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Die Avantgarde nimmt Langensalza.

Das Gros sezt sich an der Unstrut fest.
(Bis 1 Uhr.)

Etwa um 92 Uhr hatten die beiden Bataillone Coburg - Gotha unter Oberst v. Fabeck Henningsleben erreicht. Die ihnen beigegebene Batterie fuhr auf den benachbarten Höhen auf und beschoß das Regiment CambridgeDragoner, das sich, an Langensalza vorbei, auf Meryleben zurückzog.

Oberst v. Fabeck rückte nunmehr mit der Avantgarde, gefolgt vom Gros unter Oberst v. Hanstein, gegen Langensalza vor. Das 1. Bataillon Coburg-Gotha drang in die Stadt ein, das 2. Bataillon hielt sich rechts und suchte den Judenhügel zu beseßen. Oberst v. Strube, als er diese Um gehung sich vorbereiten sah, gab jeden ferneren Widerstand auf und zog sich), unterm Schuße des über die Unstrut (bis gegen Kallenbergs Mühle hin) vorgeschobenen Leib-Regiments und der Königin-Husaren auf Meryleben zurück. Als Oberst Strube hinüber war, folgten die genannten Truppentheile, Infanterie und Cavallerie, in eine Aufstellung jenseits des Flusses. *) Die beiden Bataillone Coburg-Gotha beseßten rechts den Judenhügel, links die Nordausgänge der Stadt, die Arnoldsche Ziegelei, das Lazareth und die Rasenmühle.

Mittlerweile war das Gros, etwas später, rechts abschwenkend auch die Reserve heran und um etwa 124 Uhr hatten die gesammten preußischen Streitkräfte, durch die Hannoveraner kaum behindert, ihre Aufstellung genommen. Dieselbe war die folgende:

Am linken Flügel (Thamsbrück, jenseits der Unstrut):

8. Compagnie vom 11. Regiment. Später die 6. und 7. vom Regiment Coburg-Gotha. (Brigade Bülow hatte schon vor Beginn des Gefechts Thamsbrück geräumt, um sich näher ans Centrum heranzuziehen. Hier griff diese Brigade später ent scheidend ein.)

Am rechten Flügel (Erbsberg, dem Dorfe Nägelstädt schräg gegenüber):

2 Compagnieen vom Ersaz - Bataillon des Regiments Nr. 71, Landwehr-Bataillon Aschersleben,

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*) Leib Regiment und Königin Husaren gehörten zur Reserve Brigade (Knesebeck), waren aber, während der Rest der Brigade in seiner Reservestellung blieb, in die Front detachirt worden.

Jm Centrum:

2. Bataillon Coburg Gotha in Langensalza, Arnolds Ziegelei,

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3 Compagnieen 11 er (5. 6. 7.) in Reserve.

Schon vorher, eh die Unsrigen im Stande gewesen waren, die vorgeschobenen hannöverschen Abtheilungen über die Unstrut nach Mergleben hinein zurückzuwerfen und diese Stellung an der Salza und selbst an der Unstrut hin einzunehmen, war unsre gesammte Artillerie, 18 Geschüße, auf dem Judenhügel aufgefahren und begann, während unsre Infanterie ihre Aufstellung vollendete, ein heftiges Feuer gegen den Kirchberg. Die Hannoveraner antworteten. Ihr Feuer war dem unsrigen an Zahl und Kaliber überlegen; dennoch hielten wir aus, freilich ohne uns besonderer Erfolge rühmen zu können.

Zwei 6pfündige Geschüße der Ausfall Batterie Erfurt (Lieutenant Hupfeld) waren auf dem Erbsberg am rechten Flügel aufgefahren und nahmen vorläufig an diesem Artilleriekampf nicht Theil.

Das Gefecht am linken und rechten Flügel.

Bis gegen 1 Uhr waren die Unsren in einem beständigen Avanciren geblieben. Sie hatten den Gegner, der freilich nur mit schwachen Kräften entgegentrat, aus Langensalza hinaus, vom Judenhügel hinunter, endlich die

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zu seiner Aufnahme bis an Kallenbergs Mühle vorgeschobenen Bataillone vom Leibregiment, erst über die Salza, dann über die Unstrut bis nach Meryleben zurückgedrängt. Einzelne Schüßenzüge der 25 er, in raschem Nachdrängen, waren gefolgt und hatten, von den vordersten Häusern Merylebens aus, ein Feuergefecht gegen die zunächst stehenden Bataillone der Brigade de Vaux unterhalten. Der Artilleriekampf, der seit einer Stunde mit großer Heftigkeit tobte, hielt sich die Waage. Das Gefecht stand cher zu unsern Gunsten, als umgekehrt.

