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Benützte Quellen:

Weigner, »Verdeckte Stellungen« (Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens 1907).

1911).

Baeck, »Über Feldartilleriewirkung« (»Streffleursche Militärzeitschrift <<

Engel, »Eine russische Ansicht über die Unterstützung des entscheidenden Infanterieangriffes durch die Artillerie (Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens 1910).

Hudler, »Über die Verwendung und Wirkungsweise der heutigen Feld-, Gebirgs- und Schweren Feldartillerie und deren Zusammenwirken mit den anderen Waffen« (»Streffleursche Militärzeitschrift« 1911).

Rohne, »Im Wechsel der Strömungen« (»Artilleristische Monatshefte « 1911). »Verschiedene Ansichten über die Art der Unterstützung des Infanterieangriffes (»Artilleristische Monatshefte« 1911).

Verschiedene Exerzierreglements und Bücherbesprechungen.

1805. Der Feldzug von Ulm,

von Alfred Krauß, k. u. k. Generalmajor, besprochen von GdI. v. Woinovich. Über diesen unglücklichsten aller Kriege, den Österreich je geführt, liegt nunmehr ein Standard work vor.

Ein Jahrhundert hindurch galt es bei uns fast als ein Verbrechen, die Erinnerung an diesen Waffengang heraufzubeschwören. Die Ansichten haben sich geändert. Man schafft die Ereignisse nicht aus der Welt, indem man sie zu verschweigen sucht; das Übel wird dadurch nur größer, weil sich dann Unberufene finden, die dieses Schweigen zu ihren nicht immer einwandfreien Zwecken ausnützen.

Über diesen Feldzug ist allerdings auch schon manches geschrieben worden, von Clausewitz und Rüstow angefangen bis auf die neueste Zeit, aber entweder nur aphoristisch oder doch ohne erschöpfende Benützung der offiziellen Quellen, die bisher niemanden zu Gebote standen. Diese vollends zu verwerten blieb GM. Krauß vorbehalten. Er hat unser Kriegs- und Staatsarchiv und die erst vor kurzem erschienenen archivalischen Publikationen über 1805 von Alombertund Colin, also auch die Quellen über unsere damaligen Gegner, vollständig ausgenützt und hiedurch unseren Generalstab auch für die Zukunft der Mühe enthoben, sich mit diesem Kriege zu beschäftigen, wofür er ihm nur dankbar sein kann, da ohnehin noch ein weites kriegsgeschichtliches Feld zur Bearbeitung erübrigt, dank der langjährigen Rückständigkeit früherer Ansichten über die Opportunität solcher Arbeiten.

Es kann nicht Aufgabe dieser wenigen Zeilen sein, ein Inhaltsverzeichnis des Kraußschen Buches zu geben oder den Gedankengang seiner kritischen Bemerkungen zu skizzieren. Der gewaltige Stoff, der hohe Ernst, das tiefe kriegsgeschichtliche und operative Verständnis, mit dem GM. Krauß schreibt, schließen dies völlig aus. Das Buch will eben studiert sein, mit dem Zirkel in der Hand; dies ist wohl sein Hauptzweck und nur dann wird man es völlig zu würdigen verstehen. Nur bezüglich einer anderen Aufgabe, die sich der Autor stellt, können Ergänzungen oder besser gesagt, Erläuterungen angefügt und Ansichten ventiliert werden, die zur Illustrierung der oft nur knapp hingeworfenen Andeutungen des Verfassers zu dienen vermögen.

In der Vorgeschichte entrollt GM. Krauß ein anschauliches Bild der politischen Verhältnisse und Bestrebungen, die zum Kriege führten und die überaus typisch für Österreich sind, so daß sie es wünschenswert erscheinen lassen, zum Ausgangspunkt einiger Bemerkungen gemacht zu werden.

