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1) Der auch berühmte Isaïas Pufendorf war Samuels älterer Bruder, und deffen Enkel, gleichen Namens (1707–1785), ist als Romanist und Germanist geachtet.

2) 1667 schrieb Pufendorf unter dem Pfeudonym Severinus a Monzambano das berühmte De statu Imperii Germanici.

3) Die Abfaffung mag, wenigstens theilweise, Boyneburg veranlaßt haben; er wünschte sehr das Zustandekommen eines Corpus juris naturalis und wandte fich deshalb an Conring, an Boecler, an Rachel, und schließlich an Pufendorf (1663) Das Erscheinen des Werkes konnte er noch erleben, da er erst im December 1672 gestorben ist. Wenn Rachel sich von Boyneburg hätte bestimmen lassen, so hätte sich vielleicht die Entwickelung der Völkerrechtswissenschaft anders gestaltet.

4) Ich denke, dies sollte schon genügen, um zu zeigen, daß dem bekannten Aus, spruche des Leibniz über Pufendorf, der ja in so Manchem ein stehender Gegner war: vir parum philosophus, minimum jurisconsultus«, im ersten Theile wenig. stens nicht zu große Bedeutung beizulegen ist. Wie hoch z. B. ein Locke den Pufen= dorf schäßte, zeigt was er in der Abhandlung von der Erziehung der Kinder (§ 191) sagt: er will diesen, nach gehöriger Aneignung des De officiis von Cicero, das Pufendorf'sche De officiis hominis et civis in die Hand geben, hernach den Grotius oder,,,was vielleicht noch besser wäre", Pufendorf, De jure naturae et gentium.

5) Vgl. Bluntschli, Staatswörterbuch, Artikel Pufendorf.

6) In anderen rechtsphilosophischen Fragen hat bekanntlich Thomasius Pufendorf bekämpft. So bekämpften auch Cumberland und Sharroc, und Pufendorf selbst den Hobbes, und waren doch in Beziehung auf das Völkerrecht mit ihm einverstanden.

§ 93. Thomasius.

Literatur: Luden, Chr. Thomasius, nach seinen Schicksalen und Schriften. Berlin Saxius, Onomasticon, Bd. V, S. 430, 563. Glafey, S. 216

1805.

und fast passim.

Ompteda, S. 293.

Kaltenborn, S. 49.

Im selben Jahre, wo Pufendorf starb, wurde Christian Thomasius in Folge ehrenvollen Rufs Professor an der eben jest gegründeten Univerfität Halle, und während seines langen und fruchtbaren dortigen Wirkens als Profeffor, Geheimrath und Director hat die Pufendorf'sche Lehre vom Ver= hältnisse des Völkerrechts zum Naturrechte keinen eifrigeren, keinen gelehrteren und keinen einflußreicheren Verfechter gehabt. Er hat diese Lehre vollständig angenommen, und ihm ist deren großer Erfolg in nicht geringem Maße zuzuschreiben. 1) Eine eigenthümliche Ansicht hat er vom natürlichen Völkerrechte, wozu er nur die Materien von den Gesandten und vom Rechte der Begräbnisse rechnet. 2)

Die hierauf bezüglichen Schriften sind die »Institutionum jurisprudentiae divinae libri III, in quibus fundamenta juris naturae secundum hypotheses ill. Pufendorfii perspicue demonstrantur«, Frankfurt und Leipzig 1688, mehrmals aufgelegt, 7. Aufl. 1730; und »Fundamenta juris naturae et gentium ex sensu communi deducta, in quibus secernuntur principia honesti, justi ac decorie, Halle 1705, ebenfalls oft aufgelegt. Im Wesentlichen hatte sich Thomasius bereits 1685 erklärt in seiner Abhandlung de crimine bigamiae (§ 15).

