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14) Alberigo Gentili oder Gentile, älterer Bruder des Civilisten Scipio Gentilis, war geboren 1552, promovirte zu Perugia 1572, wanderte 1580 aus, wurde 1587 Professor des Civilrechts in Oxford, und starb 1608 in London. Seine Verdienste sind namentlich in neuerer Zeit, und zwar hauptsächlich durch den Orforder Professor Thomas Erskine Holland, wieder in Erinnerung gebracht und in gebührender Weise geehrt worden. Sehr zahlreiche Monographien wurden ihm gewidmet, unter welchen es hier genügen möge zu erwähnen: Reiger, Commentatio de Alberico Gentili, Groningen 1867; Holland, An Inaugural Lecture on Albericus Gentilis, London 1874 (kürzlich vom Grafen Aurelio Saffi ins Italienische übersett); dann Italienische Schriften von Saffi, Fiorini, Speranza. Rolin-Jaequemyns, Revue de droit international, Ød. VIII, S. 690. Meine Note, S. 44.

15) Ueber Ayala, geb. 1548, geft. 1584: Nys, Le Droit de la Guerre, S. 173. Ayala wird oft irrthümlicher Weise als Spanier bezeichnet; allerdings stammte sein in Antwerpen angesessener, verheiratheter und eingebürgerter Vater aus Burgos. 16) Faber wurde geboren 1540, starb 1600. Semestria B III, R. 2 und 3. (1575.)

17) Auch hier darf ich auf meine Note verweisen, S. 50-53.

18) Turin 1566. Dieselbe Frage behandelte u. A. auch der Gießener Profeffor Christian Liebenthal, 1586–1647; in seiner »Delineatio juridico-politica juris foederis, in qua de foederibus tam religiosis quam politicis, et quatenus et in quantum cum infidelibus contrahi foedera possint, disceptatura. Vom Rostoder Theologen Joh. Tarnow, 1586-1629, ist eine Dissertation »num et quae foedera cum diversae religionis hominibus, et praecipue a Lutheranis et Calvinianis salva iniri possint conscientia«.

19) Meine Note, S. 54 60, und die Monographie von Nys, Revue de droit international, Bd. XVI, S. 170–189. Einzelne von diesen Autoren sind sehr bekannt. Ueber Maggi: Catellani, Revue de droit international, Bd. XVI, S. 410. Er war aus Venedig, Secretär des Senats und wurde in diplomatischen Angelegenheiten verwendet; starb 1586.

20) Note, S. 60 - 63.

21) Note, S. 63-66. Ueber Wellwood: Nys, Revue de droit international, Bd. XVII, S 76. Des Freitas' Schrift »De justo imperio Lusitanorum Asiatico adversus Grotii Mare liberum« ist vor kurzem in Französischer Uebersetzung neu aufgelegt worden. Revue de droit international, Bd. XV, S. 195. 22) Note, S. 66.

23) Ebensowenig ist es Völkerrecht, was der Londoner Advocat William Ful bede, geb. 1560, als law of nations bezeichnet, in seinem 1602 erschienenen Werke: >The Pandectes of the law of nations, contayning several discourses of the questions, points and matters of law, wherein the nations of the world doe consent and accord, giving great light to the understanding and opening of the principall objects, questions, rules and cases of the civil law and common law of this realme of England.« Indessen ist auch Völkerrechtliches darin enthalten, insbesondere Kriegsrechtliches. Nys, Revue de droit international, Bd. XVII, S. 77.

§ 86.

Leben und Wirken des Grotius.

BU

Literatur: Hugonis Grotii, Belgarum Phoenicis, Manes ab iniquis obtrectationibus vindicati (vom gelehrten Theologen und Literaten Peter Ambrosius Lehmann 1663 – 1729). Delft 1727. Lévesque de Burigny (1692 -1785), Vie de Grotius. Amsterdam 1750. Deutsch, Leipzig 1755. — Vita Hugonis Grotii, im ersten Bande der Cocceischen Ausgabe (Lausanne 1751).

