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gewesen. Die zahlreichen blutgetränkten Schlachtfelder von den Scheldemündungen bis zum Ligurischen Meer geben Zeugnis, wie diese Armee zu kämpfen und zu sterben, viel glorreiche Namen in eben dieser Periode bezeugen, wie sie zu siegen verstand. Es war eben noch immer jene Armee, welche bei Kolin, Hochkirch und Kunersdorf die beste Armee, den größten Feldherrn ihrer Zeit, glänzend überwunden, welche Schweidnitz und Belgrad erstürmt und die Türken bei Fokşani und Martinești auseinandergejagt hatte. Es hatte nur eines Mannes bedurft, welcher die in ihr schlummernden Kräfte zu entfalten und sie und sich der neuen Zeit anzupassen verstand.

Dieser Mann lebte in ihr und untrennbar mit ihren weiteren Schicksalen ist sein Name: Erzherzog Karl. Die Namen Aldenhoven, Neerwinden und Löwen zeigen, wie der junge Adler es verstand, seine Regimenter gegen die französischen Scharen zum Siege zu führen. Leider war es ihm verwehrt, schon jetzt an entscheidender Stelle zu stehen.

(Fortsetzung folgt.)

Italien und Tripolis.

Mit 2 Textskizzen.

6. Fortsetzung *).

Militärische Ereignisse am Kriegsschauplatz in der Zeit vom 26. März bis 25. April 1912.

Die militärische Situation an der tripolitanischen Küste ist im allgemeinen unverändert geblieben. An den Verschanzungen um Ain Zara, am Mergheb nächst Homs sowie an den Landfronten aller in der Cyrenaika von den Italienern besetzten Küstenorte haben neuerdings wiederholt Geplänkel und nächtliche Angriffe auf die Vorposten. stattgefunden.

Türken und Araber, deren tatsächliche Stärke selbst den Kommandanten der italienischen Besatzungstruppen niemals verläßlich bekannt geworden ist, bleiben ihrer Taktik, den Gegner im kleinen Kriege aufzureiben, treu; ihre Stimmung ist andauernd kampflustig und zuversichtlich, zumal seit es in jüngster Zeit abermals gelungen ist, ausreichenden Zuschub an Waffen, Munition, Nahrungsmitteln und Geld zu erhalten. Auch der Zuzug streitbarer Beduinen- und Araberstämme aus dem Inneren des schwarzen Erdteiles soll keineswegs nachgelassen haben, trotzdem der erwartete Aufruf des Scheichs der Senussi**) zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen bisher wenigstens öffentlich nicht erfolgt ist.

Türkische Zeitungen haben zwar bereits den Wortlaut der angeblichen Proklamation des Scheichs Said Achmed gebracht, auch wußten sie von der Verleihung einer hohen türkischen Ordensauszeichnung und der Übersendung kostbarer Ehrengeschenke an den Genannten zu berichten, indes scheint es der mächtige Scheich vorzuziehen, sich einstweilen noch völlig neutral zu verhalten, in der Voraussetzung, daß es der Pforte wohl nicht mehr gelingen werde, die italienische Souveränitätserklärung rückgängig zu machen und daß

*) Siehe die vorangegangenen Hefte von Oktober 1911 bis Februar 1912 und Aprilheft 1912.

**) Siehe Dezemberheft 1911, Seite 1970-1973.

somit eine offene Parteinahme gegen die Italiener keineswegs opportun sein könne.

Es ist aber durchaus nicht ausgeschlossen, daß zahlreiche Senussileute auch ohne ausdrücklichen Befehl ihres Oberhauptes am Kampfe gegen die Usurpatoren des Landes teilnehmen und daß sie ihren Glaubensgenossen mancherlei materielle Unterstützung zuteil werden lassen.

Inwieweit die aus italienischer Quelle stammende Nachricht auf Wahrheit beruht, daß der Scheich allen auf Seite der Türken kämpfenden Häuptlingen aufgetragen habe, sich jeder Beteiligung am Kriege zu enthalten, kann vorläufig nicht festgestellt werden.

Über die Durchführung größerer Aktionen der italienischen Besatzungstruppen waren anfangs April durch die italienischen Preßberichterstatter am Kriegsschauplatz verschiedenartige Gerüchte verbreitet worden, die zum Teil auf freier Erfindung, zum Teil aber auf richtigen Informationen oder Vermutungen beruht haben und daher von der militärischen Fachpresse scharfen Tadel erfuhren, von Seite der Regierung überdies die Anklage wegen Preisgabe militärischer Geheimnisse zur Folge hatten. Zugleich hat die Preß- und Depeschenzensur eine abermalige Verschärfung erfahren; es wurden die bereits einige Male erlassenen, jedoch alsbald in Vergessenheit geratenen Verbote noch einmal in Erinnerung gebracht, indem man ihnen durch Statuierung eines Exempels an dem Berichterstatter und Abgeordneten De Felice größere Wirksamkeit zu geben versuchte.

Unter dem Drucke dieser Maßregeln schwirrten alsbald amtliche und private Dementis durch die Blätter, aus denen vorläufig entnommen werden kann, daß der Plan eines Vormarsches in das Innere der Provinz derzeit schon mit Rücksicht auf den binnen weniger Wochen zu erwartenden Eintritt der tropischen Hitzeperiode nicht zur Ausführung gelangen werde.

