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Die Parade über die Elb-Armee

(am 30. bei Ladendorf).

Von der Elb Armee, die sich bei Hühnerwasser und Münchengräß, ganz besonders aber bei Prim und Problus so glänzend bewährt hatte, hatte der König nur einzelne Bataillone auf dem Schlachtfelde von Königgrät gesehen, es drängte ihn daher ganz besonders, ihr und ihrem ausgezeichneten Führer ein Wort der Anerkennung auszusprechen. Es war ursprünglich weniger eine große Parade, als eine Begrüßung der einzelnen Divisionen (14., 15. und 16.) beabsichtigt; als aber am 29., etwa gegen 1 Uhr Mittag, der König in Ladendorf, einem dem Fürsten Khevenhüller-Metsch gehörigen Schlosse, angekommen und in den Schloßhof eingefahren war, meldete der Commandirende der Elb-Armee, General Herwarth v. Bittenfeld, daß er dem Wunsche der Truppen entsprochen und dieselben zur Heerschau für Seine Majestät zusammengezogen habe. Der König gab seine Zu stimmung, am andern Morgen die Parade über alle drei Divisionen ab. nehmen zu wollen.

Am 30. früh war die Elb-Armee zwischen Ladendorf und dem Stocke. rauer Walde in fünf Treffen aufgestellt.

Erstes Treffen. 14. Division (Graf Münster - Meinhövel).
Regimenter Nr. 16, 56, 17, 57 und das

Jäger Bataillon Nr. 7.

Zweites Treffen. 15. Division (General v. Canstein).
Regimenter Nr. 40, 65, 28, 68 und das

Jäger Bataillon Nr. 8.

Drittes Treffen. Die halbe 16. Division und die gesammte
Cavallerie der Elb-Armee (General v. Ezel).

Regimenter Nr. 29 und 69,

Königs Husaren Regiment (Nr. 7), Husaren Regiment Nr. 11,
Dragoner-Regiment Nr. 7, Cürassier - Regiment Nr. 8,

Ulanen Regiment Nr. 5, Ulanen Regiment Nr. 7.
Viertes Treffen. Die Artillerie (Oberst v. Rozynski).
Artillerie - Negiment Nr. 7 und 8.

Fünftes Treffen.

Pionier Bataillon Nr. 7 und 8. Brückentrain.

Krankenträger - Compagnie. Leichtes Feldlazareth.

Die Parade commandirte General Herwarth v. Bittenfeld, mit dem Schwarzen Adler Orden geschmückt, der ihm an demselben Morgen ver liehen war.

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Um 11 Uhr erschien der König, in Begleitung des Prinzen Karl, mit zahlreichem Gefolge, darunter von fremden Offizieren der russische Militair - Bevollmächtigte Graf Kutusow und der italienische General Govone, und ritt unter begeistertem Hurrah der Truppen die Fronten der Treffen entlang. Die Armee formirte sich alsdann zum Vorbeimarsch, der von der Infanterie in Compagniefront mit Gewehr über, von der Cavallerie in ge öffneter Escadrons Colonne und der Artillerie in Batteriefront erfolgte. Die Truppen rückten sofort in ihre Cantonnements zurück. Den zurückgebliebenen Commandeuren sprach Seine Majestät für die Leistungen der Armee seinen gnädigsten Dank aus; er habe immer die Armee lieb gehabt und in der Stunde der Gefahr Großes von ihr erwartet, seine Erwartungen seien glänzend übertroffen worden; er könne nicht Jedem persönlich danken, er beauftrage die Divisions Commandeure (denen er gerührt die Hand reichte) den Offizieren und Soldaten seine höchste Anerkennung für ihre Leistungen zu überbringen. Auch an die Offiziere seines Husaren - Regiments richtete der König eine Ansprache voller Zufriedenheit über die Bravour der Schwadronen, die fortwährend in der Avantgarde die Nächsten dem Feinde gewesen seien. Unter Hurrah der abmarschirenden Truppen ritt Se. Majestät nach Schloß Ladendorf zurück, um sich von dort am andern Tage zur Armee des Prinzen Friedrich Karl zu begeben.

Leider war die Parade der Elb-Armee vom Wetter wenig begünstigt gewesen. Regen und Wind wechselten ab; die Wege waren grundlos. Ein Augenzeuge schreibt: »Es waltete ein ungünstiges Geschick über unsrer Heerschau. Früh Morgens in möglichst »strammem Puß« ausrückend, wurden wir von Regengüssen befallen, welche nicht nur die Propertätsanstrengungen des vorigen Tages zu Nichte machten, sondern, was unendlich schlimmer war, die ohnehin schlechten Feldwege in einen Morast verwandelten. Endlich angekommen, hatten wir zwei Stunden lang kein andres Mittel gegen den schneidend kalten Wind, als Griffemachen und Richtung nehmen. Gegen 12 erschien der König. An der Front der langgezogenen Linien ritt er langsam vorbei, so daß wenigstens die in den vorderen Gliedern stehenden Mannschaften sich seine Züge deutlich einprägen konnten. Mit dem Vorbeiritt des Kriegsherrn war die eigentliche Feier zu Ende, denn der späterhin noch versuchte Parademarsch war wenig mehr als eine Abwechslung von Steckenbleiben im Moraste und von Heranstürzen in die Marschlinie; und im unergründlichsten Schmuß verstarb die schön angelegte und vorbereitete Parade eines erbärmlichen Todes. Nun, ein Schelm thut mehr, als er kann, und daß der König in höchst zufriedener Stimmung war, bewies sein von triumphirender Freude leuchtendes Auge. Der scharfe Wind, dem einzelne verirrte Sonnenstrahlen zu Hülfe kamen, als die Regenströme aufhörten,

