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seine Armee dem Studium des Feldzuges seine Aufmerksamkeit zugewendet, während wir zumeist nur bemüht waren, uns zu entschuldigen oder gegenseitig anzuklagen, aber wenig Befähigung zeigten, die zum Fortschritte des Heeres ersprießlichen Folgerungen zu ziehen.

Was wir aus der Schlacht und dem Feldzuge gelernt haben, hat der Feldzug 1866 im Norden erwiesen. Vieles an der Armee wurde geändert, nicht immer gebessert, denn die Armee in ihrem Kerne war tadellos gewesen und geblieben, und diese begründete Überzeugung hat vielleicht auch an manchen Fortschritten gehindert. Abgesehen von der Artillerie, die aus ihrem zweifellosen Versagen oder ihrer ungenügenden Verwendung in der Schlacht, die zutreffenden Schlüsse gezogen hat, möchten wir hervorheben, daß man nach 1859 z. B. den aus wenig einleuchtenden Gründen für überflüssig erachteten Divisionsverband aufhob, die Brigaden direkt den Korpskommandos unterstellte, daß man auch die Unterteilung in Armeen wieder perhorreszierte und daß man, statt durch die Erscheinungen der Schlacht mit ihren erfolglosen, vereinzelten Brigadestürmen gewitzigt zu sein, noch mehr dem System dieser Angriffe und nicht im Einklange mit einer minderen Bewaffnung der Stoßtaktik huldigte, die uns nach Nachod, Skalitz, Trautenau und Jičin mit ihren Ausartungen der Taktik von Solferino einem besser ausgebildeten und gegen uns vorzüglich bewaffneten Gegner entgegenführte. Wir schließen mit der Klage Packenys am Schlusse seines Briefes vom 2. April 1861: »Du kannst Dir denken, welchen Eindruck mir damals diese Entdeckungen machten, welche Hoffnungen für die Zukunft sie in mir erweckten", die eine prophetische Vorahnung der Ereignisse von 1866 im Norden war und leider in ihrer vollen Schwere in Erfüllung gegangen ist.

Über Artillerieverwendung.

Von Obstl. Ludwig Sündermann.

Hiezu 4 Beilagen (Nr. 1-4).

Keine der anderen Waffen hat im letzten Dezennium eine so durchgreifende Umwandlung erfahren als die Artillerie. Gewaltige Fortschritte in der Geschützkonstruktion und die Erfahrungen der letzten außereuropäischen Kriege gaben den Anlaß zu einer völlig neuen Ausrüstung und Organisation und zu bedeutsamen Änderungen der Ansichten über die taktische Verwendung der Artillerie.

So hatte der südafrikanische Krieg, in dem der Kampf um technisch verstärkte Stellungen eine große Rolle spielte, den Wunsch nach Steilbahngeschützen gezeitigt und der Stellungskrieg in der Mandschurei diesen Wunsch nicht nur erneuert bekräftigt, sondern auch noch die Forderung nach einer schweren Artillerie des Feldheeres gebracht. Die seinerzeit propagierte Idee des Einheitsgeschützes und des Einheitskalibers der Feldartillerie konnte unter solchen Umständen nicht mehr aufrechterhalten werden. Ähnlich erging es auch anderen bis dahin allgemein gültigen Anschauungen, die durch moderne Strömungen ins Wanken gerieten. Welche Bedeutung wurde z. B. vor nicht allzu langer Zeit der Bildung von Artilleriemassen zugeschrieben man wird sie in den neueren Vorschriften vergeblich suchen. Niemand denkt heute mehr daran, einer Schnellfeuerartillerie gegenüber große Massen von Batterien in einer lückenlosen Front zusammenzuziehen. Statt dessen tritt eine moderne Artillerie in zweckmäßig gebildeten, gut placierten und auf der ganzen Gefechtsfront verteilten Gruppen auf. Schon im Anmarsche erhält dementsprechend jede Kolonne, die ihrer Stärke nach überhaupt Artillerie verträgt, diese auch zugewiesen, denn nur dann ist die Artillerie sofort zur Hand, wenn die Infanterie ihrer bedarf. Die Artillerie tritt beim Einleitungskampfe in Aktion und kämpft von da ab dauernd im innigsten Kontakt mit der Infanterie, der sie den Weg nach vorwärts bahnt. Das Reglement sagt sehr richtig, die Feuerwirkung der Infanterie und Artillerie haben ein Ganzes zu bilden.