Aber jezt stockte der Angriff und Generallieutenant v. Arentschildt, der von der Höhe von Mergleben aus dem Gange des Gefechtes aufmerksam gefolgt war, nahm nicht nur diesen Stillstand, er nahm auch wahr, daß er sich einem numerisch schwächeren Gegner gegenüber befinde und beschloß deshalb seinerseits zum Angriff überzugehen. Seine Dispositionen wurden rasch und gut getroffen. Unter Fortdauer des Artilleriekampfes (zu dem er in der Lage war, immer neue Batterieen heranziehen zu können) sollten seine beiden Flügel vorgehen und unsre Flanken bedrohen, beziehungsweise umfassen, während er selbst im Centrum über die Unstrutbrücken avanciren und durch Wegnahme des Judenhügels das Gefecht entscheiden wollte.

An beide Flügel, d. h. also an die Brigaden Bülow und Bothmer, die sich bereits seit Beginn des Gefechtes von Thamsbrück und Nägelstädt näher an Meryleben hinangezogen hatten, erging demgemäß der Befehl, am Flusse hin, beziehungsweise über denselben vorzurücken und die Unsrigen von dem Terrain zwischen Unstrut und Salza, auf dem sie sich festgesezt hatten, zu vertreiben.

Beide Brigaden avancirten sofort. Die Brigade Bülow (am hannöverschen rechten Flügel) reussirte; mit dem 2. Jäger-Bataillon und zwei Bataillonen der Regimenter 4 und 5 im ersten Treffen, rückte sie an den Fluß, passirte ihn erst in kleinen, dann in größeren Abtheilungen, warf die zunächst stehenden Abtheilungen unsrer 25 er und 11er und sehte sich in dem Abschnitt zwischen Unstrut und Salza fest. Die links neben der Brigade Bülow stehenden, gleich zu Anfang des Gefechts aus der Reserve (Brigade Knesebeck) vorgezogenen zwei Bataillone des Garde-Regiments, nahmen an diesem Vorgehen Theil. Der rechte Flügel hatte die ihm gestellte Aufgabe gelöst.

Nicht so der linke. Generalmajor Bothmer, nachdem sich die Unmöglichkeit herausgestellt hatte, durch Pioniere einen Uebergang über die Unstrut zu schaffen, gab an die beiden ersten Bataillone der Regimenter 6 und 7 Befehl, den Fluß zu durchwaten; die zweiten Bataillone sollten im zweiten Treffen folgen. Der Angriff begann sofort. Trog heftigen Feuers, das die Schüßenlinien unsrer hier stehenden Landwehr- Bataillone, besonders zweier Compagnieen 71 er, mit großer Präcision und großem Erfolg unter

hielten, glückte es dem 1. Bataillon des 7. hannöverschen Regiments, den hier 4 bis 5 Fuß tiefen Fluß theils zu durchwaten, theils zu durchschwimmen. So weit war der Angriff geglückt. Aber am diesseitigen Abhange des Fluß. bettes angekommen, mußte der Angreifer wieder zurück. Der Versuch wurde wiederholt, wieder der Fluß durchschritten, das ziemlich steile Ufer erklommen; aber jezt von geschlossenen Abtheilungen der Landwehr - Bataillone Naumburg und Aschersleben mit dem Bajonet attakirt, scheiterte das tapfre hannö. versche Bataillon zum zweiten Male. Der vierte Theil der Offiziere war todt oder verwundet; dem entsprechend der Verlust an Mannschaften. Das 1. Bataillon 6. Regiments war nicht glücklicher; es mußte ebenfalls zurück. *) Die Situation um 2 Uhr war also die, daß der rechte hannöversche Flügel (Brigade Bülow) über die Unstrut vorgedrungen, der linke Flügel aber (Brigade Bothmer) bei seinen gleichzeitigen Versuchen gescheitert war.

Die Entscheidung im Centrum.

Generallieutenant v. Arentschildt beschloß nunmehr den Kampf im Centrum zur Entscheidung zu bringen. Er besaß dazu, auch nachdem der linke Flügel versagt hatte, mehr als ausreichende Mittel. Schon die bis dahin in den Kampf geführten Kräfte hatten ausgereicht, ihn Terrain gewinnen zu lassen; einen weitern Erfolg hielt er um so gewisser in Händen, als er, seine Ueberlegenheit an Artillerie und Cavallerie ungerechnet, noch über acht intakte Bataillone verschiedener Brigaden verfügte, denen Generalmajor v. Flies von frischen Truppen nichts, oder so gut wie nichts ent gegenzusehen hatte.