trocknete die ganz und gar durchnäßten Kleider schneller, als ein guter Ofen es gekonnt hätte. «<

Die Parade der I. Armee

(am 31. Juli, auf dem Marchfelde).

Von Ladendorf begab sich der König am selben Tage noch nach Groß- Gänserndorf, um daselbst am andern Tage eine Parade über den größeren Theil der I. Armee abzunehmen.

Groß. Gänserndorf liegt auf dem Marchfelde, fast im Angesichte von Wien. Das Marchfeld ist alter Schlachtengrund, 5 Meilen lang, bei 3 bis 4 Meilen Breite. Das alte Wort, daß Schlachtfelder von dem vergoffenen Blute üppig grünen, bewährt sich hier nicht. Es ist, als traure die unheilvolle Stätte in unfruchtbarem Weh. Als habe sie Sand über ihre Vergangenheit geweht und dulde kein Zeichen der Freude und des Lebens auf den vergessenen Hügeln ihrer Todten. Ein kleiner Fluß, die Nuß, in heißer Sommerzeit beinahe ausgetrocknet, durchschneidet von Nordwest gegen Südwest seine Mitte und theilt es in fast gleiche Hälften, bis er sich in die March, hart an der Mündung derselben in die Donau, ergießt. Eine halbe Meile oberhalb führt bei dem Orte Hof die Eisenbahnbrücke über die March nach dem kaum zwei Stunden entfernten Preßburg. Kaum vermag ein Stratege in der Theorie sich ein idealeres Schlachtfeld zu construiren. Wie auf dem Schachbrette ist jeder Angriff zu berechnen, die Stärke und die Schwäche des Feindes übersichtlich vor dem Blick. Vor Allem ist der Cavallerie der weiteste Spielraum geboten, nur den Plänklern erscheint er abgeschnitten, da kein Baum, kein Haus, keine Erhöhung ihnen Deckung gewährt.

Oft, wie schon angedeutet, fielen in diesem Winkel zwischen March und Donau die Würfel, die über Glück und Unglück des Kaiserstaats ent schieden. Hier siegte Ottokar von Böhmen 1260; hier war es, wo er achtzehn Jahre später (1278) im Kampfe gegen Rudolf von Habsburg, als »Rebell wider Kaiser und Reich« Schlacht und Leben verlor. Hier war es, wo 1809 in Sieg und Niederlage die entscheidenden Schläge fielen. Unter Napoleons eigener Führung überschritt die französische Armee von dem eroberten Wien aus mit Benutzung der größeren Donau-Insel Löbau, Groß. Enzersdorf gegenüber, am 21. Mai 1809 den Fluß und rückte dem ihn an dem mehrgenannten Flüßchen Ruß erwartenden Erzherzog Karl entgegen. Ein erbitterter Kampf entspann sich um die dicht neben einander an der Donau aufwärts gelegenen Dörfer Eßlingen und Aspern. Den Dest

reichern gelang es, die französische Verbindungsbrücke zwischen der Insel und dem Festlande zu zerstören, bevor Napoleon seine sämmtlichen Truppen hinübergebracht hatte. Dadurch befand er sich in der Minderzahl und sah, hart bedrängt und ungünstig situirt, sich genöthigt, die Defensive zu bewahren, bis die Nacht dem Kampf ein Ende machte. In dieser verstärkten sich die Franzosen durch Ueberschiffung, und in der Morgenfrühe ward der Angriff auf die beiden Dörfer erneut. Hier fiel der Marschall Lannes; es gelang den Oestreichern' nicht, Eßlingen, das die Franzosen genommen, wieder zu erobern, diesen nicht, Aspern zu erstürmen. Nach ungeheuren Verlusten auf beiden Seiten blieb die Schlacht unentschieden, die erste nicht erfolgreiche, in der Napoleon persönlich commandirte, so daß er sich, um eine gesicherte Stellung einzunehmen, auf die Insel Löbau zurückzog. Aber nicht auf lange. Schon am 4. Juli, inzwischen durch Eugen Beauharnais und Bernadotte verstärkt, überschritt er in der Nacht, während eines heftigen Gewitters, abermals die Donau. Am 6. entschied der blutige Kampf bei Wagram (ebenfalls auf dem Marchfelde gelegen) zu Ungunsten Oestreichs.

