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Abteilung der Finanzwache an die von den Geniedetachements aus mitgebrachtem Materiale hergestellten Landungsstege; bis 9h vormittags war die Ausbootung der Truppen, bis 4b nachmittags auch jene der Trains und Materialsbestände vollendet.

Zur Sicherung der Landungsstelle hatten die zuerst eingetroffenen Bataillone sogleich Vorposten bezogen und die Aufklärung gegen die Stadt Rhodos zu eingeleitet, deren türkische Besatzung durch fliehende Hirten von der Landung wohl Kenntnis erhalten hatte, sich jedoch darauf beschränkte, das südlich der Stadt gegen Trianda sich hinziehende Plateau zu besetzen, um sich den Rückzug in das Innere der Insel gegen Psithos zu sichern*).

Reschid Pascha, der Kommandant der türkischen Streitkräfte auf Rhodos**), verfügte über 2 Nizamié- und 1 Redif bataillon mit zusammen 1200 Mann, und über 2 altartige Gebirgsbatterien mit insgesamt 6 Geschützen. Hätte er nur die italienischen Landungstruppen gegenüber gehabt, so wäre ein längerer Widerstand in der von mittelalterlichen Ringmauern umschlossenen Stadt keineswegs aussichtslos gewesen, aber angesichts der bedrohlichen Nähe der Kriegsschiffe mit ihrer übermächtigen Artillerie hätte er ein Bombardement zur Folge haben müssen, unter dessen Eindruck vielleicht auch eine Erhebung der christlichen Bevölkerung und somit ein Kampf nach zwei Seiten zu befürchten gewesen wäre.

Diese Erwägung rechtfertigt wohl den Entschluß des türkischen Kommandanten, die ihm unterstellten Kräfte nicht im aussichtslosen Kampfe mit einem weitaus überlegenen Gegner aufzureiben, sondern sie vorerst zurückzuziehen, um später den kleinen Krieg desto nachhaltiger aufzunehmen; allein bei der bekannten Zähigkeit türkischer Soldaten, von denen in der Umgebung ihrer Garnison auch eine genaue Ortskenntnis vorausgesetzt werden muß, dann bei dem Umstande, daß die Entfernung von Rhodos bis Kalitheas kaum zwei Wegstunden beträgt, ist es nicht erklärlich, weshalb die Türken auf jede offensive Unternehmung, ja selbst auf die bloße Belästigung der landenden Italiener verzichtet hatten. GLt. A meglio, dem die Stärke und Zusammensetzung der türkischen Besatzung von Rhodos durch Kundschafternachrichten bekannt gewesen ist, hatte auf Grund seiner persönlichen Erfahrungen auf dem Kriegsschauplatze in Libien, gewiß mehr Offensivgeist der Türken er

*) Die Längenausdehnung der Insel Rhodos beträgt rund 75 km (gleich der Entfernung Wien-Gloggnitz oder von Fiume bis an die Südspitze von Istrien), die größte Breite beträgt 25 km (gleich der Entfernung Wien-Baden).

**) Es ist nicht verläßlich festgestellt, ob sich Reschid Pascha zur Zeit der italienischen Landung noch auf der Insel Rhodos befunden hat. In verschiedenen Berichten wird Oberstleutnant Abdullah Bey als Kommandant der türkischen Garnison genannt, dem ein Gendarmerieoberst zur Seite stand.

wartet und hatte daher den Vormarsch gegen die Stadt Rhodos erst nach völliger Bereitstellung seiner Truppen am Landungsplatze angetreten*).

Wie vorsichtig und systematisch die Vorrückung durchgeführt worden ist, geht daraus hervor, daß die Hauptkolonne, welche um 11h vormittags die Brücke südlich Asguru erreicht hatte, bis 4h nachmittags nicht weit über Sandruli vorgedrungen war und obzwar die Entfernung bis zu den Stadttoren kaum 2 km betrug darauf verzichtete, Rhodos noch am selben Tage in Besitz zu nehmen.