Diese Wichtigkeit des Zusammenwirkens beider Waffen wurde in den nach dem südafrikanischen Kriege erschienenen Vorschriften Streffleur 1912, I.

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ganz besonders unterstrichen. Die Angriffe der Engländer hatten gezeigt, daß die Gefechtstätigkeit der Artillerie und Infanterie nicht zwei aufeinanderfolgende, getrennt verlaufende Aktionen bilden dürfen. Die englische Artillerie wirkte stundenlang gegen die feindlichen Stellungen, indes ihre Infanterie ruhte und die artilleristische Vorbereitung des Angriffes abwartete. Der Effekt dieser Vorbereitung war aber in der Tat gleich Null, da es den Buren gar nicht einfiel, während des Artilleriekampfes die Stellung zu besetzen. Erst als die englische Infanterie daranging, den wie man annahm erschütterten Gegner anzugreifen, bevölkerten sich die feindlichen Schützendeckungen und der nunmehr ohne Artillerieunterstützung durchgeführte Angriff scheiterte an der ungebrochenen Kraft des Verteidigers. Dieser mußte von Haus aus durch ein energisches Vorgehen der Infanterie zum Besetzen seiner Stellung gezwungen werden, dann war auch von der gleichzeitig in Tätigkeit tretenden Artillerie eine Wirkung zu erwarten.

Diese wenigen Andeutungen lassen bereits erkennen, wie sehr sich die Grundsätze in der Artillerieverwendung schon allein durch Verwertung so mancher Kriegserfahrungen sukzessive änderten. Dabei wurde noch gar nicht der bedeutenden Umwälzungen gedacht, die mit der Einführung des Schnellfeuergeschützes verbunden waren. Es brachte der Artillerie eine wesentlich gesteigerte Portee, ein neues, dem Charakter dieses Geschützes und seiner modernen Richtmittel angepaßtes Schießverfahren, bedingte Änderungen in der Organisation der Artillerie und ihrer Munitionsanstalten und zeitigte selbstverständlich auch neue Anschauungen über die Gefechtskraft und taktische Verwendung der Artillerie.

Abgesehen von den sinnfälligen Einflüssen, die sich in dem bedeutend gesteigerten Schießeffekte des Schnellfeuergeschützes ausdrücken, was in taktisch günstigen Momenten eine bisher unerreichbare Potenzierung der Wirkung gestattet, hat die Einführung des modernen Geschützes noch eine Reihe anderer Fragen ins Rollen gebracht, die zum Nackdenken zwingen und deren Entscheidung vielfach noch aussteht. Ich erinnere nur an die zurzeit noch widerstreitenden Ansichten über den Wert und die Anwendbarkeit verdeckter Stellungen oder über die Befehlsbefugnisse des Artilleriebrigadiers gegenüber der Vorhutartillerie, die verschiedenartige Auffassung über die Verwendung der Aufklärerpatrouillen, die Disponierung mit den Munitionskolonnen u. dgl.

Diesen und anderen Fragen etwas näher an den Leib zu rücken ist Zweck dieser Studie. Ihr liegt eine an der Kriegsschule gestellte Aufgabe zu grunde, da solche Erörterungen erfahrungsgemäß - an ein konkretes Beispiel anknüpfend - mehr Interesse erwecken und leichter zu überzeugen vermögen als rein theoretische Abhandlungen.

Die Aufgabe bewegt sich im Rahmen einer Infanterietruppendivision, beschränkt sich daher auf die Tätigkeit der Divisionsartillerie. Deren Stärke und Organisation wurde so angenommen, wie es in letzter Zeit bei größeren Manövern üblich war. Diese Stärke besser gesagt Schwäche der Divisionsartillerie soll damit nicht als Norm hingestellt werden. Hoffentlich wird die allgemein als dringlich erkannte Vermehrung der Divisionsartillerie in absehbarer Zeit zur Durchführung gelangen können.

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Annahme.

Mit 4 Beilagen (Nr. 1-4).

Die allgemeine Lage der 1. Armee am 2. Juni abends, dann die bis dahin bekannt gewordenen Nachrichten über den Gegner, endlich der geplante Vormarsch der Armee am 3. Juni sind der Beilage 1 zu entnehmen.

Seitens des I. Korpskommandos erging am 2. abends an die 1. Infanterietruppen division nachstehende im Auszuge wiedergegebene Disposition für den 3. Juni:

> Feindliche Vortruppen erreichten heute gegen Abend Czchów, Tymowa und Lipnica; dahinter sind 1-2 Divisionen im Anmarsche. Östlich des Dunajec wurden bisher nur schwache Kavallerieaufklärungsabteilungen gesehen.

