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des entschlossenen Angriffs bald so allgemein ein, daß, wenn man den Feind im freien Terrain traf, wo von dem Tirailleurfeuer weniger zu erwarten war und die feindliche Reiterei den unordentlich Angreifenden die größte Gefahr drohte, die Anführer nur um so eiliger zu dem allgemeinen Choc übergehen ließen.

Mit dem ersten Sturme, glücklich oder unglücklich, war in der Regel das Gefecht beendigt, denn nur selten ließen sich die undisciplinirten Bauern auf der Stelle zu einem neuen Angriffe sammeln, noch weit seltener sich dazu bewegen; mußten andererseits die Patrioten weichen,

sei, Batterien zu nehmen, so wie überhaupt den Sieg zu ers ringen, mußte den kühnen, meist jugendlichen Vendéeführern bald einleuchten; der Pedanterie ihrer Geschichtschreiber hin= gegen konnte eine so einfache Natur nicht genügen. Curville gibt uns zuerst eine sehr poetische Beschreibung der Vendéetaktik und erzählt dabei, wie man gegen Batterien ein Dußend Bauern, bloß mit Stöcken bewaffnet, abgeschickt habe; diese warfen sich nieder, sobald sie das Feuer an der Schlagröhre sahen, liefen wieder vorwärts, wenn der Schuß vorüber war, und mit vielen Wiederholungen dieses Manoeuvres erreichten sie endlich die Batterie und bemächtigten sich derselben. Um so kindischer ist diese Erzählung, da man Batterien weder lagenweise abfeuert, noch ohne alle Bedeckung läßt; indeß sie gefiel den französischen Schriftstellern, und beinahe alle haben sie mit Curville's poetischer Beschreibung der Vendéetaktik wörtlich abgeschrieben. Nur Turreau ist frei von solchen Albernheiten und überhaupt die beste Quelle über die allgemeinen Verhältnisse des Kriegs.

so wurden sie mit solcher Wuth und solcher Schnelligkeit verfolgt, daß auch sie beinahe niemals das Treffen wiederherstellen konnten. In dem unbekannten Labyrinthe, durch welches sie zurückgingen, kamen ihnen die einheimischen Landleute auf allen Punkten zuvor, drångten und beschossen sie von allen Seiten, so daß jedes nachtheilige Gefecht der Republikaner meist unausbleiblich ihre vollkommenste Niederlage zur Folge haben mußte. Die Ven= déearmee hingegen verschwand in dem Augenblicke, da sie geschlagen war, hinter den Hecken und Aufwürfen der wohlbekannten Gegend; ganz unmöglich war es, die vereinzelt fliehenden Bauern zu verfolgen, und es konnte nicht fehlen, daß sie nach wenigen Erfahrungen dieser Art ein verlornes Treffen für ein sehr unbedeutendes Ereigniß halten, und nach kurzer Ruhe in der verborgenen Heimath sich mit neuer Freudigkeit zu neuen Versuchen sammeln mußten.

Daher die beständige Unsicherheit der Republikanergenerale in der Vendée. Von allen Seiten, zu allen Stunden mußten sie sich decken, und doch konnte man nirgend über wenige hundert Schritt weit um sich sehen, und jede Patrouille, jeder entfernte Posten mußte selbst ein bedeutender Heertheil sein, wenn sie nicht aufgehoben werden sollten. Hatte man auch den glänzendsten Sieg erfochten, so drohte gewöhnlich gleich darauf die größte Gefahr, und während so die Republikaner, selbst bei dem kühnsten Vorrücken, doch wesentlich in beständiger Defensive blieben, konnten sie ihrerseits niemals Zeit

und Ort des Angriffs gegen einen Feind bestimmen, der eigentlich nicht eher existirte, als bis er zum Angriff erschien.

Rechnet man hiezu noch den wichtigen Vortheil leichter Verpflegung, wogegen die Republikaner, auf den Raum beschränkt, wo sie standen, Alles nachführen mußten, und doch kein Transport ohne die stärkste Bedeckung durchkommen konnte; bedenkt man die Schwierigkeit der Communicationen und der Nachrichten, vor Allem aber den Gegensatz des schwerfälligen Marsches einer republikanischen Colonne, welche Lagergeräthschaften, Brod, Munition, Geschüß mit sich führte, während der Vendéekrieger mit einem Paquet Patronen und einem Brod in der Tasche für die kurze Zeit des Zusammenbleibens hinreichend versehen war; so läßt sich nicht läugnen, daß dem Vendéegeneral, bei klarem Erkennen und vorurtheilsfreier Benukung dieser Taktik und dieser allgemeinen Kriegsverhältnisse, eben sowohl die wichtigsten Vortheile des Chocs der Masse, als alle Hülfsmittel des lebhaftesten Insurrectionskrieges zu Gebote standen. Talent und Einigkeit mußten bedingen, ob damit der ungeheuern materiellen überlegenheit der Republikaner dauernd die Wage zu halten sei *).