Während dieser Vorrückung der Italiener in nördlicher Richtung waren die Türken parallel in südlicher gegen Psithos abgezogen, nachdem ihnen die in der Bai von Trianda ankernden Kriegsschiffe mehrere Granaten herübergesendet hatten, deren Wirkung zum mindesten eine moralische gewesen ist. Eine kleinere türkische Abteilung, vermutlich die linke Seitenhut, stieß um die Mittagsstunde mit der italienischen Vorhut zusammen und wurde nach mehrstündigem Kampfe gegen das 34. Infanterie- und das 4. Bersaglieriregiment zersprengt, wobei auch 57 Mann zu Gefangenen gemacht wurden. Auf Seite der Italiener waren 7 Mann verwundet worden, von denen einer in der folgenden Nacht den Verletzungen erlag.

Mittlerweile hatte ein von Dolmetschern der türkischen und der griechischen Sprache begleiteter Parlamentär dem Gouverneur von Rhodos die Aufforderung zur Übergabe der Stadt überbracht, unter gleichzeitiger Androhung des Bombardements für den Fall der Weigerung oder eines hinterhältigen Angriffes. Die Unmöglichkeit jeglichen Widerstandes einsehend, erklärte der Gouverneur, unter formellem Protest gegen den Gewaltstreich, daß er seine obrigkeitliche Tätigkeit einstelle und empfahl insbesondere die Moscheen und die mohammedanischen Einwohner der Stadt dem Schutze des italienischen Kommandanten, den dieser bereitwillig zusagte.

Am Morgen des 5. Mai rückten die italienischen Truppen ohne Widerstand in die Stadt ein und hißten um 9h vormittags die königliche Flagge auf den hundertjährigen Wällen. Eine in italienischer, griechischer und türkischer Sprache verfaßte Proklamation des GLt. A meglio versprach der Bevölkerung wohlwollende Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und forderte sie zu loyalem Verhalten gegenüber den italienischen Truppen sowie zur Auslieferung der Waffen auf, deren Rückgabe jedoch für einen späteren Zeitpunkt wieder in Aussicht gestellt wurde.

*) Die nachteiligen Folgen eines sofortigen Vormarsches mit durcheinandergeratenen Abteilungen hatte GLt. A meglio gelegentlich der Landung nächst Benghazi am 19. Oktober 1911 durch persönliche Anschauung zu erkennen vermocht.

Als erste Aufgabe fiel den mit der Versehung des Polizeidienstes betrauten Abteilungen die Ausmittlung und Einlieferung einiger hundert Verbrecher zu, welche am vorhergehenden Tage über Verfügung eines untergeordneten Offiziers aus dem Gefängnis entlassen worden waren, in der Erwartung, daß die Freigelassenen nicht zögern würden, plündernd und mordend die Stadt zu durchziehen. Eine, fanatischen Christenhaß bekundende Maßregel, deren Zweck nur aus der Ursache nicht erreicht worden ist, weil sich die halbverhungerten Gefangenen vorerst mit körperlicher Stärkung begnügten, die ihnen von einsichtsvollen Leuten freiwillig geboten worden war.

Gleichzeitig mit der Besetzung der Stadt Rhodos war die Verlautbarung des Kriegszustandes erfolgt und die Blockade über die ganze Insel verhängt worden, wobei jedoch das Zugeständnis gemacht wurde, daß der Hafen von Rhodos für neutrale Schiffe unter den von den Militärbehörden festzustellenden Bedingungen offen

bleiben solle.

In Konstantinopel waren wenige Tage nach der Besetzung von Rhodos Nachrichten verbreitet, daß es den türkischen Truppen auf der Insel gelungen sei, italienische Abteilungen in einen Hinterhalt zu locken und ihnen schwere Verluste beizubringen. Diese Meldung, wie auch die Behauptung, daß die türkische Besatzung durch den optischen Telegraphen in ständiger Verbindung mit der kleinasiatischen Küste gestanden sei, hat sich als falsch herausgestellt, denn die optischen Signalmittel wurden insbesondere nachts durch die Scheinwerfer der Flotte erfolgreich bekämpft; das nach Marmaritsa führende Kabel war, ebenso wie die drahtlose Verbindung nach Makri *), bereits vor Beginn der Aktion gegen die Insel unterbrochen worden und auch der Bootsverkehr nach dem nur 20 km entfernten Festlande scheiterte zumeist an der Wachsamkeit der italienischen Kriegsfahrzeuge.

