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Unmittelbar nach der Einnahme der feindlichen Position trifft der Angreifer alle Maßnahmen zur Verteidigung. Der Gegner kann möglicherweise zum Gegenangriff übergehen; jedenfalls wird die feindliche Artillerie auf die eingenommene Position aus der nächsten Distanz ein starkes Feuer eröffnen. Für die Herrichtung der Stellung zur Verteidigung wird nur ein geringer Teil der Kräfte verwendet; die Hauptmasse des Angreifers verfolgt den vertriebenen Gegner mit starkem Feuer.

Im Falle eines mißlungenen Sturmes sollen die zurückgehenden Abteilungen in der Linie der bei der letzten Schützenstellung für diesen Zweck ausgehobenen Deckungen zum Stehen gebracht werden; von hier aus verstärkt durch neue Reserven, wird der Sturm so oft wiederholt, bis er gelingt oder bis die Reserven vollständig aufgebraucht wurden.

Feuerleitung.

Die Feuerleitung besteht 1. in der Wahl des Zieles und 2. in der Regelung der Feuerkraft, anders gesagt in der Wahl der Feuerart.

1. Wahl des Zieles.

Bei der Fürwahl des Zieles muß man beachten: a) dessen taktische Bedeutung und 6) die Treffwahrscheinlichkeit.

a) Die taktische Bedeutung des Zieles ist durch dessen Charakteristik bedingt. In nachfolgenden Fallen wird das Feuer auf Befehl des Kommandanten eröffnet: beim Erscheinen einzelner Beobachter und Kommandanten selbst auf große Distanzen; beim Wahrnehmen einer systematischen Vorrückung oder selbst nur einzelner Leute in der gegebenen Richtung; bei einer wahrscheinlichen Ansammlung feindlicher Kräfte hinter einer gegebenen Linie, einer Maske (Waldsaum, Einzäunung, Grenze einer Saat, Kamm einer Brustwehr etc.). Bei diesem auf wenig sichtbare Ziele oder deckende Objekte gerichteten Feuer wird es sich weniger um ein gezieltes Feuer als vielmehr um eine starke Feuerentfaltung handeln, nachdem die Treffwahrscheinlichkeit gering ist; die Bezeichnung solcher Ziele erfolgt hauptsächlich durch den Kompagniekommandanten, welchem es leichter ist, deren Bedeutung vom taktischen Standpunkte aus zu beurteilen. 6) Hinsichtlich der Treffwahrscheinlichkeit hängt die Fürwahl des Zieles 1. von der Genauigkeit beim Feststellen der Schußdistanz und 2. von der Zielausdehnung ab.

Der Verteidiger hat die Möglichkeit, noch vor Beginn des Gefechtes die Distanzen zu den verschiedenen Abschnitten und Objekten zu messen; der Angreifer muß dagegen entweder in der ersten Schützenposition mit dem Distanzmesser die anfängliche Distanz feststellen oder aber dieselbe bei der Artillerie erfragen; wo nur mög

lich, sind die Entfernungen nach der Karte anzugeben und nur ausnahmsweise mit dem Augenmaß zu schätzen. Bei Anwendung des

letzteren Mittels kann das Schießen auf die Distanzen über 1500 * als ein Beschießen von Flächen betrachtet werden und ist demnach nur gegen sehr große Ziele von besonderer taktischer Bedeutung anzuwenden. Bei gemessenen Distanzen, großem Munitionsvorrat und sonstigen günstigen Bedingungen gelten für die Infanteriefeuereröffnung auf große Ziele nachstehende Anhaltspunkte: Batterie und Zug können von 2500*, Zielgruppen und mannshohe Schwarmlinie von 1500×, einzelne mannshohe Ziele und liegende Schwarmlinie von 1000× an beschossen werden.

2. Wahl der Feuerart.

Das Exerzierreglement setzt im § 124, a, b, c, und § 126 vier Feuerarten fest. (Einzelfeuer langsam, lebhaft und mit Angabe der Patronenzahl, dann Salvenfeuer.)

