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naturrechtliche Richtung verfolgen, sind bereits genannt worden, ebenso wie die Uebersetzer, Herausgeber und Commentatoren von Grotius, Burlamaqui, Vattel, Klüber, Martens; von Heffter, Bluntschli, Fiore, Amari.

Das Völkerrecht ist berücksichtigt, aber wenig gefördert, in den beiden Schriften von Albert Fritot (1783 1843): »Science du publiciste« (1820 -1823) und »Cours de droit naturel, public, politique et constitutionnel. (1827); sowie in dem »Traité de droit politique et de diplomatie appliqué à l'état actuel de la France et de l'Europe « (1828) von Georges Bonaventure Battur.

Mehr Positives und Praktisches bietet das »Dictionnaire ou ManuelLexique du Diplomate et du consula (Leipzig, 1846, 799 S. 12°) des Barons Ferd. von Cussy (1795-1866). 1)

Ein Diplomat, Graf Guillaume von Garden, welcher sich 1854 ancien ministre plénipotentiaire nennt und durch seine Histoire générale des traités und verschiedene Schriften über Diplomatie bekannt ist, hat 1854 versucht, ein System des positiven Völkerrechts zu veröffentlichen als »Code diplomatique de l'Europe ou Principes et Maximes du Droit des Gens moderne, welches aber unvollendet geblieben zu sein scheint, und worin,,von einer wissenschaftlichen festen Behandlung gar keine Rede ist.“2)

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Kein eigentliches Handbuch des Völkerrechts, sondern mehr eine kurze Philosophie der Europäischen Politik ist das 1877 erschienene » Précis du droit des gens von Fund Brentano und Albert Sorel. Den Verfassern, deren Darstellungsgabe nicht zu bestreiten ist, und die sonst auch in ehrenvoller Weise bekannt sind, der Lettere namentlich als tüchtiger diplomatischer Geschichtsforscher, scheint die spezifisch juristische Bildung abzugehen. Seltsamer Weise halten sie sich selbst für Realisten, während sie in Wirklichkeit Theoretiker eines imaginären Völkerrechts sind.

Das Buch (528 Seiten Octav) begreift, nebst Einleitung und Schlußwort, drei Bücher: Droit des gens en temps de paix, Droit des gens en temps de guerre, Droit maritime. 3)

Noch möge genannt werden ein kurzes Compendium Manuel de droit international à l'usage des officiers de l'armée de terre, ouvrage autorisé pour les écoles militaires.« Paris, 1877.

Von Louis Renault, dem durch viele Einzel-Abhandlungen und durch seine Leitung der Archives diplomatiques, sowie durch seinen Unterricht sehr verdienten Professor des Völkerrechts an der Pariser Facultät, ist bis jetzt nur ein kurzer Grundriß erschienen: »Introduction à l'étude du droit international, Paris, 1879; mit bibliographischen Notizen.*)

Ein Abriß von Alphonse Bard, dem Verfasser eines achtungswerthen Handbuchs über Internationales Privat- und Strafrecht wird eben jetzt (Mai 1885) als unter der Presse befindlich angekündigt. Im Erscheinen begriffen ist bereits ein ausführlicheres Werk von Pradier-Fodéré, dem Verfasser des >> Cours de droit diplomatique« und anderer geschäßter Werke, dem Ueber

seher und Annotator von Grotius und Fiore, dem Herausgeber und Commentator von Vattel. Jahre lang Lehrer in Paris, dann in Lima als Organifator und Director der San Marcos-Hochschule für Staatswissenschaften, gegenwärtig Appellationsgerichtsrath in Lyon, ist Pradier-Fodéré in hohem Maaße befähigt, die am Eingange dieses Paragraphen angedeutete Lücke auszufüllen. Der erste Band feines »Traité de droit international public Européen et Américain, suivant les progrès de la science et de la pratique contemporaines (XX und 691 Seiten groß 8o, Paris, Pedone Lauriel) enthält eine Einleitung in drei Kapiteln: Considérations générales, les personnes internationales, les États; und drei Kapitel vom ersten Theile: Les droits et les devoirs des États, nämlich: Généralités sur les droits et les devoirs des États, Le droit de conservation de soi-même, und Le droit d'indépendance. Im 2. B. (973 S.): Droit d'égalité, Droit de propriété, Traités. Die Darstellung geht ins Einzelne, ist in edler, würdiger Form gehalten, und es werden viele von den vorzüglicheren Autoritäten in extenso citirt. 5) Die Richtung ist philosophisch und praktisch. Das Werk soll vier Bände haben und in nächster Zeit vollendet sein.

