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Ueber die hohe Rhön.

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ULDA, in Folge der Vorgänge bei Hünfeld, war bairischerseits aufgegeben worden; am 6., ohne auf Widerstand zu stoßen, rückte die Division Beyer ein; die beiden andern Divisionen folgten. Die Frage entsteht: war nach den verschiedenen Rencontres am 4. (Wie

senthal Noßdorf; Neidhartshausen. Zella; Hünfeld) unsre Beseßung Fuldas noch zu hindern? Wir antworten: »je nachdem! Nein und ja.«

Nach der Flucht der bairischen Cavallerie bei Hünfeld lag der Weg bis Fulda für unsre Avantgarden - Division (Beyer) jedenfalls offen. Das VIII. Corps, ein paar vorgeschobene Bataillone abgerechnet, stand nicht nahe genug, um erfolgreich dazwischen treten zu können. So viel mit Rücksicht auf den Vormarsch der Division Beyer.

Was nun aber die beiden nachrückenden Divisionen Goeben und Manteuffel angeht, so konnte deren Vormarsch allerdings gehindert und die dann abgeschnittene, vom VIII. Corps mit dreifacher Uebermacht angegriffene Division Beyer in eine sehr üble Lage gebracht werden. Daß dies unterblieb, hatte in einer vorgefaßten falschen Meinung seinen Grund und zwar darin, daß man, wenigstens damals noch, im bairischen Hauptquartier den Charakter der Gefechte am 4. (Wiesenthal Roßdorf und Neidhartshausen - Zella) völlig verkannte. Man verkannte, daß es sich dabei um ein bloßes Beiseite. schieben gehandelt habe. Man nahm alles ernster als es gemeint war, betrachtete den Goebenschen Flankenstoß als die Einleitung zu einer Tags darauf mit aller Kraft zu führenden Schlacht, rückte deshalb bei Kalten. nordheim in eine feste Stellung ein und erwartete am 5., vielleicht auch noch

am Morgen des 6., unfren Angriff.) Dies Warten neben dem Wege (drei Meilen zur Linken) ließ den Weg selber frei. Als die Baiern ihren Irrthum gewahr wurden, waren die Divisionen Goeben und Manteuffel schon an der feindlichen Flanke vorüber, der rechte Moment war versäumt und Prinz Karl von Baiern, den Gedanken einer Vereinigung im Fuldathale nunmehr aufgebend, ordnete eine Concentrirung seiner Armee hinter der fränkischen Saale an. Dies war ein zweiter Fehler. War schon das Warten in Kaltennordheim verhängnißvoll geworden, so wurd' es dieser Linksabmarsch noch viel mehr. Man gab die große Straße völlig frei, entfernte sich von dem VIII. Corps, mit dem man die Verbin dung noch eben gesucht hatte und legte freiwillig und ohne Noth ein schwer zu passirendes Gebirge (die hohe Rhön) zwischen sich und den Alliirten. Diesem, dem VIII. Corps, ging zwar der Befehl zu:

auf einer südlich von Fulda liegenden Querlinie dem bairischen Corps an die fränkische Saale zu folgen;

dieser Befehl war aber leichter gegeben, als befolgt. Prinz Alexander von Hessen, als er von dem Links abmarsch der Baiern hörte, beschloß nunmehr seinerseits rechts auszubiegen. Er zing in der Richtung auf Frankfurt zurück.

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*) Ein fremder Offizier, der sich damals im bairischen Hauptquartier aufhielt, schreibt in seinem Tagebuche: »Am 5. und 6. bivouakirten die Baiern bei Kaltennordheim unter

Am selben Tage rückten auch die Divisionen Goeben und Manteuffel in Fulda ein. Der 7. war Ruhetag. Die Main Armee war concen trirt. Ein strategischer Sieg war gewonnen.

Es fragte sich nun, wohin mit der Main-Armee?
Drei Wege standen offen.

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Man konnte auf Lauterbach gehen, um die Reichs - Armee anzugreifen,

die aber schon im Ausweichen begriffen war.

fortwährendem starken Regen, ohne daß die erwarteten Preußen sich zeigten. Nach dem letzten Schusse ließ man den Feind seiner Wege gehn, froh ihn los zu sein. Man dachte nicht daran, mit ihm in Fühlung zu bleiben oder ihn beobachten zu lassen. Aus den Augen, aus dem Sinn! Und an andrer Stelle heißt es: „Am 5. traf auch das Telegramm ein, das die Niederlage bei Königgräß meldete. Diese Nachricht bezeichnet den Wendepunkt in der Stimmung des bairischen Heeres. Was sollte man noch erringen, nachdem Destreich gefallen? Es blieb nichts andres übrig, als sich ganz auf die Defensive zu beschränken. So wich man denn (nach Baiern hin) aus, und verfolgte mehr noch als vorher den Plan, sich), in gewählter Stellung, aufsuchen zu lassen, statt selber aufzusuchen und anzugreifen."