Schroeckh, in den „Abbildungen und Lebensbeschreibungen berühmter Gelehrten." Heinrich Luden, Hugo Grotius nach seinen Schicksalen und Schriften, 1806. H. C. Cras (1739—1820), Oratio qua perfecti ICti forma in Hugone Grotio spectatur. Amsterdam 1775. Derselbe, Laudatio Hugonis Grotii. Amsterdam 1797. Pradier-Fodéré, Essai biographique et historique sur Grotius et son temps, vor seiner Ueberseßung des Jus Belli ac Pacis. Paris 1867. Unter den zahlreichen anderen Schriften und Auffäßen sind die Artikel Grotius in der Allgemeinen Deutschen Biographie von Haelschner, von Marquardsen in Rotteck Welcker und von Ahrens in Bluntschli's Staatswörterbuche hervorzuheben. Aus Anlaß des dreihundertjährigen Jubiläums der Geburt des Grotius sind mehrere Schriften erschienen; unter Anderen eine genealogische Studie von Vorsterman van Oyen und eine Bibliographia Grotiana von Rogge. Eine sehr wichtige Quelle für die Lebensgeschichte des Grotius sind dessen zahlreiche, theils in verschiedenen Sammlungen, theils einzeln veröffentlichte Briefe. Glafen, Geschichte des Rechts der Vernunft. Leipzig 1739. S. 98. Meister, Bibliotheca juris naturae et gentium Göttingen 1749-1757. Ompteda, S. 174, 179. Kampk,

S. 45 Wheaton, Histoire des progrès du droit des gens. Introduction.
Teichmann, in von Holzendorffs Rechtslericon, Artikel Grotius.

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Persön

liche Einzelheiten findet man u. a. auch in den mehrmals aufgelegten >> Mémoires pour servir à l'histoire de Hollande« von Louis Aubery du Maurier.

Hugo Cornets de Groot wurde geboren am Ostertage (10. April) 1583, als erster Sohn des Johann Cornets de Groot und seiner Gemahlin Alida van Overschie. Beide Eltern waren hochangesehen, von Adel und altem Patriciat. Johann de Groot war wie mehrere seiner Vorfahren Bürgermeister von Delft, und bekleidete auch das Amt eines Curators der Universität Leyden. Johanns Großvater Corneille Cornets, ein Burgundischer Edelmann, hatte infolge seiner Verheirathung mit der einzigen Tochter Diderichs de Groot van Craayenburg, den Namen de Groot angenommen. Johanns Bruder, Hugos Oheim, Cornelius Cornets de Groot, war Professor in Leyden. Hugo selbst galt als ein Wunderkind, die sorgfältigste Erziehung entwickelte seine trefflichen Anlagen, und als er, ein fünfzehnjähriger Knabe, den Admiral von Nassau und Barnevelt an den Französischen Hof begleitete, nannte ihn Heinrich der Vierte »le miracle oder le prodige de la Hollande..

Hugo, der seit seinem zwölften Jahre in Leyden studirt hatte, erwarb sich auf dieser Reise zu Orleans den juristischen Doctorhut. Er hatte bereits als lateinischer Dichter einen ansehnlichen Ruf; er machte sich sehr bald als Philologe bekannt, indem er Martianus Capella und Aratus herausgab. Achtzehn Jahre alt, erhielt er von den Generalstaaten den Auftrag, die Geschichte der Befreiung der Niederlande zu schreiben. Zugleich war er als praktischer Jurist thätig. Er wurde bald General (Fiscal-) Advokat von Holland, Seeland und Westfriesland, und nach einigen Jahren Pensionär von Rotterdam und Mitglied der Generalstaaten; auch wurde er 1613 mit einer diplomatischen Mission nach England betraut. Damals schon hatte sich die Politik seiner bemächtigt. Er vertheidigte die altnationale, aristokratische Staatsverfassung gegen Monarchie und Demagogie, und ergriff die Partei der Arminianer gegen den finsteren, starren Calvinismus der Gomaristen. Mit Uytenbogaert, der sein Lehrer gewesen war, verfaßte er die berühmte Remonstration; er ent wickelte überhaupt eine bedeutende schriftstellerische Thätigkeit in den politischreligiösen Streitigkeiten jener Zeit. Allbekannt sind seine Einkerkerung (1618), seine Verurtheilung zu lebenslänglichem Gefängniß, seine Haft auf dem Loevestein, sein kühnes Entweichen (1621). Er flüchtete nach Antwerpen und begab sich dann nach Paris, wo er in den Kreisen der Staatsmänner und Gelehrten die ehrenvollste Aufnahme fand; namentlich befreundete er sich mit der Familie de Thou, dem Präsidenten de Mesmes und dem so wunderbar vielseitigen Peiresc. 1)