Es schiene gefehlt, die österreichischen Staatsmänner und Politiker ausschließlich nur jener Zeit zum Gegenstande des Vorwurfes zu machen. Sie bewegten sich lediglich im Banne einer Tradition, die altösterreichisch war, von der selbst ein Kaunitz sich nicht loszumachen vermochte, da sie fortzeugend Böses gebar. Wir möchten diese Tradition unter dem Namen österreichische Diplomatenkunst. zusammenfassen und begreifen darunter vor allem die Verständnislosigkeit für große Ideen und Gesichtspunkte, den Mangel an Voraussicht, die Unterschätzung des jeweiligen Gegners, die Selbstüberschätzung der eigenen Person und die Selbstgefälligkeit, mit der die österreichischen Diplomaten die Technik des diplomatischen Verkehrs, die Repräsentation und andere Äußerlichkeiten seit jeher als Hauptaufgabe ihres Berufes ansahen. Fügen wir dem noch den fast hereditär zu nennenden Mangel an Verständnis für Wesen und Zweck der militärischen Vorbereitungen und gar für die Übereinstimmung äußerer Politik mit den Machtmitteln des Staates, d. h. mit Entwicklung und Bereitstellung der militärischen und finanziellen Kräfte, hinzu, so haben wir die hervorstechendsten Eigenschaften fast der meisten österreichischen Diplomaten vom Ende des XVII. Jahrhunderts an gekennzeichnet, wie sie aus den vorzüglichen Werken Arneths so charakteristisch und deutlich hervorgehen.

Dieses Mißverhältnis zwischen den Aspirationen und der tatsäch lichen Macht des Staates sehen wir besonders augenfällig im Spanischen Erbfolgekrieg. Ohne Heer, ohne Geld, ohne Generale, den Aufstand in Ungarn, die drohende Türkengefahr im Rücken, verwickelt sich die Monarchie in Kriege, deren Schauplatz sich auf halb Europa erstreckt. Der Erfolg konnte daher nur ein negativer sein. Auch nach dem Abschluß dieses Krieges erkennen die österreichischen Staatsmänner bei weitem nicht, was in der Zukunft Schoß sich barg, obwohl deutliche Anzeichen hiefür vorhanden waren, auf welche kein Geringerer als Prinz Eugen mit dem Finger wies. Noch immer wurden Deutschland, Italien und die Balkanhalbinsel als Österreichs Domäne betrachtet, die Machtmittel aber, die zur Behauptung der Vorherrschaft auf allen diesen Gebieten erforderlich gewesen wären, nicht nur nicht bereitgestellt, sondern im Gegenteil vermindert. Angesichts dieser kurzsichtigen Staatskunst mußte es kommen, daß Maria Theresia bei ihrer Thronbesteigung hart an den Rand des Abgrundes geriet, aus dem sie nur ihre Charakterstärke rettete, denn ihre damaligen politischen Ratgeber versagten gar bald und rieten ihr, sich durch Abtretungen zu retten.

Nach dem Zweiten Schlesischen Kriege schwoll jedoch, ungeachtet des jammervollen Fiaskos, das die österreichische Staatskunst, recte deren Diplomatie, erlitten hatte, dennoch der Kamm der zünftigen Diplomaten weit über alle Maßen an. Wohl war es diesmal ein wahr. hafter Staatsmann, der die österreichische Politik leitete Kaunitz. Aber auch dieser wußte sich von der ererbten österreichischen Tradition in einer Hauptsache nicht loszumachen. Er suchte und fand zum Teil sein Heil in Allianzen; auf die Ausnützung der Kräfte des eigenen Staates nahm er aber nur wenig Einfluß. Und so trugen auch im Siebenjährigen Krieg Friedrichs des Großen beste Alliierte, seine eigenen Soldaten«, den Erfolg davon. Das verstand Kaunitz nicht und daran scheiterten seine großzügigen Absichten. Hätte er das Gefühl für die Notwendigkeit der Übereinstimmung der eigenen Machtmittel mit der Weite seiner politischen Aspirationen besessen oder, sagen wir es rund heraus, wäre er durchdrungen davon gewesen, daß die ultima ratio« immer nur beim eigenen Heere liege, wie es bei Friedrich der Fall war, so hätte er in erster Linie die Stärkung der österreichischen Wehrkraft und Finanzen anstreben müssen. Diese über das Niveau der preußischen zu erheben, wäre damals wohl kein Ding der Unmöglichkeit gewesen, betrug doch die Bevölkerungsziffer Österreichs 17 Millionen, jene Preußens nur 2! Immerhin war aber Kaunitz ein Staatsmann von weitem Blick und reichen Ressourcen diese fehlten seinen unmittelbaren Nachfolgern gänzlich. Thugut zersplitterte Österreichs Kräfte in jahre. langen, ganz unnützen Kämpfen mit der französischen Republik. Daß er die Bedeutung der Bewegung in Frankreich nicht zu erkennen vermochte, mag ihm nicht einmal besonders vorgeworfen werden, es geschah dies auch seitens der übrigen europäischen Staatsmänner. hatte aber eine weit schlimmere Eigenschaft: einen maßlosen Dünkel und eine Selbstüberschätzung seiner diplomatischen Kleinkunst, die zur Folge hatte, daß er sich in die Führung militärischer Operationen einmengte, für die er nicht das geringste Verständnis besaß und für die er sich mili tärischer Ratgeber zweifelhafter Güte bediente. Man braucht nur Hüffers »Krieg des Jahres 1799 und die 2. Koalition zu lesen, um zu verstehen, woran die Anstrengungen der Koalition in erster Linie scheiterten.