Hinsichtlich der Anwendung der Feuerarten gelten die Bestimmungen der §§ 41-46 der Schießinstruktion. (Über die Anwendung der Feuerarten setzt die Instruktion nachstehendes fest: »Einzelfeuer langsam ist anzuwenden: bei Gefechtspausen, um den Gegner zu beunruhigen, zum Beschießen lang sichtbarer, entfernter oder schwer verwundbarer und nicht besonders wichtiger Ziele, dann, um mit der Munition zu sparen. »Einzelfeuer lebhaft ist die günstigste Feuerart auf allen wirksamen Gewehrschußdistanzen, insbesondere in entscheidenden Momenten, zur Niederringung des Gegners und zur Vorbereitung des Sturmes. >> Einzelfeuer mit Angabe der Patronenzahl«< ermöglicht die Einschaltung von Ruhepausen, Prüfung der Aufsätze, Änderung der Ziele, das Sparen mit der Munition etc., mit einem Wort, es beläßt die Abteilung in der Hand des Kommandanten. » Salvenfeuer wird angewendet: zur Kontrolle der geschätzten Distanz, aus disziplinären Gründen, beim Nachtschießen, zum Beschießen großer, über 1 Werst entfernter Ziele oder zum Flächenbeschießen, beim Schießen in geschlossenen Abteilungen.)

Nebst den im Reglement angegebenen Bestimmungen ist noch zu beachten, daß das Salvenfeuer mit Rücksicht auf seine geringe Wirkungsfähigkeit (annähernd halb so groß als jene des Einzelfeuers) sehr selten und mit Vorsicht anzuwenden ist.

Im Bereiche der Normalaufsatzstellung räumt die Vorschrift den. einzelnen Schützen volle Selbständigkeit ein; dies schließt jedoch nicht aus, daß die Schwarmführer und die Zugskommandanten je nach der taktischen Lage das Feuer leiten, besonders günstige Ziele angeben und bei übergroßer Feuerschnelligkeit dieselbe durch Angabe der Feuerart regeln. (Schluß folgt.)

Feldmäßige Schießübung der Truppe.

Mit 4 Textskizzen.

Der im Streffleur, 12. (Dezember-) Heft, 1910, lanzierten Anregung folgend, soll im nachstehenden die Art der Durchführung einzelner im Sommer vergangenen Jahres bei der Truppe vorgenommenen ganz einfachen Schießaufgaben unter feldmäßigen Verhältnissen (Gefechtsmomente) und die hieran geknüpfte Besprechung skizziert werden.

Der zugewiesene Gefechtsschießplatz, auf welchem, wie dies in großen Garnisonen zurzeit meist leider zu sein pflegt, mehrere Infanterieregimenter des Heeres und der Landwehr bemüßigt waren, turnusweise in enge begrenzten Zeiträumen die vorgeschriebenen feldmäßigen Vorübungen nebst dem Kampfschießen und Schießaufgaben zu absolvieren, schloß in Beziehung auf letztere Übungen jede Aktionsfreiheit so ziemlich aus; die schießende Abteilung war mehr minder an den Platz gebunden.

Die Kommandanten wurden daher durch Annahmen in Situationen gestellt, welche sie veranlassen mußten, sich mit ihrer Abteilung in dem zur Verfügung stehenden beschränkten Raume in vorerst defensiver Tendenz festzusetzen.

Jeder Gefechtsmoment wurde durch einen Infanteriezug zu 50 Feuergewehren unter Kommando eines Fähnrichs durchgeführt. Pro Gewehr 40 Patronen. Es mußte mit ganz einfachen Mitteln gerechnet werden, besondere Scheibenmanöver ließen sich nicht durchführen.

Die Übungen verfolgten auch nur den Zweck, nebst Beurteilung der Schießfertigkeit der Unterabteilungen den jungen Offiziersaspiranten im engen Rahmen Gelegenheit zu geben, sich in der Auffassung einfacher Gefechtssituationen, Beurteilung der Zielqualitäten und entsprechender Feuerleitung zu schulen.