Grotius hatte während seiner Haft stets fleißig gearbeitet. 2) Sofort nach seiner Befreiung schrieb er den »Apologeticus (1622), worin er über seinen Prozeß berichtete; dann legte er Hand an das Werk über Völkerrecht, welches seinem Namen unsterblichen Ruhm erwerben sollte. Die Abfassung fällt zwischen dem Anfang von 1623 und dem Sommer oder Herbst 1624. Der Druck begann im November des letteren Jahres; auf der Frankfurter Ostermesse 1625 wurde das Buch bereits verkauft, ehe es noch fertig gedruckt war. Diese erste Ausgabe, mit der Jahresangabe 1625 und dem Druckorte Paris, war nach wenigen Monaten vergriffen.

Das Gebiet des Völkerrechts und des Naturrechts war Grotius seit langer Zeit wohl bekannt; seine Belesenheit war erstaunlich, sein juristisches und philosophisches Denken gereift und gründlich; einzelne Theile waren schon längst von ihm bearbeitet: das »De jure praedae«, dessen 1864 wiederaufgefundenes Manuscript erst vor wenigen Jahren gedruckt worden ist,3) datirt von 1604 -1605; nur ein Kapitel aus demselben, das »Mare liberum war 1609 veröffentlicht worden. Dies war eine Jugendschrift. Das »De jure belli ac pacise ist die gereifte Frucht langjährigen Nachdenkens, unablässigen Studiums, und reicher, oft bitterer Erfahrungen. Das Abfassen und Niederschreiben, wobei ein jüngerer Freund und Verwandter, Theodor Graswinckel aus Delft, behülflich war, ging rasch vor sich, theils in Paris, theils in Balagny, dem Landsize des Herrn von Mesmes, theils in Senlis. Nur wenige Bücher standen

zur Verfügung, die aus der Thuanischen Bibliothek entliehen wurden; das vortreffliche Gedächtniß des Grotius mußte Vieles erseßen. 4)

Das Buch ist Ludwig dem Dreizehnten gewidmet; das geistreiche, edle, etwas überschwängliche Widmungsschreiben führt das Datum 1625.

Etwa zehn Jahre blieb Grotius in Frankreich), bescheiden lebend, zum Theile von einer Jahrespension, die ihm der König bewilligt hatte, und die nur unregelmäßig ausbezahlt wurde, schließlich ganz ausblieb. Endlich wurde ihm 1630 sein confiscirtes Vermögen zurückerstattet. Er versuchte sich wieder in Holland niederzulassen, mußte aber darauf verzichten. Da ging er nach Hamburg, wo ihn ein Landsmann auf seinem Landsize bei Dockenhude gastlich aufnahm; zur nämlichen Zeit hielt sich Cartesius unter ähnlichen Verhältnissen in Holland auf. Von verschiedenen Seiten ergingen an Grotius die ehrenvollsten Anträge; Dänemark, Polen, Spanien wollten ihn anstellen, selbst Wallenstein soll an ihn gedacht haben. Nur schwer entschloß er sich 1634 in schwedische Dienste zu treten. Oxenstierna, der ihn hochschäßte, wie es schon Gustav Adolf gethan, schickte ihn als Gesandter nach Paris: eine mühevolle Stellung, die noch dadurch erschwert wurde, daß Richelieu Grotius nicht gerne sah und der Holländische Gesandte gegen ihn intriguirte. Zwar wurde Orenstierns Vertrauen nicht erschüttert, Christine aber scheint zeitweise ihm weniger günstig gewesen zu sein. Allerlei Verdrießlichkeiten wurden ihm zu Theil. Endlich faßte er den Entschluß vom Amte zurückzutreten. Er reiste nach Schwe den, wo ihm die Königin die gewünschte Entlassung in huldvoller Weise ertheilte. Auf der Rückreise litt er an der Kassubischen Küste Schiffbruch, langte mit größter Mühe krank in Rostock an, und starb daselbst fern von den Seinen, in frommster Ergebung als gläubiger Christ, am 28. August 1645.5)