Die 1. Infanterietruppen division rückt morgen mit der Hauptkraft um 5h vorm. über Dębno, Biesiadki, Tymowa, mit einer schwächeren Kolonne über Czchów vor, wirft die bei Tymowa und Czchów eingetroffenen feindlichen Kräfte und dringt bis auf den Höhenrücken Spilówka, Mahulec vor. Sie klärt westlich bis einschließlich der Linie Spilówka, Kobyla-Höhe, östlich bis an den Dunajec auf; jenseits dieses Flusses wird das Husarenregiment Nr. 1 aufklären und dem Truppendivisionskommando direkt melden.

Die 2. Infanterietruppen division rückt über Brzesko, sodann mit der Hauptkraft über Uszwica, Höhe ▲ 385, mit einer schwächeren Kolonne über Gnojnik, beiderseits Lipnica Direktion Rajbrot vor. Korpskommando bei der Hauptkolonne der 2. Division...

Gegenstand der Besprechung.

Punkt 1. In welcher Gruppierung hätte die 1. Infanterietruppendivision am 3. Juni vorzurücken und wie wären dabei die Divisionsartillerie und die zur Verfügung stehenden Munitionskolonnen einzuteilen?

Besprechung des Punktes 1. Die vom I. Korpskommando für den Vormarsch am 3. ergangenen Anordnungen weisen der 1. und 2. Di

vision im allgemeinen je zwei Vorrückungslinien zu, wobei die Hauptkraft jeder Division auf der westlicheren der beiden Marschlinien vorzurücken hat. Es scheint, daß das Armeekommando ein näheres Zusammenschließen des I. und II. Korps wünscht, um einem Vorstoße feindlicher Kräfte gegen die Mitte der Armeefront solange wirksam begegnen zu können, bis der westliche Armeeflügel die Entscheidung errungen hat. Eine solche am östlichen Flügel herbeiführen zu wollen, liegt anscheinend nicht in der Absicht des Armeekommandos, wie schon aus der Gruppierung der Armee am 2. abends hervorgeht. Die 1. Division wird daher stets den engsten Kontakt mit der 2. Division zu erhalten haben und keineswegs ihre Aufgabe in einem östlichen Ausholen und Umfassen des feindlichen rechten Flügels erblicken dürfen.

Diesen Erwägungen muß die ganze Vormarschgruppierung der Division Rechnung tragen. Dementsprechend wird die auf Czchów zu dirigierende Kolonne nicht stärker als notwendig zu halten sein, um nicht von Haus aus schon Kräfte in einer unerwünschten Richtung zu verausgaben.

Dies mag genügen, um die in der Beilage 2 (Situation um 6h vorm.) dargestellte Gruppierung im großen zu rechtfertigen. Das Gros der Division hat zweifellos in geradester Richtung über Biesiadka auf Tymowa vorzurücken. Die Ausscheidung der rechten Kolonne ist nur vorübergehend infolge der bewaldeten Höhen westlich der Hauptmarschlinie und wegen des notwendigen Zusammenhanges mit der 2. Division erforderlich. Überdies wird es zweckmäßig sein, zwischen der linken und der Hauptkolonne eine Abteilung einzuschieben, da die Entfernung beider Kolonnen voneinander stellenweise ziemlich groß ist.

Eine eingehendere Begründung sei der aus der Beilage 2 ersichtlichen Einteilung der Artillerie und der Munitionskolonnen ge

widmet.

Nach den vorhin angestellten Erwägungen soll die linke Kolonne der Division nicht zu stark gehalten werden, um nicht zu viel Kräfte in einer voraussichtlich unerwünschten Richtung zu engagieren. Dieser Grundsatz ist selbstverständlich auch bei der Dotierung der Kolonne mit Artillerie zu berücksichtigen. Man wird sich also damit begnügen, der Kolonne nicht mehr als eine Batterie beizugeben. Daß sie überhaupt Artillerie benötigt, um ihre Gefechtskraft zu erhöhen und sie bei ihrer etwas weitab liegenden Vorrückungslinie zu einem mehr selbständigen Auftreten zu befähigen, bedarf keiner Begründung, umsomehr, als ja die weitreichende Portee einer Schnellfeuerkanone auch eine Mitwirkung dieser Batterie beim Kampfe der Hauptkolonne verbürgt.

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