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reicher Privatherrschaften in Böhmen und Mähren sowie auch in Innerösterreich und in Ungarn.

Nachdem schon zu Beginn des Jahres 1776 infolge des Überganges des Küstengebietes von Buccari in die militärische Verwaltung die Übersetzung der Schafzucht von Mercopail auf ein hiefür geeignetes Kameralgut beschlossen worden 689 trat erst im Jahre 1782, nachdem die Schafviehpflanzungsschule trotz fortgesetzter Abgaben von Tieren an die Dominien bereits auf 300 spanische Widder und Schafe angewachsen war, eine Änderung ein.

war,

Auf der Kameralherrschaft Zbirow in Böhmen hatte sich nach und nach eine zweite solche Pflanzschule, die schon über 100 Stück jährlich an die eigenen Untertanen abgab, und auf der der Zbirower Verwaltung unterstellten Herrschaft Brandeis eine dritte entwickelt. Da das Gebiet von Mercopail mit dem von Fiume von den österreichischen Erbländern im Jahre 1775 abgetrennt worden war, der weite Transport der Tiere der Entwicklung der Zucht schädlich war, die großen Vorteile der Züchtung aber weiter erhalten werden sollten,690 wurde nunmehr eine Teilung der Pflanzstätte in der Weise. vorgenommen, daß ein Teil für die ungarischen Länder in Mercopail belassen,691 ein zweiter nach Zbirow verlegt, der dritte aber für je eine Kameral herrschaft in Österreich und Mähren bestimmt wurde.692

In Meidling und Theresienfeld bestanden auch weiterhin noch größere Schäfereien, die jedoch mit der Linzer Fabrik nicht in Verbindung standen.693

An der großen Entwicklung, welche die Wollproduktion Österreichs bald darauf zeigte, hatten diese Zuchtversuche zweifellos einen hervorragenden Anteil. Eine diese Bestrebun

689 St. R. 450 v. 1776.

690 Die Wolle dieser Tiere war in Böhmen bereits bis zu dem ansehnlichen Zentnerpreis von 70 fl. gestiegen. Namentlich Staatsrat Martini, der Mercopail besichtigt hatte, pries diese staatliche Unternehmung, die den Landesfabriken großen Nutzen gewährte.

691 Liechtenstern, Archiv. 1803. II. S. 284 ff.

692 Vortrag der Hofkammer vom 24. Juni, resolv. 2. Juli 1782. St. R. 2099 v. 1782.

693 Vortrag der Hofkanzlei vom 13. März 1786. St. R. 1132 v. 1786.

gen, die Schafrasse zu verbessern, ergänzende Maßregel wurde im Jahre 1786 mit der Befreiung der Einfuhr italienischer und spanischer Schafe von allen Zoll- und Wegmautgebühren getroffen. 694

15. Die Mährisch-Neustädter Wollenzeugfabrik.

Der im Jahre 1764 freigegebenen Wollenzeugmanufaktur widmeten sich alsbald zahlreiche Unternehmer, insbesondere in Böhmen und Mähren. Mangel an Fachkenntnissen und Erfahrung und unzureichende Fondsgelder brachten es jedoch mit sich, daß, wie Sorgenthal berichtete, die neuen Unternehmungen die Jugendjahre ihrer Entstehung selten überlebten. 695

Die österreichische Regierung trachtete insbesondere die Erzeugung der gezwirnten Waren, wie des Kronrasch, in den österreichischen Ländern zu verbreiten, welche die nur auf einfache Ware eingearbeiteten Zeugmacher wegen der nötigen Zubereitung der Wolle und des Mangels an entsprechenden Gerätschaften nicht zu liefern vermochten. Diesem Streben verdankten zwei der Linzer Fabrik nachgebildete Unternehmungen ihr Entstehen, die bedeutendsten dieser Art in Österreich im 18. Jahrhundert nach der ersteren, Privatfabriken mit ärarischer Unterstützung und Förderung, in Neugedein in Böhmen und in Neustadt in Mähren.696

Während die erstere, im Besitze des Wiener bürgerlichen Handelsmannes Schmitt, nach Abzahlung der staatlichen Vorschüsse bald ganz auf eigenen Füßen stand 697 und