Man konnte direkt über Hanau auf Frankfurt a. M. marschiren, wodurch aber eine Vereinigung der Baiern mit den Reichstruppen in unsrem Nücken nicht in das Gebiet des Unmöglichen gehörte.

Endlich konnte man linksum machen und sich auf die Baiern werfen, um sich diese vollständig vom Halse zu schaffen. Die Bundestruppen (VIII. Corps) hatten uns ja durch ihren Abmarsch den Rücken dazu frei gemacht.

Von diesen drei Wegen, die offen standen, wählte General Vogel v. Falckenstein den lettren. Er beschloß links abzubiegen und über die hohe Rhön zu gehn, ein unwirthliches Gebirge, das zwischen ihm und der fränkischen Saale lag.

Es galt zu diesem Behufe zunächst Brückenau am Sinn, den Hauptort auf der hohen Rhön, zu erreichen. Der Weg von dort bis an die SaalUebergänge (Hammelburg, Kissingen, Waldaschach) betrug nur noch drei Meilen. Also auf Brückenau!

Am 8. brachen die Divisionen auf. Division Beyer nahm wieder die Tête. Der Weg ging zunächst südlich.

Das erste Dorf, das man erreichte, eine halbe Meile südlich von Fulda, war Bronzell. Hier war alles neugierig, das Grab des Schimmels zu sehn. Man fand es auch. Woran sich einst so viel bittrer Spott für uns geknüpft hatte, jest war es ein Gegenstand der Heiterkeit. Lachend zogen die Regimenter dran vorüber.

Eine Viertelmeile hinter Bronzell, da, wo die Chaussee die Fulda passirt, gabelt sich der Weg; der eine Arm, rechts hin, führt über Schlüchtern und Hanau auf Frankfurt, der andre Arm, links hin, über Brückenau und Hammelburg auf Würzburg.

Die Têten-Division (Beyer) hielt sich rechts und ging also auf Schlüchtern; Division Goeben*) hielt sich links und ging auf Brückenau ; Manteuffel folgte.

Der Marsch der Têten Division auf Schlüchtern (rechts), während die beiden andern Divisionen sich links hielten, wurde Anfangs von den Truppen selbst auf eine beabsichtigte Theilung der Streitkräfte gedeutet. Nichts aber lag den Intentionen Generals v. Falckenstein ferner. Vielleicht, daß er durch diesen Marsch auf Schlüchtern die Kundschafter des Feindes und dadurch diesen selbst über seine Intentionen täuschen wollte; seine eigentlichste Absicht war aber doch die, seine Divisionen auf verschiedenen Straßen über die hohe Rhön und bis nach Brückenau zu führen. Der Weg

*) Die Division Goeben war jezt 16 Bataillone stark. In Eisenach (wie bereits erzählt) war ihr das 19. Regiment, in Fulda das eben eintreffende Bataillon Lippe (Major Rohdewald) zugetheilt worden.

über Schlüchtern war ein bedeutender Umweg (6 Meilen statt 4); die Be schaffenheit des Weges aber, wiewohl ebenfalls schlecht genug, war doch um so viel besser, daß der Umweg dadurch ausgeglichen wurde.

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Den ungleich beschwerlicheren Marsch hatten die beiden andern Divi sionen, um so beschwerlicher als mit Rücksicht auf die äußerste Armuth der Gegenden, die man, bis Brückenau hin, zu passiren hatte, die Mitführung eines 3 tägigen Verpflegungsbedarfes angeordnet war. Der Troß, die Wagencolonnen, die folgten, waren endlos. Dazu führte die Chaussee, statt, wie andern Orts, die Höhen in Zickzacklinien zu umgehen, geradlinig über die Berge hinweg, über Berge, die zum Theil so steil sind, daß, bei schlechtem Wetter, selbst leeres Fuhrwerk, das hier des Weges kommt, sich des Vorspanns zu bedienen pflegt. Anhaltender Regen hatte diese Wege jezt beinah grundlos gemacht. Und unsre Artillerie mußte doch drüber hinweg! Pferde und Mannschaften litten schwer. Man erreichte, nach Anstrengungen, wie sie während des ganzen Feldzuges nicht übertroffen wurden, spät Abends die Ortschaften Motten und Kothen. Elende Gebirgsdörfer. Elende Gebirgsdörfer. Kaum daß die Truppen ein Unterkommen fanden; an Verpflegung war nicht zu denken; die Bauern hatten nichts, die Traincolonnen waren noch nicht heran; ein hungriger Abend schloß den strapaziösen Tag.")

*) Ein süddeutscher Offizier schreibt über diesen historisch gewordenen Zug über die hohe Rhön wie folgt: „Daß General v. Falckenstein die Kühnheit auf die Spiße treiben und mitten durch die Rhön nach dem schauderhaften Wetter der letzten Tage ziehen würde, war gegen alle Berechnung. Allerdings hatte er dabei den Vortheil, daß sein Gegner ihn dort schwerlich erwartete und daß seine geringe Truppenzahl nicht so auffällig wurde. Er hatte

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