Sobald La Roche Jaquelein den Feind auf der

*) Madame la Roche Jaq. I. p. 80-83. 114–118. Turreau p. 31-45. Beauchamp I. p. 179–185. Curville p. 94-103. Berthre p. 307.

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Flucht und sich im Besiz aller Mittel zu Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse der großen Armee erblickte, sammelte er Alles, was ihm folgen konnte, und mar

schirte die ganze Nacht, so daß er schon am andern Tage 6 M.n.w.l.Uub. (14ten) bei Tiffauges mit den übrigen Führern wieder zusammenstieß. Sie beschlossen einmüthig, ohne Zaudern

1 M. n. Vez.

den neu belebten Muth ihrer Truppen zum Angriff der ersten besten feindlichen Heerabtheilung zu nußen, und überaus begünstigt ward dieser Entwurf durch die Maaßregeln der Gegner.

Leigonnier stand noch bei Vezins, Berruyer war am 14ten wieder nach Chemillé vorgerückt, und am 19ten 14 M. w. Chem. von dort aus im Marsch nach Fallais, um in nåhere Verbindung mit der Abtheilung unter Gauvillier zu kommen, welche er Behufs eines umfassenden Angriffs auf Chollet, zum 21sten nach Beaupreau beordert hatte. So war Leigonniers Division isolirt dem Anfalle des Vendéeheeres ausgesetzt, welches achtzehntausend Mann stark, 4 M. 8. Tiff. am 19ten vor ihrer Stellung bei Vezins erschien.

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Das Gefecht entbrannte bald in derselben Art und mit gleicher Heftigkeit, wie bei les Aubiers; dem lebhaftesten Tirailleurfeuer der Insurgenten folgte ihr allgemeiner Choc, und obgleich Cathelineau bei Chemillé leicht verwundet worden war, so brach er doch hier wieder zuerst in den Feind und trug das Meiste zu dem Siege bei, der ebenfalls wie bei les Aubiers gleich dem ersten Angriffe folgte. Die ganze Artillerie, Munition und Bagage der Republikaner, nebst vielen Gewehren, welche die

erschrockenen Nationaltruppen von sich warfen, fiel ihren schnell verfolgenden Feinden in die Hände. Gegen zweihundert Grenadiere, in dem Landschlosse le Bois Groleau 4 M. 8. Choll. aufgestellt, und hier durch einen zurückgelassenen Haufen Royalisten umzingelt, mußten sich nach dem tapfersten Widerstande jest, da kein Ersaß mehr zu hoffen war,

dem Feinde ergeben. Von den fliehenden Republikanern

konnte nur ein kleiner Theil bei Saumur gesammelt wer 7 m. 8. Vez. den; bei weitem die meisten zerstreuten sich und liefen bis in ihre Heimath.

Berruyer ging auf die Nachricht von dieser Niederlage noch am 19ten nach Chemillé zurück, ánderte aber unbegreiflicherweise nichts in dem für Gauvilliers Abthei lung angeordneten Marsche, welche dem gemäß am 20sten Montrevault, am folgenden Tage Beaupreau erreichte. Sie ward hier am 22sten von der ganzen Masse der Insurgenten, welche sich bei Gesté mit Bonchamps Division vereinigt hatte, angegriffen und total geschlagen, verlor sechs Kanonen, ihre ganze Munition, und nur mit Mühe gelang es den Resten der Colonne, über die Loire zu entkommen *). Berruyer eilte auf die Nachricht dieses

*) Guerres des Vendéens I. p. 161. 163–165. 167-169. 203. Nur durch die hinlänglich begründeten Angaben dieses Werkes war es möglich, das Datum der geschilderten Ereignisse festzustellen; alle übrige Quellen widersprechen sich in dieser Beziehung so, daß die Wahrheit nicht zu ermitteln ist. Choudieu I. p. 127. Beauchamp I. p. 151–153. Berthre p. 71. 72.

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