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de liberté que le droit cherche à réaliser. Des entités interdépendantes doivent s'assister mutuellement si elles veulent jouir de la liberté dans leur sphère respective. « Folglich begreift das Völkerrecht drei Hauptlehren: die Lehre von der Anerkennung, die Lehre von den normalen Verhältnissen, welche aus der Lehre der Anerkennung entspringen, und die Lehre von den aus derselben Anerkennungslehre entstehenden anomalen Verhältnissen.

Grundbegriff der Lehre von der Anerkennung: sämmtliche Rechte und Verbindlichkeiten haben ihren Ursprung in den Thatsachen des natürlichen Lebens. Die Lehre ist die des Staatslebens selbst, seiner internationalen de facto Existenz.

Die normalen Verhältnisse oder Beziehungen sind die Verhältnisse in Zeiten des Friedens.

Anomal sind die Beziehungen in Kriegszeiten: zwischen den Kriegführenden, zwischen Kriegführenden und Neutralen, zwischen den Neutralen. Da die aktiven Pflichten den passiven vorgehen, geht Intervention der Neutralität vor, welche zu den anomalen Verhältnissen gehört. Nach Lorimer, und hier stimmt er mit Bentham überein, soll der Staat vor Allem bestrebt sein, die internationalen Verbrechen zu verhüten, die internationalen nüßlichen Werke zu fördern. Als den Thatsachen widersprechend bekämpft Lorimer das Princip der Gleichheit unter den Staaten. Wie Kant, wie Bentham, entwirft er auch den Plan eines internationalen Staatsorganismus.

1) Mohl, Bd. I, S. 384.

2) Nys, Notes inédites de Bentham sur le droit international. Quarterly Law Review 1885.

3) Mohl, S. 371. Unbegreiflich ist die übergünstige Art, in welcher Wheaton diese Rede beurtheilt. Die Rede von Macintosh ist von Royer-Collard überseßt worden.

4) Ueber diese Bearbeitung äußert sich Lorimer selbst, in der Vorrede, wie folgt: »(Le présent livre) n'est pas, à proprement parler, une traduction de mes Institutes of the law of nations. Mon ami et collègue de l'Institut de droit international, M. Ernest Nys, a bien voulu se charger de résumer l'ouvrage anglais, et il l'a fait avec un succès que je tiens à reconnaître. Les Principes de droit international renferment toute la substance des deux volumes de l'édition originale. Les exemples, quelques notes et citations, des pièces justificatives ont disparu; mais l'argumentation est demeurée intacte et la quintessence de la doctrine est reproduite avec une scrupuleuse fidélité.<<

Siebentes Kapitel.

Der neuere philosophische und eklektische Positivismus.

§ 110. Vorbemerkung.

Die Zeiten der Französischen Revolution und des ersten Napoleon waren der Völkerrechtswissenschaft nicht günstig. Viele Einzelfragen, auch ganze Gebiete wurden zwar in werthvollen Monographien erörtert, namentlich das Seehandels- und Seekriegsrecht und die Rechte der Neutralen; allein zum Ausarbeiten von wissenschaftlichen Gesammtdarstellungen, zum Aufstellen von Rechtssystemen in einem Augenblicke, wo alles Recht mit Füßen getreten wurde, nur das Recht des Stärkeren zu gelten schien, dazu gehörte eine geistige Unverdrossenheit und ein sittlicher Muth, die nur Wenigen beschieden sind. Obschon nun ein Kant, ein Fichte und andere Philosophen an ihren naturrechtlichen Lehren weiter bauten, ein Martens unentwegt fortarbeitete, Gérard de Rayneval und einige Franzosen im naturrechtlichen Sinne schrieben, auch mehrere in verschiedenen Ländern, inmitten des Kriegslärms vom ewigen Frieden träumten, war es im Ganzen doch eine unfruchtbare Periode, und die Ursache liegt auf der Hand.