Die Stellung der Schießenden war gegen die Ziele überhöhend; Ziele: Fallscheiben; Boden vor den Zielen stellenweise feucht, Geschoßaufschläge nicht überall wahrnehmbar; klare Atmosphäre, unbeeinflußender leichter Wind von rechts, Temperatur + 18o R.

Durchführung und Besprechung.

Moment I (hiezu nebenstehende Skizze)

sollte demonstrieren, daß unter sonst gleichen Verhältnissen auf eine besser gedeckte, doch dichtere Schwarmlinie ein größerer Treffereffekt zu erzielen, als auf eine solche mit beinahe doppelt größerer Zielhöhe, doch schütterer Placierung.

Ziel: Zwei räumlich getrennte, je 10 Scheiben enthaltende Schwarmlinien, deren eine aus knienden Figuren mit 4× Plänklerabstand, die andere aber aus auf 10 cm nebeneinander befindlichen, ungedeckt liegenden Figuren gebildet war. Distanz 800. Der Zug hatte zu verhindern, daß aus dem vor der Front liegenden Waldstücke der Gegner vorrücke. Zugskommandant befiehlt Besetzung der Stellung mit dem ganzen Zuge und nach Erscheinen der Ziele allgemeine Feuereröffnung mit Aufsatz 800 und verteilt das Feuer gleichmäßig mit je zwei Schwärmen auf eine der Zielgruppen. Nach Verlauf von 4 Minuten wurde

das Feuer eingestellt, der Übungsmoment beendet.

Der Zug war von seinem ungefähr 1000 seitlich ins Gefecht getretenen Bataillon in seinen Standort als Flankensicherung mit dem speziellen Auftrage disponiert worden, zu verhindern, daß der Gegner die vorliegende Niederung überschreite.

Im gegebenen Falle wäre es zweckmäßiger gewesen, der Kommandant hätte seinen Zug vorerst noch vor der Ausschußlinie in Deckung belassen, sich selbst über die Qualität der Ziele, die mutmaßliche Distanz und überhaupt die Schießelemente orientiert, sich erst durch einen Teil Schützen, Schwarm eingeschossen und wäre erst dann, nachdem der zutreffende Aufsatz noch in der Deckung gestellt worden, zur allgemeinen Aufnahme des Feuers in die Stellung gerückt.

Das Ermitteln der Schußdistanz durch Beobachten einzelner Geschoßaufschläge war ziemlich schwierig, man konnte deren nicht viele wahrnehmen. Eine gute Feuerleitung darf sich aber auch nicht begnügen, nur die Garbe, sondern soll trachten, deren Kern ins Ziel zu bringen. Das Einschießen ist aber nur dann möglich, wenn die Wirkung durch Aufstauben infolge der Geschoßaufschläge oder durch beim Gegner hervorgerufene Bewegung beobachtet werden kann; ersteres wird um SO deutlicher wahrzunehmen sein, je mehr Geschosse gleichzeitig aufschlagen.

Punkt 85 der Schießinstruktion spricht davon, daß man zum Einschießen auf mittlere und große Distanzen in der Regel die Salve anwendet. Ob nun hier die Distanz zu jener Kategorie oder schon in die kleinen gehört, mußte zumindest zweifelhaft erscheinen, sicher aber war, daß das Beobachten der Geschoßaufschläge, das auf kleinen Distanzen eventuell zur Beurteilung der Relation genügen mag, hier nicht zureichte und daß der Modus, mit Salve sich

einzuschießen, in der gegebenen Situation möglich gewesen wäre und rascher und sicherer zum Ziele geführt hätte.

Zufällig war die Distanz ja richtig geschätzt und der Erfolg in einem der Ziele hatte dies schließlich bestätigt, in dem anderen war jedoch ein solcher nicht wahrzunehmen gewesen, daher ein diesbezüglicher Zweifel berechtigt erschienen wäre und zu irgend einer Maßregel hätte veranlassen müssen. Man mußte wahrnehmen, daß alle Patronen der betreffenden zwei Schwärme effektlos verschossen werden.

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