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Gegen Cassel und Hannover.

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ABSburg war nicht allein ins Feld gerückt; alle Mittelstaaten waren durch den Bundesbeschluß vom 14. Juni auf die Seite des alten Kaiserhauses getreten und das zwiefach bedrohte Preußen hatte, wie im Osten gegen Destreich, so im Westen gegen die östreichischen Bundesgenossen einen Krieg zu führen.

Diese Bundesgenossen (von Sachsen abgesehn, das, wie wir wissen, seine Truppen mit den Kaiserlichen vereinigte) waren: Baiern, Würtemberg, Baden, Hessen Darmstadt, Kurhessen,

Hannover. Die Truppenzahl, die diese sechs Mittelstaaten ins Feld zu stellen vermochten, belief sich, auch ohne Anspannung aller ihrer Kräfte, auf wenigstens 120,000 Mann und bildete mithin an und für sich schon einen sehr erheblichen, für den Gang der Ereignisse schwer ins Gewicht fallenden Factor. Was aber, weit über dies eigentliche Machtaufgebot hinaus, für Preußen eine Gefahr und Sorge schuf, das war die geographische Lage zweier dieser Mittelstaaten (Hannover und Kurhessen) die, den Osten unsrer Monarchie vom Westen trennend, jeden Augenblick in unsre von Truppen entblößten Provinzen einbrechen und im Rücken unsrer Armeen operiren konnten. Dies durfte nicht sein; diese beiden Mittelstaaten mußten unschädlich gemacht, mußten besiegt oder entwaffnet werden, eh Preußen dazu schritt, den vier süddeutschen, außerhalb unsrer eigentlichen Machtsphäre gelegenen Alliirten Oestreichs: Baiern, Würtemberg, Baden, Rheinhessen, auf dem Schlachtfelde gegenüberzutreten.

In diesem Sinne hatte General v. Falckenstein, der zum Obercomman direnden der Westarmee designirt worden war, schon am 13. Juni seine Instruction erhalten. Darin (vom König selbst entworfen) hieß es wie folgt: »Sollte das Verhalten Hannovers bei der morgenden Ab. stimmung am Bundestage mich zur Kriegserklärung gegen das ebengenannte Königreich veranlassen, so werden Sie meinen Befehl zum Einrücken in dasselbe auf telegraphischem Wege erhalten. Ich lege in diesem Falle die weiteren Operationen vertrauensvoll in Jhre Hand.

Für dieselbe steht zu Ihrer Verfügung die 13. Division (Division Goeben). Ferner steht am 15. d. M. bei Altona eine Division von etwa 14,000 Mann aller Waffen unter dem Generallieutenant v. Manteuffel bereit, um mit Ihnen zu cooperiren und ist der genannte General angewiesen, Ihre Befehle darüber entgegen zu nehmen....

Bei den von Ihnen zu unternehmenden Operationen wird es weniger auf Besetzung gewisser Punkte, als vielmehr darauf ankommen, die hannoverschen Truppen durch Entwaffnung oder durch Angriff auf dieselben außer Wirksamkeit zu sehen.

Sie haben eintretenden Falles bei Jhren Operationen den Gesichtspunkt festzuhalten, daß durch ein schnelles Agiren Jhre Truppen sobald als möglich für Operationen auf einem anderen Kriegsschauplage verwendbar werden. «

So, im Wesentlichen, die Instruction. Aehnliches erging an General v. Beyer (erst später dem General Vogel v. Falckenstein unterstellt), der bei Wehlar eine starke Division concentrirt und Cassel als Objekt hatte. Der in beiden Instructionen vorgesehene Fall trat ein, Hannover und Kurhessen

stimmten für den östreichischen Antrag und Preußen, wie bereits des Weiteren ausgeführt, hatte nunmehr keine näher liegende Aufgabe, als die ebengenannten beiden Staaten außer Wirksamkeit« zu sehen. Noch eine kurze Frist indessen sollte ihnen gewährt, die Möglichkeit einer Umkehr ihnen gegeben werden; so stellte denn das Berliner Kabinet noch einmal seine Bedingungen. Eine Sommation erging. Die Bedingungen waren die folgenden:

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Bündniß mit Preußen;

Abrüstung, die Truppen treten auf den Friedensstand;
Einberufung des deutschen Parlaments.

Dagegen garantirte Preußen den betreffenden Souverainen ihr Gebiet und ihre Souverainetätsrechte nach Maßgabe der von Preußen gemachten Reformvorschläge.

Diese Bedingungen, am 15. Vormittags gestellt, wurden noch im Laufe desselben Tages von beiden Souverainen abgelehnt; so blieb denu nichts übrig als Action. Preußens Kriegserklärung folgte unmittelbar und am 16. früh sezten sich die Divisionen Goeben und Manteuffel von Minden und Harburg aus gegen Hannover, die Division Beyer von Weylar aus gegen Cassel in Bewegung.