Jenen geistigen und sittlichen Muth, von dem ich eben sprach, hatte auch und besonders der Göttinger Lehrer Friedrich Saalfeld, welcher 1809 seinen Grundriß eines Systems des Europäischen Völkerrechts zum Gebrauche academischer Vorlesungen" herausgab.

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Sobald aber die Napoleonische Herrschaft gestürzt war, folgten verschiedene Werke, namentlich in Deutschland, rasch auf einander. Schmalz's ‚Europäisches Völkerrecht in acht Büchern“ erschien 1817; Schmelzing's ,,Grundriß" 1818--1820, dessen Lehrbuch" 1821; Klüber's erste Auflage 1819; Pölig's Praktisches Europäisches Völkerrecht" 1823. 1830 kamen die das Völkerrecht betreffenden Bücher von Zachariä (oben, § 105) und von Pinheiro-Ferreira (§ 106) heraus, 1833 das,,Handbuch des positiven Völkerrechts" vom bereits genannten Saalfeld. 1826 war jenseits des Weltmeeres der erste Band der Kent'schen »Commentaries « gedruckt worden. Whea= ton's >>Elements « erschienen 1836, Manning's Commentaries on the law of nations 1839, Heffter's Europäisches Völkerrecht 1844. Gegenwärtig vergeht kein Jahr, das nicht neue, meist wichtige Arbeiten aufzu weisen hätte.

In den folgenden Paragraphen soll nun eine Uebersicht gegeben werden über die wichtigeren Leistungen unseres Jahrhunderts auf dem Gebiete des positiven Völkerrechts. Diese lassen sich, wie mir scheint, trot vieler Verschiedenheiten doch sämmtlich oder beinahe sämmtlich dadurch charakterisiren, daß sie dem natürlichen und philosophischen Völkerrechte nicht feindlich entgegentreten, dasselbe auch nicht ignoriren wollen, sondern es anerkennen und mehr oder minder berücksichtigen. Die Einen stehen gleichsam auf der äußersten Linie des eklek, tischen Positivismus; Andere errichten ihr positivrechtliches Gebäude auf fester philosophischer Grundlage; Andere wieder vermischen mehr oder minder bewußt das Bestehende mit dem Gewünschten, das Geltende mit dem Idealen, so daß manches anziehende Buch nur mit Vorsicht in die Hand genommen werden darf. Der eklektische Grundzug ist Allen gemeinsam, und so halte ich es für statthaft von ferneren doctrinellen Unterschieden und Abtheilungen in den folgenden Seiten abzusehen.

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Saalfeld, Schmalz, Schmelzing, Pölig.

Literatur: Kaltenborn, Kritik, S. 137, 173, 183, 196. matik, S. 147, 153, 160, 167.

Bulmerincq, Syste= Mohl, Geschichte und Literatur, Bd. I, S. 393.

Friedrich Saalfeld, geboren 1785, war seit 1811 Professor der Philosophie in Göttingen, wo er studirt und promovirt hatte; 1809 war er daselbst als Privatdocent aufgetreten, nachdem er sich 1807 in Heidelberg ha= bilitirt hatte. Er war ein sehr thätiger Schriftsteller und starb 1834.1) Sein leztes Werk war das „Handbuch des Positiven Völkerrechts", Tübingen 1833, (391 kleine Octavseiten).

Dieses klar geschriebene Werk zerfällt, außer der Einleitung, in zwei Haupttheile: Das Völkerrecht in Friedenszeiten (von den Staaten, vorzüglich den Europäischen, im Allgemeinen; vom Eigenthumsrechte der Völker; von den Rechten und Verbindlichkeiten der Völker in Betreff der Unterhaltung des freundlichen Verkehrs unter denselben), und das Völkerrecht in Kriegszeiten. Nach dem gleichen Schema, im Allgemeinen, bearbeitet, aber weitere mündliche Ausführungen vorausseßend ist der,,Grundriß". Die Literatur ist in beiden Werken mit Maß und Geschmack berücksichtigt.

