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seite des Ortes verwendet, die Brigaden Fehlmayer und Castiglione etwas gegen Rebecco vorgeschoben und in dieser Stellung das Gefecht bis etwa 3h 451 nachmittags unterhalten). Die Brigade Wimpffen hatte Tibaldo verlassen müssen und Stellung bei Colonello genommen.

6.) Als der um Mittag unternommene Angriff des 9. Korps. gegen 2h den eben geschilderten ungünstigen Verlauf genommen hatte und durch sein Mißlingen, wie eben erwähnt, selbst schon für Guidizzolo ernste Gefahr drohte, auch das 3. Korps, trotz der ihm zugeführten Unterstützung durch. zwei Brigaden des 11. Korps (Baltin und Greschke), keinen Erfolg erringen konnte, faßte der Kommandant der I. Armee, in dessen Händen sich als letzte Reserve nur mehr die ebenfalls zur Besetzung von Guidizzolo verwendete Brigade Sebottendorf (Klapka) des 11. Korps befand**), den Entschluß zum Rückzuge, wozu ihn vor allem auch die Wahrnehmung bestimmte, daß der Kampf auf den Höhen. eine für die II. Armee ungünstige Wendung genommen hatte. In diesem Augenblicke erhielt der Armeekommandant den Allerhöchsten Befehl, die Offensive zu greifen, um die zwischen Solferino und Cavriana kämpfenden Truppen zu degagieren***). Es wurde demnach der Kommandant des 9. Korps aufgefordert, mit allen disponiblen Truppen gegen Rebecco vorzudringen und ebenso das 3. Korps zum kräftigen Vorgehen gegen Casa nuova angewiesen. In *) Dem Zeitpunkte, als die I. Armee wieder zum Angriffe schritt. **) Nach anderen Angaben wird noch die Brigade Host als verfügbar bezeichnet, welche jedoch infolge sich widersprechender Befehle auf dem Schlachtfelde herumirrte. Die Brigade Klapka traf um 2h 301 bei Guidizzolo ein.

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***) Dieser Befehl, es könnte damit nur der zweite, schriftlich ausgefertigte Befehl von 11h 151 genannt sein, soll nach den offiziellen Angaben schon kurz vor 12h (nach 11h 301) dem FZM. Grafen Wimpffen eingehändigt worden sein. Er ist von Cavriana, 11h 151 vormittags, datiert. Die Entfernung Cavriana-Guidizzolo beträgt etwa 5 km, so daß er tatsächlich längst angelangt sein konnte. Jedenfalls liegt in dieser Episode der Wendepunkt der Schlacht, aber die plötzliche Sinnesänderung Wimpffens wird durch die offizielle Geschichtschreibung nicht aufgeklärt, eher verdunkelt, und es scheint, daß das Generalstabswerk über diese bisher nicht erhellte, für den Schlachtausgang entscheidende Tatsache einer Überprüfung und Korrektur bedarf. Ramming in seinem »Beitrag zur Darstellung der Schlacht von Solferino« deutet auf Seite 126 an, daß es immerhin möglich ist, daß der Kaiser noch einen »wiederholten« Befehl zum Angriffe, etwa gegen 3h nachmittags, an den FZM. Grafen Wimpffen erließ,. welcher sonach als dritter Vorrückungsbefehl bezeichnet werden müßte, doch sei ihm hierüber nichts bekannt und halte er diese Angabe für einen >>Irrtum«. Es ist wahrscheinlich, daß ein solcher Befehl doch ergangen ist, der manches erklären würde.

welchem Zustande die Truppen des 9. Korps zu diesem Zeitpunkte sich befanden, zeigt die Darstellung, und es wird niemanden befremden, wenn der gegen 4 unternommene Offensivstoß keinen Erfolg hatte und umsoweniger haben konnte, als gerade jetzt bei Rebecco eine Division frischer Truppen des 3. französischen Korps eingetroffen war* Gegen 5 erfolgte dann der schon um 2h beabsichtigte, endgültige und jetzt den Anschauungen der Heeresleitung entsprechende Befehl zum Rückzuge der Armee nach Goito, während das 11. Korps den Ort Guidizzolo, ohne vom Feinde belästigt zu werden, bis gegen Mitternacht besetzt hielt.

7.) Die Gefechte des 9. Korps wurden so ausführlich besprochen, um zu zeigen, daß die Truppen desselben schon. am frühen Vormittage infolge der stets zu ihrem Nachteile ausfallenden partiellen Gefechte sich in einem Zustande befanden, der ihnen eine kräftige Offensive nicht gestattete und den Armeekommandanten nötigte, sie um Mittag mit zwei Brigaden des 11. Korps direkt zu unterstützen **).

Aber auch das 3. Korps hat zum Mißerfolge wesentlich beigetragen, da es zu spät und nur nach und nach seine Lagerplätze verließ. Es zählte mit den ihm auf sein Drängen zugewiesenen Unterstützungen (Brigaden Baltin und Greschke des 11. Korps) sieben Brigaden, verwendete diese aber leider in einer Linie nebeneinander und beschränkte sich, trotzdem es eigentlich wenig feindliche Infanterie sich gegenüber hatte, auf ein mehr passives Gefecht***). Nur der linke Flügel des Korps, die Brigaden Wetzlar, Hartung und Dienstl, waren ernstlich engagiert, während unserem rechten Flügel hauptsächlich feindliche Kavallerie gegenüberstand †).