So endete dieser große Mann, dessen Leben anfangs so glänzend und glücklich, dann aber, zwar stets würdig und geehrt, doch von manchem Mißgeschicke durchkreuzt war. Sein Ansehen wuchs nach seinem Tode, besonders in der eigenen Heimat, welche ihn verstoßen hatte. Sein Buch »De jure belli ac pacis hat seit dem Westphälischen Frieden bis in das vorige Jahrhundert hinein gewissermaßen als Völkergesetzbuch Europas gegolten; heute noch wird es, wenn auch nicht mehr oft gelesen, so doch beständig gelobt und gerühmt; man hat fagen dürfen, daß zwei Wissenschaften aus demselben entsprungen sind: das Naturrecht und das Völkerrecht. Nur mit Rücksicht auf dieses lettere soll es hier betrachtet werden.

1) Nicolas-Claude Fabri de Peiresc, conseiller au parlement de Provence, geb. 1580, gest. 1636, war ein ausgezeichneter, stets hilfreicher, überall thätig eingreifender Mäcen und fast allseitig gebildeter Gelehrter. Er ermunterte Grotius zur Abfaffung des »Jus belli ac pacise. Non otior«, schrieb ihm Grotius am 11. Januar 1624, »sed in illo de Jure Gentium opere pergo; quod si tale futurum est ut lectores demereri possit, habebit quod tibi debeat posteritas, qui me ad hunc laborem et auxilio et hortatu tuo excitasti. Und bei Zusendung

eines Exemplars schreibt er wieder: »Accipe jussis carmina coepta tuis, ait Poëta. Ego vero non carmen, sed librum tibi mitto tuo hortatu tuisque auspiciis coeptum«.

2) Während seiner Haft verfaßte Grotius, außer mehreren (metrischen) Uebersegungen der Klassiker und anderen Schriften, zwei berühmte Bücher: die Einleitung in die Kenntniß des Holländischen Rechts, welche jezt noch in den alten Holländischen Kolonien Gesezeskraft besißt (Revue de droit international, Bd. XV, S. 167), und den „Beweis vom wahren Gottesdienst“, »De veritate religionis christianae«, welcher in fast alle bekannten Sprachen, auch ins Arabische, Chinesische, Malayische überset worden ist.

3) Hamaker, 1868.

4) Daher einzelne Ungenauigkeiten, namentlich in den Citaten, welche später, zum Theil erst von Barbeyrac, berichtigt worden sind.

5) Seit Jahren hatte sich Grotius von der einseitig protestantischen Gesinnung losgesagt; er ist nicht zum Katholicismus übergetreten, wie man behauptet hat, er wünschte aber die Aussöhnung der verschiedenen christlichen Bekenntnisse und war lediglich gläubiger Christ; sein Leben stand mit seinem Glauben im schönsten Einflange. Zu vergleichen: Broer, De terugkeer van Hugo de Groot tot het katholike Geloof. 1856.

Grotius' Gebeine liegen in Delft. Wijnmalen, Revue de Droit international, Bd. XV, S. 160.

§ 87.

Die Libri tres de Jure Belli ac Pacis«.

Literatur: Die § 86 genannten Werke.

Bulmerincq, Systematik des

Völkerrechts von Hugo Grotius bis auf die Gegenwart. Dorpat 1858.
Ompteda, S. 182.

Der vollständige Titel des Buchs lautet: »De jure belli ac pacis libri tres, in quibus jus naturae et gentium, item juris publici praecipua explicantur.<<

Die Absicht des Grotius war ursprünglich und vorwiegend auf Kriegsrecht gerichtet. Sein Buch sollte handeln De jure belli; unter seiner Feder ist es zu einem Buche De jure belli ac pacis, De jure gentium, De jure naturae et gentium erwachsen.1) Daß er vor Allem den Krieg im Auge hatte, leuchtet schon aus der Widmung hervor, noch mehr aus den Prolegomenen. Er sah,, in den christlichen Ländern eine zügellose Kriegführung, deren sich selbst rohe Völker geschämt haben würden: man greift aus unbedeutenden oder gar keinen Gründen zu den Waffen, und hat man sie einmal ergriffen, so wird weder das göttliche noch das menschliche Recht geachtet, gleichsam als ob auf Befehl die Wuth zu allen Verbrechen losgelaffen worden wäre.") Nun haben einige, im Anblick dieser Roheit, dem Christen den Gebrauch der Waffen überhaupt untersagen wollen: eine schädliche Uebertrei

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