Saalfeld's Grundriß,,trat auf inmitten der Napoleonischen Universalherrschaft als mahnende Stimme an ein altes, in Vergessenheit gerathenes Institut. Schmalz dagegen schrieb zu einer Zeit, wo das Völkerrecht in seine unverjährbaren Rechte wieder eingesetzt worden war. Er hatte also nicht an das Verlorengegangene zu mahnen und zu erinnern, es lag ihm lediglich ob: den

thatsächlich herrschenden und durch die wichtigen Thatsachen des Wiener Congreßes neu und fester begründeten Zustand wissenschaftlich zu gestalten."")

Theodor Schmalz, geboren 1760, gestorben 1831, war Professor in Rinteln und in Königsberg (1788), Director der Universität Halle (1803) und der erste Rektor der Universität Berlin. Er hat sich bekanntlich in vielen Disciplinen hervorgethan, im römischen und deutschen Privatrecht, im öffentlichen Rechte, besonders in den Cameralwissenschaften. 1795 gab er in Königsberg sein berühmtes Naturrecht heraus, welches Jarde als die Wissenschaft des natürlichen Rechts" 1831 neu edirte und worin er sich im wesentlichen als Kantianer zeigt. 3) 1804 erschien seine,,Encyklopädie des gemeinen Rechts", wo das Völkerrecht auch berücksichtigt ist.

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In der Vorrede zum „Europäischen Völkerrecht", geschrieben Berlin, 15. November 1816, fagt er:,,Daß ich lediglich auf Gewohnheiten und Gebrauch das Völkerrecht gründe, wird sich aus dem Buch von selbst ergeben. Verträge können es nicht gründen, wohl aber lehren, was die Mächte dabei als Gewohnheitsrecht vorausseßten und also anerkannten."

Das übersichtlich und gefällig geschriebene Buch, nicht in Paragraphen eingetheilt, wie Schmalz ausdrücklich bemerkt, zerfällt, wie schon der Titel angiebt, in acht Bücher; die Systematisirung ist sehr willkürlich. Buch I: Begriffs= bestimmung und ganz dürftige geschichtliche Einleitung. Buch II: von den Mächten Europa's, von den Völkerrechtsnormen, Verträgen und schriftlichen Verhandlungen. Buch III: Gesandtenrecht. Buch IV: von den Gebieten der Völker, von den Rechten der Völker gegen einander, die Staatsverfassung betreffend; Verhältnisse in Rücksicht der Rechtspflege und der Staatsverwaltung.

Buch V: persönliche Verhältnisse der Souveräne, Recht in Ansehung der Meere, Handel, Unabhängigkeit der Völker. - Buch VI: Feindseligkeit, Krieg. -Buch VII: Verträge, Schließung des Friedens. Buch VIII: Bündnisse, Neutralität. Der Gebrauch des Werkes ist durch ein alphabetisches Register erleichtert. Literaturangaben fehlen; am Schluß ist eine „Bibliothek des Europäischen Völkerrechts" angehängt.

Von 1818 bis 1820 erschien zu Rudolstadt, in drei Bänden ein,,Syste matischer Grundriß des praktischen Europäischen Völkerrechts", von Julius Schmelzing.

Dieser Autor, geboren in den achtziger Jahren des lezten Jahrhunderts, scheint seinen persönlichen Verhältnissen nach wenig bekannt zu sein,*) hätte aber ein besseres Schicksal verdient. Er hat während einiger Jahre eine reiche literarische Thätigkeit entwickelt. Er war 1819 und 1820 Regiments-Auditor in einem bayrischen Ulanenregiment

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Der Systematische Grundriß" (3 Theile, ca. 1100 Seiten) wird von Kaltenborn (1847) bezeichnet als das vollständigste System des Völkerrechts aus neuerer Zeit". Der Vorrede nach war er bestimmt, „nicht nur als Leitfaden bei academischen Vorlesungen, sondern auch beim Selbstunterrichte gebraucht zu werden." Er entspricht auch diesem Zwecke, besonders durch reich