*) Der sehr beachtenswerte Offensivstoß erfolgte nach dem Generalstabswerke gegen 4h 151. Er hatte doch den Erfolg, daß Gen. Niel jede weitere offensive Absicht aufgab und die I. Armee unbehelligt abziehen ließ.

**) Es ist gewiß anfechtbar, daß mit dem 11. Korps sowohl das 9. wie das 3. Korps mit je zwei Brigaden direkt unterstützt und so das Korps wirkungslos verbraucht wurde.

***) Nicht ohne Verschulden des Armeekommandos.

†) Es traten sämtliche Brigaden des 3. Korps in das Gefecht, zum großen Teil südlich der großen Straße, in den Kämpfen um Casa nuova. In Moltkes Bearbeitung des Feldzuges ist diesbezüglich nach dem österreichischen Generalstabswerk zu lesen, »daß zu dieser Zeit (2h 301) die Brigade-, Divisions- und Korpsverbände am rechten Flügel der I. Armee gänzlich aufgehoben waren«, was für die Heftigkeit der Kämpfe spricht. Anderseits hätte Mac Mahon seine Aufstellung kaum verlassen können, wenn ihm nennenswerte Infanterie gegenüber geblieben wäre, und dies rechtfertigt die Auffassung Krismanić' vom »passiven Gefechte«.

Denn Mac Mahon, der stets die Höhen von San Cassiano im Auge hatte, begnügte sich bis 2b 3011 nachmittags, wo er dahin abmarschierte, auf seinem linken Flügel bloß die ihm zugeteilte Reiterei zu zeigen (Kavalleriedivisionen Partonneaux und Desvaux, dann von 2 301 an auch die Kavallerie der Garde) und unseren Truppen durch Geschützfeuer zu imponieren, was ihm leider gelang. An Infanterie stand dem 3. Korps nachmittags bei Casa nuova nur gegenüber: die Division Vinoy des 4. und die Brigade Bataille des 3. Korps, somit drei Brigaden, während in den Kampf gegen das 9. Korps sukzessive eintraten: die Divisionen Luzy und Failly vom 4. Korps und die Division Renault des 3. Korps, also sechs Brigaden. Gegen 5h unterstützten weitere drei Brigaden des 3. Korps (nur die Brigade Collineau der Division. Trochu blieb bei Medole) die Truppen Niels, wovon zwei dem 9. Korps gegenüber fochten. Im ganzen hatte dieses somit acht Brigaden gegen sich, während gegen das 3. Korps nur vier Brigaden zu rechnen sind.

8.) Mit dem Verluste von Medole am Morgen des 24. steht auch der unverantwortliche Rückzug der Reservekavalleriedivision Zedtwitz nach Goito im Zusammenhange, welcher den Händen des Armeekommandanten jene Waffe entwand, die dem beabsichtigten Zwecke einer Offensive sehr nützlich gewesen wäre.

9.) Endlich muß noch bedauert werden, daß sich FML. Fürst Eduard Liechtenstein*) durch vage Gerüchte bestimmen ließ, bei Masa zu verbleiben, anstatt über Castel Goffredo vorzugehen, wo sein Eintreffen um 1 erwartet wurde **). Nach dem, was wirklich geschehen ist, kann nicht bezweifelt werden, daß Marschall Canrobert, welcher vom Kaiser Napoleon in Kenntnis gesetzt war, daß 30.000 Mann Österreicher von Mantua im Anmarsche seien, durch die Kavallerie division Zedtwitz, wenn sie ihrer Aufgabe entsprochen hätte, und durch die Infanterie

*) Fürst Liechtenstein, Kommandant des 2. Korps, das aber nur mehr aus der Division Jellačić bestand. Die andere Division war noch vor der Schlacht aufgelöst und ihre Truppen an die anderen Korps verteilt worden.

Gegen 10h vormittags hatte die Division Jellačić vom I. Armeekommando die Weisung erhalten: »in Marcaria stehen zu bleiben, falls stärkere feindliche Kräfte sich von Cremona auf Marcaria bewegten, wie das Gerücht gehe!«<

**) Konnte um diese Zeit noch nicht dort sein. In nachträglichen Darstellungen der Schlacht wird bezeichnenderweise bemerkt, daß Gen. Niel in große Bedrängnis geriet, weil ihn sein Nebenbuhler Marschall Canrobert im gefährlichsten Momente ohne Unterstützung ließ.

division Jellačić sich derart hätte festhalten lassen, daß er keinen Mann zur Unterstützung Niels in Bewegung gesetzt hätte.