Thomasius hat sich bekanntlich in mehreren Rechtsdisciplinen hervorgethan; an seine Verdienste um das Strafrecht, um das Civilrecht, um den Rechtsunterricht brauche ich hier nicht zu erinnern. Er ist auch als Monographist des Völkerrechts einer Erwähnung würdig. Seboren 1655, Sohn des auch durch tüchtige völkerrechtliche Monographien verdienten Leipziger Philosophen Jacob Thomasius (1622-1684), studirte er 1675-1679 in Frankfurt, lehrte zuerst und bis 1690 in Leipzig, von wo ihn Theologenhaß vertrieb, und war seit der Stiftung der Universität bis zu seinem 1728 erfolgten Tode in Halle thätig.

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1) Die Meinung“ des Thomasius über Natur und Beschaffenheit des Völkerrechts faßt Ompteda zusammen wie folgt: „Insofern unter dem Worte Jus gentium das allgemeine Naturrecht verstanden werde, sei nichts dabei zu erinnern. Eben so wenig auch, wenn man darunter die Anwendung der Regeln des Naturrechts auf die Verhältnisse der Völker unter einander verstehe, und alsdann mache das Völkerrecht einen Theil des Naturrechtes aus. Dahingegen aber sei jeder Begriff, den man sich von einem positiven Völkerrechte mache, irrig, man möge nun zum Grunde desselben die unter Völkern hergebrachten Gewohnheiten und Gebräuche oder gar Verabredungen unter denselben annehmen . . .“

2) Leşteres einer Ansicht gemäß, die sich schon bei Grotius (B. II, Kap. 19), und bei mehreren Andern, z. B. Textor (Kap. 15), vorfindet.

§ 94.

Andere Schriftsteller des Naturrechts in Deutschland.

Literatur: Glafey, S. 228.

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Ompteda, S. 295, 382.

Kamph,

S. 31. Kaltenborn, S. 47, 50 Die meisten der in diesem Paras graphen und in dem folgenden genannten Namen finden sich leicht in den bekannten Sammelwerken, namentlich in der Allgemeinen Deutschen Biographie, und in von Holzendorff's Rechtslexikon, wo auch weitere Literaturangaben sind.

Seit Pufendorf und besonders seit Thomasius erschienen in Deutschland eine Unzahl Werke verschiedensten Umfangs, welche unter den meistens promiscue gebrauchten Titeln Jus Naturae, Jus Naturae et Gentium, auch Gentium schlechthin, sämmtlich mit Nüancen Pufendorf's und Thomasius' Lehren folgend, das Völkerrecht mehr oder minder summarisch, mitunter

auch ziemlich ausführlich, als Abschnitt des Naturrechts, als Naturrecht in seiner Anwendung auf die Beziehungen der Staaten zu einander behandeln. Folgende Schriftsteller mögen erwähnt werden:

Vorerst Samuel v. Cocceji. In seiner vierten Dissertatio prooemialis entwickelt er sehr nachdrücklich, »jus gentium voluntarium s. secundarium non dari, adeoque distinctionem in jus gentium primaevum et secundarium merum esse figmentum. .« In den Noten zu den Prolegomenen des Grotius heißt es: »Nos, fabulam esse quae de jure gentium voluntario traduntur . . ., late demonstravimus. Und zu Grotius III, 6, § 3: In genere hic notandum, non dari jus aliquod gentium voluntarium, nedum recens, seu Europaeum . .«

Johann Friedrich Hombergk zu Vach, 1673-1748. Seine Hypomnemata juris gentium, 1710, 1721, sind von H. Cocceji stark beeinflußt. Johann Jakob v. Ryssel, »De jure naturae et gentium«, libri II. Leipzig 1689.1)

Johann Jakob Müller, »Institutiones jurisprudentiae gentium«< 1694. Johann Heinrich Mollenbeck, gestorben 1720, Professor zu Gießen, »Succincta juris gentium

1695.