1) Ueber Cussy: Kaltenborn, S. 200-201 und in der Jenaer Literaturzeitung, 1847, Nr. 65. Kaltenborn überschäßt dieses Buch, wenn er es „eine wahre Fundgrube des Materials für den praktischen Diplomaten" nennt.

2) Mohl, Bd. I, S. 403. Das Werk sollte vier Bände haben; ich habe nur den ersten Theil des ersten Bandes gesehen. Die Darstellung ist seicht und umfaßt vieles Fremdartige. Garden will angehende Diplomaten belehren. Unwissenschaftlich ist Garden's »Tableau historique de la diplomatie précédé des principales définitions de la science, des rapports mutuels et des intérêts respectifs des Étatsa, ein großes synoptisches Blatt zum Zusammenfalten.

3) Recensirt von Rolin-Jaequemyns, Revue de droit international, Bd. IX, S. 139.

4) Revue de droit international, Bd. X, S. 684. Ueber Renault: Annuaire, Bd. IV, S. 69.

Nur dem Titel nach gehört einigermaßen hierher des Napoleonischen halboffi= ciellen Brochürenschreibers und Gesandten Arthur de la Guéronnière's (1816 1875) »Droit public de l'Europe moderne« (1876), wo verschiedene actuelle Fragen in politisirender, nicht juristischer Art behandelt werden

5) Mit vollem Rechte rügt Pradier-Fodéré die Vernachlässigung der älteren Autoren durch die neueren: »Et cependant« sett er hinzu, »il y a dans les dissertations de ces vieux auteurs, de ces classiques du droit international, qui sont nos maîtres à tous, des trésors de bon sens, de raisonnement sûr, de finesse d'aperçus, de justesse d'appréciation, qui sont de tous les temps.... J'ai voulu laisser la parole à ces grands morts, toutes les fois que leur opinion s'est dressée devant moi à propos d'une question posée, et que j'ai cru devoir mentionner cette opinion pour m'appuyer sur elle ou pour la combattres. Ueber Pradier-Fodére: Annuaire, Bd. IV, S. 69.

§ 121.

Niederländer und Belgier, Skandinavier, Schweizer, Ungarn.

Die Zusammenstellung dieser secundären Länder an diesem Plaze bedarf keiner Rechtfertigung. Sie stehen vorwiegend unter dem wissenschaftlichen Einflusse Deutschlands.

Das Land des Grotius und des Bynkershoek hat in diesem Jahrhunderte für Bereicherung der völkerrechtlichen Literatur keine sehr rege Thätigkeit entwickelt. 1) Noch weniger hat die Heimath Battel's gethan; allerdings war Bluntschli ein Schweizer, seine völkerrechtliche Entwickelung aber datirt erst von der Heidelberger Periode seines Lebens. Die jeßige relative Unfruchtbarkeit der Schweiz in den Moral- und Socialwissenschaften ist übrigens eine Thatsache, die in den politischen und socialen Verhältnissen der Eidgenossenschaft theilweise ihre Erklärung findet. Dies kann auch von anderen kleinen Staaten gelten. 2)

Von einem Holländer ist erst 1884 eine Gesammtdarstellung erschienen, 3) und zwar in englischer Sprache. Es ist dies das »Manual of International Law, for the use of navies, colonies and consulates« des Niederländischen Generalconfuls und Ministers in China, Jan Helenus Ferguson (Haag, London, Hong-kong). Das achtungswerthe Werk umfaßt sechs Theile: I. General Principles. II. Individual Rights of States and the modifications of these Rights. Ein internationales Privatrecht, mit vielen für die Praxis der im Titel bezeichneten Kreise nüßlichen Angaben. III. Maritime and commercial International Law. IV. Mutual Rights and Responsabilities of States in time of peace. V. War and its appartenances. VI. Reestablishment of peace.