694 Vaterländische Blätter. 1813. S. 275; 1814. S. 105.

695 So bemerkte auch Graf Blümegen im Staatsrat im Jahre 1768: In den Erblanden entstehen täglich neue Fabriken auf wollene Zeuge, welche darüber klagen, daß sie keinen Verschleiß finden und gleichsam in ihrer Geburt wiederum ersticken müßen. St. R. 1103 v. 1768. 696 Auch die Brünner Tuchfabrik, die spätere (1780) Köfillersche, entstand 1765 auf Anregung und mit Unterstützung der Regierung. 697 Im Jahre 1770 wurde auf 50, im Jahre 1782 bereits auf 140 Stühlen gearbeitet (St. R. 3091 v. 1770; 349 v. 1783). In Artur Salz' Geschichte der Böhmischen Industrie in der Neuzeit (1913) ist diese industriegeschichtlich wichtige Fabrik nur ganz kurz erwähnt Einige Angaben über diese Fabriksgründung bei Schreyer,

(S. 474).

einige vorzügliche Artikel lieferte, entwickelte sich bei der andern ein eigenartiges Abhängigkeitsverhältnis, welches einen unverkennbaren Beweis für die Tatsache bildet, daß die Linzer Fabrik nicht nur als Ertragsobjekt, sondern auch als Mittel zur Förderung der industriellen Entwicklung in den österreichischen Ländern im allgemeinen betrachtet wurde. Die Gründung der Mährisch-Neustädter Fabrik ist übrigens auf so eigenartige Weise zustande gekommen, daß deren Geschichte hier nicht übergangen werden soll.698

Der Magistrat von Mährisch-Neustadt bat im Jahre 1764 um die Erlaubnis, zur Aushilfe der Stadt, in der kein Kommerzium bestünde,699 dort selbst die sechs niederen lateinischen Schulen einzuführen. Die Kaiserin verfügte jedoch daraufhin, daß der für die Gründung dieser Schulen in Aussicht genommene Fonds zur Errichtung einer Wollenzeugfabrik verwendet werde.700

Mit mehrfacher Unterstützung aus der Kommerzialkasse kam die mit einem Privilegium 701 ausgestattete, unter die Leitung des Magistratsgremiums gestellte Fabrik auch zustande und wurden dort selbst Kamelote und andere wollene Zeuge hergestellt.

Da die Stadt jedoch keinen Gewinn zu erzielen vermochte, vielmehr, wie es scheint, nicht über ausreichende Gründungs- und Betriebsgelder verfügte, suchte sie schon zu

Kommerz, Fabriken und Manufakturen. I. S. 182 ff., auch bei Slokar a. a. O. S. 339.

698 Johann N. Engl, dem Verfasser der Geschichte der königl. Stadt Mährisch-Neustadt (Olmütz 1832), der über die späteren Schicksale der Fabrik etwas ausführlicher berichtet (S. 157-161), waren die näheren Umstände der Gründung nicht bekannt.

699 Die Tabakfabrik war kurz vorher von dort nach Göding verlegt worden.

700 Die Anregung hiezu scheint der Referent des mährischen Kommerzienkonsesses Nowak gegeben zu haben.

701 Mit diesem erhielt die Fabrik die Berechtigung zur Herstellung aller in die Zeugmanufaktur einschlagenden Woll-, Halbseiden-, Halbleinenund Baumwollwaren auf englische und sächsische Art. Es wurde, wie Beer, Studien etc. S. 118 angibt, am 3. Mai 1769 ausgestellt. Nach Engl a. a. O. S. 157 wurde der Fabriksbau außerhalb der Stadt erst am 7. Mai 1768 begonnen und trat die Stadt mit einem Liebauer Meister, Ferdinand Pachin, in Verbindung.

Archiv. 108. Bd. II. Hälfte.

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Beginn des Jahres 1767 mit den Unterlangendorfer Fabrikanten Bachin und Müller, die sich an dem Fabriksunternehmen beteiligen wollten, einen Sozietätskontrakt abzuschließen.

Als die Erwirkung der kaiserlichen Genehmigung dieses Vertrages im Staatsrate erörtert wurde, kam es zu bemerkenswerten Äußerungen über die Frage der Zweckdienlichkeit derartiger städtischer Unternehmungen, die sich ja auch in anderen Gemeinden befanden.

Während Freih. v. Stupan die Zulassung solcher wegen der damit verbundenen Unsicherheit für bedenklich hielt,702 wünschte Freih. v. Borié, daß mehrere Städte diesem lobwürdigen Vorgang nachfolgten, da dies der allein wirksame Weg wäre, Fabriken in den Landstädten entstehen zu lassen und damit den Nahrungsstand dieser verfallenen Städte wieder herzustellen.703