GLt. Ameglio, dessen militärische Initiative bereits aus den Kämpfen um Benghazi rühmlich bekannt ist, wollte sich auch auf Rhodos nicht mit einem halben Erfolge begnügen. Er hatte durch griechische Kundschafter alsbald in Erfahrung zu bringen vermocht, daß die bei Psithos konzentrierten türkischen Streitkräfte Vorbereitungen treffen, um sich in südlicher Richtung noch weiter in das Innere der Insel zurückzuziehen, wo eine hartnäckige Verteidigung, in Verbindung mit einem langwierigen Guerillakriege, zu erwarten gewesen wäre.

In der Absicht, den Gegner an der Durchführung dieses Planes zu hindern, ordnete GLt. A meglio für den Abend des 15. Mai eine kombinierte Vorrückung gegen Psithos an, in der Weise, daß die eigene Hauptkraft (6 Bataillone mit Artillerie) von Rhodos über Asguru *) Beide Orte liegen an der Südwestküste Kleinasiens auf 45, bzw. 70 km von Rhodos.

vorzudringen hatte, indes 3 Bersaglieribataillone an der Westseite der Insel, das Alpinibataillon Fenestrelle an der Ostseite landeten. Die beiden letzteren Kolonnen waren durch Kriegsschiffe von Rhodos an die Landungsstellen gebracht worden, hatten die Ausbootung daselbst kurz vor Mitternacht beendet, um die Vorrückung gegen Psithos sogleich anzutreten, so daß am 16. Mai gegen 9h vm. die Verbindung aller drei Kolonnen hergestellt worden war. Die nächtlichen Marschleistungen der Truppen in dem völlig unbekannten, meist sehr schwierigen Gelände waren sehr beträchtliche. Sie werden im offiziellen Berichte mit 40 km für die Hauptkolonne und mit durchschnittlich 30 km für die beiden Seitenkolonnen angegeben; ihr Erfolg war die völlige Einschließung der bei Psithos untätig verbliebenen türkischen Abteilungen, die den aussichtslosen Kampf gegen die nahezu zehnfache Übermacht erst aufnahmen, als ihre Einkreisung bereits vollzogen war.

Die einheitliche Leitung (nach angeblichen Aussagen kriegsgefangener Offiziere auch die Disziplin) auf Seite der Türken scheint gänzlich versagt zu haben. Aufklärung und Sicherung waren durchaus unzulänglich gewesen; es wurde daher nicht einmal der Versuch gemacht, eine der schwächeren Kolonnen mit ganzer Kraft anzufallen, um wenigstens einen partiellen Erfolg zu erringen, für den mancherlei Chancen gewiß vorhanden waren.

Vereinzelte viel zu spät unternommene Durchbruchsversuche wurden von den Italienern kraftvoll abgewiesen, zudem waren die gegen die Nordwestküste führenden Wege von der auf 12 km Entfernung feuernden Schiffsartillerie wirksam bestrichen worden und dermaßen vermochte das, selbst vom italienischen Kommandanten rückhaltslos anerkannte, tapfere Verhalten mehrerer Abteilungen und insbesondere der türkischen Gebirgsartillerie, das hereinbrechende Verhängnis nicht länger aufzuhalten als bis zum Abend des 16. Mai.

Angesichts des physischen Zustandes seiner Truppen, die nachts marschiert und tagsüber fast ununterbrochen im Gefecht gestanden waren, wollte GLt. A meglio den entscheidenden Schlag gegen die bereits ringartig umschlossenen feindlichen Streitkräfte erst am Morgen des 17. Mai verwirklichen, doch bedurfte es seiner nicht mehr, da noch in später Nachtstunde des 16. ein Parlamentär erschien, welcher die Waffenstreckung der Türken anzubieten hatte.

Der traurige Akt vollzog sich tags darauf um 9h vm. 33 Offiziere, 950 Mann, 6 Geschütze und zahlreiche Munitionsverschläge fielen in die Hände der Italiener; an 100 Mann waren im Kampfe gefallen, die übrigen Türken waren im Gebirge versteckt oder versprengt, kamen aber in den folgenden Tagen, vom Hunger getrieben, wieder zum Vorschein und lieferten ihre Waffen ab.

Allen Offizieren wurden ihre Säbel belassen, die Mannschaft bekam reichliche Nahrung und zu ihrem nicht geringen Erstaunen eine tägliche Löhnung im Betrag einiger Centesimi; dann wurden alle nach Rhodos geführt und in den nächsten Tagen auf Transportdampfern eingeschifft, um größtenteils in Sizilien interniert zu werden.

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