Belgien kann an Gesammtdarstellungen nur den bereits § 112 erwähnten Abriß von Arng aufweisen; — obschon in diesem Lande, infolge des Umstandes, daß die »Revue de droit international« von Rolin-Jaequemyns 1869 und das >>Institut de Droit International« 1873 hauptsächlich durch denselben hochverdienten Juristen und Staatsmann gestiftet worden sind, eine verhältnißmäßig nicht unbedeutende Thätigkeit auch auf dem Felde des Völkerrechts herrscht. Der Genter Professor Laurent, der auch als Historiker genannt werden muß, hat ein sehr ausführliches »Droit civil international« geschrieben. In den Skandinavischen Staaten sind beinahe keine das Völkerrecht im Ganzen darstellenden Schriften zu nennen. Eggers ist § 100 unter den Wolffianern erwähnt.

Der bekannte Rechtshistoriker Janus Laurits Andreas KolderupRosenvinge (1792-1850), Professor in Kopenhagen, hat einen guten Grundriß verfaßt, dessen zweite Auflage 1835 erschienen ist. *)

Die Vorlesungen des Kopenhagener Professors Frederik Kristian Bornemann (1810–1861) sind nach seinem Tode von Professor Karl Goos und dem gelehrten ehemaligen Minister Krieger, mit Noten versehen und herausgegeben worden: »Forelaesninger over den positive Folkeret. Kopenhagen, 1866. Der Norwegischen Uebersetzung von Holzendorff's „Europäischem Völkerrecht" ist § 115 gedacht worden.

In der Französischen Schweiz ist für das Völkerrecht weiter nichts zu nennen als der ganz kurze Grundriß des Genfer Professors Joseph Hornung (1823-1884): » Résumé des cours de droit public et de droit international 1879;5) während das Internationale Privatrecht von Ch. Brocher (1811-1884) mit großer Sorgfalt behandelt worden ist. 6)

In Ungarn war bis vor Kurzem das Völkerrecht lediglich oder doch hauptsächlich vertreten durch die von Rudolf Werner veranstaltete Uebersehung des Lehrbuchs des Naturrechts“ von Schilling (oben § 108). Seit einigen Jahren hat sich jedoch eine größere Thätigkeit entwickelt, Dank den Arbeiten von Kiß, dessen » Europai nemzetközi jog « (Erlau, 1876) meist nach Heffter's Muster verfaßt ist; des Pesther Professors Apathy, welcher unter dem Titel » Tételes europai nemzetközi jog (1878) Heffter's Buch verarbeitet und ergänzt hat; endlich des Kaschauer Professors Rößler, der 1879 in seinem kleinen aber inhaltsreichen Grundrisse »Bevezetes a tételes nemzetközi jogba« eine genaue Kenntniß der einschlägigen, namentlich Deutschen Literatur kundgiebt. 7)

1) Auffallend war auch, daß das Grotius-Jubiläum am 10. April 1883 in nicht gerade würdiger Weise gefeiert worden ist.

2) Ueber die Unfruchtbarkeit der kleineren Länder, insbesondere der Schweiz, auf dem Gebiete der Moral- und politischen Wissenschaften: De Candolle, Histoire des sciences et des savants (2. Aufl. 1885), S. 517.

3) Ueber das nachgelassene Werk des sonst verdienten Gabinus De Wal (1785-1834): »Inleiding tot de wetenschap van het Europesche Volkenregta 1835, s. Mohl, E. 377 Das Internationale Privatrecht hat in Asser einen sehr gewandten und anregenden Bearbeiter gefunden.

