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die erste Mainstadt. Sie berühmt sich, sieben Hügel und sieben Flüsse zu haben und wenn auch dies und das in Abzug zu bringen ist, so bleibt doch noch immer eine pittoreske Gebirgsstadt übrig, bei welcher der junge Main seinen ersten größeren Zufluß, die perlenreiche Delsnig, empfängt... Hier, in eine am Berge gelegene offene Trinkhalle, hatte der Großherzog seine Offiziere zu Thee und Bier geladen; über den Waldbergen ging der Mond auf; es war ein köstlicher Abend.. Die Quartiere waren schlecht, aber

die Forellen waren gut.«<

Der 28. brachte aber auch die Besehung Bayreuths. Während die Division in Berneck sich sammelte, wurde die Avantgarde (eine Schwadron Dragoner und das Füsilier-Bataillon vom 4. Garde-Regiment) unter Major v. Loos gegen die Hauptstadt dieses altpreußischen Landestheiles vorgeschoben. Um 3 Uhr Nachmittags war Bayreuth erreicht; ein Dragoner Trupp wandte sich dem Bahnhofe zu; dann folgte eine geschlossene Abtheilung, die Trompeter schmetterten das Preußenlied und über den Marktplag hinweg marschirte der Zug dem südlichen Ausgang des Ortes zu. Hier stieß man auf bairische Infanterie, welche auf der Eisenbahn von Kemnat herangeführt worden war und deren Führer, Hauptmann v. Parceval, gegen eine preußische Besetzung der Stadt protestirte.

Was man sich bairischerseits darunter dachte, ist schwer zu verstehn. Allerdings waren Waffenstillstandsverhandlungen im Gange; Prinz Carl

von Baiern und General v. Manteuffel verhandelten vor Würzburg und suchten die einzelnen Punkte festzustellen, aber weder waren diese Verhandlungen bis dahin zum Abschluß gediehen (derselbe erfolgte erst 3 Tage später), noch waren dem Commandirenden des II. Reserve Corps irgendwelche Weisungen, die Einstellung der Feindseligkeiten betreffend, zugegangen. Jm Gegentheil mußte uns daran liegen, die dem Waffenstillstand vorhergehenden Tage, eben weil dieser Waffenstillstand so nah war, nach Möglichkeit auszubeuten, um im Moment des Waffenstillstands so viel Land wie möglich in Händen zu haben. Dies mußte dem bairischen Ostcorps (so nannte es sich) unter General v. Fuchs, um so mehr einleuchten, als dieser General ganz nach demselben Prinzip operirte und eben so nordwärts vor. rückend, wie wir südwärts vordrangen, ebenso wie wir danach trachtete, vor Abschluß des Waffenstillstandes noch möglichst viel bairisches Land, namentlich auch Bayreuth, besezt zu halten. Er handelte darin auf höhere Weisung ganz correkt, aber doch nicht correkter als wir, die wir dasselbe Ziel verfolgten. Der Waffenstillstand war noch nicht da; beide Theile hatten das Recht freier Bewegung und wenn der Schwächere auf dies sein Recht nicht freiwillig Verzicht leistete, so mußte es nothwendig zu einem Zusammenstoß kommen.

Dieser Zusammenstoß erfolgte denn auch am andern Morgen (29.). Es ist dies das vielgenannte und vielbeklagte Gefecht bei Seubottenreut.

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Parceval hatte zu einem Einvernehmen darüber geführt, daß man so lange von Feindseligkeiten abstehn wolle, bis die Entscheidung des noch in Berneck anwesenden Großherzogs eingeholt sein könne. Die Entscheidung ging dahin, »daß man diesseits von einem Waffenstillstand nichts wisse«, und so wurde denn 9 Uhr Abends die kurze Waffenruhe wieder gekündigt. Die Baiern gingen, nach einem Tirailleurgefecht bei Mondenschein, bis Seubottenreut zurück.