10.) Es ist von Interesse, zu untersuchen, auf welche Kräfte die I. Armee gestoßen wäre, wenn sie ihrer Absicht gemäß offensiv vorgegangen sein würde. Es sind hier zwei Zeiträume zu unterscheiden, nämlich a) der Zeitraum vom frühen Morgen bis 2h 301 nachmittags, da Mac Mahon sich gegen San Cassiano wendete, und b) jener von da an bis zur Beendigung der Schlacht.

Ad a).

Es standen der I. Armee acht Infanteriedivisionen des 2., 3. und 4. französischen Korps gegenüber, also pro Division rund 8000 Mann gerechnet

an Reiterei die Kavalleriedivision Desvaux des 1., Partonnaux des 3., Brigade Gaudin des 2. und Brigade Richepause des 4. Korps, also 48 Eskadronen

Ad b).

6 Infanterie divisionen

Zusammen

72 Eskadronen, da die Division Morris der

Garde hinzutrat .

Zusammen

64.000 Mann

6.000 Reiter 70.000 Streitbare

48.000 Mann

9.000 Reiter

57.000 Streitbare

Diesen Kräften gegenüber verfügten wir bis gegen Mittag nur über das 9. und 3. Korps, etwa 39.000 Mann, darunter 1360 Reiter. Das 9. Korps hatte bis 9h den Hauptstoß fast allein auszuhalten und um diese Zeit schon bei 10.000 Mann kampfunfähig *), so daß, als um 11h das etwa 20.000 Mann zählende 11. Korps erschien, es gerade hinreichte, um die Lücken in der Kampflinie auszufüllen, ohne dem Armeekommandanten die Mittel zu gewähren, eine entscheidende Offensive auszuführen, selbst wenn das beiderseitige Kraftverhältnis sie gestattet hätte. Dieses betrug zu Anfang der Schlacht 40.000 zu 70 000, am Nachmittag jedoch 48.000 (?) zu 57.000. Recht empfindlich war das Mißverhältnis an Reiterei,

*) Gemeint sind die zwei bereits aus dem Gefechte getretenen Brigaden Blumencron und Benedek etwa 10.000 Mann stark. Die tatsächlichen Verluste des 9. Korps betrugen 4350 Mann.

denn die unsere zählte kaum ein Siebentel der feindlichen *).

Diese Darstellung dürfte erweisen, welche Umstände das Nichtgelingen einer Offensive der I. Armee verursachten und daß die Schuld daran weder dem Armeekommandanten noch den tapferen Truppen aufgebürdet werden kann, welch letztere ihrer Pflicht mit heldenmütiger Aufopferung Genüge leisteten, mit der ausdauerndsten Standhaftigkeit dem Gegner das Schlachtfeld streitig machten und dasselbe trotz der Ungunst der Verhältnisse auch behaupteten. Da es erwiesen ist, daß Truppen der I. Armee den Schlüssel des Schlachtfeldes Guidizzolo bis bis gegen Mitternacht besetzt hielten **), so fällt die Behauptung, daß der Rückzug der I. Armee auch jenen der II. Armee bedingt habe, in sich

zusammen

***).

Weit zutreffender ist das Gegenteil, denn am rechten Flügel ging Solferino schon um Mittag verloren†), der Feind gewann immer mehr Terrain, und gerade in dem Augenblicke, da bei Guidizzolo der Gegner wieder zurückgeworfen und ihm jede Lust zum erneuerten Vordringen genommen wurde††), nämlich gegen 5h nachmittags, fiel auch Cavriana in die Hände des dort siegreichen Feindes. Und damit war wohl auch der Rückzug der I. Armee motiviert. Das Bulletin des Feindes sagt in dieser Beziehung sehr bezeichnend: »A six heures et demie l'ennemi battait en retraite dans toutes les directions. Mais bien que la bataille fût gagnée au centre, où nos troupes n'avaient pas cessé de faire des progrès, la droite et la gauche restaient encore en arrière.«

*) Dieser Kräfte vergleich ist anfechtbar; er setzt voraus, daß die Franzosen sogleich mit voller Stärke aufgetreten sind, was bekanntlich nicht der Fall war; denn anfangs bis gegen 10h waren nur Mac Mahon und Niel zu rechnen, welch letzterer dann sukzessive durch das 3. Korps verstärkt wurde. Die drei Korps der I. Armee müßten in gleicher Weise vom Morgen an mit 60.000 Mann veranschlagt werden, und dies ergäbe dann jene Überzahl der Österreicher auf diesem Flügel der Schlacht, auf welche Ramming und der auf diesen sich stützende Moltke sich berufen. Von einer Übermacht der Österreicher kann jedoch, wie die Tatsachen lehren, nie gesprochen werden.

**) Durch die Nachhut der I. Armee, welche aus Teilen des 11. Korps bestand.

***) Die Behauptung fußte auf der Rückzugsmeldung Wimpffens von 2h nachmittags. Sie im Vereine mit dem damals schon eingeleiteten, aber von ihr nicht veranlaßten Rückzuge der II. Armee begründete das Aufgeben der Schlacht†) Der Zeitpunkt war zwischen 1h 301 und 2h nachmittags.

††) Um 3h wurde San Cassiano gestürmt, um 5h Cavriana genommen.

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