An der Küste des Mittelmeeres hat das italienische Expeditionskorps im April zwei neue Orte besetzt: die Menelaus-Insel im Golf von Bomba und die sich von Sidi Said bis zum Kap Makabez erstreckende Halbinsel nahe der tunesischen Grenze.

Bomba, dessen Lage vom maritimen Standpunkt zwar nicht so günstig beurteilt wird, wie jene des 60 km östlich gelegenen Hafens von Tobruk, hat gegenüber letzterem den großen Vorteil weitaus besserer Wasserverhältnisse und wurde von diesem Gesichtspunkte aus neuerdings für die Anlage einer Flottenbasis in Betracht gezogen. Schon seit mehreren Wochen ist die Reede von Bomba durch die Hilfskreuzer oder durch Torpedoboote ständig überwacht worden; am 2. April soll auch ein Detachement aus Tobruk eingetroffen sein und zunächst die Menelaus-Insel besetzt haben, doch liegen hierüber noch keine näheren Meldungen vor.

Größeres Interesse beansprucht die am 10. April durchgeführte Aktion gegen Sidi Said (siehe folgende Textskizze), welcher nebst der militärischen und moralischen auch eine politische Bedeutung zukommt, indem ein Teil des italienischen Expeditionskorps nunmehr zum erstenmal bis in die unmittelbare Nachbarschaft der französischen Interessensphäre in Tunis vorgeschoben worden ist.

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Seit der am 10. Mai 1910 seitens Frankreichs und der Türkei vereinbarten Grenzregulierung zwischen Tunis und Tripolis wird das zumeist trockene Bett des Wadi Mogta als natürliche Grenze beider Staatsgebiete betrachtet. Dieser torrentenartige Fluß, der nur zur Zeit der tropischen Regengüsse stärkere Wassermengen aus dem Berglande nordwärts führt, besitzt da letztere, noch bevor sie die Küste erreichen, im Sande versickern -- keine eigentliche Mündung.

Der seichte Stausee Sebkhi Tader enthält, gleich dem ihm vorgelagerten, durch einen natürlichen Kanal mit dem Meere verbundenen Obrega-Becken, trübes Brackwasser und gilt als gefährlicher Malariaherd. Der erwähnte Kanal, dessen niedere, dünenartige Westseite als

Melita

Kap Adjir bezeichnet wird, stellt den Ausgangspunkt der Grenzlinie dar. Für die Schiffahrt ist er ohne Bedeutung, wohl aber für den Karawanenverkehr, da er von dem vielbegangenen Küstenwege überquert wird, der aus den fruchtbaren tunesischen Nachbargebieten über Zuara bis Tripolis führt. Zur Beherrschung dieses Weges dient eine veraltete Befestigung, das sogenannte Fort Forwa oder Bu Kameeh, in dem eine kleine türkische Besatzung bis zum 10. April ein untätiges Dasein führte.

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Etwa 12 km östlich Forwa zweigt bei Sidi Said eine 16 km lange, 1-2 km breite Nehrung in der Richtung auf Kap Adjir ab und bildet eine geräumige Bucht, die in ihrem westlichen Teile selbst von Torpedofahrzeugen befahren werden kann, nächst Sidi Said jedoch zur Zeit der Ebbe kaum 40 cm Tiefe aufweist.

Die geschilderten geographischen Verhältnisse erklären die Wichtigkeit dieses Grenz- und Küstenabschnittes für die Einfuhr von Kriegskonterbande, deren nächster Stapelplatz Zuara bisher von den Italienern nicht hatte besetzt werden können.

Sidi Said samt Bu Kameeh mußten daher vom Expeditionskorps in Besitz genommen werden, eine Aufgabe, mit welcher GLt. Garioni (Kommandant der 10. Division in Padua) betraut worden war, dem hiezu folgende Truppen zur Verfügung gestellt waren: 3 Bataillone des 60. Infanterieregiments, das 28. Bersaglieribataillon des 9. Regiments, das 6. (neu aufgestellte) Ascari bataillon aus der Kolonie Eritrea, ferner 2 Batterien und ein Detachement der Genietruppe.

Diese Truppen waren anfangs April in Augusta (Sizilien), das aus Massaua eingetroffene Bataillon der Ascari in Siracusa bereitgestellt gewesen und wurden auf Transportdampfern unter Begleitung mehrerer Torpedofahrzeuge derart nach Afrika überschifft, daß die Landung bei Tagesanbruch des 10. April bewirkt werden konnte. Gleichzeitig waren auch Truppen der Besatzung von Tripolis (Stadt) für die Aktion gegen Sidi Said aufgeboten und dahin eingeschifft worden, u. zw. 11 Kompagnien des 23. Infanterieregiments (die zwölfte konnte wegen hohen Seeganges nicht mehr an Bord genommen werden), die Maschinengewehrabteilungen des 11. Bersaglieriregiments und des 5. Ascaribataillons, eine Feldbatterie, eine Abteilung Festungsartillerie mit 4 unbespannten 75-A Geschützen und einem Geniedetachement*).

Der eigentlichen Landungsoperation bei Sidi Said war am 8. und 9 April eine Demonstration vor Zuara vorangegangen, in der Absicht, die Aufmerksamkeit der in den benachbarten Küstenorten

*) Die Meldung einzelner Blätter, daß auch die in Tripolis befindlichen zwei Bataillone des 37. und das ganze 30. Infanterieregiment zur Gruppe des GLt. Garioni eingeteilt worden seien, hat keine Bestätigung gefunden. Letzteres Regiment ist bereits seit 17. März in Tobruk.

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