Johann Franz Buddeus, 16671729, Professor der Theologie in Jena, sehr bekannt als Verfasser einer kurzen Geschichte des Naturrechts 1695. Das zweite Buch seiner »Philosophia practica (1697, 1703 u. a.) enthält Völkerrecht. Auch sind von ihm anzuführen »Selecta juris naturae et gentium 1704. Buddeus pflegt bei jedem naturrechtlichen Eaße anzumerken, wie sich derselbe auf die Beziehungen der Völker unter einander anwenden läßt; Vattel bemerkt dazu: »c'était mettre le pied dans le bon chemin.<< Johann Jakob Lehmann hat Noten zu Buddeus verfaßt.

Ephr. Gerhard, Professor zu Altdorf, »Delineatio juris naturae 1712. Andreas Rüdiger, zu Leipzig (1671-1731). Sein Jus naturae enthält manches Völkerrechtliche.

Michael Heinrich Griebner, 1682-1734, Professor in Wittenberg, Geheimer Hof- und Justizrath und Archivar in Dresden, seit 1727 Professor und Ordinarius zu Leipzig. Das Völkerrecht bildet das Buch III seiner 1710 erschienenen » Principia juris naturalis e, welche 3. 6. Knoblauch 1722 resümirt hat. Letzte Ausgabe von J. J. v. Bülow 1774.2)

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Der berühmte Nik. Hieronymus Gundling. 1671-1729, Professor zu Halle, hat als Theil III seiner »Via ad virtutem« ein »Jus naturae geschrieben, 1715. Wichtiger ist der nach seinem Tode veröffentlichte >> Discursus de jure naturae et gentium«, 469 Seiten klein Quart. 1734. In der Vorrede, welche geistreich und wißig ist wie Alles, was von Gundling herrührt, meldet er, daß er Willens habe,,selbst über den Grotium Etwas zu schreiben, nicht confutando, wie es die Meisten gemachet, sondern salvando, defendendo, novisque exemplis eum illustrando.« Diesen Vorsaß scheint er nicht ausgeführt zu haben.

Johann Balthasar v. Wernher (oben § 88): »Positiones ad usum juris naturalis, seu Elementa juris naturae et gentium 1704. 1720.

Dietrich Hermann Kemmerich, 1677-1745, Professor in Wittenberg und Jena. Der zweite Theil seiner Akademie der Wissenschaften" ift dem Jus naturae et gentium gewidmet.

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Johann Lorenz Fleischer, 1689-1749, Professor zu Halle, Primarius und Director der Universität Frankfurt, »Institutiones juris naturae et gentium, potissimum secundum principia Thomasiana.« 1722, 1730. J. F. Ludovici, 1671-1723, Professor zu Halle, dann Professor und Vice Kanzler zu Gießen: »Doctrina juris naturae juridice considerata< 1724 (1727).

1721.

J. G. Wagner: »Liber elementarius juris naturae et gentium 1719,
Fundamenta juris naturae et gentium« 1750.

Johann Jakob Lehmann, 1683-1740, Professor der Moralphilosophie in Jena, Verfasser und Herausgeber verschiedener Monographien, »Notae ad officia Pufendorffii.<<

Johannes Friedemann Schneider, gestorben 1733, Profeffor in Halle. »Jus gentium naturale« 1729.

J. F. Weidler, Professor der Mathematik in Wittenberg. Institutiones juris naturae et gentium« 1731.

Lorenz Reinhard, 1725 Conrector in Hildburghausen.,,Kurzgefaßte Einleitung in das Natur- und Völkerrecht". 1736. Nach Ompteda ist „das Völkerrecht mit vielem Fleiße abgehandelt."

Heinrich Koehler, Professor der Philosophie in Jena, gestorben vor 1738. »Juris socialis et gentium ad jus naturae revocati specimina VII«. 1735. Ompteda lobt die Schrift, welche übrigens nicht sämmtliche Materien des Völkerrechts berühre. 1738 erschienen zu Jena „Des Sel. H. Prof. Koehler's eigene meditationes und adnotationes über dessen Natur und Völkerrecht.“ (Specimen VII: De jure gentium.)