Der Vertrag, dessen Entwurf die Genehmigung nicht versagt wurde, scheint jedoch nicht zum Abschluß gekommen zu sein und der Kommerzienrat bemühte sich daraufhin selbst, der in Bedrängnis geratenen Fabrik 704 geeignete Verleger zu verschaffen. Die Gelegenheit hiezu bot ihm eine im Jahre 1769 in Wien vorgenommene Gewölbeuntersuchung. Diese ergab, daß sechs Wiener Kurrenthändler, Philipp Josef Langwieder, Josef Karl und Ferdinand Dominik Putz, Josef Buchler, Ferdinand Mayer und Franz Josef Dick, dem Verbot über die Einfuhr und Zurückbehaltung fremder Wollenzeuge zuwider gehandelt hatten und deshalb gestraft werden sollten. Diese Strafe wurde ihnen erlassen und ihnen auch der Verschleiß der über den festgesetzten Termin behaltenen fremden Waren (im Werte von ungefähr 50.000 fl.) unter der Bedingung gestattet, daß sie den Verlag der Wollenzeugfabrik zu Mährisch-Neustadt übernähmen. Am 10. November 1769

702,Obwohlen es für eine Stadtgemeinde nicht ohne Bedenken ist, in eine allzeit unsichere Handelschaft oder in ein Fabriquewesen sich einzulassen, so kann ich doch nicht entgegen sein, dem allseitigen Einraten beizutreten."

703,Allermaßen schöne Gedanken, eifrige Wünsche und noch so häufiges Schreiben ohne würksamer Tat nichts fruchten' (St. R. 777 v. 1767). 704 Es waren bereits mehr als 30.000 fl. ohne Gewinn verwendet worden.

wurde hierüber durch Bevollmächtigte auf Ratifikation ein Vertrag abgeschlossen, der jedoch von den Wiener Handelsleuten, die namentlich nicht die Vorräte der Fabrik an minder guten, aber teuren Waren übernehmen wollten, nicht ratifiziert wurde.

Der Hofkommerzienrat vermittelte nun und am 14. Mai 1770 wurde die Fabrik tatsächlich von den genannten Kaufleuten auf 25 Jahre übernommen.705 Dabei erhielt diese neue Kompagnie von sechs Handelsleuten die der Fabrik schon früher bewilligten Begünstigungen. Es wurde ein Zinsbeitrag für die Fabriksgebäude von jährlich 700.fl. auf 13 Jahre, die Beistellung einiger größerer Betriebsgerätschaften sowie ein Beitrag von je 100 fl. für jeden der 60 in Betrieb zu setzenden Werkstühle gewährt.706

705 Wenn Fechner (Die handelspolitischen Beziehungen Preußens zu Österreich. S. 477 f.) neben einigen von den hier gemachten abweichenden Angaben (nach Akten der schlesischen Ministerial registratur) auch der Vermutung Raum gewährt, daß die Fabrik deshalb im Jahre 1769 gerade in Mährisch-Neustadt errichtet wurde, weil dortselbst einige Monate später Kaiser Josef II. mit dem König Friedrich von Preußen eine Zusammenkunft haben und letzterem dabei,das Bild österreichischer Industrie imponiren' sollte wie in so vielen Fällen, witterte Fechner auch hier mittelbaren Einfluß Friedrichs des Großen —, SO dürfte eine ausdrückliche aktenmäßige Begründung dieser Behauptung wohl ebenso schwer als deren ausdrückliche Widerlegung überflüssig sein. Engl, der das große Neustädter Lustlager' des Jahres 1770 sehr eingehend beschreibt (a. a. O. S. 161–171), erwähnt denn auch natürlich nichts von einer Besichtigung der kaum in Betrieb gesetzten und schon mit großen Schwierigkeiten kämpfenden Fabrik. 706 Da nach dem ersten Privilegium bereits 20 Stühle mit dem staatlichen Beitrag angeschafft worden, wurde die Begünstigung auf 80 Stühle ausgedehnt, die die Fabrik aufzustellen verpflichtet wurde. Eine weitere eigenartige Forderung der neuen Verleger, daß ihrem Fabrikspersonal gestattet sein solle, Brot, Fleisch, Bier, Wein und Branntwein außerhalb der Stadt zu kaufen, wenn diese Waren von der Stadt nicht in entsprechender Güte und Preislage wie in der Nachbarschaft verschafft werden könnten, wurde zwar zurückgewiesen, zugleich jedoch die Mährisch-Neustädter Polizeikommission beauftragt, darüber zu wachen, daß in dieser Stadt keine Verteuerung, Eigennutz oder sonstige Bekränkungen einschleiche. Wie Borié im Staatsrate hiezu bemerkte, könnten bekanntlich die Fabriken nicht bestehen, wenn das Polizeiwesen übel bestellt wäre (Vortrag des Kommerzienrates vom 30. April 1770. St. R. 1598 v. 1770).

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