Die Nachtruhe war nur von kurzer Dauer. Um 44 Uhr stand unsrerseits ein Detachement unter Obristlieutenant v. Lüzow am Nürnberger Thor, marschirte in den Sonntagmorgen hinein, hinaus in eine von bewaldeten Höhen durchbrochene Gegend und ging auf der Chauffee Creußen. Nürnberg südwärts vor. Dies Detachement bestand aus:

der 1. und 3. Schwadron mecklenburger Dragoner,

der 10., 11. und 12. Compagnie vom 4. Garde-Regiment (Major v. Loos),

der 1. mecklenburgischen Jäger Compagnie,

2 Compagnieen des 2. und 3. mecklenburgischen Bataillons und 2 Geschüßen.

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Die Chaussee Creußen-Nürnberg wurde bis Wolfsbach innegehalten; dann ging es links ab; bald mehrten sich die Zeichen, daß die Baiern bei Seubottenreut ständen. In der Nähe dieses Ortes wurden die Unsern des Feindes ansichtig. Es war das 4. Bataillon vom bairischen Leib-Regiment unter Obristlieutenant Graf Joner. Als dieser unser Vorrücken gewahr wurde, theilte er sein Bataillon und einen kleinern Theil (1 Compagnie) rechts weg über die Pößelmühle auf den südwestlich gelegenen »Birkenwald « dirigirend, führte er das Gros des Bataillons östlich nach einem mit Holz bestandenen Bergrücken, der sogenannten »Haide«.*)

Unsrerseits hatten die beiden Dragoner Schwadronen die Tête. Ihre Absicht ging zunächst dahin, die vereinzelte bairische Compagnie, die auf den >>Birkenwald« zu marschirte, abzuschneiden. Zu diesem Behuf ging die 1. Schwadron, Rittmeister v. Boddien, auf die Pözelmühle zu, während die 3. Schwadron durch Seubottenreut ging, um die in der Front attakirte Compagnie im Rücken zu fassen.**)

*) Graf Joner hatte sich, wie es heißt, telegraphisch an den Generalmajor v. Fuchs gewandt, hatte ihm die gefährdete Lage des Bataillons gemeldet und um schleunige Hülfe gebeten. In Kemnat, also kaum 2 Meilen entfernt, sollen vier Bataillone Infanterie, eine halbe Batterie und Cavallerie gelegen haben und konnten diese Truppen, wenn man das vor. geschobene Bataillon nicht zurückrufen wollte, zum Entsage desselben um so leichter vorgeführt werden, als die Bahn bis Seubottenreut in Händen der Baiern war. General v. Fuchs unterließ es aber und mußte sich's dafür gefallen lassen, daß in der Presse von dem „schändlich verrathenen Bataillon des Leibregiments gesprochen wurde.

**) Die Karte, die wir geben, ist nicht ganz so deutlich wie sie sein sollte; wir müssen deshalb durch einige Worte in dieser Anmerkung nachhelfen. Die Pögelmühle, südlich von Seubottenreut, liegt etwa da, wo sich die bairische Compagnie (eben dadurch auf dem Croquis zu erkennen) mit ihrer rechten Flanke an den Bach lehnt. Die in Front angreifende Escadron ist die 1. (Boddien), die in den Rücken fallende die 3. Das Gefechtsfeld des

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Die Pößelmühle liegt an einem kleinen Bach, über welchen cine Brücke führt. Jenseit des Baches, der mit Weiden bestanden, steigt der Boden an. Weiter rückwärts liegt die Waldhöhe, der »Birkenwald«, welchen die Baiern zu erreichen trachteten.

Als sie merkten, daß sie die Deckung des Gehölzes nicht mehr erreichen würden, bildeten sie am Abhange ein Quarré und schickten Tirailleurs bis an das Ufer des Baches vor, die nun hinter Büschen und Weiden Stellung nahmen. Das Mühlengehöft selbst blieb unbesezt.

Die Schwadron ritt in einem Hohlwege bis zur Pözelmühle hinunter, ging zu dreien über die Brücke, ließ die Tirailleurs unbeachtet und attakirte sofort. Die Baiern feuerten, aber unregelmäßig, in großer Erregung; die Kugeln gingen meistens zu hoch. Das Pferd des Rittmeisters v. Boddien bekam eine Kugel und bog aus; als sein Reiter es wieder an's Quarré heranbrachte, prallte es mit dem Pferde eines Unteroffiziers zusammen, das nun vorsprang und einige Baiern zu Boden riß. Rittmeister v. Boddien sezte in die entstandene Lücke hinein, Lieutenant v. Flotow und einige Dragoner nach, während die beiden lezten Züge der Schwadron das Quarré dicht einschlossen.

Der Gegner hielt sich gut und schoß und stach noch immer fort, obwohl er aufgefordert wurde, sich zu ergeben und ein erfolgreicher Wider

zweiten Engagements liegt nordwestlich von Seubottenreut, zwischen Chaussee und Eisenbahn. Die im Text mehrfach genannte „Haide“ ist die Waldparzelle zwischen Doberschüß und Seubottenreut.

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