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stand unmöglich war. So mußte denn auch von Seiten der Dragoner der Kampf fortgesetzt werden. Es gab ein völliges Durcheinander. Rittmeister v. Boddien griff nach der Compagniefahne und entriß sie mit Hülfe einiger Hiebe dem Träger, wobei sein schon verwundetes Pferd einen Bajonetstich erhielt. Der bairische Oberlieutenant v. Aretin lag bereits am Boden, als er noch immer mit dem Degen um sich schlug; man warf sich auf ihn und entwaffnete ihn. Ein Baier hatte nach dem Lieutenant v. Flotow gestochen, dieser aber den Stoß abgeschlagen. Derselbe Mann hob nun das Bajonet gegen den Trompeter Ahrens. Das wurde ihm verhängnißvoll. Der Dragoner Schäfer rief ihm zu: »Wat hätt di mien Trumpeter dahn, dat du em dod steken wißt« und streckte ihn durch einen Schuß zu Boden.

Die Widerstandskraft der Baiern wurde gebrochen, sie ergaben sich und streckten das Gewehr. Um eben diese Zeit hatte auch die 3. Schwadron Seubottenreut passirt und kam auf dem Kampffelde an, die bairischen Tirailleurs auffangend, welche am Bach und hinter Büschen auf dem Felde lagen, auch die Versprengten aus den Kornfeldern sammelnd.

Wagen wurden eilig herbeigeschafft und die Verwundeten auf Stroh gebettet. Als alles fertig war, setzte sich der Zug, die Gefangenen vorauf, auf Seubottenreut zu in Bewegung. Die 11. Compagnie vom 4. Garde. Regiment, Hauptmann v. Carlowitz, war inzwischen eingetroffen und erhielt den Auftrag, rechts vom Dorfe die Gegend abzusuchen.

Jedermann glaubte, die Arbeit des Tages sei gethan. Es sollte aber anders kommen. Diese Zersprengung der bairischen Compagnie war nur Vorspiel gewesen; ein ernsterer Kampf entspann sich alsbald mit dem Rest des bairischen Bataillons. Graf Joner nämlich hatte inzwischen die »Haide«

verlassen und sei es nun, daß er die detachirte Compagnie degagiren oder aber, wenn er von dem Ausgang des Kampfes schon wußte, die Gefangenen wieder frei machen wollte, gleichviel, er wandte sich von der »Haide« auf Seubottenreut zu und empfing die Spiße der Dragoner mit einem lebhaften Feuer, als diese dem Nord ausgange des Dorfes sich näherten. Die Kugeln klatschten gegen die Wände der Häuser und rissen die Schindeldächer auf. Mit diesem erneuten Vorgehn der Baiern begann der zweite Theil des Gefechts. Es ist nicht leicht von demselben eine anschauliche Beschreibung zu geben. Die Gegend ist hüglig und waldig. Wenn man das Dorf Seubottenreut verläßt, hat man zur rechten Hand ein wenig vor sich die »Haide«, jene Waldhöhe, von welcher die Baiern herabgekommen waren. Dicht vor dem Dorfe schneiden sich Eisenbahn und Chauffee; zwischen beiden liegt ein Berg voller Vertiefungen. Diesen Berg hatten die Baiern stark besezt und von hier aus war es, wo ihre Tirailleurs, die überall in Gruben und Löchern lagen, ihr Feuer auf den Dorfausgang eröffneten.

Die beiden Schwadronen marschirten sofort an der Lisière des Dorfes neben einander auf, die 3. Schwadron rechts, die 1. links, und gingen so gegen den von den Baiern besetzten Berg vor. Diese kamen nicht mehr dazu, ein Quarré zu bilden, sondern wichen eilig in den Einschnitt der Eisenbahn zurück, wo sie Deckung fanden. Von hier aus feuerten sie lebhaft; ihre Tirailleurs aber, die diese Bewegung nicht mit hatten ausführen können, wurden theils niedergeritten, theils niedergehauen, besonders solche, die zuerst um Pardon gebeten und dann, als sie denselben erhalten, doch wieder zu den Waffen gegriffen hatten.

Das Gros der Baiern steckte inzwischen in dem Eisenbahn - Einschnitt und wenigstens der Versuch mußte gemacht werden, sie hier zu vertreiben. Die Schwadronen ritten an, wurden aber derartig mit Kugeln überschüttet, daß sie zurück mußten, um sich wieder zu sammeln. Eh der Angriff wiederholt werden konnte, traten die Baiern in großer Hast und zwar westlich auf Dorf Würnsreut zu, ihren Rückzug an.

Dieser Rückzug blieb nicht ungestört. Die Dragoner, bei der Schwierigkeit des Terrains, vermochten nicht zu folgen, aber die Infanterie war jetzt heran und das Kesselthal einschließend, eröffnete sie von allen Seiten her ein Feuer auf die nach Westen zu und zwar in ziemlicher Auflösung abziehenden Baiern. Die beiden Geschüße sendeten ihre Geschosse in die bairischen Haufen. Der legte Kampf fand in dem Dorfe Wident und in den Tannen, welche dasselbe umgeben, statt; hier drangen die mecklenburgischen Jäger vor; Major von Klein stieß, als er in das Dorf hineinritt, auf einen Haufen von etwa 25 Baiern und rief ihnen zu, die Gewehre niederzulegen. Es geschah. Ebenso ergaben sich 30 Baiern, die in einer Grube steckten, an einen Jägeroffizier.