4) Mohl, S. 283.

5) Revue, Bd. X, S. 106. Ueber Hornung: Annuaire Bd. IV, S. 30; Revue, Bd. XVI, S. 615.

6) Ueber Ch. Brocher: Revue, Bd. XVI, S. 611. Der dritte Band seines >>Cours de droit international privéa ist nach seinem Tode erschienen. Sehr zu bedauern ist, daß der hervorragende Civilist Pierre Odier, Professor in Genf (1803-1859), einen »Cours de droit des gens«, den er für Privatvorlesungen ausgearbeitet hatte und dessen Manuscript in meinen Händen ist, nicht dem Drucke bestimmt hat.

Henri Brocher de la Fléchère, auch Professor in Genf, ist Verfasser philo sophischer Studien über die Entstehung und die Entwickelung des Rechts, welche sich auch auf das Völkerrecht beziehen.

7) Vgl. Stoert, Revue, Bd. XIII, S. 529.

§ 122.

Russen.

Rußland ist gegenwärtig einer der Staaten, welche dem Völkerrechte die sorgfältigste Pflege zu Theil werden lassen.) Doch sind der Gesammtwerke äußerst wenige, ja vollendet und systematisch ist nur eines, von Martens. Die alten Grundrisse von Michael von Skiaden und von Christian von Schloezer (Tables des matières contenues dans la science du droit des gens moderne de l'Europe, fondé sur les traités et la coutume «<, Dorpat 1804)2) dürfen hier übergangen werden. Von Bluntschli und Heffter sind Uebersehungen veranstaltet worden (oben § 113-114). Der Deutsch - Russe Bulmerincq ist unter den Deutschen behandelt. Bis zu Friedrich von Martens, von dem sogleich die Rede sein wird, können nur die folgenden Schriftsteller und Schriften genannt werden:

Besobrasoff: »Des Principes du droit des gens«. Petersburg, 1839. In Französischer Sprache. Die folgenden haben Russisch geschrieben:

Dimitri Ivanowitsch Katchenowski, geboren 1827, gestorben 1872, Professor zu Kharkow, ein vielseitig gebildeter Jurist. Seine,,wissenschaftliche Darstellungen", Kharkow 1863, 1866, sind unvollendet, oder richtiger, sie kommen nicht über die Einleitung. 3)

Michael Kapoustine, geboren 1828, Professor in Moskau und Jaroslaw, jest Director der Universität Dorpat:,,Allgemeine Uebersicht der Materien des Völkerrechts", 1856 1859. Kurzes,,Völkerrecht". Jaroslaw, 1873.4)

Stoianow, Professor in Kharkow:,,Skizzen der Geschichte und Dogmatik des Völkerrechts." 1875.5)

Jeht aber ist durch Friedrich von Martens, Professor in Petersburg, die juristische Literatur Rußlands um ein ausführliches, systematisches Handbuch bereichert worden, welches neben den besseren Büchern des Westens genannt zu werden verdient.

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Bekanntlich ist Martens Verfasser mehrerer trefflicher Schriften, worunter besonders das Consularwesen im Orient" und die Sammlung der Verträge mit musterhaft redigirten historischen Einleitungen, hervorzuheben sind. Sein oben genanntes Werk besteht aus zwei Bänden, die in Russischer Sprache 1882-1883 in Petersburg erschienen sind; vom ersten Bande ist eine Französische Uebersetzung (Traité de droit internationale, von Alfred Leo, Paris, 1883) und eine Deutsche (,,Völkerrecht. Das Internationale Recht der civilisirten Staaten", von Carl Bergbohm, Berlin, 1883) erschienen.

Die Systematik von Martens, die er seit mehreren Jahren in seinen Vorlesungen bewährt gefunden hat, ist eine eigenthümliche; der Inhalt des Werkes bietet auch Manches dar, welches dasselbe von denen seiner Vorgänger wesentlich unterscheidet. Martens will die realen socialrechtlichen Grundlagen

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