Goethe's Gedichte; erläutert und auf ihre Veranlassungen, Quellen und Vorbilder zurückgeführt nebst Variantensammlung, Band 1

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C. Conradi, 1869
 

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Seite 78 - Im spielenden Bache, da lieg ich wie helle! Verbreite die Arme der kommenden Welle, Und buhlerisch drückt sie die sehnende Brust. Dann trägt sie ihr Leichtsinn im Strome darnieder, Schon naht sich die zweite und streichelt mich wieder: Da fühl ich die Freuden der wechselnden Lust. O Jüngling, sei weise, verwein nicht vergebens Die fröhlichsten Stunden des traurigen Lebens, Wenn flatterhaft je dich ein Mädchen vergißt.
Seite 15 - Und so begann diejenige Richtung, von der ich mein ganzes Leben über nicht abweichen konnte, nämlich dasjenige, was mich erfreute oder quälte, oder sonst beschäftigte, in ein Bild, ein Gedicht zu verwandeln und darüber mit mir selbst abzuschließen, um sowohl meine Begriffe von den äußeren Dingen zu berichtigen, als mich im Innern deshalb zu beruhigen.
Seite 116 - An den Mond Füllest wieder Busch und Tal Still mit Nebelglanz, Lösest endlich auch einmal Meine Seele ganz, Breitest über mein Gefild Lindernd deinen Blick, Wie des Freundes Auge mild Über mein Geschick. Jeden Nachklang fühlt mein Herz Froh- und trüber Zeit, Wandle zwischen Freud und Schmerz In der Einsamkeit.
Seite 82 - Sah kläglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch frisch und fröhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer!
Seite 82 - Es war getan fast eh gedacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht: Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.
Seite 211 - Es war ein König in Thule Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Buhle Einen goldnen Becher gab. Es ging ihm nichts darüber, Er leert' ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm über, So oft er trank daraus. Und als er kam zu sterben, Zählt' er seine Städt im Reich, Gönnt' alles seinem Erben, Den Becher nicht zugleich.
Seite 22 - Sie lächelte, sie sprach: Du siehst, wie klug, Wie nötig war's, euch wenig zu enthüllen! Kaum bist du sicher vor dem gröbsten Trug, Kaum bist du Herr vom ersten Kinderwillen, So glaubst du dich schon Übermensch genug, Versäumst die Pflicht des Mannes zu erfüllen! Wie viel bist du von andern unterschieden ? Erkenne dich, leb mit der Welt in Frieden!
Seite 269 - An die Parzen Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele gesättiget, dann mir sterbe!
Seite 184 - Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn, Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht — Kennst du es wohl? Dahin! Dahin Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!
Seite 119 - Was weiß ich, was mir hier gefällt, In dieser engen, kleinen Welt Mit leisem Zauberband mich hält! Mein Karl und ich vergessen hier, Wie seltsam uns ein tiefes Schicksal leitet, Und ach, ich fühl's, im stillen werden wir Zu neuen Szenen vorbereitet.

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