So 1809. Auch 1866 schien eine Entscheidungsschlacht auf dem Marchfelde bringen zu sollen, aber die Waffenruhe trat dazwischen und das kriegerische Schauspiel, das das Marchfeld bot, war eine Heerschau.

Vier Divisionen, die 5., 6., 7. und 8., und das Cavallerie Corps des Prinzen Albrecht standen in Parade, mit dem linken Flügel an Gänserndorf, Front gegen die feindliche Hauptstadt. Es waren 62,000 Mann mit 240 Geschüßen.

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Als gegen 10 Uhr König Wilhelm der langen Aufstellungslinie sich näherte und Prinz Friedrich Karl die ganze Parade präsentiren ließ, brach wie ein heranbrausender, immer mächtiger werdender Sturm, aus allen Reihen ein jubelndes, nicht endenwollendes Hurrah hervor. Der König verneigte sich wiederholentlich huldvoll, begab sich dann nach dem rechten Flügel und ritt langsam, jedes einzelne Bataillon begrüßend, die Fronten herunter. Als er die 7. Division passirte und die schmalen Fronten der im Swip Walde gelichteten Bataillone sah, war auf dem edlen, menschenfreundlichen Antlig die tiefe Nührung nicht zu verkennen, mit welcher ihn dieser deutlich redende Anblick erfüllte. Dann begann der Vorbeimarsch: Die Infanterie in Compagniefront-Colonnen, gefolgt von der Cavallerie und Artillerie. Prinz Friedrich Karl führte sein 64., Prinz Adalbert sein 31. Regiment dem Könige vorüber. Einen wehmüthigen Eindruck weckten die Landsberger und die Neumärkischen Dragoner; die Schwadronen des leztgenannten Regimentes erschienen zum Theil nur mit der Hälfte ihrer Mannschaften auf diesem Heerschaufelde, die andere Hälfte lag eingescharrt auf dem Felde von Rosberig.

Als die lezten Colonnen vorüber waren, sammelte der König die Generale um sich her und sprach wie folgt: »Was wir heute vor uns sehen Gott allein die Ehre! Wir aber find Gottes Werkzeuge gewesen. Der unvergleichlichen Bravour Meiner Armee und Ihrer ausgezeichneten Führung namentlich (zu Prinz Friedrich Karl gewandt) der Deinigen verdanke Jch, verdankt das Vaterland diesen glänzenden, so schnell beendeten, mit so ruhmreichen Resultaten gekrönten Feldzug. Ich danke heute namentlich der 7. und 8. Division, die mit zäher Tapferkeit Stand gehalten haben, als es den höchsten Preis galt; ihre Verluste sind schwer und schmerzlich, aber sie waren nöthig und sind nicht vergeblich. Noch einmal also: Meine vollste Anerkennung und Meinen königlichen Dank! Leben Sie wohl, Meine Herren! Auf Wiedersehn im Vaterlande!«

Unter vielem tausendfachen Hurrahrufe ritt der König nach Schön. kirchen, wo eine aus Decorirten gebildete Ehrenwache seiner wartete. Ein Augenzeuge schreibt: »Es war ein unvergeßlicher, erhebender Tag für Alle, die der Parade beiwohnten, vom ruhmgekrönten Oberbefehlshaber der I. Armee bis herab zum jüngsten Soldaten.«

Die Parade des V. Armee Corps

(am 2. August auf dem Felde von Austerliß).

Die dritte Parade, die der König bereits auf seiner Heimreise abnahm, galt dem weiter zurück stehenden V. Corps, der 9. und 10. Division, den Siegern von Nachod und Skaliz. Das V. Corps lag in CantonnementsQuartieren bei Brünn. Um zu dem Aufstellungsplaße des Corps, namentlich der 9. Division, Generalmajor v. Löwenfeld, zu gelangen, mußte ein Theil des Schlachtfeldes von Austerlig befahren werden. Als der König beim Herabreiten der Front sich seinem Grenadier-Regiment (2. Westpreußisches Nr. 7) näherte, zog Seine Majestät den Degen, und rief seinen Grenadieren nach dem gewöhnlichen königlichen Gruß zu: »Grenadiere, Jhr habt Euch und Mir Ehre gemacht!« und bei dem darauf folgenden Vorbeimarsche sette sich Se. Majestät an die Spiße und führte dasselbe vor dem Oberbefehlshaber der II. Armee, Sr. königl. Hoheit dem Kronprinzen, und vor dem commandirenden General des V. Armee Corps, General der Infanterie v. Steinmetz, mit den Worten vorüber: »Der König seinen commandirenden Generalen!«

Eine halbe Meile weiter nordöstlich stand die 10. Division (Generalmajor v. Kirchbach), welche Se. Majestät der König ebenfalls besichtigte. Bei beiden Divisionen ließ Se. Majestät die Generale und Stabs - Offiziere zusammentreten und sprach ihnen seinen Dank und seine Anerkennung aus.

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