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General v. Beyer, sechs Regimenter stark (die Besagung von Frank

furt, Mainz, Nastatt, Saarlouis und Luxemburg), überschritt am 16. früh 2 Uhr die hessische Grenze. Die Entfernung von Weglar bis Cassel betrug 18 Meilen. Nach drei forcirten Märschen, während deren — durch Zerstörung der Cassel Bebraer Eisenbahn bei Melsungen ein nicht unbedeutendes Kriegsmaterial erbeutet wurde, gelangte eine Brigade der Division im Laufe des 19. bis Guntershausen. An der Spiße dieser Brigade (mittelst Eisenbahn von Guntershausen bis Cassel befördert) hielt General v. Beyer noch am Abend desselben Tages (19.) seinen Einzug in die kurhessische Hauptstadt. Am 20. folgte der Nest der Division. Nirgends Widerstand; die kurhessischen Truppen waren bereits nach Fulda und Hanau abgerückt, um von hier aus ihre Vereinigung mit den süddeutschen Contingenten zu bewerkstelligen. Nur der Kurfürst selbst war auf Wilhelmshöhe verblieben. Hier zunächst internirt, wurde er später, nach abermaliger Ablehnung eines Bündniß- Vorschlages, erst nach Minden, dann nach Stettin als Staatsgefangener abgeführt. Ohne Schwertstreich war die Aufgabe in Kurhessen gelöst, das Land »außer Wirksamkeit« gesezt worden.

Anders verliefen die Dinge in Hannover. Hier kam es zu einer Katastrophe. Bei den Vorgängen, die dazu führten, haben wir ausführlicher zu verweilen.

Zwei Colonnen, wie wir wissen, sezten sich am 16. früh gegen Hannover in Bewegung: die Division Goeben von Minden, die Division Manteuffel von Altona aus. Beide Divisionen, nach dem Wortlaute der von uns mitgetheilten Instruction (S. 4), waren dem General v. Falckenstein unterstellt; zunächst, vor der Vereinigung beider, operirte das Corps Manteuffel selbstständig.

Das letztgenannte Corps bewerkstelligte am 16. seinen Uebergang über die Elbe von Altona nach Harburg.") Am 17. rückte General v. Manteuffel ungesäumt von Harburg gegen Hannover vor. Brigade Korth

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*) Von Harburg aus, während das Gros des Corps in zwei Colonnen weiter füdlich ging, wurde, mit einem verhältnißmäßig schwachen Detachement, ein Handstreich gegen die weiter elb abwärts gelegene Festung Stade ausgeführt. Man hatte nämlich in Erfahrung gebracht, daß daselbst viel Kriegsmaterial lagere und die Besaßung nur schwach sei; so schien es denn gerechtfertigt, einen Ueberfall zu versuchen. Das Füsilier - Bataillon vom 25. InfanterieRegiment, Oberstlieutenant v. Cranach, wurde zu diesem Unternehmen bestimmt und ging am Abend des 17. auf der „Loreley“ und dem „Cyclop“ von Harburg ab. Das Bataillon landete bei Twilenfleth (1 Uhr früh am 18.) und brach gegen das noch eine starke Meile entfernte Stade auf. Die Garnison der Festung wurde durch einen zurückjagenden Cavallerieposten allerdings allarmirt, aber noch eh die Vesaßung zur Stelle sein konnte, war das Thor bereits gesprengt und ohne zunächst auf Widerstand zu stoßen, drangen die 25 er Füsiliere bis auf den Marktplah vor. Hier erst begegneten sie einer geschlossenen Abtheilung, die mit gefälltem Bajonet attakirte; zugleich fielen einige Schüsse, aber noch eh es zu einem eigentlichen Zusammenstoße kam, erklärte sich der Commandant (General v. Rechtern) zu Verhandlungen

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ging auf Lüneburg, Brigade Flies auf Celle. Am 18. wurde Lüneburg, am 19. Hannover von der erstgenannten Brigade (Korth) erreicht. Sie kam nur, um die eben weiter südlich, auf Göttingen zu, marschirende Division Goeben in Besetzung der Hauptstadt abzulösen.

Die Division Goeben, der wir uns nunmehr zuwenden, war, nach einem ersten Tagesmarsch bis Stadthagen (im Bückeburgischen), am zweiten Tage, den 17., vor den Thoren Hannovers erschienen; in guter Haltung, trog eines 12 stündigen, anstrengenden Marsches, rückte Abends 7 Uhr die Avantgarde unter Generalmajor v. Kummer in die Hauptstadt ein, das 8. Husaren Regiment vorauf, dann Abtheilungen des 13. Infanterie- Negiments, dann Artillerie. Noch während die Mannschaften ihre Quartierzettel empfingen, wurde folgende Bekanntmachung an den Straßenecken angeschlagen:

»Ich bin heute mit einem Theile der mir untergebenen Truppen in eine von ihrer Regierung verlassene Hauptstadt eingerückt; die bereit. Sehr bald kam eine Capitulation zu Stande. Die Offiziere erhielten freien Abzug mit Waffen; die Mannschaften, meist Rekruten vom 4. (Stader) Infanterie-Regiment, wurden in ihre Heimath entlassen. Das Kriegsmaterial, das hier in unsre Hände fiel, war bedeutend: 14,000 neue gezogene Gewehre, 2000 Centner Pulver, 15 gezogene 12. und 24 pfünder und als das momentan werthvollste, eine bis auf die Bespannung völlig ausgerüstete 6 pfündige gezogene Batterie. (Sie machte unter dem Namen der Stader Batterie" später die ganze Main campagne mit.)

Wie Stade capitulirten einige Tage später (am 22.) auch Emden und die Strandbatterieen an der Ems, nachdem schon vorher die hannoversche Ufer Batterie bei Brunshausen (vom 16. auf den 17.) und die Weser Forts am 19. durch unsre Kanonenboote in Besis genommen

waren.

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