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haltige Literaturangaben, Der Verfasser war offenbar sehr realistisch gesinnt; nur ein allgemeines, positives, praktisches, Europäisches Völkerrecht" wollte er schreiben; das „unpraktische, sogenannte rationale Staats- und Völkerrecht“ will er von den Universitäten verbannen; er berücksichtigt vornehmlich die Gegenwart, und die ihm nächstliegenden Verhältnisse. ,,Die meisten zur Unterstüßung oder beispielsweisen Erörterung der Grundsäße des Europäischen Völkerrechts angeführten Geschichtsdaten oder Vertrags- und Gesezesbestimmun gen betreffen die Verhältnisse der Deutschen Bundesstaaten und unter diesen zunächst Bayern." Also Europäisches, allgemeines Völkerrecht mit particu laristischem Anstrich: vielleicht liegt darin eine der Ursachen des verhältnißmäßig geringen Erfolges dieses sehr achtungswerthen Buches, dessen Titel übrigens zu bescheiden ist.

Das Völkerrecht zerfällt nach Schmelzing in drei Hauptabtheilungen (nach privatrechtlichem Schema): die rechtlich-politische Persönlichkeit, das Sachenrecht, das Obligationenrecht. Im ersten Theile werden auch die eigentlich zum Völkerrechte nicht gehörigen persönlichen und Familienrechte der Souveräne dargestellt. Im Sachenrechte wird gehandelt von den Erwerbsarten des Völfereigenthums, von den Landesgebieten, von Eigenthum und Herrschaft der See und der Flüsse, von den Benuhungsarten der See und der Flüsse. Im Obligationenrecht werden dargestellt die Befugnisse und Verbindlichkeiten der Völker aus freundlichen Verhältnissen (Gesandtschaftsrecht, Staatsverträge, Handel und Verkehr, schriftliche Verhandlungen der Staaten und Souveräne) und aus feindseligen Verhältnissen (Entstehen feindseliger Verhältnisse, Rechtsverfolgung, Aufhebung durch gütliche Ausgleichung und durch Krieg).

Von Schmelzing wird noch ein,,Lehrbuch des Europäischen Völkerrechts“, Altona 1821, 8o. angeführt, welches ich aber nicht gesehen habe.

Karl Heinrich Ludwig Poelig, geboren 1772, gestorben 1838, lehrte Geschichte, Moral, Philosophie, Natur- und Völkerrecht, Politik, Statistik in Dresden, Wittenberg, Leipzig. Zu den zahlreichen Schriften dieses fleißigen und fruchtbaren Publicisten, die sich hauptsächlich auf Geschichte und Staatswissenschaften beziehen, gehörte, außer den Abschnitten über Natur- und Völkerrecht und philosophisches Staats- und Staatenrecht im Bande I der ,,Staatswissenschaften im Lichte unserer Zeit" (Leipzig 1823, 2. Aufl. 1827), worin er auf Grundlage der Kant'schen Andeutungen das philosophische Völkerrecht ziemlich vollständig und zugleich sehr selbständig ausbaut“5) (siehe § 105, Note 2), das Praktische Europäische Völkerrecht, nebst Diplomatie und Staatspraxis", als Band V (1824, 1828) der obenerwähnten,,Staatswissenschaften".

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Kaltenborn erkennt auch in dieser Bearbeitung des Praktischen Völkerrechts ,,den geistreichen Eklektiker auf Grundlage der Kant'schen Rechtsauffassung." Mohl (Band I, S. 141-143, 393) behandelt dieses Werk, welchem ein vorübergehender Beifall zu Theil ward, sehr strenge. Auf bleibenden Werth kann es trop geschickter Ausführung keinen Anspruch erheben. Als Bezeich=

Handbuch des Völkerrechts I.

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