Die Ordnung war gänzlich aufgelöst, Graf Joner verwundet und was sich nicht gefangen gab, wich in südlicher Richtung auf Delsniß hin aus und suchte sein Heil in der Flucht.

Das Ergebniß des Gefechts war die völlige Zersprengung des bairischen Bataillons. Die Baiern berechnen ihren Verlust auf 8 Offiziere 250 Mann; nach diesseitiger Zählung verloren sie 5 Offiziere und 44 Mann an Todten und Verwundeten und 4 Offiziere und 210 Mann an Gefangenen. Unsererseits waren nur 15 mecklenburgische Dragoner und ein Füsilier verwundet worden, 11 Pferde todt, 27 Pferde verwundet.) Das ganze Detachement, die Dragoner an der Spike, ging vorläufig auf Bayreuth zurück, wo inzwischen von Berneck her die ganze Division eingetroffen war. Der Divisionsstab lag in der »>Eremitage«, diesem vormals markgräflichen Schloß voll interessanter Erinnerungen und sonderbarer Launen; die Truppen nur zu kleinerem Theil in der Stadt untergebracht bezogen Quartiere in den südlich gelegenen Dörfern. Hier scheint es allen, zumal aber den Mecklen burgern, wenig behagt zu haben. Wir finden in dem schon mehrfach citirten plattdeutschen Tagebuche folgende heitre Schilderung.

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»Man möt jo nich glöwen, dat de Buhren in dei Gegend eben so gaud tau Weg sünd as hier bei uns tau Lann, wenn ook dei Hüse männigmal von buten sihr hübsch utseihn, ut Sandstein buut un mit Schiefer deckt sünd

äwer wenn man rinne kümmt, denn markt man glieks, dett de Lühd doch man trurig geiht. So wast ook hier. Midde in de Stuw hängen von Bähn dal vier Stränge, woan ümmer ungefähr fier Faut hoch von dei Jhrd, ein Stück Sacklinnen befestigt wier; in diesse Hängmatt leeg ein söß mondolles Kind und davör feet dei Grotmudder und schubbst dat Göhr ümmer von ein Sied na dei anner, wobi sei ne unbekannte Melodie süng, üm dat Kind inn Slapp tau schunkeln. Unnern Aben, dei nebenbei geseggt binah dei vittel Stuw innehm, wahnten dei Häuner, achtern Aben seet de Kluck mit Küfen und up de oll Wandklock harr sick dei Hahn hensett, dei dat Zifferblatt all so vull schmußt harr, datt de Wiesers knapp noch dörch kamen künnen. Wenn man nu dor tau nimmt, dat dei Häuner ook grad nich sihr för Nennlichkeit fünd, de Lüd nich alltauoft utfegen un in denn

*) Die Baiern wollten nicht glauben, daß von preußisch - mecklenburgischer Seite niemand geblieben sei und seßten die üblichen Schauer. Geschichten in Kurs. Ein Major war aus dem Sattel geschossen, der Commandeur des Dragoner Regiments beim Angriff auf die Pözelmühle gefallen, sein Adjutant (wie immer) dicht neben ihm. Bei Nacht hatte man die Todten begraben, worüber es zwei Lesarten gab. Nach der einen hatten die Dragoner auf freiem Felde eine große Grube gemacht, die Leichen hineingelegt, zugeschüttet und waren dann darauf herumgeritten, um die Stelle wieder eben zu machen; nach der andern Version hatte man Grab bei Grab im Holze gegraben, dann war ein Bauernwagen requirirt, dem Bauer die Augen verbunden und der Wagen mit Todten beladen worden; so sei man ins Holz hineingefahren, immer leichter sei der Wagen geworden, bis alle Leichen ihr Grab gefunden hätten.

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Aben den ganzen Sommer äwer bött ward, denn kann sich Jere denken, dat dat in sone Stuw sihr na Salmiack rückt. All tau hungrig wieren wi vier Mann nu nich, un so beden wi dei Olsch uns den Kaffee, denn wi mit bröcht harren, recht stark tau kaken, wat sei nah behült, wull wie ehr schenken und ook denn Ries, dei Arwten und dat Solt. Na ne gaude halwe Stunn kehm denn dei Olsch mit einen mächttigen Pott, wie son gadlichen Wateremme voll Kaffee, de gliek mit Melk und Zucker vermischt wier, an, sett Jeren ne Taß hen und lädn tinnern Aetläpel dorbi.« Das giebt so ein Bild von Land und Leuten.

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Tage vor dem Waffenstillstande Zeit genug, um Erlangen und Nürnberg zu erreichen. Der Besiß der leztern Stadt, und zwar aus den mannigfachsten Gründen, hatte eine Bedeutung. So wurde Nürnberg die Loosung der nächsten Tage.

Am 30. brachen die Truppen auf. Die Jäger gingen mit Escadron Dragoner auf Erlangen; eine zweite mecklenburgische Colonne unter Oberst. lieutenant v. Lüzow, bestehend aus dem Garde Grenadier-Bataillon Major v. Amsberg, dem 2. Bataillon Major v. Pressentin, einer Schwadron und 4 Geschützen, ging über Pottenstein und Eschenau, eine dritte Colonne, die

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