Der Vorstoß im Centrum mußte glücken. Um indeß völlig sicher zu gehn, wurden zwei Maßregeln angeordnet, ihn einzuleiten, beziehungsweise zu souteniren. Befehl erging:

die preußischen Geschüße auf dem Judenhügel durch ein superiores, aus den Reserve Batterieen zu verstärkendes Feuer zum Schweigen zu bringen;

den preußischen rechten Flügel, den man durch Infanterie nicht hatte werfen können, durch in weitem Bogen vor. gehende Cavallerie zu umfassen.

*) Die Brigade Bothmer verlor an dieser Stelle gegen 200 Mann. Es läßt das fast die übrigens auch von Oberst Hellmuth (in seiner Brochüre über das Gefecht bei Langensalza) gemachte Angabe als glaubhaft erscheinen, wonach ein einziger preußischer Reservist, der in seiner Heimath Aschersleben als Wildschüß renommirte Gärtner Günther, 72 Hannoveraner verwundet beziehungsweise getödtet habe. Seine Kameraden luden, er schoß. Wie viel an diesen Angaben wahr, mag dahin gestellt bleiben. Günther, 9. Compagnie 27. Landwehr. Regiments (Hauptmann v. Lahrbusch), foll, zur Belohnung für seine Bravour, eine Stelle im Forstdienst erhalten haben.

Unfre Artillerie troß der großen Ueberlegenheit der feindlichen, zum Schweigen zu bringen, mißglückte; desto vollständiger glückte die Umgehung. Das Regiment Cambridge Dragoner, unter Führung des Majors v. Hammerstein, passirte die Unstrut in unmittelbarer Nähe von Nägelstädt, nahm seine Direction auf die Jllebener Höhe zu und kam dadurch in Flanke und Rücken unsrer Gesammt - Aufstellung. Unsrem im Centrum fechtenden Gros entzog sich die Wahrnehmung davon; wohl aber waren unsre am rechten Flügel stehenden Landwehr-Bataillone in der Lage, diese Umgehung erkennen zu können. Generalmajor v. Seckendorff, in nur zu begründeter Einsicht, daß er vom Centrum her (an das er bereits eins seiner Bataillone hatte hergeben müssen) keine Soutenirung zu erwarten habe, hielt jezt den Moment für gekommen, seine Position am Erbsberg aufzugeben und wich, am Klingsgraben hin, auf den Siechenhof zurück. Als die Cambridge. Dragoner diese rückgängige Bewegung wahrnahmen, beschlossen sie die ebenfalls, und zwar unter einer Particular - Bedeckung von etwa 30 Mann des ErsaßBataillons Erfurt, rückwärts gehende Ausfall - Batterie (zwei Geschüße unter Lieutenant Hupfeld) zu attakiren. Kartätsch- und Salvenfeuer brachten die Attake zum Stehn, Rittmeister William v. Einem aber, der die vorderste Schwadron führte, jagte mit dem ersten Zuge zwischen die Bedienungs- und die Bedeckungsmannschaften mitten hinein und seßte mehrere außer Gefecht, bis er tödtlich verwundet zwischen den Geschüßen zusammenbrach. *)

Der Angriff war abgeschlagen; aber dieser partielle Erfolg war zu gering, um an dem Gange des Gefechts überhaupt etwas zu unsrem Vortheil ändern zu können: der diesseitige rechte Flügel sezte seinen Rückzug fort und die rückgängige Bewegung dieses Flügels entschied auch über den ohnehin immer schwächer werdenden Widerstand unsres Centrums.

Hier waren inzwischen mehrere intakte Bataillone mit in die in erster Linie kämpfenden Abtheilungen der Brigade de Vaux, des Garde-Regiments und des 3. Jäger Bataillons, hineingezogen worden und gingen nun, en ligne mit diesen, zum Angriff vor. Ein Zwischenfall des an diesem Tage

*) Ueber diesen Kampf, wie über so viele andre Momente des Gefechtes bei Langensalza, existiren die verschiedensten Versionen. Artillerie und Infanterie machen sich die Ehren des vorstehend geschilderten Rencontres streitig. Nach Auffassung jener waren es die Kartätschschüsse der beiden Geschüße (Lieutenant Hupfeld), nach Auffassung dieser die Salven der ParticularBedeckung (Lieutenant Zacke), die den Angriff scheitern machten. Auch über den Tod des tapfern William v. Einem gehen die Berichte vollständig auseinander. Nach Angabe der Artilleristen war es der Kanonier Rudloff, der, aus mehreren Wunden blutend, den feindlichen Führer mit seinem Faschinenmesser vom Pferde stach, nach Meinung der 71 er aber sprangen auf den Ruf des hartbedrängten Kanoniers die Infanterie - Gefreiten Aßerodt und Anschüß herzu, von denen der eine durch einen Schuß, der andre durch einen Bajonetsstich in die Brust den Gegner tödtlich verwundeten. Wenn wir uns entscheiden sollen, so halten wir den

lezteren Bericht für den richtigeren.

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