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Auch andres, ohne das (ganz abgesehen von der alt - etablirten » Intendantur«) eine moderne Armee nicht bestehen kann, griff vorzüglich ein: die Post, die Telegraphie, die Eisenbahn. Ihre Leistungen waren

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erstaunlich. Eine eigens (vielleicht schon 1864) in's Leben gerufene Feld. eisenbahn Abtheilung bewährte sich glänzend; im Verkehr eintretende Stö rungen wurden ausgeglichen, neue Anlagen im Nu bewerkstelligt. Eine längere Dauer des Krieges würde die Bedeutung dieser Neuschöpfung der Armee erst völlig in's rechte Licht gestellt haben.

Das Lager bei Cörlin.

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INNEN jener trüben Wochen, wo Typhus und Cholera unsre in Cantonnements liegende oder auf dem Rückmarsch begriffene Armee decimirten, er freute sich ein nicht unerheblicher Theil der kaiserlichen Armee eines ver.

hältnißmäßigen Wohlergehns. Es waren das jene 44,000 Mann, die bei Nachod-Skalit, bei Trautenau (am zweiten Tage), bei Gitschin und Königgräß gefangen genommen, zu größerem Theile in preußischen Festungen und als der Raum dieser nicht mehr ausreichte, in einem eigens zu diesem Behufe abgesteckten Lager, in dem »Lager bei Cörlin« untergebracht waren. Die Zahl von Gefangenen machte solche aparte Anlage nöthig. Was während des dänischen Krieges scherzhaft gesagt worden war: »Der König von Dänemark wolle nach Preußen kommen, um seine Armee zu inspiciren«, es wurde mit entsprechender Aenderung wieder in Cours gesezt.

In den Festungen befanden sich gegen 30,000 Mann, größere nach Tausenden zählende Abtheilungen, in Königsberg, Danzig, Posen, Stettin, Magdeburg, kleinere Abtheilungen bis zu 1000 Mann in den kleineren Festungen. In Spandau beispielsweise 900 Mann und 10 Offiziere. Ueber diese zu Spandau internirte Abtheilung liegt uns ein interessanter Bericht vor, der sehr wahrscheinlich als pars pro toto anzunehmen ist. Wir geben ihn deshalb im Auszuge. »Die hier in Spandau Internirten waren ihrer Nationalität nach Italiener, Ungarn, Böhmen. Die Ersteren, die Italiener, fühlten sich allem Anschein nach glücklich, durch die Gefangenschaft den Stra. pazen und Gefahren des Krieges entgangen zu sein, suchten die Unterhaltung

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GEFANGENEN:LAGER BEI COERLIN

wahrend der Monate Juli, August und September 1866.

mit preußischen Soldaten, wenn es möglich war auch mit Civilisten, und zogen, so weit es ihnen gelang, sich verständlich zu machen, nicht selten die östreichische Kriegführung ins Lächerliche, während sie ihrem Besieger und seiner Waffe nur Löbliches nachrühmten. Anders war es mit den Ungarn. In ihnen trat der Patriotismus, das militairische Ehrgefühl, das Vertrauen zu ihrem Feldherrn (Benedek selbst ist ein Ungar) mehr hervor. Sie erkannten. in dem preußischen Zündnadelgewehr allein die Ursache ihrer Niederlage und fügten sich, ohne widerseßlich oder mürrisch zu sein, in ihr augenblickliches Schicksal. Es waren rüstige Leute und sie erzählten gern von den in letter Zeit, wie auch in früheren Feldzügen mitgemachten Kämpfen.

In ihrem ganzen Gebahren wesentlich verschieden von den Italienern und Ungarn standen dagegen die Böhmen da. Der alte Nationalhaß gegen Alles, was deutsch heißt und ist, verbunden mit angeborner Rohheit und unterdrücktem Nachegefühl beherrschte sie vollständig und erschien, wie in ihren Neden, so auch in ihrem ganzen Verhalten. Troß aller Mühe war es oft nicht möglich, ein Wort aus ihnen herauszubringen, ein düsterer, das innere Feuer verrathender Blick war ihre einzige Antwort auf vielfach in der freundlichsten Weise an sie gerichtete Fragen.

Noch ein Wort über Lebensweise und Verpflegung der Gefangenen. Von der Commandantur wurden sie nicht beschäftigt. Es wurde ihnen freigestellt, wie sie ihre Zeit hinbringen wollten und man sah sie meist, nachdem sie ihre Kleidung und Wäsche in Stand gesezt und gereinigt hatten, auf den Forts ihrer Casematten promeniren, mit einander lachend und scherzend, sie erhielten als Beköstigung des Morgens Kaffee, zum Frühstück und Abendessen Speck und 14 Pfd. Brod, und zu Mittag eine Kost, gleich der, welche den in Kasernen liegenden preußischen Soldaten gereicht zu werden pflegt.<<

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So der Vericht. Wenn derselbe hervorhebt, daß den Gefangenen eine bestimmte Beschäftigung nicht aufgezwungen wurde, so scheinen was diesen Punkt angeht in den größeren Festungen, beispielsweise in Magdeburg, Danzig, Königsberg, andre Bestimmungen geherrscht zu haben. An den eben genannten Plähen kam es deshalb zu Auflchnungen, indem, namentlich in Königsberg, die Gefangenen sich weigerten, die FestungsErdarbeiten auszuführen, zu denen sie commandirt worden waren. Nur die Kaiserjäger, trozdem oder vielleicht weil sie eine Elite Truppe waren, leisteten dem Befehl ohne Widerrede Folge. Die Uebrigen beharrten in ihrem Widerstande, bis das »Scharfladen der Gewehre« ihnen zeigte, daß man gewillt sei, Ernst zu machen.

Am glücklichsten, heitersten und freiesten lebten wohl jene 10,000 Mann, die, nachdem alle Festungen gefüllt waren, ein für sie abgestecktes Lager,

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