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nach höherem Wissen und einer entschiedenen Vorliebe für den Soldatenstand, reifte der fürstliche Knabe unverhältnißmäßig früh zum ruhig denkenden, eines selbstständigen Urtheils fähigen, mit internem Werthe ausgerüsteten Jünglinge heran, dem ein edles Selbstbewußtsein, ohne Selbstüberschäßung und Selbstsucht, so= wie ein hoher Grad von Pflichtgefühl ein richtiges Erkennen seiner Lebensaufgabe zur Seite stand. Die als Folge der französischen Revolution in ganz Europa hervorgerufene fieberhafte politische Aufregung, welche einen Kampf auf Leben und Tod gegen den Besitz und das Bestehende voraussehen ließ, hatte dem jungen Prinzen schon früh die Ueberzeugung eingeimpft, wie nur dann Recht und Gesetz walten könne, wenn das in den Händen des allgefürchteten Usurpators schwebende Damokles - Schwert der weltzerstörenden Herrschsucht desselben gewaltsam entrissen und Legitimität an die Stelle tyrannischer Willkür gesetzt werde. Diese Ansicht und der Abscheu gegen den mit unauslöschlichen Blutspuren im Buche der Weltgeschichte eingetragenen Königsmord, sowie die richtige Würdigung der vielfachen französischen Greuelscenen drückte dem Gemüthe des angehenden Kriegers einen Stempel auf, der ihn sehr bald als rücksichtslosen Franzosenhaffer erscheinen und seinen muthvollen patriotischen Feuereifer bei jeder sich darbietenden Gelegenheit, mitunter sogar mit allzu Nie aber ungezügelter Heftigkeit, hervortreten ließ. verleitete Letztere den Prinzen wie jeder Augenzeuge

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bestätigen wird im Momente des Gefechts zu irgend einer Uebereilung und nußloser Aufopferung der ihm anvertrauten Truppen, welche in ihm nur ein strahlendes Vorbild persönlicher Tapferkeit, ruhiger Ueberlegung und demnächst entschiedensten Handeln erblickten. Jeder Einzelne hing um so mehr mit Innigkeit und aufopfernder Liebe an dem Prinzen, weil er in jeder Bezeichnung das Wort „Selbstschonung" gar nicht kannte, Fatiguen stets mit seinen Untergebenen theilte, und durch seine wahrhaft väterliche Fürsorge für Letztere Alle zu dankbarer Anerkennung verpflichtete. Auf diese Weise erwarb er sich in seinen Stellungen als RegimentsChef, Brigade- und Divisions - Commandeur, sowie schon im Alter von 24 Jahren zum Corps-Chef ernannter höherer Führer die allgemeinste Bewunderung derer, denen der Vorzug zu Theil wurde, ihn in außergewöhnlichen Momenten handeln zu sehen. Die über die Befreiungskriege sprechenden Werke rühmen. die Leistungen des Prinzen und würden dies in einem. noch höheren Grade thun, wenn er selbst nur irgend ausreichende Materialien hierüber veröffentlicht hätte. Auch seine amtlichen Gefechts - Berichte enthielten damals nur die allernöthigsten Details, da wie er oftmals aussprach in jenem Momente nicht der Zeitpunkt war, Geschichte zu schreiben, sondern Geschichte zu machen. Um so dankbarer kann es die Nachwelt nur anerkennen, daß der hohe Herr in späteren Jahren die Zeit seiner Ruhe dazu benutzte, seine Er

innerungen zu Papiere zu bringen. Er wollte nur dasjenige wahrheitsgetreu als historisches Material liefern, was er selbst erlebte, von dem er Augen- und Ohrenzeuge war. Sein ausdrücklicher Wille war es hierbei, daß nach seinem Tode der von ihm hierzu bestimmte Theil seiner Memoiren im Druck erscheinen solle, und es ist daher der Herausgeber als einer der treuesten Verehrer und früheren Kriegsgefährten des Herzogs mit der Veröffentlichung derselben beauftragt worden.

Frankfurt a. D., am 31. März 1862.

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Erstes Kapitel.

Ein wahres Interesse kann mein Leben nur dann bieten,

wenn dessen Schilderung aus dem engeren Kreise größtentheils schon bekannter geschichtlicher Daten in das weitere Reich meiner Empfindungen hinüberschweift. Dazu wird dereinst wohl eine fremde Feder den Stoff aus meiner reichhaltigen schriftlichen Verlassenschaft entnehmen.

Ich selbst habe, theils aus Discretion und Gewissenhaftigkeit, theils auch im Fluge meiner Phantasie, Alles, was nicht unmittelbar zur Zeitgeschichte gehört, blos in jenen nach und nach entstandenen Schriftstücken aufgenommen und hier verschwiegen.

Um so mehr drängt es mich denn aber am Grabesrande, meinen Zeitgenossen, die bald für mich die Nachwelt sein werden, auch eine möglichst genaue Uebersicht alles Dessen zu geben, was unverschleiert und mit scrupulösester Gewissenhaftigkeit mein rein histo rischer Lebenslauf genannt werden darf, und woraus ich mich Alles zu verbannen befleißige, was meinem Ge

dächtniß irgendwie noch zweifelhaft erscheinen oder in die Klasse bloßer Voraussetzungen gehören könnte. Wo ich die Erwähnung solcher nicht vermeiden konnte, habe ich sie denn auch nur als Voraussetzungen angeführt. Mögen dann diese meine historischen Memoiren, wenn auch der eigentlichen Poesie des Lebens mehr oder weniger entfremdet, wenigstens der Zeitgeschichte so viele Beiträge liefern, als ich sie eben zu geben vermag.

Mein Urgroßvater, Herzog Carl Alexander von Württemberg, focht mit vieler Auszeichnung unter dem Prinzen Eugen von Savoyen, dem er sehr ergeben war. Ich schreibe diesem Umstande die Vererbung dessen Taufnamens auf die drei Söhne des Herzogs, von denen der jüngste, Friedrich Eugen, mein Großvater war, zu. Die Thaten dieses Letteren im siebenjährigen Kriege stehen noch im Gedächtniß des preußischen Heeres und finden unter anderen Schriften auch in Tempelhoffs ge= schichtlichen Werken ihren Plaz.

Mein Vater, auch der dritte Sohn des Leztgenannten, erhielt dessen Namen, und stolz auf das sich daran knüpfende Andenken, bestimmte er, daß der Name Eugen erblich in seiner Geschlechtslinie bleiben solle.

Bis zum dreißigsten Jahre soll mein Vater für einen Weiberfeind gegolten haben; sicherlich strafte er

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