben und gestehe, daß ich mit Freuden ein Jahr lang Buße thun möchte, wenn ich hörte, daß hier in dieser berühmten Stadt Cöln, die ich liebe wie meine Vaterstadt, ein Gesez erlassen würde, nach welchem ein Jungfrauenschänder sechs Monate in den Thurm gesperrt wird, weder Mond noch Sterne sehend. Für einen Ehebrecher sah ich die geringe Strafe, daß er ein paar Stunden an den Pranger gestellt und von der Straßenjugend mit Schmuß beworfen wurde, während man für einen mäßigen Diebstahl einen ganz jungen Knaben aufknüpfte. In summa möge der gegnerische Herr Doctor sich darüber erklären: Da er die Obrig

*) Auch in den Dicta notabilia extravagantia (Ausg. des Alph. aur. v. 1508 (Sign. Vb fol. 84b) kommt Petrus hierauf zu sprechen. Er sagt: Denn ich habe in Italien die Herrn Deutschen wegen der Menge meiner Zuhörer aus Deutschland so geliebt, daß ich vor großem Verlangen brannte, jene Lander zu besuchen und auf deutschen Universitäten zu lesen. Und es gereut mich nicht, dieß gethan zu haben. Immer werde ich meine Stimme erheben zum Lobe des Landes und der Leute in Deutschland. Sed non illum trufatorem, qui abduxit ancillam meam qui iudicio meo solus est fex Germaniae et maxime patriae suae Frisiae." Sollte damit Hochstraten gemeint sein und so eine schmußige Angelegenheit, die sich nicht weiter ergründen läßt, im Hintergrund spielen?

« ZurückWeiter »