Nach diesem geschickten Diplomaten, der aber schon deshalb kein >> Staatsmann« war, weil auch er die Aspirationen der Staatspolitik nicht in Einklang zu bringen wußte mit dessen Machtverhältnissen, kam Graf Ludwig Cobenzl ans Ruder. Er verfügte über eine große diplomatische Routine, war aber nur fähig, in den ausgetretenen Bahnen des althergebrachten Systems zu wandeln. Erzherzog Karl sagte von ihm: er verbände Oberflächlichkeit und Leichtsinn mit Witz. Es kann daher nicht befremden, daß Cobenzl einen grund

losen Krieg mit Frankreich vom Zaume brach oder vielmehr von England und Rußland in denselben getrieben wurde. Wohl mag hieran auch die Stimmung und der Einfluß einer Anzahl großer Familien, die nach Napoleons Ausspruch damals Österreich regierten, viel Schuld getragen haben, da diesen das demokratische Frankreich höchlichst zuwider war und sie es, ungeachtet der Erfahrungen der letzten zehn Jahre, noch immer gründlich unterschätzten. Auch 1805 fehlte jener Einklang zwischen politischer und militärischer Leitung, wie er für den Erfolg nicht entbehrt zu werden vermag. Erzherzog Karl, der erleuchtete Militär der Monarchie, sprach sich gegen den Krieg mit Frankreich aus. Der leichtfertige Cobenzl tröstete sich jedoch mit dem zur rechten Zeit wieder ausgegrabenen Mack, der ihm für diesen Liebesdienst natürlich unendlich dankbar sein mußte, gänzlich in seinem Fahrwasser schwamm und durch seine Intrigen den Erzherzog kalt zu stellen wußte. Wir sehen also hier sogar das befremdende Schauspiel, daß die Staatspolitik entgegen den Warnungen des berufensten Vertreters der Kriegsmacht losschlägt, ohne hiezu irgendwie gezwungen worden zu sein. Die österreichischen Diplomaten wußten eben im Rate der Monarchen stets, ihrer Tradition gemäß, den Militärs gegenüber selbst wenn diese des Kaisers Brüder waren den Sieg zu erringen. 1805 trug zu dem traurigen Débacle, das die Folge davon war, freilich noch die Persönlichkeit Macks wesentlich bei. Er war aber nur eine Kreatur Cobenzls und besaß in militärischen Kreisen, wie GM. Krauß ausführt, keineswegs einen einwandfreien militärischen Ruf, wurde auch nicht über Antrag der militärischen Kreise in seine Stellung berufen, sondern als Vertrauensmann Englands. Cobenzl dachte sich eben den militärischen Teil der Staatspolitik einfacher als den politischen, ein Irrtum, der bei Diplomaten häufig vorkommt, welche die Wichtigkeit und Schwierigkeit ihres Berufes in der Regel überschätzen.

Befremdend wirkt auf uns Epigonen, daß sich vier Jahre später, 1809, ungeachtet der Erfahrungen, die man bezüglich der Nichtübereinstimmung der militärischen Leiter des Staates mit den politischen Lenkern gemacht hatte, ganz ähnliche Erscheinungen wiederholten. Wieder wurde der Berufenste, Erzherzog Karl, nicht gehört und auch der ungleich höher als Cobenzl stehende Graf Stadion glaubte in einen Krieg ziehen zu können, von dem derjenige abriet, der über die Leistungsfähigkeit der Kriegsmacht das beste Urteil abzugeben in der Lage war. Die diplomatische Tradition Österreichs hat sonach auch das Unglücksjahr 1805 überdauert und 1809 neue schwere Schuld auf sich geladen.

Der Charakteristik des unglücklichen Mack durch GM. Krauß läßt sich füglich nichts mehr hinzufügen. Mack war ein pathologischer Fall!

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