Heineccius: Elementa juris naturae et gentium 1738.3) Jus gentium nennt Heineccius »jus quod quid in societatibus et inter eas justum injustumve sit, praecipit.« Das Jus naturale ist »jus, quo singulorum actiones reguntur.« »Adeoque eadem juris utriusque sunt praecepta, eaedem leges, quin imo jus gentium est ipsum jus naturale, vitae hominis sociali negotiisque societatum atque integrarum gentium adplicatum. § XXII: Ex quo colligimus, jus naturae a jure gentium nec principio cognoscendi nec ipsis regulis, sed solo objecto differre.

Heineccius ist ins Englische überseßt worden von Turnbull (1742), und ins Spanische mit Ausmerzungen »ex catholicorum doctrinae von Marin de Mendoza..

1) Ryssel nennt als seine »manuductores«, außer Grotius und Hobbes, Pufendorf, Ziegler, Kulpis und Thomasius; er beruft sich auch auf Wicquefort.

2) Von Griebner ist dentiae privatae illustris. rincq (a. a. D., S 28.

auch unter anderem anzuführen: Principia jurispru

1745.

Ueber Griebner's Systematik: Bulme=

Das Buch III der Principia juris naturalis handelt in vierzehn Kapiteln: De jure gentium in genere, De statu naturali gentium inter se, De jure gentium inter se ratione proprietatis et finium; De jure et officiis gentium in statu pacifico absolutis, inprimis de juribus innoxiae utilitatis; De officiis juris gentium hypotheticis, in primis de jure gentium circa foedera et sponsiones; De jure gentium circa legatos, De controversiis gentium; De jure belli, inprimis de justis bellorum causis et de belli indictione; De eo quod in hostem licet, De acquisitione bellica, De pactis bellicis, De his qui neutras sequuntur partes, De jure victoriae, De pace.

3) Die meisten hervorragenden Rechtsgelehrten jener Zeit, die außerhalb des Naturrechts wirkten und schrieben, theilten die naturrechtliche Anschauung. So hat sich auch Just Henning Boehmer, 1674-1749, in seiner » Introductio in jus publicam universale« (1710) im rein naturrechtlichen Sinne über das Völker: recht ausgesprochen: »Respublicae liberae«, sagt er, inter se consideratae alias gentes dici solent, et ita leges pacis, ad eas applicatae et jura libertatis eisdem attributa nomen juris gentium acceperunt: quo ipso tamen non novum et distinctum jure naturae jus, sed species ejus inducitur. . . . . Facta vero mera vel mores quarundam gentium abusive juris gentium dicuntur, cum hi quidem ad rationem decori, pro seculi ratione variantis, illa vero ad meram licentiam facti spectent.<

§ 95.

Außerdeutsche Schriftsteller des Naturrechts.

Vor Allen ist hier zu nennen Jean Barbeyrac, der fleißige Ueberseßer von Grotius, Pufendorf, Cumberland, welcher in seinen gelehrten Anmerkungen zu diesen Schriftstellern, wie auch in denen zum Forum legatorum des Bynkershoek, keine Gelegenheit versäumt, seinen Standpunkt zu be= kennen. Zu wiederholten Malen sagt er, daß »il n'y a point de droit des gens qui soit distinct du droit naturel, daß »le droit des gens, distinct du droit naturel, est une chimère.«< »Au reste, sagt er noch, depuis que M. de Pufendorf a rejeté le droit des gens, dans le sens qu'on l'entendait, il a été suivi en cela, et l'est encore aujourdhui, par tous ceux qui ont étudié ces matières avec quelque soin et sans préjugé.« Diese abschäßige Bemerkung ist um so auffallender, als bekanntlich Bynkershoek, den wir als Positivisten erkennen werden, Barbeyrac befreundet und von ihm hochgeschätzt war, und Letterer seiner »manière différente de concevoir le droit des gens selber Erwähnung thut.1)

Barbeyrac ist bekanntlich weit mehr als ein einfacher Uebersezer. Er

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